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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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5) viele grosse Werke, in Sardinien im Auftrage des
Iolaos ausgeführt. Endlich

6) legt ihm die italische Sage die Gründung des Apollo-
tempels von Cumae bei (Virg. Aen. VI, 19 und Serv. ad h. l.
Sil. Ital. XII, 102).

[7) das knosische Labyrinth hat wahrscheinlich nie
in der Wirklichkeit, sondern nur im Mythus existirt. Zwar
führen es Plinius (36, 85) und Diodor (I, 61; 97; vgl. IV, 77)
sogar mit Bestimmtheit auf das aegyptische Vorbild zurück:
aber auch sie nennen es spurlos verschwunden (vgl. Hoeck's
Kreta I, S. 56 flgd). -- Aus andern Gründen, die weiter un-
ten angegeben werden sollen, kann ich

8) die Vorhalle des Hephaestostempels zu Memphis,
so wie ein hölzernes Bildniss des Künstlers, das von ihm
selbt gemacht und in demselben Tempel aufgestellt sein sollte
(Diod. I, 97), nicht für ein Werk des griechischen Daedalos
gelten lassen.]

Aus dieser Zusammenstellung sehen wir, dass im eigent-
lichen Griechenland sich die Thätigkeit des Daedalos von Athen
zunächst nach Boeotien, Theben und Lebadea, verbreitet. In
Plataeae scheint ein Fest, Daedala genannt, wenigstens nach
der Angabe des Pausanias 1) mit dem Künstler nichts gemein
zu haben. Im Peloponnes dagegen finden wir ihn wieder zu
Korinth und Argos, dann in Pisa und bei Messene. An allen
diesen Orten sind es statuarische Werke, an die sich sein
Name knüpft, während ihn in Kreta wenigstens der Mythus
auch mit Bauwerken in Verbindung bringt. In Sicilien, Sar-
dinien, Italien überwiegen dagegen diese letzteren und nur ein
Bildwerk in Gela wird daneben erwähnt. Wir haben bereits
gesehen, dass die Sage die Gegenwart des Daedalos an den
meisten dieser Orte durch die Geschichte seiner Wanderungen
erklärt hat. Dieser Ausweg steht der Sage wohl an. Nur
darf man von uns nicht verlangen, dass wir sie wörtlich als
geschichtliche Wahrheit anerkennen sollen. Vielmehr dürfen
wir annehmen, dass der Zusammenhang der Erzählung sich
erst aus einer Vereinigung ursprünglich getrennter Erschei-
nungen entwickelt hat; dass, wo an verschiedenen Orten Ver-
wandtes sich zeigte, die Sage dieses alles auf die eine Per-

1) IX, 3, 2. vgl. Hesych. s. v. Daidalou poiema.
2 *

5) viele grosse Werke, in Sardinien im Auftrage des
Iolaos ausgeführt. Endlich

6) legt ihm die italische Sage die Gründung des Apollo-
tempels von Cumae bei (Virg. Aen. VI, 19 und Serv. ad h. l.
Sil. Ital. XII, 102).

[7) das knosische Labyrinth hat wahrscheinlich nie
in der Wirklichkeit, sondern nur im Mythus existirt. Zwar
führen es Plinius (36, 85) und Diodor (I, 61; 97; vgl. IV, 77)
sogar mit Bestimmtheit auf das aegyptische Vorbild zurück:
aber auch sie nennen es spurlos verschwunden (vgl. Hoeck’s
Kreta I, S. 56 flgd). — Aus andern Gründen, die weiter un-
ten angegeben werden sollen, kann ich

8) die Vorhalle des Hephaestostempels zu Memphis,
so wie ein hölzernes Bildniss des Künstlers, das von ihm
selbt gemacht und in demselben Tempel aufgestellt sein sollte
(Diod. I, 97), nicht für ein Werk des griechischen Daedalos
gelten lassen.]

Aus dieser Zusammenstellung sehen wir, dass im eigent-
lichen Griechenland sich die Thätigkeit des Daedalos von Athen
zunächst nach Boeotien, Theben und Lebadea, verbreitet. In
Plataeae scheint ein Fest, Daedala genannt, wenigstens nach
der Angabe des Pausanias 1) mit dem Künstler nichts gemein
zu haben. Im Peloponnes dagegen finden wir ihn wieder zu
Korinth und Argos, dann in Pisa und bei Messene. An allen
diesen Orten sind es statuarische Werke, an die sich sein
Name knüpft, während ihn in Kreta wenigstens der Mythus
auch mit Bauwerken in Verbindung bringt. In Sicilien, Sar-
dinien, Italien überwiegen dagegen diese letzteren und nur ein
Bildwerk in Gela wird daneben erwähnt. Wir haben bereits
gesehen, dass die Sage die Gegenwart des Daedalos an den
meisten dieser Orte durch die Geschichte seiner Wanderungen
erklärt hat. Dieser Ausweg steht der Sage wohl an. Nur
darf man von uns nicht verlangen, dass wir sie wörtlich als
geschichtliche Wahrheit anerkennen sollen. Vielmehr dürfen
wir annehmen, dass der Zusammenhang der Erzählung sich
erst aus einer Vereinigung ursprünglich getrennter Erschei-
nungen entwickelt hat; dass, wo an verschiedenen Orten Ver-
wandtes sich zeigte, die Sage dieses alles auf die eine Per-

1) IX, 3, 2. vgl. Hesych. s. v. Δαιδάλου ποίημα.
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[19/0032] 5) viele grosse Werke, in Sardinien im Auftrage des Iolaos ausgeführt. Endlich 6) legt ihm die italische Sage die Gründung des Apollo- tempels von Cumae bei (Virg. Aen. VI, 19 und Serv. ad h. l. Sil. Ital. XII, 102). [7) das knosische Labyrinth hat wahrscheinlich nie in der Wirklichkeit, sondern nur im Mythus existirt. Zwar führen es Plinius (36, 85) und Diodor (I, 61; 97; vgl. IV, 77) sogar mit Bestimmtheit auf das aegyptische Vorbild zurück: aber auch sie nennen es spurlos verschwunden (vgl. Hoeck’s Kreta I, S. 56 flgd). — Aus andern Gründen, die weiter un- ten angegeben werden sollen, kann ich 8) die Vorhalle des Hephaestostempels zu Memphis, so wie ein hölzernes Bildniss des Künstlers, das von ihm selbt gemacht und in demselben Tempel aufgestellt sein sollte (Diod. I, 97), nicht für ein Werk des griechischen Daedalos gelten lassen.] Aus dieser Zusammenstellung sehen wir, dass im eigent- lichen Griechenland sich die Thätigkeit des Daedalos von Athen zunächst nach Boeotien, Theben und Lebadea, verbreitet. In Plataeae scheint ein Fest, Daedala genannt, wenigstens nach der Angabe des Pausanias 1) mit dem Künstler nichts gemein zu haben. Im Peloponnes dagegen finden wir ihn wieder zu Korinth und Argos, dann in Pisa und bei Messene. An allen diesen Orten sind es statuarische Werke, an die sich sein Name knüpft, während ihn in Kreta wenigstens der Mythus auch mit Bauwerken in Verbindung bringt. In Sicilien, Sar- dinien, Italien überwiegen dagegen diese letzteren und nur ein Bildwerk in Gela wird daneben erwähnt. Wir haben bereits gesehen, dass die Sage die Gegenwart des Daedalos an den meisten dieser Orte durch die Geschichte seiner Wanderungen erklärt hat. Dieser Ausweg steht der Sage wohl an. Nur darf man von uns nicht verlangen, dass wir sie wörtlich als geschichtliche Wahrheit anerkennen sollen. Vielmehr dürfen wir annehmen, dass der Zusammenhang der Erzählung sich erst aus einer Vereinigung ursprünglich getrennter Erschei- nungen entwickelt hat; dass, wo an verschiedenen Orten Ver- wandtes sich zeigte, die Sage dieses alles auf die eine Per- 1) IX, 3, 2. vgl. Hesych. s. v. Δαιδάλου ποίημα. 2 *

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/32>, abgerufen am 21.11.2024.