im Abdruck rechtläufig erscheinen müssen, sich nur wenige Ausnahmen finden: zwei Köpfe des Mäcenas mit dem Namen des Solon, bei denen wenigstens die Möglichkeit zuzugeben ist, dass sie aus dem sechszehnten oder siebzehnten Jahr- hundert herrühren; und ein berliner Stein mit dem Namen des Hyllos, welcher aus diesem Grunde einer erneuten Prü- fung zu unterwerfen sein wird.
Dies sind die Grundsätze, von denen ich nicht etwa bei dem Beginne meiner Untersuchungen ausgegangen bin, son- dern die sich mir im Laufe derselben aus der Prüfung des Details nach und nach ergeben haben. Werden sie ganz oder auch nur zum grössten Theil anerkannt, so ist dadurch nicht nur eine wichtige Grundlage für weitere Untersuchungen ge- wonnen, sondern diese selbst werden auch für die Folge wesent- lich vereinfacht.
Scheidung der echten Inschriften von den Fälschungen neuerer Zeit.
Es ist notorisch, dass nicht nur alten Steinen in neuerer Zeit betrügerischer Weise Inschriften hinzugefügt, sondern dass auch durchaus neue Arbeiten mit angeblichen Künstler- namen versehen worden sind. Die Unterscheidung dieser Fälschungen ist allerdings schwierig, namentlich deshalb, weil die Fälscher sich natürlich möglichst nahe an die Vor- bilder des Alterthums angeschlossen haben. Aber abgesehen von geringerer künstlerischer Vortrefflichkeit hat ihnen doch häufig theils die volle Kenntniss aller Gesetze und Sitten des Alterthums, theils, wie jedem Nachahmer, die volle Un- befangenheit gefehlt. Wenn daher auch bei den gelungensten Fälschungen nicht äussere Gründe, sondern nur ein streng ausgebildetes, aber doch immer subjectives Kunstgefühl die Entscheidung zu geben vermag, so werden sich doch für eine grosse Zahl von Fällen bestimmte Kriterien der Echt- heit und Unechtheit aufstellen lassen. So bedarf es kaum der Bemerkung, dass die Grundsätze, welche für die Schei- dung der Künstlerinschriften von denen anderer Bedeutung aufgestellt worden sind, auch auf die Beurtheilung der ver- dächtigen in ihrem vollen Umfange angewendet werden müs- sen. Weitere Regeln hat Köhler aufgestellt, aber sie mehr
im Abdruck rechtläufig erscheinen müssen, sich nur wenige Ausnahmen finden: zwei Köpfe des Mäcenas mit dem Namen des Solon, bei denen wenigstens die Möglichkeit zuzugeben ist, dass sie aus dem sechszehnten oder siebzehnten Jahr- hundert herrühren; und ein berliner Stein mit dem Namen des Hyllos, welcher aus diesem Grunde einer erneuten Prü- fung zu unterwerfen sein wird.
Dies sind die Grundsätze, von denen ich nicht etwa bei dem Beginne meiner Untersuchungen ausgegangen bin, son- dern die sich mir im Laufe derselben aus der Prüfung des Details nach und nach ergeben haben. Werden sie ganz oder auch nur zum grössten Theil anerkannt, so ist dadurch nicht nur eine wichtige Grundlage für weitere Untersuchungen ge- wonnen, sondern diese selbst werden auch für die Folge wesent- lich vereinfacht.
Scheidung der echten Inschriften von den Fälschungen neuerer Zeit.
Es ist notorisch, dass nicht nur alten Steinen in neuerer Zeit betrügerischer Weise Inschriften hinzugefügt, sondern dass auch durchaus neue Arbeiten mit angeblichen Künstler- namen versehen worden sind. Die Unterscheidung dieser Fälschungen ist allerdings schwierig, namentlich deshalb, weil die Fälscher sich natürlich möglichst nahe an die Vor- bilder des Alterthums angeschlossen haben. Aber abgesehen von geringerer künstlerischer Vortrefflichkeit hat ihnen doch häufig theils die volle Kenntniss aller Gesetze und Sitten des Alterthums, theils, wie jedem Nachahmer, die volle Un- befangenheit gefehlt. Wenn daher auch bei den gelungensten Fälschungen nicht äussere Gründe, sondern nur ein streng ausgebildetes, aber doch immer subjectives Kunstgefühl die Entscheidung zu geben vermag, so werden sich doch für eine grosse Zahl von Fällen bestimmte Kriterien der Echt- heit und Unechtheit aufstellen lassen. So bedarf es kaum der Bemerkung, dass die Grundsätze, welche für die Schei- dung der Künstlerinschriften von denen anderer Bedeutung aufgestellt worden sind, auch auf die Beurtheilung der ver- dächtigen in ihrem vollen Umfange angewendet werden müs- sen. Weitere Regeln hat Köhler aufgestellt, aber sie mehr
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im Abdruck rechtläufig erscheinen müssen, sich nur wenige
Ausnahmen finden: zwei Köpfe des Mäcenas mit dem Namen
des Solon, bei denen wenigstens die Möglichkeit zuzugeben
ist, dass sie aus dem sechszehnten oder siebzehnten Jahr-
hundert herrühren; und ein berliner Stein mit dem Namen
des Hyllos, welcher aus diesem Grunde einer erneuten Prü-
fung zu unterwerfen sein wird.
Dies sind die Grundsätze, von denen ich nicht etwa bei
dem Beginne meiner Untersuchungen ausgegangen bin, son-
dern die sich mir im Laufe derselben aus der Prüfung des
Details nach und nach ergeben haben. Werden sie ganz oder
auch nur zum grössten Theil anerkannt, so ist dadurch nicht
nur eine wichtige Grundlage für weitere Untersuchungen ge-
wonnen, sondern diese selbst werden auch für die Folge wesent-
lich vereinfacht.
Scheidung der echten Inschriften von den Fälschungen
neuerer Zeit.
Es ist notorisch, dass nicht nur alten Steinen in neuerer
Zeit betrügerischer Weise Inschriften hinzugefügt, sondern
dass auch durchaus neue Arbeiten mit angeblichen Künstler-
namen versehen worden sind. Die Unterscheidung dieser
Fälschungen ist allerdings schwierig, namentlich deshalb,
weil die Fälscher sich natürlich möglichst nahe an die Vor-
bilder des Alterthums angeschlossen haben. Aber abgesehen
von geringerer künstlerischer Vortrefflichkeit hat ihnen doch
häufig theils die volle Kenntniss aller Gesetze und Sitten
des Alterthums, theils, wie jedem Nachahmer, die volle Un-
befangenheit gefehlt. Wenn daher auch bei den gelungensten
Fälschungen nicht äussere Gründe, sondern nur ein streng
ausgebildetes, aber doch immer subjectives Kunstgefühl die
Entscheidung zu geben vermag, so werden sich doch für
eine grosse Zahl von Fällen bestimmte Kriterien der Echt-
heit und Unechtheit aufstellen lassen. So bedarf es kaum
der Bemerkung, dass die Grundsätze, welche für die Schei-
dung der Künstlerinschriften von denen anderer Bedeutung
aufgestellt worden sind, auch auf die Beurtheilung der ver-
dächtigen in ihrem vollen Umfange angewendet werden müs-
sen. Weitere Regeln hat Köhler aufgestellt, aber sie mehr
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/469>, abgerufen am 24.11.2024.
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