philos von Himera sein Lehrer war, für die unteritalische, damals in hoher Blüthe stehende Stadt. Wenn freilich An- dere einen thasischen Maler Neseus seinen Lehrer nennen, so werden wir annehmen müssen, dass er schon früh weitere Reisen unternahm, was ja auch bei den Dichtern und Philo- sophen seiner Zeit nichts Seltenes war. Dass er überhaupt an sehr verschiedenen, weit von einander entfernten Orten thätig war, lehren die Nachrichten über seine Werke. In seiner späteren Lebenszeit scheint er seinen festen Wohnsitz in Ephesos gehabt zu haben, so dass ihn Tzetzes 1) sogar ge- radezu Ephesier nennen konnte.
In der Bestimmung seiner Zeit ist man meistens der An- gabe des Plinius gefolgt, der in hohen Worten meldet: "In die von Apollodor geöffneten Thore der Kunst trat Zeuxis von Heraklea ein im vierten Jahre der 95sten Olympiade .... Einige setzen ihn fälschlich in die 89ste Olympiade, also die Zeit, als Demophilus von Himera und Neseus von Thasos leben mussten, da es bestritten wird, wessen von beiden Schüler er war." Einer so bestimmten Angabe hat man nicht gewagt, geradezu zu widersprechen. Gleichwohl ist es weit wahrscheinlicher, dass Zeuxis Ol. 95, 4 zu malen auf- gehört, als dass er damals erst begonnen habe. Ja, Plinius tritt sogar mit sich selbst in Widerspruch, wenn er weiter erzählt: "Auch erwarb er solche Schätze, dass er, um sich mit ihnen zu brüsten, zu Olympia in einem Gewande er- schien, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben eingewebt zu sehen war. Später fing er an, seine Werke zu verschenken, weil sich doch für den Verkauf kein hin- länglich würdiger Preis setzen lasse: so die Alkmene den Agrigentinern, den Pan dem Archelaos." Archelaos der Ma- kedonier aber, der allein hier gemeint sein kann, regierte von Ol. 91, 4 an und starb bereits Ol. 95, 2. Agrigent ferner ward sogar schon Ol. 93, 3 zerstört und so zu Grunde ge- richtet, dass es erst nach einer langen Reihe von Jahren sich einigermassen zu erholen vermochte. Da nun Zeuxis auf das Verschenken seiner Bilder gewiss erst verfiel, als er auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, da ferner, wie schon Sillig bemerkte, Isokrates in der Ol. 96, 2 verfassten Rede
1) Chil. VIII, 196.
philos von Himera sein Lehrer war, für die unteritalische, damals in hoher Blüthe stehende Stadt. Wenn freilich An- dere einen thasischen Maler Neseus seinen Lehrer nennen, so werden wir annehmen müssen, dass er schon früh weitere Reisen unternahm, was ja auch bei den Dichtern und Philo- sophen seiner Zeit nichts Seltenes war. Dass er überhaupt an sehr verschiedenen, weit von einander entfernten Orten thätig war, lehren die Nachrichten über seine Werke. In seiner späteren Lebenszeit scheint er seinen festen Wohnsitz in Ephesos gehabt zu haben, so dass ihn Tzetzes 1) sogar ge- radezu Ephesier nennen konnte.
In der Bestimmung seiner Zeit ist man meistens der An- gabe des Plinius gefolgt, der in hohen Worten meldet: „In die von Apollodor geöffneten Thore der Kunst trat Zeuxis von Heraklea ein im vierten Jahre der 95sten Olympiade .... Einige setzen ihn fälschlich in die 89ste Olympiade, also die Zeit, als Demophilus von Himera und Neseus von Thasos leben mussten, da es bestritten wird, wessen von beiden Schüler er war.“ Einer so bestimmten Angabe hat man nicht gewagt, geradezu zu widersprechen. Gleichwohl ist es weit wahrscheinlicher, dass Zeuxis Ol. 95, 4 zu malen auf- gehört, als dass er damals erst begonnen habe. Ja, Plinius tritt sogar mit sich selbst in Widerspruch, wenn er weiter erzählt: „Auch erwarb er solche Schätze, dass er, um sich mit ihnen zu brüsten, zu Olympia in einem Gewande er- schien, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben eingewebt zu sehen war. Später fing er an, seine Werke zu verschenken, weil sich doch für den Verkauf kein hin- länglich würdiger Preis setzen lasse: so die Alkmene den Agrigentinern, den Pan dem Archelaos.“ Archelaos der Ma- kedonier aber, der allein hier gemeint sein kann, regierte von Ol. 91, 4 an und starb bereits Ol. 95, 2. Agrigent ferner ward sogar schon Ol. 93, 3 zerstört und so zu Grunde ge- richtet, dass es erst nach einer langen Reihe von Jahren sich einigermassen zu erholen vermochte. Da nun Zeuxis auf das Verschenken seiner Bilder gewiss erst verfiel, als er auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, da ferner, wie schon Sillig bemerkte, Isokrates in der Ol. 96, 2 verfassten Rede
1) Chil. VIII, 196.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0084"n="76"/>
philos von Himera sein Lehrer war, für die unteritalische,<lb/>
damals in hoher Blüthe stehende Stadt. Wenn freilich An-<lb/>
dere einen thasischen Maler Neseus seinen Lehrer nennen,<lb/>
so werden wir annehmen müssen, dass er schon früh weitere<lb/>
Reisen unternahm, was ja auch bei den Dichtern und Philo-<lb/>
sophen seiner Zeit nichts Seltenes war. Dass er überhaupt<lb/>
an sehr verschiedenen, weit von einander entfernten Orten<lb/>
thätig war, lehren die Nachrichten über seine Werke. In seiner<lb/>
späteren Lebenszeit scheint er seinen festen Wohnsitz in<lb/>
Ephesos gehabt zu haben, so dass ihn Tzetzes <noteplace="foot"n="1)">Chil. VIII, 196.</note> sogar ge-<lb/>
radezu Ephesier nennen konnte.</p><lb/><p>In der Bestimmung seiner Zeit ist man meistens der An-<lb/>
gabe des Plinius gefolgt, der in hohen Worten meldet: „In<lb/>
die von Apollodor geöffneten Thore der Kunst trat Zeuxis<lb/>
von Heraklea ein im vierten Jahre der 95sten Olympiade ....<lb/>
Einige setzen ihn fälschlich in die 89ste Olympiade, also die<lb/>
Zeit, als Demophilus von Himera und Neseus von Thasos<lb/>
leben mussten, da es bestritten wird, wessen von beiden<lb/>
Schüler er war.“ Einer so bestimmten Angabe hat man<lb/>
nicht gewagt, geradezu zu widersprechen. Gleichwohl ist es<lb/>
weit wahrscheinlicher, dass Zeuxis Ol. 95, 4 zu malen auf-<lb/>
gehört, als dass er damals erst begonnen habe. Ja, Plinius<lb/>
tritt sogar mit sich selbst in Widerspruch, wenn er weiter<lb/>
erzählt: „Auch erwarb er solche Schätze, dass er, um sich<lb/>
mit ihnen zu brüsten, zu Olympia in einem Gewande er-<lb/>
schien, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben<lb/>
eingewebt zu sehen war. Später fing er an, seine Werke<lb/>
zu verschenken, weil sich doch für den Verkauf kein hin-<lb/>
länglich würdiger Preis setzen lasse: so die Alkmene den<lb/>
Agrigentinern, den Pan dem Archelaos.“ Archelaos der Ma-<lb/>
kedonier aber, der allein hier gemeint sein kann, regierte von<lb/>
Ol. 91, 4 an und starb bereits Ol. 95, 2. Agrigent ferner<lb/>
ward sogar schon Ol. 93, 3 zerstört und so zu Grunde ge-<lb/>
richtet, dass es erst nach einer langen Reihe von Jahren sich<lb/>
einigermassen zu erholen vermochte. Da nun Zeuxis auf<lb/>
das Verschenken seiner Bilder gewiss erst verfiel, als er<lb/>
auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, da ferner, wie schon<lb/>
Sillig bemerkte, Isokrates in der Ol. 96, 2 verfassten Rede<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[76/0084]
philos von Himera sein Lehrer war, für die unteritalische,
damals in hoher Blüthe stehende Stadt. Wenn freilich An-
dere einen thasischen Maler Neseus seinen Lehrer nennen,
so werden wir annehmen müssen, dass er schon früh weitere
Reisen unternahm, was ja auch bei den Dichtern und Philo-
sophen seiner Zeit nichts Seltenes war. Dass er überhaupt
an sehr verschiedenen, weit von einander entfernten Orten
thätig war, lehren die Nachrichten über seine Werke. In seiner
späteren Lebenszeit scheint er seinen festen Wohnsitz in
Ephesos gehabt zu haben, so dass ihn Tzetzes 1) sogar ge-
radezu Ephesier nennen konnte.
In der Bestimmung seiner Zeit ist man meistens der An-
gabe des Plinius gefolgt, der in hohen Worten meldet: „In
die von Apollodor geöffneten Thore der Kunst trat Zeuxis
von Heraklea ein im vierten Jahre der 95sten Olympiade ....
Einige setzen ihn fälschlich in die 89ste Olympiade, also die
Zeit, als Demophilus von Himera und Neseus von Thasos
leben mussten, da es bestritten wird, wessen von beiden
Schüler er war.“ Einer so bestimmten Angabe hat man
nicht gewagt, geradezu zu widersprechen. Gleichwohl ist es
weit wahrscheinlicher, dass Zeuxis Ol. 95, 4 zu malen auf-
gehört, als dass er damals erst begonnen habe. Ja, Plinius
tritt sogar mit sich selbst in Widerspruch, wenn er weiter
erzählt: „Auch erwarb er solche Schätze, dass er, um sich
mit ihnen zu brüsten, zu Olympia in einem Gewande er-
schien, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben
eingewebt zu sehen war. Später fing er an, seine Werke
zu verschenken, weil sich doch für den Verkauf kein hin-
länglich würdiger Preis setzen lasse: so die Alkmene den
Agrigentinern, den Pan dem Archelaos.“ Archelaos der Ma-
kedonier aber, der allein hier gemeint sein kann, regierte von
Ol. 91, 4 an und starb bereits Ol. 95, 2. Agrigent ferner
ward sogar schon Ol. 93, 3 zerstört und so zu Grunde ge-
richtet, dass es erst nach einer langen Reihe von Jahren sich
einigermassen zu erholen vermochte. Da nun Zeuxis auf
das Verschenken seiner Bilder gewiss erst verfiel, als er
auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, da ferner, wie schon
Sillig bemerkte, Isokrates in der Ol. 96, 2 verfassten Rede
1) Chil. VIII, 196.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/84>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.