als Alexander bereits das Jünglingsalter erreicht hatte, also wohl nicht vor 110. Wir gewinnen dadurch die Gewissheit, dass jenes Schlachtbild, sofern es nicht erst lange nach der Schlacht ausgeführt ward, nicht zu den späten, sondern zu den früheren Werken des Künstlers gehören muss, wo- durch es um so wahrscheinlicher wird, dass er die Schule des Aristides nicht zu lange vor dieser Zeit verlassen haben mag.
Von seinen eigenen Schülern wird Charmantides (früher Carmanides geschrieben) nur von Plinius1) unter den Malern dritten Ranges, Leonidas zunächst nur wegen seiner Vaterstadt Anthedon von Stephanus Byzantius2) und Eustathius3) angeführt; doch liegt, zumal auch Euphranor über Symmetrie schrieb, die Annahme nahe, dass der von Vitruv4) unter den weniger ausgezeichneten Schriftstellern über Symmetrie genannte Leonidas mit dem Maler identisch sei. Antidotos endlich verdankt, wie Plinius5) angiebt, seinen Ruhm vorzüglich seinem Schüler Nikias von Athen, dem Sohne des Nikomedes.6) Unter den Werken des letztern befindet sich ein Bild des Alexander, und die Regierung die- ses Königs scheint in der That den Mittelpunkt seiner Thä- tigkeit zu bezeichnen. Doch müssen wir mit dieser Ansicht erst zwei scheinbar sich entgegenstehende Angaben in Ein- klang bringen. Plinius sagt nemlich:7) "Dieser Nikias ist es, von dem Praxiteles auf die Frage, welche seiner eigenen Werke er für die vorzüglichsten halte, aussagte: diejenigen, an welche Nikias seine Hand mit angelegt habe; so viel Werth legte er auf dessen Farbengebung (circumlitio). Da- gegen berichtet Plutarch,8) Nikias habe seine Nekyia dem Ptolemaeos9) für 60 Talente nicht verkaufen wollen. Mit Bezug auf die erste dieser Angaben sagt aber endlich Pli- nius:10) es lasse sich nicht entscheiden, ob der Nikias, wel- chen einige in die 112te Olympiade setzen, der für Praxiteles beschäftigte oder ein anderer sei. Wollten wir nun auf der einen Seite mit Plinius Praxiteles unwandelbar in die 104te Olympiade setzen, und auf der andern Seite festhalten, dass
1) 35, 146.
2) s. v. '[fremdsprachliches Material - fehlt].
3) Ad II. [fremdsprachliches Material - fehlt]. 508.
4) VII, Praef. §. 14.
5) 35, 130.
6) Paus. III, 19, 4; Plut. de glor. Ath. p. 346 A.
7) 35, 133.
8) Non posse suav. vivi sec. Epicur. p. 1093 F.
9) Plinius 35, 132 nennt fälschlich Attalos.
10) §. 134.
als Alexander bereits das Jünglingsalter erreicht hatte, also wohl nicht vor 110. Wir gewinnen dadurch die Gewissheit, dass jenes Schlachtbild, sofern es nicht erst lange nach der Schlacht ausgeführt ward, nicht zu den späten, sondern zu den früheren Werken des Künstlers gehören muss, wo- durch es um so wahrscheinlicher wird, dass er die Schule des Aristides nicht zu lange vor dieser Zeit verlassen haben mag.
Von seinen eigenen Schülern wird Charmantides (früher Carmanides geschrieben) nur von Plinius1) unter den Malern dritten Ranges, Leonidas zunächst nur wegen seiner Vaterstadt Anthedon von Stephanus Byzantius2) und Eustathius3) angeführt; doch liegt, zumal auch Euphranor über Symmetrie schrieb, die Annahme nahe, dass der von Vitruv4) unter den weniger ausgezeichneten Schriftstellern über Symmetrie genannte Leonidas mit dem Maler identisch sei. Antidotos endlich verdankt, wie Plinius5) angiebt, seinen Ruhm vorzüglich seinem Schüler Nikias von Athen, dem Sohne des Nikomedes.6) Unter den Werken des letztern befindet sich ein Bild des Alexander, und die Regierung die- ses Königs scheint in der That den Mittelpunkt seiner Thä- tigkeit zu bezeichnen. Doch müssen wir mit dieser Ansicht erst zwei scheinbar sich entgegenstehende Angaben in Ein- klang bringen. Plinius sagt nemlich:7) „Dieser Nikias ist es, von dem Praxiteles auf die Frage, welche seiner eigenen Werke er für die vorzüglichsten halte, aussagte: diejenigen, an welche Nikias seine Hand mit angelegt habe; so viel Werth legte er auf dessen Farbengebung (circumlitio). Da- gegen berichtet Plutarch,8) Nikias habe seine Nekyia dem Ptolemaeos9) für 60 Talente nicht verkaufen wollen. Mit Bezug auf die erste dieser Angaben sagt aber endlich Pli- nius:10) es lasse sich nicht entscheiden, ob der Nikias, wel- chen einige in die 112te Olympiade setzen, der für Praxiteles beschäftigte oder ein anderer sei. Wollten wir nun auf der einen Seite mit Plinius Praxiteles unwandelbar in die 104te Olympiade setzen, und auf der andern Seite festhalten, dass
1) 35, 146.
2) s. v. ’[fremdsprachliches Material – fehlt].
3) Ad II. [fremdsprachliches Material – fehlt]. 508.
4) VII, Praef. §. 14.
5) 35, 130.
6) Paus. III, 19, 4; Plut. de glor. Ath. p. 346 A.
7) 35, 133.
8) Non posse suav. vivi sec. Epicur. p. 1093 F.
9) Plinius 35, 132 nennt fälschlich Attalos.
10) §. 134.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0181"n="164"/>
als Alexander bereits das Jünglingsalter erreicht hatte, also<lb/>
wohl nicht vor 110. Wir gewinnen dadurch die Gewissheit,<lb/>
dass jenes Schlachtbild, sofern es nicht erst lange nach der<lb/>
Schlacht ausgeführt ward, nicht zu den späten, sondern<lb/>
zu den früheren Werken des Künstlers gehören muss, wo-<lb/>
durch es um so wahrscheinlicher wird, dass er die Schule<lb/>
des Aristides nicht zu lange vor dieser Zeit verlassen<lb/>
haben mag.</p><lb/><p>Von seinen eigenen Schülern wird <hirendition="#g">Charmantides</hi><lb/>
(früher Carmanides geschrieben) nur von Plinius<noteplace="foot"n="1)">35, 146.</note> unter<lb/>
den Malern dritten Ranges, <hirendition="#g">Leonidas</hi> zunächst nur wegen<lb/>
seiner Vaterstadt Anthedon von Stephanus Byzantius<noteplace="foot"n="2)">s. v. ’<foreignxml:lang="gre"><gapreason="fm"unit="words"/></foreign>.</note> und<lb/>
Eustathius<noteplace="foot"n="3)">Ad II. <foreignxml:lang="gre"><gapreason="fm"unit="words"/></foreign>. 508.</note> angeführt; doch liegt, zumal auch Euphranor<lb/>
über Symmetrie schrieb, die Annahme nahe, dass der von<lb/>
Vitruv<noteplace="foot"n="4)">VII, Praef. §. 14.</note> unter den weniger ausgezeichneten Schriftstellern<lb/>
über Symmetrie genannte Leonidas mit dem Maler identisch<lb/>
sei. <hirendition="#g">Antidotos</hi> endlich verdankt, wie Plinius<noteplace="foot"n="5)">35, 130.</note> angiebt,<lb/>
seinen Ruhm vorzüglich seinem Schüler <hirendition="#g">Nikias</hi> von Athen,<lb/>
dem Sohne des Nikomedes.<noteplace="foot"n="6)">Paus. III, 19, 4; Plut. de glor. Ath. p. 346 A.</note> Unter den Werken des letztern<lb/>
befindet sich ein Bild des Alexander, und die Regierung die-<lb/>
ses Königs scheint in der That den Mittelpunkt seiner Thä-<lb/>
tigkeit zu bezeichnen. Doch müssen wir mit dieser Ansicht<lb/>
erst zwei scheinbar sich entgegenstehende Angaben in Ein-<lb/>
klang bringen. Plinius sagt nemlich:<noteplace="foot"n="7)">35, 133.</note>„Dieser Nikias ist<lb/>
es, von dem Praxiteles auf die Frage, welche seiner eigenen<lb/>
Werke er für die vorzüglichsten halte, aussagte: diejenigen,<lb/>
an welche Nikias seine Hand mit angelegt habe; so viel<lb/>
Werth legte er auf dessen Farbengebung (circumlitio). Da-<lb/>
gegen berichtet Plutarch,<noteplace="foot"n="8)">Non posse suav. vivi sec. Epicur. p. 1093 F.</note> Nikias habe seine Nekyia dem<lb/>
Ptolemaeos<noteplace="foot"n="9)">Plinius<lb/>
35, 132 nennt fälschlich Attalos.</note> für 60 Talente nicht verkaufen wollen. Mit<lb/>
Bezug auf die erste dieser Angaben sagt aber endlich Pli-<lb/>
nius:<noteplace="foot"n="10)">§. 134.</note> es lasse sich nicht entscheiden, ob der Nikias, wel-<lb/>
chen einige in die 112te Olympiade setzen, der für Praxiteles<lb/>
beschäftigte oder ein anderer sei. Wollten wir nun auf der<lb/>
einen Seite mit Plinius Praxiteles unwandelbar in die 104te<lb/>
Olympiade setzen, und auf der andern Seite festhalten, dass<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[164/0181]
als Alexander bereits das Jünglingsalter erreicht hatte, also
wohl nicht vor 110. Wir gewinnen dadurch die Gewissheit,
dass jenes Schlachtbild, sofern es nicht erst lange nach der
Schlacht ausgeführt ward, nicht zu den späten, sondern
zu den früheren Werken des Künstlers gehören muss, wo-
durch es um so wahrscheinlicher wird, dass er die Schule
des Aristides nicht zu lange vor dieser Zeit verlassen
haben mag.
Von seinen eigenen Schülern wird Charmantides
(früher Carmanides geschrieben) nur von Plinius 1) unter
den Malern dritten Ranges, Leonidas zunächst nur wegen
seiner Vaterstadt Anthedon von Stephanus Byzantius 2) und
Eustathius 3) angeführt; doch liegt, zumal auch Euphranor
über Symmetrie schrieb, die Annahme nahe, dass der von
Vitruv 4) unter den weniger ausgezeichneten Schriftstellern
über Symmetrie genannte Leonidas mit dem Maler identisch
sei. Antidotos endlich verdankt, wie Plinius 5) angiebt,
seinen Ruhm vorzüglich seinem Schüler Nikias von Athen,
dem Sohne des Nikomedes. 6) Unter den Werken des letztern
befindet sich ein Bild des Alexander, und die Regierung die-
ses Königs scheint in der That den Mittelpunkt seiner Thä-
tigkeit zu bezeichnen. Doch müssen wir mit dieser Ansicht
erst zwei scheinbar sich entgegenstehende Angaben in Ein-
klang bringen. Plinius sagt nemlich: 7) „Dieser Nikias ist
es, von dem Praxiteles auf die Frage, welche seiner eigenen
Werke er für die vorzüglichsten halte, aussagte: diejenigen,
an welche Nikias seine Hand mit angelegt habe; so viel
Werth legte er auf dessen Farbengebung (circumlitio). Da-
gegen berichtet Plutarch, 8) Nikias habe seine Nekyia dem
Ptolemaeos 9) für 60 Talente nicht verkaufen wollen. Mit
Bezug auf die erste dieser Angaben sagt aber endlich Pli-
nius: 10) es lasse sich nicht entscheiden, ob der Nikias, wel-
chen einige in die 112te Olympiade setzen, der für Praxiteles
beschäftigte oder ein anderer sei. Wollten wir nun auf der
einen Seite mit Plinius Praxiteles unwandelbar in die 104te
Olympiade setzen, und auf der andern Seite festhalten, dass
1) 35, 146.
2) s. v. ’_ .
3) Ad II. _ . 508.
4) VII, Praef. §. 14.
5) 35, 130.
6) Paus. III, 19, 4; Plut. de glor. Ath. p. 346 A.
7) 35, 133.
8) Non posse suav. vivi sec. Epicur. p. 1093 F.
9) Plinius
35, 132 nennt fälschlich Attalos.
10) §. 134.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/181>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.