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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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bis zu dieser Zeit das Leben des Künstlers nicht wohl aus-
dehnen können, vielleicht aber doch für eben diese Stadt, wel-
che Ol. 115, 4 zuerst gegründet und damals Antigonia genannt
wurde (vgl. unter Eutychides).

Apollo und Zeus, nebst Löwen, welche mit diesen
Bildern zusammen aufgestellt waren, zu Patara in Lykien.
Clemens Alexandrinus (protr. p. 14 Sylb.) lässt es unentschie-
den, ob sie Werke des Phidias oder des Bryaxis waren. Da
aber der letztere auch sonst in Asien beschäftigt war, sein
Name aber schwerlich den berühmteren des Phidias verdrängt
haben würde, so dürfen wir diese Statuen mit ziemlicher Ge-
wissheit unter denen des Bryaxis anführen.

Pasiphae nach Tatian c. Gr. 54, p. 117 Worth.

Eine längere Abschweifung macht ein Bild des Serapis
nöthig, welches nach der Meinung Athenodors (bei Clemens
Alexandrinus protr. p. 14 Sylb.) Bryaxis im Auftrage des Se-
sostris gemacht haben sollte. Wir müssen die ganze Stelle
des Clemens im Zusammenhange betrachten, um es wahrschein-
lich zu machen, dass in dieser Angabe nicht Alles, wie Sillig
meint, reine Erdichtung ist. -- Gewöhnlich hielt man dieses
Bild für ein nicht von Menschenhänden gefertigtes Werk.
Einige meinten, es stelle ursprünglich den Pluton vor, und sei
wegen Unterstützung in Hungersnoth von der Stadt Sinope
dem Ptolemaeos geschenkt worden, welcher es auf dem Vor-
gebirge Rhakotis aufstellte. Nach Anderen sollte das Bild vom
Pontus herstammen; Isidor allein nannte es ein Geschenk der
Bewohner von Seleukia bei Antiochia und dem Ptolemaeos bei
einer ähnlichen Veranlassung verehrt. Davon abweichend be-
richtete Athenodor, Sandon's Sohn, ein Zeitgenosse des Au-
gustus: Sesostris habe nach Unterwerfung der meisten grie-
chischen Völkerschaften viele Künstler mit sich weggeführt
und einem derselben, Bryaxis, aufgetragen, das Bild seines
Urahnen Psiris aus den verschiedensten und kostbarsten Stof-
fen, Gold, Silber, Erz, Stahl, Blei, Zinn und allen Arten von
Edelsteinen darzustellen. In allen diesen Erzählungen lassen
sich leicht mehrere gemeinsame Züge erkennen: das Bild ist
kein eigenthümlich und echt ägyptisches, sondern stammt aus
einer griechischen Stadt oder von der Hand eines griechischen
Künstlers her. Damit stimmt sehr wohl, dass es den Pluton
darstellen sollte, den Unterweltsgott, welcher nicht blos König

bis zu dieser Zeit das Leben des Künstlers nicht wohl aus-
dehnen können, vielleicht aber doch für eben diese Stadt, wel-
che Ol. 115, 4 zuerst gegründet und damals Antigonia genannt
wurde (vgl. unter Eutychides).

Apollo und Zeus, nebst Löwen, welche mit diesen
Bildern zusammen aufgestellt waren, zu Patara in Lykien.
Clemens Alexandrinus (protr. p. 14 Sylb.) lässt es unentschie-
den, ob sie Werke des Phidias oder des Bryaxis waren. Da
aber der letztere auch sonst in Asien beschäftigt war, sein
Name aber schwerlich den berühmteren des Phidias verdrängt
haben würde, so dürfen wir diese Statuen mit ziemlicher Ge-
wissheit unter denen des Bryaxis anführen.

Pasiphaë nach Tatian c. Gr. 54, p. 117 Worth.

Eine längere Abschweifung macht ein Bild des Serapis
nöthig, welches nach der Meinung Athenodors (bei Clemens
Alexandrinus protr. p. 14 Sylb.) Bryaxis im Auftrage des Se-
sostris gemacht haben sollte. Wir müssen die ganze Stelle
des Clemens im Zusammenhange betrachten, um es wahrschein-
lich zu machen, dass in dieser Angabe nicht Alles, wie Sillig
meint, reine Erdichtung ist. — Gewöhnlich hielt man dieses
Bild für ein nicht von Menschenhänden gefertigtes Werk.
Einige meinten, es stelle ursprünglich den Pluton vor, und sei
wegen Unterstützung in Hungersnoth von der Stadt Sinope
dem Ptolemaeos geschenkt worden, welcher es auf dem Vor-
gebirge Rhakotis aufstellte. Nach Anderen sollte das Bild vom
Pontus herstammen; Isidor allein nannte es ein Geschenk der
Bewohner von Seleukia bei Antiochia und dem Ptolemaeos bei
einer ähnlichen Veranlassung verehrt. Davon abweichend be-
richtete Athenodor, Sandon’s Sohn, ein Zeitgenosse des Au-
gustus: Sesostris habe nach Unterwerfung der meisten grie-
chischen Völkerschaften viele Künstler mit sich weggeführt
und einem derselben, Bryaxis, aufgetragen, das Bild seines
Urahnen Psiris aus den verschiedensten und kostbarsten Stof-
fen, Gold, Silber, Erz, Stahl, Blei, Zinn und allen Arten von
Edelsteinen darzustellen. In allen diesen Erzählungen lassen
sich leicht mehrere gemeinsame Züge erkennen: das Bild ist
kein eigenthümlich und echt ägyptisches, sondern stammt aus
einer griechischen Stadt oder von der Hand eines griechischen
Künstlers her. Damit stimmt sehr wohl, dass es den Pluton
darstellen sollte, den Unterweltsgott, welcher nicht blos König

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[384/0397] bis zu dieser Zeit das Leben des Künstlers nicht wohl aus- dehnen können, vielleicht aber doch für eben diese Stadt, wel- che Ol. 115, 4 zuerst gegründet und damals Antigonia genannt wurde (vgl. unter Eutychides). Apollo und Zeus, nebst Löwen, welche mit diesen Bildern zusammen aufgestellt waren, zu Patara in Lykien. Clemens Alexandrinus (protr. p. 14 Sylb.) lässt es unentschie- den, ob sie Werke des Phidias oder des Bryaxis waren. Da aber der letztere auch sonst in Asien beschäftigt war, sein Name aber schwerlich den berühmteren des Phidias verdrängt haben würde, so dürfen wir diese Statuen mit ziemlicher Ge- wissheit unter denen des Bryaxis anführen. Pasiphaë nach Tatian c. Gr. 54, p. 117 Worth. Eine längere Abschweifung macht ein Bild des Serapis nöthig, welches nach der Meinung Athenodors (bei Clemens Alexandrinus protr. p. 14 Sylb.) Bryaxis im Auftrage des Se- sostris gemacht haben sollte. Wir müssen die ganze Stelle des Clemens im Zusammenhange betrachten, um es wahrschein- lich zu machen, dass in dieser Angabe nicht Alles, wie Sillig meint, reine Erdichtung ist. — Gewöhnlich hielt man dieses Bild für ein nicht von Menschenhänden gefertigtes Werk. Einige meinten, es stelle ursprünglich den Pluton vor, und sei wegen Unterstützung in Hungersnoth von der Stadt Sinope dem Ptolemaeos geschenkt worden, welcher es auf dem Vor- gebirge Rhakotis aufstellte. Nach Anderen sollte das Bild vom Pontus herstammen; Isidor allein nannte es ein Geschenk der Bewohner von Seleukia bei Antiochia und dem Ptolemaeos bei einer ähnlichen Veranlassung verehrt. Davon abweichend be- richtete Athenodor, Sandon’s Sohn, ein Zeitgenosse des Au- gustus: Sesostris habe nach Unterwerfung der meisten grie- chischen Völkerschaften viele Künstler mit sich weggeführt und einem derselben, Bryaxis, aufgetragen, das Bild seines Urahnen Psiris aus den verschiedensten und kostbarsten Stof- fen, Gold, Silber, Erz, Stahl, Blei, Zinn und allen Arten von Edelsteinen darzustellen. In allen diesen Erzählungen lassen sich leicht mehrere gemeinsame Züge erkennen: das Bild ist kein eigenthümlich und echt ägyptisches, sondern stammt aus einer griechischen Stadt oder von der Hand eines griechischen Künstlers her. Damit stimmt sehr wohl, dass es den Pluton darstellen sollte, den Unterweltsgott, welcher nicht blos König

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/397>, abgerufen am 22.11.2024.