Anziehungskraft zuschreiben möchte. Dass aber Antiphilos durch sehr lebensvolle Auffassung ihm dennoch einen gros- sen Reiz abzugewinnen wusste, lehren theils die lobenden Worte des Plinius, theils folgern wir es daraus, dass sein Werk das Vorbild für eine ganze Classe ähnlicher Darstel- lungen geworden zu sein scheint. Eben so verhält es sich mit dem Lichteffect des Feuer anblasenden Knaben. Dass er endlich auch auf dem Gebiete der Karikatur, wenn nicht der erste Erfinder war, doch einen bestimmenden Einfluss ausübte, lehrt schon der Umstand, dass der Titel eines seiner Werke geradezu Gattungsname wurde.
Karikaturen, Lichteffecte, Scenen aus dem Alltagsleben lehren nun allerdings zur Genüge, dass wir bei Antiphilos nicht jene höhere Weihe zu suchen haben, welche den Künstler gewissermassen als von der Gottheit erfüllt er- scheinen lässt. Vielmehr muss sich jene an ihm gerühmte Leichtigkeit auf sein ganzes geistiges Wesen erstreckt und ihm die Gabe verliehen haben, überall gefällige, schlagende oder spannende Momente aufzufinden, welche auch ohne eine besondere Tiefe der Auffassung durch eine lebendige und reiche Gesammtwirkung Befriedigung zu gewähren ver- mochten. Hiermit hängt aber nothwendig zusammen, dass wir auch hinsichtlich der technischen Durchführung nicht die höchsten Anforderungen stellen; dass wir nicht fragen, bis zu welchem Punkte jede Einzelnheit vollendet ist, son- dern vielmehr, ob das, was uns der Künstler bietet, überall dem vorgesetzten Zwecke entspricht, d. h. zu jener beab- sichtigten Gesammtwirkung beiträgt.
Erinnern wir uns jetzt der Sage, dass Antiphilos und Apelles im Leben Widersacher waren, so dürfen wir wohl geneigt sein, diese Feindschaft aus dem innern Gegensatze ihrer Kunstrichtungen abzuleiten. Die Aussprüche der Aner- kennung für seine Nebenbuhler, welche dem Apelles beige- legt werden, betreffen stets einzelne Seiten des künstlerischen Verdienstes innerhalb derselben Richtung, der er selbst an- gehörte, und in welcher er anerkannt der Erste war. Die bewegliche Leichtigkeit des Antiphilos dagegen widersprach seinem inneren Wesen eben so, wie jenem der Sinn für die Bedeutung der vollendeten Durchführung des Apelles ab-
Anziehungskraft zuschreiben möchte. Dass aber Antiphilos durch sehr lebensvolle Auffassung ihm dennoch einen gros- sen Reiz abzugewinnen wusste, lehren theils die lobenden Worte des Plinius, theils folgern wir es daraus, dass sein Werk das Vorbild für eine ganze Classe ähnlicher Darstel- lungen geworden zu sein scheint. Eben so verhält es sich mit dem Lichteffect des Feuer anblasenden Knaben. Dass er endlich auch auf dem Gebiete der Karikatur, wenn nicht der erste Erfinder war, doch einen bestimmenden Einfluss ausübte, lehrt schon der Umstand, dass der Titel eines seiner Werke geradezu Gattungsname wurde.
Karikaturen, Lichteffecte, Scenen aus dem Alltagsleben lehren nun allerdings zur Genüge, dass wir bei Antiphilos nicht jene höhere Weihe zu suchen haben, welche den Künstler gewissermassen als von der Gottheit erfüllt er- scheinen lässt. Vielmehr muss sich jene an ihm gerühmte Leichtigkeit auf sein ganzes geistiges Wesen erstreckt und ihm die Gabe verliehen haben, überall gefällige, schlagende oder spannende Momente aufzufinden, welche auch ohne eine besondere Tiefe der Auffassung durch eine lebendige und reiche Gesammtwirkung Befriedigung zu gewähren ver- mochten. Hiermit hängt aber nothwendig zusammen, dass wir auch hinsichtlich der technischen Durchführung nicht die höchsten Anforderungen stellen; dass wir nicht fragen, bis zu welchem Punkte jede Einzelnheit vollendet ist, son- dern vielmehr, ob das, was uns der Künstler bietet, überall dem vorgesetzten Zwecke entspricht, d. h. zu jener beab- sichtigten Gesammtwirkung beiträgt.
Erinnern wir uns jetzt der Sage, dass Antiphilos und Apelles im Leben Widersacher waren, so dürfen wir wohl geneigt sein, diese Feindschaft aus dem innern Gegensatze ihrer Kunstrichtungen abzuleiten. Die Aussprüche der Aner- kennung für seine Nebenbuhler, welche dem Apelles beige- legt werden, betreffen stets einzelne Seiten des künstlerischen Verdienstes innerhalb derselben Richtung, der er selbst an- gehörte, und in welcher er anerkannt der Erste war. Die bewegliche Leichtigkeit des Antiphilos dagegen widersprach seinem inneren Wesen eben so, wie jenem der Sinn für die Bedeutung der vollendeten Durchführung des Apelles ab-
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Anziehungskraft zuschreiben möchte. Dass aber Antiphilos
durch sehr lebensvolle Auffassung ihm dennoch einen gros-
sen Reiz abzugewinnen wusste, lehren theils die lobenden
Worte des Plinius, theils folgern wir es daraus, dass sein
Werk das Vorbild für eine ganze Classe ähnlicher Darstel-
lungen geworden zu sein scheint. Eben so verhält es sich
mit dem Lichteffect des Feuer anblasenden Knaben. Dass
er endlich auch auf dem Gebiete der Karikatur, wenn nicht
der erste Erfinder war, doch einen bestimmenden Einfluss
ausübte, lehrt schon der Umstand, dass der Titel eines seiner
Werke geradezu Gattungsname wurde.
Karikaturen, Lichteffecte, Scenen aus dem Alltagsleben
lehren nun allerdings zur Genüge, dass wir bei Antiphilos
nicht jene höhere Weihe zu suchen haben, welche den
Künstler gewissermassen als von der Gottheit erfüllt er-
scheinen lässt. Vielmehr muss sich jene an ihm gerühmte
Leichtigkeit auf sein ganzes geistiges Wesen erstreckt und
ihm die Gabe verliehen haben, überall gefällige, schlagende
oder spannende Momente aufzufinden, welche auch ohne
eine besondere Tiefe der Auffassung durch eine lebendige
und reiche Gesammtwirkung Befriedigung zu gewähren ver-
mochten. Hiermit hängt aber nothwendig zusammen, dass
wir auch hinsichtlich der technischen Durchführung nicht
die höchsten Anforderungen stellen; dass wir nicht fragen,
bis zu welchem Punkte jede Einzelnheit vollendet ist, son-
dern vielmehr, ob das, was uns der Künstler bietet, überall
dem vorgesetzten Zwecke entspricht, d. h. zu jener beab-
sichtigten Gesammtwirkung beiträgt.
Erinnern wir uns jetzt der Sage, dass Antiphilos und
Apelles im Leben Widersacher waren, so dürfen wir wohl
geneigt sein, diese Feindschaft aus dem innern Gegensatze
ihrer Kunstrichtungen abzuleiten. Die Aussprüche der Aner-
kennung für seine Nebenbuhler, welche dem Apelles beige-
legt werden, betreffen stets einzelne Seiten des künstlerischen
Verdienstes innerhalb derselben Richtung, der er selbst an-
gehörte, und in welcher er anerkannt der Erste war. Die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/268>, abgerufen am 24.11.2024.
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