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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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feln würde: etwa in der Weise des Apollo von Tenea (Mon.
dell' Inst. IV, t. 44).

Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so sind
wir allerdings nicht im Stande, aus ihnen einen bestimmten
Styl dieser Künstler nachzuweisen. Wohl aber müssen die
bedeutenden technischen Fortschritte unsere Aufmerksamkeit
auf sich ziehen, durch die Theodoros noch mehr als Rhoekos
seinen Ruhm begründet hat. Ihm legt Plinius (7, 198) noch
ausdrücklich die Erfindung des Winkelmaasses, der Richtwage,
der Drehbank, des Schlüssels bei. Den Nutzen der Drehbank
erprobte er bei den Säulen des Labyrinths. Glänzend besei-
tigte er die localen Hindernisse bei der Anlage des ephesischen
Tempels. Eigenthümlichkeit verräth auch die Skias in Sparta.
Endlich ist wohl die Nachricht, dass er über den Tempel der
Hera zu Samos geschrieben habe, nicht gänzlich zu verwer-
fen, wenn auch immerhin seine Aufzeichnungen nicht mehr,
als eine Art Grundriss nebst Angabe der Verhältnisse und
Maasse in Zahlen enthalten haben mögen. In dieser Ausdeh-
nung ist aber eine schriftliche Ueberlieferung für die Entwik-
kelung und gleichmässige Fortbildung einer Kunst, die nicht,
wie die Sculptur, von einfacher Nachahmung der Natur aus-
geht, sondern für ihre Zwecke erst die Formen erfinden muss,
selbst in so alter Zeit mit Nothwendigkeit vorauszusetzen.
Wir betrachten daher Theodoros als den ersten uns bekannten
Künstler, der, wenn auch zunächst zu durchaus praktischen
Zwecken, seine eigenen Erfahrungen den nachfolgenden Künst-
lern durch schriftliche Aufzeichnung nutzbar zu machen gesucht
hat (vgl. unten in dem Abschnitt über die Architekten).

Bewundernswerth erscheint es ferner an Theodoros, wenn
er nicht minderen Ruhm, als durch seine architektonischen
Werke, auch durch Metallarbeit erwirbt. Die verschiedenen
von einander unabhängigen Erwähnungen lassen keinen Zweifel
darüber, dass er hier im Kleinsten und Feinsten, wie im Grossen
gleich gewandt war. Es wird dadurch nicht unwahrscheinlich,
dass bei der Erfindung des Erzgusses das Hauptverdienst ihm
gebührt. Dieser Fortschritt aber ist bei weitem der wichtigste,
welchen die griechische Kunst den beiden Samiern verdankt;
seine Bedeutung zeigt sich sehr bald durch den Erfolg; denn
während die ältere Art der Metallbearbeitung, durch Treiben,
Löthen, Niethen, wenigstens für künstlerische Zwecke immer

feln würde: etwa in der Weise des Apollo von Tenea (Mon.
dell’ Inst. IV, t. 44).

Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so sind
wir allerdings nicht im Stande, aus ihnen einen bestimmten
Styl dieser Künstler nachzuweisen. Wohl aber müssen die
bedeutenden technischen Fortschritte unsere Aufmerksamkeit
auf sich ziehen, durch die Theodoros noch mehr als Rhoekos
seinen Ruhm begründet hat. Ihm legt Plinius (7, 198) noch
ausdrücklich die Erfindung des Winkelmaasses, der Richtwage,
der Drehbank, des Schlüssels bei. Den Nutzen der Drehbank
erprobte er bei den Säulen des Labyrinths. Glänzend besei-
tigte er die localen Hindernisse bei der Anlage des ephesischen
Tempels. Eigenthümlichkeit verräth auch die Skias in Sparta.
Endlich ist wohl die Nachricht, dass er über den Tempel der
Hera zu Samos geschrieben habe, nicht gänzlich zu verwer-
fen, wenn auch immerhin seine Aufzeichnungen nicht mehr,
als eine Art Grundriss nebst Angabe der Verhältnisse und
Maasse in Zahlen enthalten haben mögen. In dieser Ausdeh-
nung ist aber eine schriftliche Ueberlieferung für die Entwik-
kelung und gleichmässige Fortbildung einer Kunst, die nicht,
wie die Sculptur, von einfacher Nachahmung der Natur aus-
geht, sondern für ihre Zwecke erst die Formen erfinden muss,
selbst in so alter Zeit mit Nothwendigkeit vorauszusetzen.
Wir betrachten daher Theodoros als den ersten uns bekannten
Künstler, der, wenn auch zunächst zu durchaus praktischen
Zwecken, seine eigenen Erfahrungen den nachfolgenden Künst-
lern durch schriftliche Aufzeichnung nutzbar zu machen gesucht
hat (vgl. unten in dem Abschnitt über die Architekten).

Bewundernswerth erscheint es ferner an Theodoros, wenn
er nicht minderen Ruhm, als durch seine architektonischen
Werke, auch durch Metallarbeit erwirbt. Die verschiedenen
von einander unabhängigen Erwähnungen lassen keinen Zweifel
darüber, dass er hier im Kleinsten und Feinsten, wie im Grossen
gleich gewandt war. Es wird dadurch nicht unwahrscheinlich,
dass bei der Erfindung des Erzgusses das Hauptverdienst ihm
gebührt. Dieser Fortschritt aber ist bei weitem der wichtigste,
welchen die griechische Kunst den beiden Samiern verdankt;
seine Bedeutung zeigt sich sehr bald durch den Erfolg; denn
während die ältere Art der Metallbearbeitung, durch Treiben,
Löthen, Niethen, wenigstens für künstlerische Zwecke immer

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[37/0050] feln würde: etwa in der Weise des Apollo von Tenea (Mon. dell’ Inst. IV, t. 44). Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so sind wir allerdings nicht im Stande, aus ihnen einen bestimmten Styl dieser Künstler nachzuweisen. Wohl aber müssen die bedeutenden technischen Fortschritte unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, durch die Theodoros noch mehr als Rhoekos seinen Ruhm begründet hat. Ihm legt Plinius (7, 198) noch ausdrücklich die Erfindung des Winkelmaasses, der Richtwage, der Drehbank, des Schlüssels bei. Den Nutzen der Drehbank erprobte er bei den Säulen des Labyrinths. Glänzend besei- tigte er die localen Hindernisse bei der Anlage des ephesischen Tempels. Eigenthümlichkeit verräth auch die Skias in Sparta. Endlich ist wohl die Nachricht, dass er über den Tempel der Hera zu Samos geschrieben habe, nicht gänzlich zu verwer- fen, wenn auch immerhin seine Aufzeichnungen nicht mehr, als eine Art Grundriss nebst Angabe der Verhältnisse und Maasse in Zahlen enthalten haben mögen. In dieser Ausdeh- nung ist aber eine schriftliche Ueberlieferung für die Entwik- kelung und gleichmässige Fortbildung einer Kunst, die nicht, wie die Sculptur, von einfacher Nachahmung der Natur aus- geht, sondern für ihre Zwecke erst die Formen erfinden muss, selbst in so alter Zeit mit Nothwendigkeit vorauszusetzen. Wir betrachten daher Theodoros als den ersten uns bekannten Künstler, der, wenn auch zunächst zu durchaus praktischen Zwecken, seine eigenen Erfahrungen den nachfolgenden Künst- lern durch schriftliche Aufzeichnung nutzbar zu machen gesucht hat (vgl. unten in dem Abschnitt über die Architekten). Bewundernswerth erscheint es ferner an Theodoros, wenn er nicht minderen Ruhm, als durch seine architektonischen Werke, auch durch Metallarbeit erwirbt. Die verschiedenen von einander unabhängigen Erwähnungen lassen keinen Zweifel darüber, dass er hier im Kleinsten und Feinsten, wie im Grossen gleich gewandt war. Es wird dadurch nicht unwahrscheinlich, dass bei der Erfindung des Erzgusses das Hauptverdienst ihm gebührt. Dieser Fortschritt aber ist bei weitem der wichtigste, welchen die griechische Kunst den beiden Samiern verdankt; seine Bedeutung zeigt sich sehr bald durch den Erfolg; denn während die ältere Art der Metallbearbeitung, durch Treiben, Löthen, Niethen, wenigstens für künstlerische Zwecke immer

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/50>, abgerufen am 21.11.2024.