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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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getrieben, und dann erst zusammengefügt und mit Nägeln ver-
bunden, so dass sie sich nicht auflösen können. Klearchos
aus Rhegion soll das Bild gemacht haben, welchen einige ei-
nen Schüler des Dipoenos und Skyllis, andere sogar des Dae-
dalos nennen. So berichtet Pausanias 1), gewiss ohne zu ah-
nen, welchen Anstoss er dadurch bei seinen Erklärern erregen
würde. Da meint z. B. Sillig, von Dipoenos und Skyllis kön-
ne hier nicht die Rede sein: sie hätten ja nur durch Marmor-
arbeit Ruhm erworben. Ferner müsse dieses Werk in weit
frühere Zeit fallen, als die, in welcher bekanntlich jene Künst-
ler thätig waren: richtig habe nemlich Thiersch 2) bestimmt,
dass dieses mit dem Hammer getriebene Werk, dieses sphure-
laton, älter als Rhoekos, also älter als die Zeitrechnung nach
Olympiaden sei. Welcker 3) dagegen will das Künstlerpaar,
welches den Daedalos zum Lehrer gehabt haben soll, von ei-
nem anderen der 50sten Olympiade getrennt wissen. Müller 4)
endlich giebt nur zu, dass Klearchos später als Ol. 14 gelebt
habe, indem damals erst Rhegion gegründet worden sei. Prü-
fen wir diese Einwürfe näher: Wer sagt uns, dass Dipoenos
und Skyllis nur in Marmor gearbeitet? Und gesetzt es wäre
der Fall gewesen, mussten alle ihre Schüler dasselbe thun?
Von ihren drei Schülern aus Lakedaemon kennen wir kein
einziges Werk in Marmor. Was nöthigt uns ferner ein sphure-
laton bis zum Anfange der Olympiaden hinaufzurücken? Rhoe-
kos und Theodoros lebten um Ol. 50, allerdings vor Ol. 60, in
die wir der Lehrer wegen den Klearch setzen. Aber durch
die Erfindung des Erzgusses ist die frühere Art der Metall-
arbeit gewiss nicht mit einem Schlage in ganz Griechenland
unterdrückt worden. Wenn Pausanias, wie es scheint, dies
dennoch annimmt und daraus den falschen Schluss zieht, der
Zeus des Klearch sei das älteste Werk in Erz, so darf uns
dies nicht irre machen, da wir noch dazu wissen, dass er
über die chronologischen Verhältnisse der ältesten Künstler
häufig mit sich selbst keineswegs im Klaren ist. Die Annahme
eines doppelten Dipoenos und Skyllis erweist sich dadurch als
unnöthig; und heisst nun Klearch gar Schüler des Daedalos

1) III, 17, 6, wo Klearkhon de gewiss den Vorzug vor kai Learkhon de
trotz der Uebereinstimmung der Handschriften verdient.
2) Ep. Not. S. 24.
3) Kl. Schr. III. S. 541.
4) Hdb. §. 70, 2.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 4

getrieben, und dann erst zusammengefügt und mit Nägeln ver-
bunden, so dass sie sich nicht auflösen können. Klearchos
aus Rhegion soll das Bild gemacht haben, welchen einige ei-
nen Schüler des Dipoenos und Skyllis, andere sogar des Dae-
dalos nennen. So berichtet Pausanias 1), gewiss ohne zu ah-
nen, welchen Anstoss er dadurch bei seinen Erklärern erregen
würde. Da meint z. B. Sillig, von Dipoenos und Skyllis kön-
ne hier nicht die Rede sein: sie hätten ja nur durch Marmor-
arbeit Ruhm erworben. Ferner müsse dieses Werk in weit
frühere Zeit fallen, als die, in welcher bekanntlich jene Künst-
ler thätig waren: richtig habe nemlich Thiersch 2) bestimmt,
dass dieses mit dem Hammer getriebene Werk, dieses σφυρή-
λατον, älter als Rhoekos, also älter als die Zeitrechnung nach
Olympiaden sei. Welcker 3) dagegen will das Künstlerpaar,
welches den Daedalos zum Lehrer gehabt haben soll, von ei-
nem anderen der 50sten Olympiade getrennt wissen. Müller 4)
endlich giebt nur zu, dass Klearchos später als Ol. 14 gelebt
habe, indem damals erst Rhegion gegründet worden sei. Prü-
fen wir diese Einwürfe näher: Wer sagt uns, dass Dipoenos
und Skyllis nur in Marmor gearbeitet? Und gesetzt es wäre
der Fall gewesen, mussten alle ihre Schüler dasselbe thun?
Von ihren drei Schülern aus Lakedaemon kennen wir kein
einziges Werk in Marmor. Was nöthigt uns ferner ein σφυρή-
λατον bis zum Anfange der Olympiaden hinaufzurücken? Rhoe-
kos und Theodoros lebten um Ol. 50, allerdings vor Ol. 60, in
die wir der Lehrer wegen den Klearch setzen. Aber durch
die Erfindung des Erzgusses ist die frühere Art der Metall-
arbeit gewiss nicht mit einem Schlage in ganz Griechenland
unterdrückt worden. Wenn Pausanias, wie es scheint, dies
dennoch annimmt und daraus den falschen Schluss zieht, der
Zeus des Klearch sei das älteste Werk in Erz, so darf uns
dies nicht irre machen, da wir noch dazu wissen, dass er
über die chronologischen Verhältnisse der ältesten Künstler
häufig mit sich selbst keineswegs im Klaren ist. Die Annahme
eines doppelten Dipoenos und Skyllis erweist sich dadurch als
unnöthig; und heisst nun Klearch gar Schüler des Daedalos

1) III, 17, 6, wo Κλέαρχον δὲ gewiss den Vorzug vor καὶ Λέαρχον δὲ
trotz der Uebereinstimmung der Handschriften verdient.
2) Ep. Not. S. 24.
3) Kl. Schr. III. S. 541.
4) Hdb. §. 70, 2.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 4
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[49/0062] getrieben, und dann erst zusammengefügt und mit Nägeln ver- bunden, so dass sie sich nicht auflösen können. Klearchos aus Rhegion soll das Bild gemacht haben, welchen einige ei- nen Schüler des Dipoenos und Skyllis, andere sogar des Dae- dalos nennen. So berichtet Pausanias 1), gewiss ohne zu ah- nen, welchen Anstoss er dadurch bei seinen Erklärern erregen würde. Da meint z. B. Sillig, von Dipoenos und Skyllis kön- ne hier nicht die Rede sein: sie hätten ja nur durch Marmor- arbeit Ruhm erworben. Ferner müsse dieses Werk in weit frühere Zeit fallen, als die, in welcher bekanntlich jene Künst- ler thätig waren: richtig habe nemlich Thiersch 2) bestimmt, dass dieses mit dem Hammer getriebene Werk, dieses σφυρή- λατον, älter als Rhoekos, also älter als die Zeitrechnung nach Olympiaden sei. Welcker 3) dagegen will das Künstlerpaar, welches den Daedalos zum Lehrer gehabt haben soll, von ei- nem anderen der 50sten Olympiade getrennt wissen. Müller 4) endlich giebt nur zu, dass Klearchos später als Ol. 14 gelebt habe, indem damals erst Rhegion gegründet worden sei. Prü- fen wir diese Einwürfe näher: Wer sagt uns, dass Dipoenos und Skyllis nur in Marmor gearbeitet? Und gesetzt es wäre der Fall gewesen, mussten alle ihre Schüler dasselbe thun? Von ihren drei Schülern aus Lakedaemon kennen wir kein einziges Werk in Marmor. Was nöthigt uns ferner ein σφυρή- λατον bis zum Anfange der Olympiaden hinaufzurücken? Rhoe- kos und Theodoros lebten um Ol. 50, allerdings vor Ol. 60, in die wir der Lehrer wegen den Klearch setzen. Aber durch die Erfindung des Erzgusses ist die frühere Art der Metall- arbeit gewiss nicht mit einem Schlage in ganz Griechenland unterdrückt worden. Wenn Pausanias, wie es scheint, dies dennoch annimmt und daraus den falschen Schluss zieht, der Zeus des Klearch sei das älteste Werk in Erz, so darf uns dies nicht irre machen, da wir noch dazu wissen, dass er über die chronologischen Verhältnisse der ältesten Künstler häufig mit sich selbst keineswegs im Klaren ist. Die Annahme eines doppelten Dipoenos und Skyllis erweist sich dadurch als unnöthig; und heisst nun Klearch gar Schüler des Daedalos 1) III, 17, 6, wo Κλέαρχον δὲ gewiss den Vorzug vor καὶ Λέαρχον δὲ trotz der Uebereinstimmung der Handschriften verdient. 2) Ep. Not. S. 24. 3) Kl. Schr. III. S. 541. 4) Hdb. §. 70, 2. Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 4

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/62>, abgerufen am 21.11.2024.