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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Korinth und auch wohl in Sikyon, der Vaterstadt des Dibuta-
des, durch ihn sich zu selbstständiger Anerkennung empor-
arbeitete.



Um nun zur eigentlichen Geschichte der Künstler zu ge-
langen, sind wir genöthigt, einen Sprung bis in die vorgerückte
historische Zeit, bis gegen das Jahr 600 v. Ch., die 40--50ste
Olympiade, zu wagen: einen Sprung, vor dem die meisten
neueren Forscher so zurückgeschreckt sind, dass sie alles auf-
geboten haben, die ältesten Künstlerfamilien mindestens bis
zum Anfange der Olympiaden hinauf zu rücken. Während die
Unzulänglichkeit dieser Annahme erst durch eine Reihe ein-
zelner Untersuchungen später bewiesen werden soll, sei hier
im Allgemeinen zunächst folgendes bemerkt. Der Beginn der
Künstlergeschichte ist streng zu scheiden von dem Beginne
der Kunstgeschichte. Dass die letztere in höhere Zeiten hinauf-
reicht unterliegt keinem Zweifel: Homers Gedichte lehren es
unwidersprechlich. Ja die Betrachtung homerischer Kunstwer-
ke, namentlich des Schildes und seiner streng künstlerischen
Composition, kann auf den Verdacht führen, dass die Kunst in
jener Zeit auf einer Stufe gestanden, von der sie in der nächst-
folgenden Epoche wieder herabgegangen, wie ja auch in der
Poesie die Cykliker den Homer nicht mehr erreichten. Diesen
Punkt näher zu erörtern, ist hier nicht der Ort. Genug, wie
man die nachhomerischen Dichter nach ihm Homeriden ge-
nannt hat, so hiessen die Nachfolger des Daedalos so lange
Daedaliden, als nicht ein neuer Anlass zu lebendigerer Ent-
faltung der Kunst gegeben ward. Erst als die Kunstübung
ihre Gleichartigkeit verlor, als durch die Bearbeitung neuer
Stoffe, Metalle, Marmor, Elfenbein u. a. sich die Stylarten der
Kunst vervielfältigten, als zu gleicher Zeit die Literatur so
weit vorgeschritten war, dass sie historische Nachrichten in
grösserer Menge zu bewahren vermochte, treten aus der Gat-
tung einzelne Namen hervor. Der Zusammenhang der einzel-
nen Person mit der Gattung macht sich aber zunächst noch
vielfältig in Geschlechtsregistern geltend: eine Reihe von
Künstlern heissen Söhne oder Schüler des Daedalos, d. h. sie
gehen aus der Kunstschule oder Innung hervor, die in Daeda-
los ihren Begründer erkennt. Besonders aber musste der Name

Korinth und auch wohl in Sikyon, der Vaterstadt des Dibuta-
des, durch ihn sich zu selbstständiger Anerkennung empor-
arbeitete.



Um nun zur eigentlichen Geschichte der Künstler zu ge-
langen, sind wir genöthigt, einen Sprung bis in die vorgerückte
historische Zeit, bis gegen das Jahr 600 v. Ch., die 40—50ste
Olympiade, zu wagen: einen Sprung, vor dem die meisten
neueren Forscher so zurückgeschreckt sind, dass sie alles auf-
geboten haben, die ältesten Künstlerfamilien mindestens bis
zum Anfange der Olympiaden hinauf zu rücken. Während die
Unzulänglichkeit dieser Annahme erst durch eine Reihe ein-
zelner Untersuchungen später bewiesen werden soll, sei hier
im Allgemeinen zunächst folgendes bemerkt. Der Beginn der
Künstlergeschichte ist streng zu scheiden von dem Beginne
der Kunstgeschichte. Dass die letztere in höhere Zeiten hinauf-
reicht unterliegt keinem Zweifel: Homers Gedichte lehren es
unwidersprechlich. Ja die Betrachtung homerischer Kunstwer-
ke, namentlich des Schildes und seiner streng künstlerischen
Composition, kann auf den Verdacht führen, dass die Kunst in
jener Zeit auf einer Stufe gestanden, von der sie in der nächst-
folgenden Epoche wieder herabgegangen, wie ja auch in der
Poesie die Cykliker den Homer nicht mehr erreichten. Diesen
Punkt näher zu erörtern, ist hier nicht der Ort. Genug, wie
man die nachhomerischen Dichter nach ihm Homeriden ge-
nannt hat, so hiessen die Nachfolger des Daedalos so lange
Daedaliden, als nicht ein neuer Anlass zu lebendigerer Ent-
faltung der Kunst gegeben ward. Erst als die Kunstübung
ihre Gleichartigkeit verlor, als durch die Bearbeitung neuer
Stoffe, Metalle, Marmor, Elfenbein u. a. sich die Stylarten der
Kunst vervielfältigten, als zu gleicher Zeit die Literatur so
weit vorgeschritten war, dass sie historische Nachrichten in
grösserer Menge zu bewahren vermochte, treten aus der Gat-
tung einzelne Namen hervor. Der Zusammenhang der einzel-
nen Person mit der Gattung macht sich aber zunächst noch
vielfältig in Geschlechtsregistern geltend: eine Reihe von
Künstlern heissen Söhne oder Schüler des Daedalos, d. h. sie
gehen aus der Kunstschule oder Innung hervor, die in Daeda-
los ihren Begründer erkennt. Besonders aber musste der Name

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[25/0038] Korinth und auch wohl in Sikyon, der Vaterstadt des Dibuta- des, durch ihn sich zu selbstständiger Anerkennung empor- arbeitete. Um nun zur eigentlichen Geschichte der Künstler zu ge- langen, sind wir genöthigt, einen Sprung bis in die vorgerückte historische Zeit, bis gegen das Jahr 600 v. Ch., die 40—50ste Olympiade, zu wagen: einen Sprung, vor dem die meisten neueren Forscher so zurückgeschreckt sind, dass sie alles auf- geboten haben, die ältesten Künstlerfamilien mindestens bis zum Anfange der Olympiaden hinauf zu rücken. Während die Unzulänglichkeit dieser Annahme erst durch eine Reihe ein- zelner Untersuchungen später bewiesen werden soll, sei hier im Allgemeinen zunächst folgendes bemerkt. Der Beginn der Künstlergeschichte ist streng zu scheiden von dem Beginne der Kunstgeschichte. Dass die letztere in höhere Zeiten hinauf- reicht unterliegt keinem Zweifel: Homers Gedichte lehren es unwidersprechlich. Ja die Betrachtung homerischer Kunstwer- ke, namentlich des Schildes und seiner streng künstlerischen Composition, kann auf den Verdacht führen, dass die Kunst in jener Zeit auf einer Stufe gestanden, von der sie in der nächst- folgenden Epoche wieder herabgegangen, wie ja auch in der Poesie die Cykliker den Homer nicht mehr erreichten. Diesen Punkt näher zu erörtern, ist hier nicht der Ort. Genug, wie man die nachhomerischen Dichter nach ihm Homeriden ge- nannt hat, so hiessen die Nachfolger des Daedalos so lange Daedaliden, als nicht ein neuer Anlass zu lebendigerer Ent- faltung der Kunst gegeben ward. Erst als die Kunstübung ihre Gleichartigkeit verlor, als durch die Bearbeitung neuer Stoffe, Metalle, Marmor, Elfenbein u. a. sich die Stylarten der Kunst vervielfältigten, als zu gleicher Zeit die Literatur so weit vorgeschritten war, dass sie historische Nachrichten in grösserer Menge zu bewahren vermochte, treten aus der Gat- tung einzelne Namen hervor. Der Zusammenhang der einzel- nen Person mit der Gattung macht sich aber zunächst noch vielfältig in Geschlechtsregistern geltend: eine Reihe von Künstlern heissen Söhne oder Schüler des Daedalos, d. h. sie gehen aus der Kunstschule oder Innung hervor, die in Daeda- los ihren Begründer erkennt. Besonders aber musste der Name

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/38>, abgerufen am 21.11.2024.