Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 82. Centenar und Vikar. lichen Missi26 und im Mallus27, wo er als Beisitzer des Grafenfungiert28. Der Centenar oder Vikar ist ausserdem als selbständiger Richter Diese Bestimmungen enthielten eine Neuerung gegenüber der 26 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 28, I 96. Cap. incerta v. J. 829 (?), c. 3, II 11. 27 Form. Sen. rec. 1. 3. 6. 28 Siehe die Belege bei Sohm a. O. S. 406, Anm. 55. 29 Pipp. Cap. ital. 801--810, c. 14, I 210. Cap. miss. Aquisgr. prim. v. J. 810, c. 3, I 153. Cap. Aquisgr. secund. v. J. 810, c. 15, I 154. Cap. de iustitiis faciendis 811--813, c. 4, I 176. Cap. incerta 814--840, c. 3, I 315. Ergänzt und erläutert werden diese Stellen durch die Abgrenzung der gräflichen und der Im- munitätsgerichtsbarkeit. Vgl. unten § 94. 30 Eine schriftliche Erklärung, durch welche der Kläger die Rechtsfolgen eventueller Sachfälligkeit auf sich nahm. 31 Interpr. zu Lex Rom. Wisig. Cod. Theod. II 1, 8. Z2 f. RG V 74. Über den defensor civitatis siehe § 86. Über den assertor pacis § 93. 32 Form. Andegav. 12. 50. Form. Turon. 29, Zeumer S. 152, 20. Ebenso
noch Form. Bignon. 8. 9. Form. Sal. Merkel. 38. Form. Lindenbrog. 19. Vgl. § 82. Centenar und Vikar. lichen Missi26 und im Mallus27, wo er als Beisitzer des Grafenfungiert28. Der Centenar oder Vikar ist auſserdem als selbständiger Richter Diese Bestimmungen enthielten eine Neuerung gegenüber der 26 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 28, I 96. Cap. incerta v. J. 829 (?), c. 3, II 11. 27 Form. Sen. rec. 1. 3. 6. 28 Siehe die Belege bei Sohm a. O. S. 406, Anm. 55. 29 Pipp. Cap. ital. 801—810, c. 14, I 210. Cap. miss. Aquisgr. prim. v. J. 810, c. 3, I 153. Cap. Aquisgr. secund. v. J. 810, c. 15, I 154. Cap. de iustitiis faciendis 811—813, c. 4, I 176. Cap. incerta 814—840, c. 3, I 315. Ergänzt und erläutert werden diese Stellen durch die Abgrenzung der gräflichen und der Im- munitätsgerichtsbarkeit. Vgl. unten § 94. 30 Eine schriftliche Erklärung, durch welche der Kläger die Rechtsfolgen eventueller Sachfälligkeit auf sich nahm. 31 Interpr. zu Lex Rom. Wisig. Cod. Theod. II 1, 8. Z2 f. RG V 74. Über den defensor civitatis siehe § 86. Über den assertor pacis § 93. 32 Form. Andegav. 12. 50. Form. Turon. 29, Zeumer S. 152, 20. Ebenso
noch Form. Bignon. 8. 9. Form. Sal. Merkel. 38. Form. Lindenbrog. 19. Vgl. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0196" n="178"/><fw place="top" type="header">§ 82. Centenar und Vikar.</fw><lb/> lichen Missi<note place="foot" n="26">Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 28, I 96. Cap. incerta v. J. 829 (?), c. 3,<lb/> II 11.</note> und im Mallus<note place="foot" n="27">Form. Sen. rec. 1. 3. 6.</note>, wo er als Beisitzer des Grafen<lb/> fungiert<note place="foot" n="28">Siehe die Belege bei <hi rendition="#g">Sohm</hi> a. O. S. 406, Anm. 55.</note>.</p><lb/> <p>Der Centenar oder Vikar ist auſserdem als selbständiger Richter<lb/> thätig. Und zwar wird seit dem Beginn des neunten Jahrhunderts<lb/> seine richterliche Kompetenz im Verhältnis zu der des Grafen in fester<lb/> Weise abgegrenzt. Es wird nämlich bestimmt, daſs in den Gerichten<lb/> der Centenare oder Vikare keine peinliche Klage, d. h. keine Klage,<lb/> die an das Leben geht, ferner keine Streitsache über Grundeigentum,<lb/> Freiheit oder Eigenleute erhoben und entschieden werden, sondern<lb/> die Kompetenz in solchen Angelegenheiten dem Grafen und den könig-<lb/> lichen Missi vorbehalten sein solle<note place="foot" n="29">Pipp. Cap. ital. 801—810, c. 14, I 210. Cap. miss. Aquisgr. prim. v. J.<lb/> 810, c. 3, I 153. Cap. Aquisgr. secund. v. J. 810, c. 15, I 154. Cap. de iustitiis<lb/> faciendis 811—813, c. 4, I 176. Cap. incerta 814—840, c. 3, I 315. Ergänzt und<lb/> erläutert werden diese Stellen durch die Abgrenzung der gräflichen und der Im-<lb/> munitätsgerichtsbarkeit. Vgl. unten § 94.</note>.</p><lb/> <p>Diese Bestimmungen enthielten eine Neuerung gegenüber der<lb/> richterlichen Kompetenz, die der neufränkische Graf bis zum Ausgang<lb/> des achten Jahrhunderts hatte. Zwar waren nach wie vor die causae<lb/> maiores dem Grafen vorbehalten; allein der Umfang dieses Begriffes<lb/> ist seit dem neunten Jahrhundert für den neufränkischen Grafen ein<lb/> weiterer, als er vorher war. Wie bereits bemerkt worden, succedierte<lb/> der Graf in Gallien in die Kompetenz des römischen Provinzialstatt-<lb/> halters. Dieser war ausschlieſslich zuständig in causae maiores, ins-<lb/> besondere in schweren Kriminalsachen, nämlich in solchen, welche nach<lb/> römischem Rechte eine Inscriptio<note place="foot" n="30">Eine schriftliche Erklärung, durch welche der Kläger die Rechtsfolgen<lb/> eventueller Sachfälligkeit auf sich nahm.</note> des Klägers erforderten, während<lb/> andere Angelegenheiten vor die mediocres iudices (defensores und<lb/> assertores pacis) gelangten<note place="foot" n="31">Interpr. zu Lex Rom. Wisig. Cod. Theod. II 1, 8. Z<hi rendition="#sup">2</hi> f. RG V 74. Über<lb/> den defensor civitatis siehe § 86. Über den assertor pacis § 93.</note>. Zu den causae minores zählte u. a.<lb/> auch der Streit um ein Grundstück von mäſsigem Umfang und die<lb/> Vindikation eines Knechtes. Der Kompetenz des römischen Statt-<lb/> halters entspricht es, wenn nach den merowingischen Formelsamm-<lb/> lungen der Graf über homicidium richtet<note xml:id="seg2pn_42_1" next="#seg2pn_42_2" place="foot" n="32">Form. Andegav. 12. 50. Form. Turon. 29, Zeumer S. 152, 20. Ebenso<lb/> noch Form. Bignon. 8. 9. Form. Sal. Merkel. 38. Form. Lindenbrog. 19. Vgl.</note> und über Angelegenheiten,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [178/0196]
§ 82. Centenar und Vikar.
lichen Missi 26 und im Mallus 27, wo er als Beisitzer des Grafen
fungiert 28.
Der Centenar oder Vikar ist auſserdem als selbständiger Richter
thätig. Und zwar wird seit dem Beginn des neunten Jahrhunderts
seine richterliche Kompetenz im Verhältnis zu der des Grafen in fester
Weise abgegrenzt. Es wird nämlich bestimmt, daſs in den Gerichten
der Centenare oder Vikare keine peinliche Klage, d. h. keine Klage,
die an das Leben geht, ferner keine Streitsache über Grundeigentum,
Freiheit oder Eigenleute erhoben und entschieden werden, sondern
die Kompetenz in solchen Angelegenheiten dem Grafen und den könig-
lichen Missi vorbehalten sein solle 29.
Diese Bestimmungen enthielten eine Neuerung gegenüber der
richterlichen Kompetenz, die der neufränkische Graf bis zum Ausgang
des achten Jahrhunderts hatte. Zwar waren nach wie vor die causae
maiores dem Grafen vorbehalten; allein der Umfang dieses Begriffes
ist seit dem neunten Jahrhundert für den neufränkischen Grafen ein
weiterer, als er vorher war. Wie bereits bemerkt worden, succedierte
der Graf in Gallien in die Kompetenz des römischen Provinzialstatt-
halters. Dieser war ausschlieſslich zuständig in causae maiores, ins-
besondere in schweren Kriminalsachen, nämlich in solchen, welche nach
römischem Rechte eine Inscriptio 30 des Klägers erforderten, während
andere Angelegenheiten vor die mediocres iudices (defensores und
assertores pacis) gelangten 31. Zu den causae minores zählte u. a.
auch der Streit um ein Grundstück von mäſsigem Umfang und die
Vindikation eines Knechtes. Der Kompetenz des römischen Statt-
halters entspricht es, wenn nach den merowingischen Formelsamm-
lungen der Graf über homicidium richtet 32 und über Angelegenheiten,
26 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 28, I 96. Cap. incerta v. J. 829 (?), c. 3,
II 11.
27 Form. Sen. rec. 1. 3. 6.
28 Siehe die Belege bei Sohm a. O. S. 406, Anm. 55.
29 Pipp. Cap. ital. 801—810, c. 14, I 210. Cap. miss. Aquisgr. prim. v. J.
810, c. 3, I 153. Cap. Aquisgr. secund. v. J. 810, c. 15, I 154. Cap. de iustitiis
faciendis 811—813, c. 4, I 176. Cap. incerta 814—840, c. 3, I 315. Ergänzt und
erläutert werden diese Stellen durch die Abgrenzung der gräflichen und der Im-
munitätsgerichtsbarkeit. Vgl. unten § 94.
30 Eine schriftliche Erklärung, durch welche der Kläger die Rechtsfolgen
eventueller Sachfälligkeit auf sich nahm.
31 Interpr. zu Lex Rom. Wisig. Cod. Theod. II 1, 8. Z2 f. RG V 74. Über
den defensor civitatis siehe § 86. Über den assertor pacis § 93.
32 Form. Andegav. 12. 50. Form. Turon. 29, Zeumer S. 152, 20. Ebenso
noch Form. Bignon. 8. 9. Form. Sal. Merkel. 38. Form. Lindenbrog. 19. Vgl.
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