Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.§ 32. Adel und Freie. mannischen Pactus auf die Gemeinfreien angewendet worden. Diealamannischen mediani sind ein niederer Adel, vielleicht alter Ge- schlechtsadel, der nach der Unterwerfung der Alamannen unter die fränkische Herrschaft seinen politischen Einfluss verlor und daher unter die primi herabsank, die ihn zu behaupten gewusst hatten. Als die Lex Alamannorum abgefasst wurde, bestand ein erbliches Herzog- tum und war die erste Stufe des Adels vermutlich dem Herzogs- geschlechte vorbehalten, welches bei den Alamannen wahrscheinlich ebenso wie bei den Baiern durch ein höheres Wergeld ausgezeichnet war 16. Auch in Burgund scheinen die minores die Masse der freien Der Abstand zwischen dem Adel und den Gemeinfreien war am 16 Nach Lex Alam. 11 soll der Bischof für Verwundungen die dreifache Busse seiner Verwandten haben, ac si melius dicamus, sicut et ducem ita in omnibus eum componat. Wird er getötet, so soll er gleich dem dux gebüsst werden. Da schon der presbyter parrochianus ein Wergeld von 600 solidi hatte, muss das des Bischofs, also auch das des Herzogs höher gewesen sein. 17 v. Bethmann-Hollweg, Civilprozess IV 149. Der Ausdruck leudes deutet eher auf Gemeinfreie wie auf Minderfreie. Das burgundische Bussensystem hat, wie schon Wilda S 424 aus der Vergleichung von Lex Burg. 48, 1 mit 93 (Add. I 6) folgerte, den Stand der minores zur Grundlage. In Lex Burg. 52, 4 zahlt der Ver- urteilte 150 solidi als sein Wergeld. 18 Rudolfi Translatio S. Alexandri c. 1, SS II 675. v. Richthofen, Unter-
suchungen II 1102. Es handelt sich wohl um Ehen ohne Brautkauf. § 32. Adel und Freie. mannischen Pactus auf die Gemeinfreien angewendet worden. Diealamannischen mediani sind ein niederer Adel, vielleicht alter Ge- schlechtsadel, der nach der Unterwerfung der Alamannen unter die fränkische Herrschaft seinen politischen Einfluſs verlor und daher unter die primi herabsank, die ihn zu behaupten gewuſst hatten. Als die Lex Alamannorum abgefaſst wurde, bestand ein erbliches Herzog- tum und war die erste Stufe des Adels vermutlich dem Herzogs- geschlechte vorbehalten, welches bei den Alamannen wahrscheinlich ebenso wie bei den Baiern durch ein höheres Wergeld ausgezeichnet war 16. Auch in Burgund scheinen die minores die Masse der freien Der Abstand zwischen dem Adel und den Gemeinfreien war am 16 Nach Lex Alam. 11 soll der Bischof für Verwundungen die dreifache Buſse seiner Verwandten haben, ac si melius dicamus, sicut et ducem ita in omnibus eum componat. Wird er getötet, so soll er gleich dem dux gebüſst werden. Da schon der presbyter parrochianus ein Wergeld von 600 solidi hatte, muſs das des Bischofs, also auch das des Herzogs höher gewesen sein. 17 v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs IV 149. Der Ausdruck leudes deutet eher auf Gemeinfreie wie auf Minderfreie. Das burgundische Buſsensystem hat, wie schon Wilda S 424 aus der Vergleichung von Lex Burg. 48, 1 mit 93 (Add. I 6) folgerte, den Stand der minores zur Grundlage. In Lex Burg. 52, 4 zahlt der Ver- urteilte 150 solidi als sein Wergeld. 18 Rudolfi Translatio S. Alexandri c. 1, SS II 675. v. Richthofen, Unter-
suchungen II 1102. Es handelt sich wohl um Ehen ohne Brautkauf. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0268" n="250"/><fw place="top" type="header">§ 32. Adel und Freie.</fw><lb/> mannischen Pactus auf die Gemeinfreien angewendet worden. Die<lb/> alamannischen mediani sind ein niederer Adel, vielleicht alter Ge-<lb/> schlechtsadel, der nach der Unterwerfung der Alamannen unter die<lb/> fränkische Herrschaft seinen politischen Einfluſs verlor und daher<lb/> unter die primi herabsank, die ihn zu behaupten gewuſst hatten. Als<lb/> die Lex Alamannorum abgefaſst wurde, bestand ein erbliches Herzog-<lb/> tum und war die erste Stufe des Adels vermutlich dem Herzogs-<lb/> geschlechte vorbehalten, welches bei den Alamannen wahrscheinlich<lb/> ebenso wie bei den Baiern durch ein höheres Wergeld ausgezeichnet<lb/> war <note place="foot" n="16">Nach Lex Alam. 11 soll der Bischof für Verwundungen die dreifache Buſse<lb/> seiner Verwandten haben, ac si melius dicamus, sicut et ducem ita in omnibus eum<lb/> componat. Wird er getötet, so soll er gleich dem dux gebüſst werden. Da schon<lb/> der presbyter parrochianus ein Wergeld von 600 solidi hatte, muſs das des Bischofs,<lb/> also auch das des Herzogs höher gewesen sein.</note>.</p><lb/> <p>Auch in Burgund scheinen die minores die Masse der freien<lb/> Leute gebildet zu haben, über welche sich die mediocres als ein<lb/> niederer, die optimates als ein höherer Adel heraushoben <note place="foot" n="17">v. <hi rendition="#g">Bethmann-Hollweg,</hi> Civilprozeſs IV 149. Der Ausdruck leudes deutet<lb/> eher auf Gemeinfreie wie auf Minderfreie. Das burgundische Buſsensystem hat, wie<lb/> schon <hi rendition="#g">Wilda</hi> S 424 aus der Vergleichung von Lex Burg. 48, 1 mit 93 (Add. I 6)<lb/> folgerte, den Stand der minores zur Grundlage. In Lex Burg. 52, 4 zahlt der Ver-<lb/> urteilte 150 solidi als sein Wergeld. </note>. Den<lb/> letzteren sind die nobiles Romani gleichgestellt. Die mediocres und<lb/> die minores begreifen sowohl Burgunder als Römer in sich. Alter<lb/> Adel können sonach die mediocres nicht sein. Ihre Entstehung hängt<lb/> vielleicht mit dem Königsdienste zusammen.</p><lb/> <p>Der Abstand zwischen dem Adel und den Gemeinfreien war am<lb/> gröſsten in Sachsen, wie schon die Wergeldsätze ersehen lassen.<lb/> Ehen von Adeligen mit Gemeinfreien galten hier für unebenbürtige<lb/> Ehen. Nach einer aus dem neunten Jahrhundert stammenden Nach-<lb/> richt <note place="foot" n="18">Rudolfi Translatio S. Alexandri c. 1, SS II 675. v. <hi rendition="#g">Richthofen,</hi> Unter-<lb/> suchungen II 1102. Es handelt sich wohl um Ehen ohne Brautkauf.</note> soll der Freie, der eine Adelige zum Weibe nahm, sogar mit<lb/> dem Tode bestraft worden sein. Unter dem Schutze von Adeligen<lb/> standen freie Personen. Hauptsächlich auf den Gütern des Adels<lb/> mögen die sächsischen Liten gesessen haben. Früher als die unteren<lb/> Stände fanden sich die sächsischen Adeligen in die Verhältnisse,<lb/> welche nach der Unterwerfung des Landes durch die Franken platz-<lb/> griffen. Sie verschmähten es nicht, in den Dienst des fränkischen<lb/> Königs einzutreten. Schon 782 konnte Karl der Groſse eine Anzahl<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0268]
§ 32. Adel und Freie.
mannischen Pactus auf die Gemeinfreien angewendet worden. Die
alamannischen mediani sind ein niederer Adel, vielleicht alter Ge-
schlechtsadel, der nach der Unterwerfung der Alamannen unter die
fränkische Herrschaft seinen politischen Einfluſs verlor und daher
unter die primi herabsank, die ihn zu behaupten gewuſst hatten. Als
die Lex Alamannorum abgefaſst wurde, bestand ein erbliches Herzog-
tum und war die erste Stufe des Adels vermutlich dem Herzogs-
geschlechte vorbehalten, welches bei den Alamannen wahrscheinlich
ebenso wie bei den Baiern durch ein höheres Wergeld ausgezeichnet
war 16.
Auch in Burgund scheinen die minores die Masse der freien
Leute gebildet zu haben, über welche sich die mediocres als ein
niederer, die optimates als ein höherer Adel heraushoben 17. Den
letzteren sind die nobiles Romani gleichgestellt. Die mediocres und
die minores begreifen sowohl Burgunder als Römer in sich. Alter
Adel können sonach die mediocres nicht sein. Ihre Entstehung hängt
vielleicht mit dem Königsdienste zusammen.
Der Abstand zwischen dem Adel und den Gemeinfreien war am
gröſsten in Sachsen, wie schon die Wergeldsätze ersehen lassen.
Ehen von Adeligen mit Gemeinfreien galten hier für unebenbürtige
Ehen. Nach einer aus dem neunten Jahrhundert stammenden Nach-
richt 18 soll der Freie, der eine Adelige zum Weibe nahm, sogar mit
dem Tode bestraft worden sein. Unter dem Schutze von Adeligen
standen freie Personen. Hauptsächlich auf den Gütern des Adels
mögen die sächsischen Liten gesessen haben. Früher als die unteren
Stände fanden sich die sächsischen Adeligen in die Verhältnisse,
welche nach der Unterwerfung des Landes durch die Franken platz-
griffen. Sie verschmähten es nicht, in den Dienst des fränkischen
Königs einzutreten. Schon 782 konnte Karl der Groſse eine Anzahl
16 Nach Lex Alam. 11 soll der Bischof für Verwundungen die dreifache Buſse
seiner Verwandten haben, ac si melius dicamus, sicut et ducem ita in omnibus eum
componat. Wird er getötet, so soll er gleich dem dux gebüſst werden. Da schon
der presbyter parrochianus ein Wergeld von 600 solidi hatte, muſs das des Bischofs,
also auch das des Herzogs höher gewesen sein.
17 v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs IV 149. Der Ausdruck leudes deutet
eher auf Gemeinfreie wie auf Minderfreie. Das burgundische Buſsensystem hat, wie
schon Wilda S 424 aus der Vergleichung von Lex Burg. 48, 1 mit 93 (Add. I 6)
folgerte, den Stand der minores zur Grundlage. In Lex Burg. 52, 4 zahlt der Ver-
urteilte 150 solidi als sein Wergeld.
18 Rudolfi Translatio S. Alexandri c. 1, SS II 675. v. Richthofen, Unter-
suchungen II 1102. Es handelt sich wohl um Ehen ohne Brautkauf.
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