werke, wie die prächtigen Cameen mit Bildern dieses Königs- hauses, stossen diese Behauptung nicht um: sie gehören nicht der Klasse öffentlicher Denkmäler, nicht der grossen histori- schen Kunst an, sondern dienen dem Luxus des Privatlebens. Sehen wir aber, wie später Aegyptisches in der Religion, und damit auch in der Kunst, selbst in rein hellenischen Gegenden Eingang findet, so werden wir uns nicht wundern, wenn es den Ptolemaeern nur in einzelnen Fällen (wie z. B. der Serapis- bildung) gelang, zwischen starrem, tyrannischem Herkommen und freier hellenischer Auffassung eine reine Vermittelung zu finden.
So werden wir nach Ausschluss des eigentlichen Griechen- lands und Aegyptens nach der kleinasiatischen Küste gedrängt, wo von Alters her griechisches Leben, wenn auch lange Zeit ohne politische Selbstständigkeit, herrschte. An den nach Alexanders Tode dort neu gegründeten Königshöfen in neuen Residenzen konnte es, sobald eine gewisse Beruhigung einge- treten war, den Künstlern an Beschäftigung nicht fehlen; und ausserhalb der Künstlergeschichte werden uns auch manche Thatsachen gemeldet, aus denen hervorgeht, dass es an Liebe zur Kunst bei verschiedenen der neuen Herrschergeschlechter nicht fehlte. Wenn wir trotzdem von Künstlern und Kunst- schulen nur wenig und nur von wenigen Orten erfahren, so wird auch hier der Grund wieder der sein, dass es dem künst- lerischen Treiben meist an Selbstständigkeit und Originalität gefehlt haben mag. Waren z. B. in den neugegründeten Städten die Tempel mit Götterbildern zu schmücken, so gab es für dieselben bereits überall vollendete Muster, an welche sich mehr oder minder eng anzuschliessen der Künstler nicht ver- meiden konnte. Deshalb ist jetzt auch die Zahl derjenigen Künstler, als deren Werke überhaupt Götterbilder namhaft ge- macht werden, äusserst gering; und dieselben gehören nicht einmal zu den berühmtesten, oder ihr Ruhm gründet sich we- nigstens nicht gerade auf Werke dieser Art. Eben darum ha- ben wir aber auch vielleicht den Mangel weiterer Nachrichten gerade in dieser Beziehung weniger zu beklagen, da sie uns wahrscheinlich über die innere Entwickelungsgeschichte nicht viel Neues und Entscheidendes lehren würden. Ich glaube dies aussprechen zu dürfen in Hinblick auf das, was unter den erhaltenen Werken wirklich von Bedeutung ist, uns aber
werke, wie die prächtigen Cameen mit Bildern dieses Königs- hauses, stossen diese Behauptung nicht um: sie gehören nicht der Klasse öffentlicher Denkmäler, nicht der grossen histori- schen Kunst an, sondern dienen dem Luxus des Privatlebens. Sehen wir aber, wie später Aegyptisches in der Religion, und damit auch in der Kunst, selbst in rein hellenischen Gegenden Eingang findet, so werden wir uns nicht wundern, wenn es den Ptolemaeern nur in einzelnen Fällen (wie z. B. der Serapis- bildung) gelang, zwischen starrem, tyrannischem Herkommen und freier hellenischer Auffassung eine reine Vermittelung zu finden.
So werden wir nach Ausschluss des eigentlichen Griechen- lands und Aegyptens nach der kleinasiatischen Küste gedrängt, wo von Alters her griechisches Leben, wenn auch lange Zeit ohne politische Selbstständigkeit, herrschte. An den nach Alexanders Tode dort neu gegründeten Königshöfen in neuen Residenzen konnte es, sobald eine gewisse Beruhigung einge- treten war, den Künstlern an Beschäftigung nicht fehlen; und ausserhalb der Künstlergeschichte werden uns auch manche Thatsachen gemeldet, aus denen hervorgeht, dass es an Liebe zur Kunst bei verschiedenen der neuen Herrschergeschlechter nicht fehlte. Wenn wir trotzdem von Künstlern und Kunst- schulen nur wenig und nur von wenigen Orten erfahren, so wird auch hier der Grund wieder der sein, dass es dem künst- lerischen Treiben meist an Selbstständigkeit und Originalität gefehlt haben mag. Waren z. B. in den neugegründeten Städten die Tempel mit Götterbildern zu schmücken, so gab es für dieselben bereits überall vollendete Muster, an welche sich mehr oder minder eng anzuschliessen der Künstler nicht ver- meiden konnte. Deshalb ist jetzt auch die Zahl derjenigen Künstler, als deren Werke überhaupt Götterbilder namhaft ge- macht werden, äusserst gering; und dieselben gehören nicht einmal zu den berühmtesten, oder ihr Ruhm gründet sich we- nigstens nicht gerade auf Werke dieser Art. Eben darum ha- ben wir aber auch vielleicht den Mangel weiterer Nachrichten gerade in dieser Beziehung weniger zu beklagen, da sie uns wahrscheinlich über die innere Entwickelungsgeschichte nicht viel Neues und Entscheidendes lehren würden. Ich glaube dies aussprechen zu dürfen in Hinblick auf das, was unter den erhaltenen Werken wirklich von Bedeutung ist, uns aber
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der Klasse öffentlicher Denkmäler, nicht der grossen histori-
schen Kunst an, sondern dienen dem Luxus des Privatlebens.
Sehen wir aber, wie später Aegyptisches in der Religion, und
damit auch in der Kunst, selbst in rein hellenischen Gegenden
Eingang findet, so werden wir uns nicht wundern, wenn es
den Ptolemaeern nur in einzelnen Fällen (wie z. B. der Serapis-
bildung) gelang, zwischen starrem, tyrannischem Herkommen
und freier hellenischer Auffassung eine reine Vermittelung zu
finden.
So werden wir nach Ausschluss des eigentlichen Griechen-
lands und Aegyptens nach der kleinasiatischen Küste gedrängt,
wo von Alters her griechisches Leben, wenn auch lange Zeit
ohne politische Selbstständigkeit, herrschte. An den nach
Alexanders Tode dort neu gegründeten Königshöfen in neuen
Residenzen konnte es, sobald eine gewisse Beruhigung einge-
treten war, den Künstlern an Beschäftigung nicht fehlen; und
ausserhalb der Künstlergeschichte werden uns auch manche
Thatsachen gemeldet, aus denen hervorgeht, dass es an Liebe
zur Kunst bei verschiedenen der neuen Herrschergeschlechter
nicht fehlte. Wenn wir trotzdem von Künstlern und Kunst-
schulen nur wenig und nur von wenigen Orten erfahren, so
wird auch hier der Grund wieder der sein, dass es dem künst-
lerischen Treiben meist an Selbstständigkeit und Originalität
gefehlt haben mag. Waren z. B. in den neugegründeten Städten
die Tempel mit Götterbildern zu schmücken, so gab es für
dieselben bereits überall vollendete Muster, an welche sich
mehr oder minder eng anzuschliessen der Künstler nicht ver-
meiden konnte. Deshalb ist jetzt auch die Zahl derjenigen
Künstler, als deren Werke überhaupt Götterbilder namhaft ge-
macht werden, äusserst gering; und dieselben gehören nicht
einmal zu den berühmtesten, oder ihr Ruhm gründet sich we-
nigstens nicht gerade auf Werke dieser Art. Eben darum ha-
ben wir aber auch vielleicht den Mangel weiterer Nachrichten
gerade in dieser Beziehung weniger zu beklagen, da sie uns
wahrscheinlich über die innere Entwickelungsgeschichte nicht
viel Neues und Entscheidendes lehren würden. Ich glaube
dies aussprechen zu dürfen in Hinblick auf das, was unter
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/519>, abgerufen am 24.11.2024.
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