höheren Zwecke; ja die ganze sinnliche Wirkung, welche auf diesem Wege erreicht wird, vermag als solche noch keinen Anspruch auf selbstständigen Werth zu erheben. So betrach- tet gereicht dem Polygnot die Beschränkung auf die zum Ausdrucke der Gedanken nothwendigsten Mittel keineswegs zum Nachtheil; vielmehr könnte man umgekehrt behaupten: eben darum, weil er noch nicht durch das Streben nach sinn- lichen, rein malerischen Effecten abgezogen wurde, sei seine Kunst eine um so reiner geistige geblieben. Auf jeden Fall verdankt sie ihre Anerkennung bei Aristoteles dieser letzteren Eigenschaft. Wenn wir nun nicht umhin können, das Ur- theil dieses gewichtigen Gewährsmannes überall als Grund- lage für uns anzuerkennen, so dürfen wir doch, so oft wir auch den nachfolgenden Künstlern gegenüber Polygnot den grössten Künstler unter den Malern nennen, nie vergessen, von welchem Standpunkte aus dieses Urtheil gefällt ist. Denn nur, in- dem wir überall diesen Standpunkt von dem entgegengesetzten, wie er sich bei Plinius ausspricht, streng scheiden, wird es uns möglich werden, auch ferner durch die Widersprüche der Beur- theilung hindurch den richtigen Weg zu finden, und für die Feststel- lung der Verdienste jedes Einzelnen einen sichern Maassstab zu gewinnen.
Die übrigen Maler in Athen.
Als der bedeutendste unter den Genossen des Polygnot erscheint:
Mikon, Sohn des Atheners Phanochos (Schol. Arist. Lysistr. 679). In der Poekile, im Theseion, im Tempel der Dioskuren, wo Polygnot arbeitet, ist auch er beschäftigt; und in die Zeit jener Gemälde fällt auch eines der Werke, welche er als Bildhauer ausführte, die Statue des Atheners Kallias, welcher Ol. 77 im Pankration gesiegt hatte: Paus. V, 9, 3; vgl. Th. I, S. 274. Die Nachrichten über seine Gemälde, so wie über einige Farben, deren er sich bediente, sind bereits unter Polygnot mitgetheilt worden. Hier sei nur noch er- wähnt, dass er für besonders ausgezeichnet im Malen von Pferden galt: Aelian h. a. IV, 50. Ein berühmter Reiter, Simon, fand jedoch daran auszusetzen, dass er einem Pferde einmal auch untere Augenwimpern gemalt hatte: Pollux
höheren Zwecke; ja die ganze sinnliche Wirkung, welche auf diesem Wege erreicht wird, vermag als solche noch keinen Anspruch auf selbstständigen Werth zu erheben. So betrach- tet gereicht dem Polygnot die Beschränkung auf die zum Ausdrucke der Gedanken nothwendigsten Mittel keineswegs zum Nachtheil; vielmehr könnte man umgekehrt behaupten: eben darum, weil er noch nicht durch das Streben nach sinn- lichen, rein malerischen Effecten abgezogen wurde, sei seine Kunst eine um so reiner geistige geblieben. Auf jeden Fall verdankt sie ihre Anerkennung bei Aristoteles dieser letzteren Eigenschaft. Wenn wir nun nicht umhin können, das Ur- theil dieses gewichtigen Gewährsmannes überall als Grund- lage für uns anzuerkennen, so dürfen wir doch, so oft wir auch den nachfolgenden Künstlern gegenüber Polygnot den grössten Künstler unter den Malern nennen, nie vergessen, von welchem Standpunkte aus dieses Urtheil gefällt ist. Denn nur, in- dem wir überall diesen Standpunkt von dem entgegengesetzten, wie er sich bei Plinius ausspricht, streng scheiden, wird es uns möglich werden, auch ferner durch die Widersprüche der Beur- theilung hindurch den richtigen Weg zu finden, und für die Feststel- lung der Verdienste jedes Einzelnen einen sichern Maassstab zu gewinnen.
Die übrigen Maler in Athen.
Als der bedeutendste unter den Genossen des Polygnot erscheint:
Mikon, Sohn des Atheners Phanochos (Schol. Arist. Lysistr. 679). In der Poekile, im Theseion, im Tempel der Dioskuren, wo Polygnot arbeitet, ist auch er beschäftigt; und in die Zeit jener Gemälde fällt auch eines der Werke, welche er als Bildhauer ausführte, die Statue des Atheners Kallias, welcher Ol. 77 im Pankration gesiegt hatte: Paus. V, 9, 3; vgl. Th. I, S. 274. Die Nachrichten über seine Gemälde, so wie über einige Farben, deren er sich bediente, sind bereits unter Polygnot mitgetheilt worden. Hier sei nur noch er- wähnt, dass er für besonders ausgezeichnet im Malen von Pferden galt: Aelian h. a. IV, 50. Ein berühmter Reiter, Simon, fand jedoch daran auszusetzen, dass er einem Pferde einmal auch untere Augenwimpern gemalt hatte: Pollux
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höheren Zwecke; ja die ganze sinnliche Wirkung, welche auf
diesem Wege erreicht wird, vermag als solche noch keinen
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tet gereicht dem Polygnot die Beschränkung auf die zum
Ausdrucke der Gedanken nothwendigsten Mittel keineswegs
zum Nachtheil; vielmehr könnte man umgekehrt behaupten:
eben darum, weil er noch nicht durch das Streben nach sinn-
lichen, rein malerischen Effecten abgezogen wurde, sei seine
Kunst eine um so reiner geistige geblieben. Auf jeden Fall
verdankt sie ihre Anerkennung bei Aristoteles dieser letzteren
Eigenschaft. Wenn wir nun nicht umhin können, das Ur-
theil dieses gewichtigen Gewährsmannes überall als Grund-
lage für uns anzuerkennen, so dürfen wir doch, so oft wir
auch den nachfolgenden Künstlern gegenüber Polygnot den
grössten Künstler unter den Malern nennen, nie vergessen, von
welchem Standpunkte aus dieses Urtheil gefällt ist. Denn nur, in-
dem wir überall diesen Standpunkt von dem entgegengesetzten,
wie er sich bei Plinius ausspricht, streng scheiden, wird es uns
möglich werden, auch ferner durch die Widersprüche der Beur-
theilung hindurch den richtigen Weg zu finden, und für die Feststel-
lung der Verdienste jedes Einzelnen einen sichern Maassstab
zu gewinnen.
Die übrigen Maler in Athen.
Als der bedeutendste unter den Genossen des Polygnot
erscheint:
Mikon,
Sohn des Atheners Phanochos (Schol. Arist. Lysistr. 679).
In der Poekile, im Theseion, im Tempel der Dioskuren, wo
Polygnot arbeitet, ist auch er beschäftigt; und in die Zeit
jener Gemälde fällt auch eines der Werke, welche er als
Bildhauer ausführte, die Statue des Atheners Kallias, welcher
Ol. 77 im Pankration gesiegt hatte: Paus. V, 9, 3; vgl.
Th. I, S. 274. Die Nachrichten über seine Gemälde, so wie
über einige Farben, deren er sich bediente, sind bereits
unter Polygnot mitgetheilt worden. Hier sei nur noch er-
wähnt, dass er für besonders ausgezeichnet im Malen von
Pferden galt: Aelian h. a. IV, 50. Ein berühmter Reiter,
Simon, fand jedoch daran auszusetzen, dass er einem Pferde
einmal auch untere Augenwimpern gemalt hatte: Pollux
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/54>, abgerufen am 23.11.2024.
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