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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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hinzustellen. An keinem früheren Künstler zeigt sich die
Einwirkung der Bühne in so schlagender Weise, wie an
ihm. Ich sage absichtlich: der Bühne, nicht der dramati-
schen Poesie; denn wie hätte die bildende Kunst sich der
Einwirkung der letzteren in der Wahl der Stoffe, in der Glie-
derung der Handlung, in der Schilderung von Zuständen des
Geistes und Gemüthes entziehen können? Bei Theon dagegen
äussert sich der Einfluss der scenischen Darstellung als
solcher: er übertrug in seine Kunst den Bühneneffect,
wie er denn ja seinen gemalten Krieger mit dem lebendigen
Trompeter eine vollständige Theaterscene aufführen liess.
Wir wissen nicht, in welchem Verhältnisse bei Theon die
Durchführung im Einzelnen zur Erfindung des Ganzen stand.
Im Allgemeinen wird jedenfalls zugegeben werden, dass
solche Effecte bestehen können ohne eine vollendete Durch-
bildung in Hinsicht auf Technik sowohl, als auf die feineren
geistigen Bezüge, ja noch mehr, dass solche Effecte häufig
sogar zu einer Vernachlässigung derselben führen. Hieraus
aber ergiebt sich der Standpunkt für die Würdigung des
Theon: derjenigen künstlerischen Richtung gegenüber, welche
zu einseitig auf die formelle Durchbildung den höchsten
oder ausschliesslichen Werth legte, einer Richtung, welcher
in gewissem Sinne selbst Apelles und Protogenes angehören,
erscheint das Bestreben des Theon, vor allem durch Leben
und Bewegung, durch Handlung die geistigen Kräfte des
Beschauers in Spannung zu setzen, als ein Verdienst. Er-
wägen wir dagegen, dass das höchste Ziel der Kunst nur
in einer harmonischen Verschmelzung dieser beiden entge-
gengesetzten Richtungen liegen kann, so muss auch wiederum
ein zu schroffes Hervorheben der letzteren, zumal wenn sie
mehr äussere Wirkung, als innere Tiefe bezweckt, der Kunst
zum Nachtheil gereichen. Wir wissen, wie gesagt, nicht, bis
zu welchem Punkte beide Richtungen in den Werken des
Theon vermittelt erschienen; doch konnten wir nicht umhin,
darauf aufmerksam zu machen, dass in seiner stark hervor-
tretenden Eigenthümlichkeit Keime zum Guten sowohl, wie
zum Schlimmen für die fernere Entwickelung der Kunst ent-
halten lagen.

Unmittelbar vor Theon nennt Plinius

hinzustellen. An keinem früheren Künstler zeigt sich die
Einwirkung der Bühne in so schlagender Weise, wie an
ihm. Ich sage absichtlich: der Bühne, nicht der dramati-
schen Poesie; denn wie hätte die bildende Kunst sich der
Einwirkung der letzteren in der Wahl der Stoffe, in der Glie-
derung der Handlung, in der Schilderung von Zuständen des
Geistes und Gemüthes entziehen können? Bei Theon dagegen
äussert sich der Einfluss der scenischen Darstellung als
solcher: er übertrug in seine Kunst den Bühneneffect,
wie er denn ja seinen gemalten Krieger mit dem lebendigen
Trompeter eine vollständige Theaterscene aufführen liess.
Wir wissen nicht, in welchem Verhältnisse bei Theon die
Durchführung im Einzelnen zur Erfindung des Ganzen stand.
Im Allgemeinen wird jedenfalls zugegeben werden, dass
solche Effecte bestehen können ohne eine vollendete Durch-
bildung in Hinsicht auf Technik sowohl, als auf die feineren
geistigen Bezüge, ja noch mehr, dass solche Effecte häufig
sogar zu einer Vernachlässigung derselben führen. Hieraus
aber ergiebt sich der Standpunkt für die Würdigung des
Theon: derjenigen künstlerischen Richtung gegenüber, welche
zu einseitig auf die formelle Durchbildung den höchsten
oder ausschliesslichen Werth legte, einer Richtung, welcher
in gewissem Sinne selbst Apelles und Protogenes angehören,
erscheint das Bestreben des Theon, vor allem durch Leben
und Bewegung, durch Handlung die geistigen Kräfte des
Beschauers in Spannung zu setzen, als ein Verdienst. Er-
wägen wir dagegen, dass das höchste Ziel der Kunst nur
in einer harmonischen Verschmelzung dieser beiden entge-
gengesetzten Richtungen liegen kann, so muss auch wiederum
ein zu schroffes Hervorheben der letzteren, zumal wenn sie
mehr äussere Wirkung, als innere Tiefe bezweckt, der Kunst
zum Nachtheil gereichen. Wir wissen, wie gesagt, nicht, bis
zu welchem Punkte beide Richtungen in den Werken des
Theon vermittelt erschienen; doch konnten wir nicht umhin,
darauf aufmerksam zu machen, dass in seiner stark hervor-
tretenden Eigenthümlichkeit Keime zum Guten sowohl, wie
zum Schlimmen für die fernere Entwickelung der Kunst ent-
halten lagen.

Unmittelbar vor Theon nennt Plinius

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[254/0271] hinzustellen. An keinem früheren Künstler zeigt sich die Einwirkung der Bühne in so schlagender Weise, wie an ihm. Ich sage absichtlich: der Bühne, nicht der dramati- schen Poesie; denn wie hätte die bildende Kunst sich der Einwirkung der letzteren in der Wahl der Stoffe, in der Glie- derung der Handlung, in der Schilderung von Zuständen des Geistes und Gemüthes entziehen können? Bei Theon dagegen äussert sich der Einfluss der scenischen Darstellung als solcher: er übertrug in seine Kunst den Bühneneffect, wie er denn ja seinen gemalten Krieger mit dem lebendigen Trompeter eine vollständige Theaterscene aufführen liess. Wir wissen nicht, in welchem Verhältnisse bei Theon die Durchführung im Einzelnen zur Erfindung des Ganzen stand. Im Allgemeinen wird jedenfalls zugegeben werden, dass solche Effecte bestehen können ohne eine vollendete Durch- bildung in Hinsicht auf Technik sowohl, als auf die feineren geistigen Bezüge, ja noch mehr, dass solche Effecte häufig sogar zu einer Vernachlässigung derselben führen. Hieraus aber ergiebt sich der Standpunkt für die Würdigung des Theon: derjenigen künstlerischen Richtung gegenüber, welche zu einseitig auf die formelle Durchbildung den höchsten oder ausschliesslichen Werth legte, einer Richtung, welcher in gewissem Sinne selbst Apelles und Protogenes angehören, erscheint das Bestreben des Theon, vor allem durch Leben und Bewegung, durch Handlung die geistigen Kräfte des Beschauers in Spannung zu setzen, als ein Verdienst. Er- wägen wir dagegen, dass das höchste Ziel der Kunst nur in einer harmonischen Verschmelzung dieser beiden entge- gengesetzten Richtungen liegen kann, so muss auch wiederum ein zu schroffes Hervorheben der letzteren, zumal wenn sie mehr äussere Wirkung, als innere Tiefe bezweckt, der Kunst zum Nachtheil gereichen. Wir wissen, wie gesagt, nicht, bis zu welchem Punkte beide Richtungen in den Werken des Theon vermittelt erschienen; doch konnten wir nicht umhin, darauf aufmerksam zu machen, dass in seiner stark hervor- tretenden Eigenthümlichkeit Keime zum Guten sowohl, wie zum Schlimmen für die fernere Entwickelung der Kunst ent- halten lagen. Unmittelbar vor Theon nennt Plinius

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/271>, abgerufen am 24.11.2024.