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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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zurückführen, welche im letzten Jahrhundert v. Chr. lebten;
ja, wenn wir bedenken, dass die Venus innerhalb des Porti-
cus der Octavia gefunden sein soll1), so wäre sogar die Mög-
lichkeit nicht abzuweisen, dass sie ursprünglich zum Schmuck
dieser Anlage gearbeitet wurde, als Augustus sie erneuerte
und erweiterte.

C. Avianius Euander.

Die Zusammenstellung der Nachrichten über ihn entnehme
ich einem Artikel Bergk's in der Ztschr. f. Altw. 1847, S. 171.
-- Die bekannteste Erwähnung des Euander findet sich bei
Horaz, Sat. I, 3, 90:

Comminxit lectum potus mensave catillum
Euandri manibus tritnm deiecit.

Dazu bemerkt der Scholiast aus den Schriften derer, welche
sich mit den Personen bei Horaz beschäftigten: Euander sei
ein Caelator und Bildhauer (plastes statuarum) gewesen, wel-
chen M. Antonius mit sich aus Athen nach Alexandrien ge-
nommen habe, von wo er unter den Gefangenen nach Rom
gebracht sei; und hier habe er viele bewunderungswürdige
Werke gemacht. Dass er noch unter Augustus zur Zeit der
Gründung des palatinischen Apollotempels thätig war, geht aus
Plinius hervor, welcher erzählt, dass der Statue der Diana im
Apollotempel, einem Werke des Timotheos, Avianius Euander
(so schreibt den Namen die Bamberger Handschrift) einen
neuen Kopf aufsetzte (36, 32). Wie er zu dem Namen Avia-
nius gekommen sein mag, lässt sich aus einigen Erwähnun-
gen bei Cicero schliessen. Dieser nennt nemlich (ad fam.
XIII, 2) als Patron des Euander den M. Aemilius, welcher an
zwei anderen Stellen (ad fam. XIII, 21 und 27) nach den be-
sten Handschriften selbst Avianianus, als Adoptivsohn eines
Avianius, heisst. In den Besitz des Letzteren mochte also
Euander bei seiner Ankunft aus Aegypten als Sklave gekom-
men und später freigelassen worden sein. Cicero war mit ihm
befreundet und liess z. B. durch Q. Fadius Gallus von ihm
Kunstwerke zum Schmucke seiner Villa kaufen (ad fam. VII, 23),
nemlich ein Paar Bacchantinnen, einen Mars und einen Trapezo-
phoros. Da dieser Kauf indessen auf einem Misverständnisse
beruhte, und, wie es scheint, Cicero eigentlich Gemälde zu

1) Sante Bartoli bei Fea Misc. I, p. 253.
35 *

zurückführen, welche im letzten Jahrhundert v. Chr. lebten;
ja, wenn wir bedenken, dass die Venus innerhalb des Porti-
cus der Octavia gefunden sein soll1), so wäre sogar die Mög-
lichkeit nicht abzuweisen, dass sie ursprünglich zum Schmuck
dieser Anlage gearbeitet wurde, als Augustus sie erneuerte
und erweiterte.

C. Avianius Euander.

Die Zusammenstellung der Nachrichten über ihn entnehme
ich einem Artikel Bergk’s in der Ztschr. f. Altw. 1847, S. 171.
— Die bekannteste Erwähnung des Euander findet sich bei
Horaz, Sat. I, 3, 90:

Comminxit lectum potus mensave catillum
Euandri manibus tritnm deiecit.

Dazu bemerkt der Scholiast aus den Schriften derer, welche
sich mit den Personen bei Horaz beschäftigten: Euander sei
ein Caelator und Bildhauer (plastes statuarum) gewesen, wel-
chen M. Antonius mit sich aus Athen nach Alexandrien ge-
nommen habe, von wo er unter den Gefangenen nach Rom
gebracht sei; und hier habe er viele bewunderungswürdige
Werke gemacht. Dass er noch unter Augustus zur Zeit der
Gründung des palatinischen Apollotempels thätig war, geht aus
Plinius hervor, welcher erzählt, dass der Statue der Diana im
Apollotempel, einem Werke des Timotheos, Avianius Euander
(so schreibt den Namen die Bamberger Handschrift) einen
neuen Kopf aufsetzte (36, 32). Wie er zu dem Namen Avia-
nius gekommen sein mag, lässt sich aus einigen Erwähnun-
gen bei Cicero schliessen. Dieser nennt nemlich (ad fam.
XIII, 2) als Patron des Euander den M. Aemilius, welcher an
zwei anderen Stellen (ad fam. XIII, 21 und 27) nach den be-
sten Handschriften selbst Avianianus, als Adoptivsohn eines
Avianius, heisst. In den Besitz des Letzteren mochte also
Euander bei seiner Ankunft aus Aegypten als Sklave gekom-
men und später freigelassen worden sein. Cicero war mit ihm
befreundet und liess z. B. durch Q. Fadius Gallus von ihm
Kunstwerke zum Schmucke seiner Villa kaufen (ad fam. VII, 23),
nemlich ein Paar Bacchantinnen, einen Mars und einen Trapezo-
phoros. Da dieser Kauf indessen auf einem Misverständnisse
beruhte, und, wie es scheint, Cicero eigentlich Gemälde zu

1) Sante Bartoli bei Fea Misc. I, p. 253.
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[547/0560] zurückführen, welche im letzten Jahrhundert v. Chr. lebten; ja, wenn wir bedenken, dass die Venus innerhalb des Porti- cus der Octavia gefunden sein soll 1), so wäre sogar die Mög- lichkeit nicht abzuweisen, dass sie ursprünglich zum Schmuck dieser Anlage gearbeitet wurde, als Augustus sie erneuerte und erweiterte. C. Avianius Euander. Die Zusammenstellung der Nachrichten über ihn entnehme ich einem Artikel Bergk’s in der Ztschr. f. Altw. 1847, S. 171. — Die bekannteste Erwähnung des Euander findet sich bei Horaz, Sat. I, 3, 90: Comminxit lectum potus mensave catillum Euandri manibus tritnm deiecit. Dazu bemerkt der Scholiast aus den Schriften derer, welche sich mit den Personen bei Horaz beschäftigten: Euander sei ein Caelator und Bildhauer (plastes statuarum) gewesen, wel- chen M. Antonius mit sich aus Athen nach Alexandrien ge- nommen habe, von wo er unter den Gefangenen nach Rom gebracht sei; und hier habe er viele bewunderungswürdige Werke gemacht. Dass er noch unter Augustus zur Zeit der Gründung des palatinischen Apollotempels thätig war, geht aus Plinius hervor, welcher erzählt, dass der Statue der Diana im Apollotempel, einem Werke des Timotheos, Avianius Euander (so schreibt den Namen die Bamberger Handschrift) einen neuen Kopf aufsetzte (36, 32). Wie er zu dem Namen Avia- nius gekommen sein mag, lässt sich aus einigen Erwähnun- gen bei Cicero schliessen. Dieser nennt nemlich (ad fam. XIII, 2) als Patron des Euander den M. Aemilius, welcher an zwei anderen Stellen (ad fam. XIII, 21 und 27) nach den be- sten Handschriften selbst Avianianus, als Adoptivsohn eines Avianius, heisst. In den Besitz des Letzteren mochte also Euander bei seiner Ankunft aus Aegypten als Sklave gekom- men und später freigelassen worden sein. Cicero war mit ihm befreundet und liess z. B. durch Q. Fadius Gallus von ihm Kunstwerke zum Schmucke seiner Villa kaufen (ad fam. VII, 23), nemlich ein Paar Bacchantinnen, einen Mars und einen Trapezo- phoros. Da dieser Kauf indessen auf einem Misverständnisse beruhte, und, wie es scheint, Cicero eigentlich Gemälde zu 1) Sante Bartoli bei Fea Misc. I, p. 253. 35 *

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/560>, abgerufen am 22.11.2024.