Person beziehen. Zuerst führt Diogenes Laertius 1) einen andriantopoios ganz kurz aus Polemon an. Quintilian 2) nennt einen Demetrios, seiner Kunstrichtung wegen, neben Lysipp und Praxiteles; doch dürfen wir daraus nicht schliessen, dass er deshalb auch diese drei Künstler gleichzeitig hinstellen wolle. Plinius 3) berichtet Folgendes: "Demetrius machte das Bild der Lysimache, welche 64 Jahre Priesterin der Minerva war; ferner eine Minerva, welche Musica genannt wird, weil die Schlangen an ihrer Gorgo beim Anschlage der Cither mit Getön wiederhallen; auch den Ritter Simon, welcher zuerst über das Reiten schrieb." Lucian 4) führt als ein Werk des Demetrios aus Alopeke eine Statue des korinthischen Feld- herrn Pellichos an. -- Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich durch das Bild des Simon nur annähernd bestimmen. Xeno- phon, welcher um die 105te Olymdiade starb 5), erwähnt im Anfange seines Buches peri ippikes, dass Simon über den- selben Gegenstand geschrieben habe. Ausserdem wird von ihm erzählt, dass er einen Fehler in der Zeichnung der Augen eines Pferdes auf einem Gemälde des Mikon rügte, welcher um Ol. 80 blühete. Wir bewegen uns also in einem Zeitraume von mehr als zwanzig Olympiaden. Auch die Statue des Pel- lichos gewährt uns keinen weiteren Aufschluss. Zwar nennt Thucydides 6) einen Aristeus, Sohn des Pellichos, welcher Ol. 86, 2 die Flotte der Korinther gegen Corcyra befehligte. Allein es ist wohl möglich, aber keineswegs ausgemacht, dass der Vater des Aristeus und der von Lucian genannte Feldherr für eine Person zu halten sind. Dürften wir einen gleichna- migen Enkel annehmen, so würde dieser etwa in die Zeit zwi- schen Ol. 90--100 fallen, in welcher Korinth und Athen, die Vaterstädte des Feldherrn und des Künstlers gemeinschaft- lich gegen Lakedaemon kämpften. -- Wichtiger ist für uns die Schilderung, welche Lucian von dieser Statue entwirft: "Hast Du ihn wohl gesehen, den Dickbauch, den Kahlkopf, halb ent- blösst vom Gewande, einige Haare des Bartes vom Winde be- wegt, mit ausgeprägten Adern, einem Menschen gleich, wie er leibt und lebt?" Hiermit verbinden wir das Urtheil Quin- tilian's: welcher sagt: im Verhältniss zu Praxiteles und Lysipp
1) V, 85.
2) XII, 10.
3) 34, 76.
4) Philops. 18 u. 20.
5) s. Clinton fasti s. Ol. 125, 2.
6) I, 29.
Person beziehen. Zuerst führt Diogenes Laërtius 1) einen ἀνδριαντοποιὸς ganz kurz aus Polemon an. Quintilian 2) nennt einen Demetrios, seiner Kunstrichtung wegen, neben Lysipp und Praxiteles; doch dürfen wir daraus nicht schliessen, dass er deshalb auch diese drei Künstler gleichzeitig hinstellen wolle. Plinius 3) berichtet Folgendes: „Demetrius machte das Bild der Lysimache, welche 64 Jahre Priesterin der Minerva war; ferner eine Minerva, welche Musica genannt wird, weil die Schlangen an ihrer Gorgo beim Anschlage der Cither mit Getön wiederhallen; auch den Ritter Simon, welcher zuerst über das Reiten schrieb.” Lucian 4) führt als ein Werk des Demetrios aus Alopeke eine Statue des korinthischen Feld- herrn Pellichos an. — Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich durch das Bild des Simon nur annähernd bestimmen. Xeno- phon, welcher um die 105te Olymdiade starb 5), erwähnt im Anfange seines Buches περὶ ἱππικῆς, dass Simon über den- selben Gegenstand geschrieben habe. Ausserdem wird von ihm erzählt, dass er einen Fehler in der Zeichnung der Augen eines Pferdes auf einem Gemälde des Mikon rügte, welcher um Ol. 80 blühete. Wir bewegen uns also in einem Zeitraume von mehr als zwanzig Olympiaden. Auch die Statue des Pel- lichos gewährt uns keinen weiteren Aufschluss. Zwar nennt Thucydides 6) einen Aristeus, Sohn des Pellichos, welcher Ol. 86, 2 die Flotte der Korinther gegen Corcyra befehligte. Allein es ist wohl möglich, aber keineswegs ausgemacht, dass der Vater des Aristeus und der von Lucian genannte Feldherr für eine Person zu halten sind. Dürften wir einen gleichna- migen Enkel annehmen, so würde dieser etwa in die Zeit zwi- schen Ol. 90—100 fallen, in welcher Korinth und Athen, die Vaterstädte des Feldherrn und des Künstlers gemeinschaft- lich gegen Lakedaemon kämpften. — Wichtiger ist für uns die Schilderung, welche Lucian von dieser Statue entwirft: „Hast Du ihn wohl gesehen, den Dickbauch, den Kahlkopf, halb ent- blösst vom Gewande, einige Haare des Bartes vom Winde be- wegt, mit ausgeprägten Adern, einem Menschen gleich, wie er leibt und lebt?” Hiermit verbinden wir das Urtheil Quin- tilian’s: welcher sagt: im Verhältniss zu Praxiteles und Lysipp
1) V, 85.
2) XII, 10.
3) 34, 76.
4) Philops. 18 u. 20.
5) s. Clinton fasti s. Ol. 125, 2.
6) I, 29.
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einen Demetrios, seiner Kunstrichtung wegen, neben Lysipp
und Praxiteles; doch dürfen wir daraus nicht schliessen, dass
er deshalb auch diese drei Künstler gleichzeitig hinstellen wolle.
Plinius 3) berichtet Folgendes: „Demetrius machte das Bild
der Lysimache, welche 64 Jahre Priesterin der Minerva
war; ferner eine Minerva, welche Musica genannt wird,
weil die Schlangen an ihrer Gorgo beim Anschlage der Cither
mit Getön wiederhallen; auch den Ritter Simon, welcher
zuerst über das Reiten schrieb.” Lucian 4) führt als ein Werk
des Demetrios aus Alopeke eine Statue des korinthischen Feld-
herrn Pellichos an. — Die Zeit seiner Thätigkeit lässt sich
durch das Bild des Simon nur annähernd bestimmen. Xeno-
phon, welcher um die 105te Olymdiade starb 5), erwähnt im
Anfange seines Buches περὶ ἱππικῆς, dass Simon über den-
selben Gegenstand geschrieben habe. Ausserdem wird von
ihm erzählt, dass er einen Fehler in der Zeichnung der Augen
eines Pferdes auf einem Gemälde des Mikon rügte, welcher
um Ol. 80 blühete. Wir bewegen uns also in einem Zeitraume
von mehr als zwanzig Olympiaden. Auch die Statue des Pel-
lichos gewährt uns keinen weiteren Aufschluss. Zwar nennt
Thucydides 6) einen Aristeus, Sohn des Pellichos, welcher
Ol. 86, 2 die Flotte der Korinther gegen Corcyra befehligte.
Allein es ist wohl möglich, aber keineswegs ausgemacht, dass
der Vater des Aristeus und der von Lucian genannte Feldherr
für eine Person zu halten sind. Dürften wir einen gleichna-
migen Enkel annehmen, so würde dieser etwa in die Zeit zwi-
schen Ol. 90—100 fallen, in welcher Korinth und Athen, die
Vaterstädte des Feldherrn und des Künstlers gemeinschaft-
lich gegen Lakedaemon kämpften. — Wichtiger ist für uns die
Schilderung, welche Lucian von dieser Statue entwirft: „Hast
Du ihn wohl gesehen, den Dickbauch, den Kahlkopf, halb ent-
blösst vom Gewande, einige Haare des Bartes vom Winde be-
wegt, mit ausgeprägten Adern, einem Menschen gleich, wie
er leibt und lebt?” Hiermit verbinden wir das Urtheil Quin-
tilian’s: welcher sagt: im Verhältniss zu Praxiteles und Lysipp
1) V, 85.
2) XII, 10.
3) 34, 76.
4) Philops. 18 u. 20.
5) s.
Clinton fasti s. Ol. 125, 2.
6) I, 29.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/269>, abgerufen am 24.11.2024.
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