(c. Graec. 52, p. 114 Worth) noch Werke des Euthykrates, nemlich die Statuen der Dichterinnen Anyte, der Mnesiarchis aus Ephesos, der Thalarchis aus Argos, und endlich Panteu- chis sullambanousan ek phthoreos (ein erotisches Symplegma?). -- Bemerkungen der Alten über den Charakter dieser Bildwerke fehlen uns gänzlich; und wir vermögen deshalb nicht nachzu- weisen, in welchen besonderen Eigenthümlichkeiten das zu An- fang mitgetheilte Urtheil des Plinius begründet ist. Wie es dasteht, scheint anzunehmen, das Euthykrates im Ernste der Auffassung und vielleicht auch in den strengeren, breiteren Proportionen sich mehr der älteren Kunstschule von Argos und Sikyon angeschlossen habe. Dieses wird noch wahrscheinli- cher durch des Urtheil, welches Plinius unmittelbar nachher über den folgenden Künstler fällt: Tisikrates "aus Sikyon war zwar Schüler des Euthykrates, stand aber der Sekte des Lysipp näher (Lysippi sectae propior), so dass mehrere seiner Werke kaum davon zu unterscheiden waren, wie sein Thebanischer Greis, der König Demetrios, Peukestes, der Leibwächter Alexanders des Grossen, würdig so grossen Ruhmes": Plin. 34, 67. Peukestes war wenigstens im An- fange der 116ten Olympiade noch am Leben 1); Demetrios aber starb Ol. 142, 2, so dass sich die künstlerische Laufbahn des Tisikrates der seines Lehrers entsprechend von Ol. 115--124 erstrecken mochte. Plinius erwähnt ausserdem, dass auf ein Zweigespann von seiner Hand Piston eine Frau setzte; und nennt zugleich als Werke dieses sonst unbekannten Künstlers einen Ares und Hermes im Tempel der Concordia zu Rom: 34, 89. Endlich finden wir den Namen des Tisikrates auf einer bei Albano entdeckten Basis:
[Abbildung]
C. I. Gr. n. 6172. Aus dem Imperfectum sowie aus dem Ma- terial der Basis, einem albanischen Peperin, geht hervor, dass die Inschrift erst in römischer Zeit unter ein Werk des Tisi- krates oder eine Copie desselben gesetzt wurde. Visconti 2) wollte aus der oblongen Gestalt der Basis schliessen, dieselbe habe die Löwin getragen, welche Plinius erwähne; allein er verwechselte dabei Tisikrates mit dem alten Amphikrates aus
1) Plut. Eum. 14; Diod. XIX, 48.
2) Op. var. II, 82.
(c. Graec. 52, p. 114 Worth) noch Werke des Euthykrates, nemlich die Statuen der Dichterinnen Anyte, der Mnesiarchis aus Ephesos, der Thalarchis aus Argos, und endlich Panteu- chis συλλαμβάνουσαν ἐκ φϑορέως (ein erotisches Symplegma?). — Bemerkungen der Alten über den Charakter dieser Bildwerke fehlen uns gänzlich; und wir vermögen deshalb nicht nachzu- weisen, in welchen besonderen Eigenthümlichkeiten das zu An- fang mitgetheilte Urtheil des Plinius begründet ist. Wie es dasteht, scheint anzunehmen, das Euthykrates im Ernste der Auffassung und vielleicht auch in den strengeren, breiteren Proportionen sich mehr der älteren Kunstschule von Argos und Sikyon angeschlossen habe. Dieses wird noch wahrscheinli- cher durch des Urtheil, welches Plinius unmittelbar nachher über den folgenden Künstler fällt: Tisikrates „aus Sikyon war zwar Schüler des Euthykrates, stand aber der Sekte des Lysipp näher (Lysippi sectae propior), so dass mehrere seiner Werke kaum davon zu unterscheiden waren, wie sein Thebanischer Greis, der König Demetrios, Peukestes, der Leibwächter Alexanders des Grossen, würdig so grossen Ruhmes”: Plin. 34, 67. Peukestes war wenigstens im An- fange der 116ten Olympiade noch am Leben 1); Demetrios aber starb Ol. 142, 2, so dass sich die künstlerische Laufbahn des Tisikrates der seines Lehrers entsprechend von Ol. 115—124 erstrecken mochte. Plinius erwähnt ausserdem, dass auf ein Zweigespann von seiner Hand Piston eine Frau setzte; und nennt zugleich als Werke dieses sonst unbekannten Künstlers einen Ares und Hermes im Tempel der Concordia zu Rom: 34, 89. Endlich finden wir den Namen des Tisikrates auf einer bei Albano entdeckten Basis:
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C. I. Gr. n. 6172. Aus dem Imperfectum sowie aus dem Ma- terial der Basis, einem albanischen Peperin, geht hervor, dass die Inschrift erst in römischer Zeit unter ein Werk des Tisi- krates oder eine Copie desselben gesetzt wurde. Visconti 2) wollte aus der oblongen Gestalt der Basis schliessen, dieselbe habe die Löwin getragen, welche Plinius erwähne; allein er verwechselte dabei Tisikrates mit dem alten Amphikrates aus
1) Plut. Eum. 14; Diod. XIX, 48.
2) Op. var. II, 82.
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(c. Graec. 52, p. 114 Worth) noch Werke des Euthykrates,
nemlich die Statuen der Dichterinnen Anyte, der Mnesiarchis
aus Ephesos, der Thalarchis aus Argos, und endlich Panteu-
chis συλλαμβάνουσαν ἐκ φϑορέως (ein erotisches Symplegma?).
— Bemerkungen der Alten über den Charakter dieser Bildwerke
fehlen uns gänzlich; und wir vermögen deshalb nicht nachzu-
weisen, in welchen besonderen Eigenthümlichkeiten das zu An-
fang mitgetheilte Urtheil des Plinius begründet ist. Wie es
dasteht, scheint anzunehmen, das Euthykrates im Ernste der
Auffassung und vielleicht auch in den strengeren, breiteren
Proportionen sich mehr der älteren Kunstschule von Argos und
Sikyon angeschlossen habe. Dieses wird noch wahrscheinli-
cher durch des Urtheil, welches Plinius unmittelbar nachher
über den folgenden Künstler fällt:
Tisikrates
„aus Sikyon war zwar Schüler des Euthykrates, stand aber
der Sekte des Lysipp näher (Lysippi sectae propior), so dass
mehrere seiner Werke kaum davon zu unterscheiden waren,
wie sein Thebanischer Greis, der König Demetrios, Peukestes,
der Leibwächter Alexanders des Grossen, würdig so grossen
Ruhmes”: Plin. 34, 67. Peukestes war wenigstens im An-
fange der 116ten Olympiade noch am Leben 1); Demetrios aber
starb Ol. 142, 2, so dass sich die künstlerische Laufbahn des
Tisikrates der seines Lehrers entsprechend von Ol. 115—124
erstrecken mochte. Plinius erwähnt ausserdem, dass auf ein
Zweigespann von seiner Hand Piston eine Frau setzte; und
nennt zugleich als Werke dieses sonst unbekannten Künstlers
einen Ares und Hermes im Tempel der Concordia zu Rom:
34, 89. Endlich finden wir den Namen des Tisikrates auf einer
bei Albano entdeckten Basis:
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C. I. Gr. n. 6172. Aus dem Imperfectum sowie aus dem Ma-
terial der Basis, einem albanischen Peperin, geht hervor, dass
die Inschrift erst in römischer Zeit unter ein Werk des Tisi-
krates oder eine Copie desselben gesetzt wurde. Visconti 2)
wollte aus der oblongen Gestalt der Basis schliessen, dieselbe
habe die Löwin getragen, welche Plinius erwähne; allein er
verwechselte dabei Tisikrates mit dem alten Amphikrates aus
1) Plut. Eum. 14; Diod. XIX, 48.
2) Op. var. II, 82.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/423>, abgerufen am 24.11.2024.
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