Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 89. Polizeidienst und öffentliche Fronden. den 14. Wie es in der Natur der Verhältnisse lag, beanspruchte derKönig die Gastung nur von den geistlichen und weltlichen Grossen und nicht von kleinen Leuten, denen es ja unmöglich gewesen wäre, den König und sein Gefolge in geziemender Weise aufzunehmen. Die Beherbergung und Bewirtung wurde nicht als Gastfreundschaft, son- dern als Unterthanenpflicht gefordert und geleistet. Die daraus ent- stehenden Kosten wälzten die Grossen wenigstens zum Teil auf die Hintersassen ab, indem sie 'in adventu regis' von ihnen gewisse Na- turalabgaben erhoben 15. Einzelne Kirchen -- die Fälle sind selten -- wurden durch königliches Privilegium von der Gastungspflicht be- freit 16. Im Lauf der Zeit scheint sich für die Gastung oder als Er- satz derselben ein bestimmtes herkömmliches Mass von Leistungen ausgebildet zu haben, die als pastus bezeichnet werden 17. Die Nah- rungsmittel, die zu liefern waren, fasst der Ausdruck fodrum zusam- men 18. Ohne Zweifel hatte der König auch Anspruch auf Stellung von Pferden (paravereda) zur Weiterbeförderung 19. Doch wurden dafür in erster Linie die Fiskalgüter in Anspruch genommen 20. Zieht man die nordischen und die angelsächsischen Verhältnisse zur Ver- gleichung heran, so wird es wahrscheinlich, dass im fränkischen Reiche ein altfränkisches Königsrecht in Verbindung trat mit Unterthanen- pflichten, die sich in Gallien als Reste des römischen Postwesens er- halten hatten. Mit diesen hängen aufs engste die Fronden zusammen, welche Das römische Postwesen 21 war das Kehrbild des heutigen. Die 14 Ein Beispiel oben I 299, Anm. 39. 15 Solche verzeichnet das Güterverzeichnis der Abtei Prüm v. J. 893, Beyer, Mrh. UB I 148. 16 Ein Beispiel bietet die Urk. Zwentibolds für Trier v. J. 899, Mühl- bacher Nr. 1930. 17 Lamberti Cap. Ravennas v. J. 898, c. 8, II 110: ut pastus imperialis ab episcopis et comitibus secundum antiquam consuetudinem solvatur. 18 Von dem fodrum imperiale oder regale ist das fodrum zu unterscheiden, welches als annona militaris geleistet werden musste. 19 Cap. miss. v. J. 865, c. 8, Pertz, LL I 502. Ed. Pistense v. J. 864, c. 26, Pertz, LL I 494. 20 Eine Urkunde Arnulfs für Worms v. J. 897, Mühlbacher Nr. 1884, kennt eine aus Fiskalinen bestehende societas parafridorum, welche dem König Pferde liefern musste. 21 Über dasselbe handeln: Hudemann, Geschichte des römischen Post-
wesens während der Kaiserzeit, 1875. O. Hirschfeld, Untersuchungen auf dem § 89. Polizeidienst und öffentliche Fronden. den 14. Wie es in der Natur der Verhältnisse lag, beanspruchte derKönig die Gastung nur von den geistlichen und weltlichen Groſsen und nicht von kleinen Leuten, denen es ja unmöglich gewesen wäre, den König und sein Gefolge in geziemender Weise aufzunehmen. Die Beherbergung und Bewirtung wurde nicht als Gastfreundschaft, son- dern als Unterthanenpflicht gefordert und geleistet. Die daraus ent- stehenden Kosten wälzten die Groſsen wenigstens zum Teil auf die Hintersassen ab, indem sie ‘in adventu regis’ von ihnen gewisse Na- turalabgaben erhoben 15. Einzelne Kirchen — die Fälle sind selten — wurden durch königliches Privilegium von der Gastungspflicht be- freit 16. Im Lauf der Zeit scheint sich für die Gastung oder als Er- satz derselben ein bestimmtes herkömmliches Maſs von Leistungen ausgebildet zu haben, die als pastus bezeichnet werden 17. Die Nah- rungsmittel, die zu liefern waren, faſst der Ausdruck fodrum zusam- men 18. Ohne Zweifel hatte der König auch Anspruch auf Stellung von Pferden (paravereda) zur Weiterbeförderung 19. Doch wurden dafür in erster Linie die Fiskalgüter in Anspruch genommen 20. Zieht man die nordischen und die angelsächsischen Verhältnisse zur Ver- gleichung heran, so wird es wahrscheinlich, daſs im fränkischen Reiche ein altfränkisches Königsrecht in Verbindung trat mit Unterthanen- pflichten, die sich in Gallien als Reste des römischen Postwesens er- halten hatten. Mit diesen hängen aufs engste die Fronden zusammen, welche Das römische Postwesen 21 war das Kehrbild des heutigen. Die 14 Ein Beispiel oben I 299, Anm. 39. 15 Solche verzeichnet das Güterverzeichnis der Abtei Prüm v. J. 893, Beyer, Mrh. UB I 148. 16 Ein Beispiel bietet die Urk. Zwentibolds für Trier v. J. 899, Mühl- bacher Nr. 1930. 17 Lamberti Cap. Ravennas v. J. 898, c. 8, II 110: ut pastus imperialis ab episcopis et comitibus secundum antiquam consuetudinem solvatur. 18 Von dem fodrum imperiale oder regale ist das fodrum zu unterscheiden, welches als annona militaris geleistet werden muſste. 19 Cap. miss. v. J. 865, c. 8, Pertz, LL I 502. Ed. Pistense v. J. 864, c. 26, Pertz, LL I 494. 20 Eine Urkunde Arnulfs für Worms v. J. 897, Mühlbacher Nr. 1884, kennt eine aus Fiskalinen bestehende societas parafridorum, welche dem König Pferde liefern muſste. 21 Über dasselbe handeln: Hudemann, Geschichte des römischen Post-
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§ 89. Polizeidienst und öffentliche Fronden.
den 14. Wie es in der Natur der Verhältnisse lag, beanspruchte der
König die Gastung nur von den geistlichen und weltlichen Groſsen
und nicht von kleinen Leuten, denen es ja unmöglich gewesen wäre,
den König und sein Gefolge in geziemender Weise aufzunehmen. Die
Beherbergung und Bewirtung wurde nicht als Gastfreundschaft, son-
dern als Unterthanenpflicht gefordert und geleistet. Die daraus ent-
stehenden Kosten wälzten die Groſsen wenigstens zum Teil auf die
Hintersassen ab, indem sie ‘in adventu regis’ von ihnen gewisse Na-
turalabgaben erhoben 15. Einzelne Kirchen — die Fälle sind selten —
wurden durch königliches Privilegium von der Gastungspflicht be-
freit 16. Im Lauf der Zeit scheint sich für die Gastung oder als Er-
satz derselben ein bestimmtes herkömmliches Maſs von Leistungen
ausgebildet zu haben, die als pastus bezeichnet werden 17. Die Nah-
rungsmittel, die zu liefern waren, faſst der Ausdruck fodrum zusam-
men 18. Ohne Zweifel hatte der König auch Anspruch auf Stellung
von Pferden (paravereda) zur Weiterbeförderung 19. Doch wurden
dafür in erster Linie die Fiskalgüter in Anspruch genommen 20. Zieht
man die nordischen und die angelsächsischen Verhältnisse zur Ver-
gleichung heran, so wird es wahrscheinlich, daſs im fränkischen Reiche
ein altfränkisches Königsrecht in Verbindung trat mit Unterthanen-
pflichten, die sich in Gallien als Reste des römischen Postwesens er-
halten hatten.
Mit diesen hängen aufs engste die Fronden zusammen, welche
die Unterthanen den königlichen Beamten und den vom Könige pri-
vilegierten Personen in Bezug auf Einquartierung, Verpflegung und
Reisebeförderung zu leisten hatten.
Das römische Postwesen 21 war das Kehrbild des heutigen. Die
14 Ein Beispiel oben I 299, Anm. 39.
15 Solche verzeichnet das Güterverzeichnis der Abtei Prüm v. J. 893, Beyer,
Mrh. UB I 148.
16 Ein Beispiel bietet die Urk. Zwentibolds für Trier v. J. 899, Mühl-
bacher Nr. 1930.
17 Lamberti Cap. Ravennas v. J. 898, c. 8, II 110: ut pastus imperialis ab
episcopis et comitibus secundum antiquam consuetudinem solvatur.
18 Von dem fodrum imperiale oder regale ist das fodrum zu unterscheiden,
welches als annona militaris geleistet werden muſste.
19 Cap. miss. v. J. 865, c. 8, Pertz, LL I 502. Ed. Pistense v. J. 864, c. 26,
Pertz, LL I 494.
20 Eine Urkunde Arnulfs für Worms v. J. 897, Mühlbacher Nr. 1884,
kennt eine aus Fiskalinen bestehende societas parafridorum, welche dem König
Pferde liefern muſste.
21 Über dasselbe handeln: Hudemann, Geschichte des römischen Post-
wesens während der Kaiserzeit, 1875. O. Hirschfeld, Untersuchungen auf dem
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