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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 90. Das Finanzwesen.

Zweifelhaft sind Ursprung und Bedeutung eigenartiger Abgaben,
die uns unter verschiedenen Bezeichnungen in deutschen und slavi-
schen Gebieten begegnen. So erscheint bei den Ostfranken, nament-
lich in den Maingegenden, eine alljährlich zu Ostern fällige Abgabe
unter dem Namen steora (Steuer) oder ostarstuopha 12, welche am
Main in Honig und Kleidern, anderwärts in Ferkeln, Hühnern, Eiern,
Holz oder Geld (ostergelt 13) entrichtet wird. Als stofa, stuafa be-
gegnet eine Abgabe unbekannten Inhalts im Elsass, in Speier, in
Lothringen bei Metz und in den Vogesen 14, als stuofkorn ein Ge-
treidezins bei Worms 15. In die karolingische Zeit reicht eine speci-
fisch fränkische Abgabe hinauf, die zuerst i. J. 902 als medema agro-
rum 16, nachmals als Medem, Meidem in den Moselgegenden, in Hessen
und Nassau erwähnt wird 17 und unter diesem Namen noch jetzt den
Siebenbürger Sachsen bekannt ist 18. Sie bestand in der siebenten
Garbe und wurde hauptsächlich von Rottland bezahlt. Eine ziemlich
ausgedehnte Zinspflicht scheint auch bei den Alamannen bestanden zu
haben. Bei ihnen findet sich nämlich ein Hufenzins, der dem Fiskus
von freien Leuten entrichtet wird 19. Zahlreiche, dem Fiskus zin-
sende Güter gab es in Churrhätien, wo der betreffende Zins selbst
fiscus hiess 20.


die wohl auf Kontingentierung der römischen Steuer zurückgeht. Pertz, Dipl. M.
74 v. J. 705. Unechte Urkunde a. O. S. 199. Vgl. Waitz, VG II 2, S. 269.
12 Urk. Arnulfs für Würzburg von 889, Mühlbacher Nr. 1788: steora vel
ostarstuopha. Cod. Lauresh. III 212, 3672, III 217, 3675: ostarstopha. Zu steora
vgl. Haltaus, Gloss. S. 1743.
13 Zeuss, Trad. Wizzenb. S. 305, Nr. 312.
14 Zeuss, Trad. Wizzenb. S. 20, Nr. 12. Pertz, Dipl. M. 28 v. J. 664 bis 666
für Speier, Urk. Karls v. J. 782, Mühlbacher Nr. 245, Lothars II. v. J. 856,
Mühlbacher Nr. 1246, Form. imper. 43.
15 Arnulf v. J. 898, Mühlbacher Nr. 1894, und in der Fälschung Mühl-
bacher
Nr. 1373. Vgl. stopharius bei Du Cange (Henschel) VI 381.
16 Ludwig IV. (das Kind) für Trier, Mühlbacher Nr. 1950.
17 Schröder, Die Ausbreitung der salischen Franken, Forsch. XIX 151 ff.
Derselbe, Die Franken und ihr Recht, Z2 f. RG II 66. Lamprecht, Wirt-
schaftsleben I 105 ff., 391 ff.
18 Oskar v. Meltzel, Statistik der sächsischen Landbevölkerung Sieben-
bürgens 1886, sagt darüber S. 26: 'Die Medemländer sind der Kirche gehörige
Grundstücke, welche den Gemeindegenossen gegen eine in natura zu entrichtende
Abgabe überlassen sind. In vielen Gemeinden werden die Medemländer periodisch
unter die Gemeindebürger im Wege des Looses immer von neuem wieder auf-
geteilt.'
19 Waitz, VG II 2, S. 256 ff. IV 116 f.
20 Siehe die von Zeumer in LL V 448 unter fiscus angegebenen Stellen.
Solches Gut heisst wohl auch beneficium; siehe unten S. 246, Anm. 12.
§ 90. Das Finanzwesen.

Zweifelhaft sind Ursprung und Bedeutung eigenartiger Abgaben,
die uns unter verschiedenen Bezeichnungen in deutschen und slavi-
schen Gebieten begegnen. So erscheint bei den Ostfranken, nament-
lich in den Maingegenden, eine alljährlich zu Ostern fällige Abgabe
unter dem Namen steora (Steuer) oder ostarstuopha 12, welche am
Main in Honig und Kleidern, anderwärts in Ferkeln, Hühnern, Eiern,
Holz oder Geld (ostergelt 13) entrichtet wird. Als stofa, stuafa be-
gegnet eine Abgabe unbekannten Inhalts im Elsaſs, in Speier, in
Lothringen bei Metz und in den Vogesen 14, als stuofkorn ein Ge-
treidezins bei Worms 15. In die karolingische Zeit reicht eine speci-
fisch fränkische Abgabe hinauf, die zuerst i. J. 902 als medema agro-
rum 16, nachmals als Medem, Meidem in den Moselgegenden, in Hessen
und Nassau erwähnt wird 17 und unter diesem Namen noch jetzt den
Siebenbürger Sachsen bekannt ist 18. Sie bestand in der siebenten
Garbe und wurde hauptsächlich von Rottland bezahlt. Eine ziemlich
ausgedehnte Zinspflicht scheint auch bei den Alamannen bestanden zu
haben. Bei ihnen findet sich nämlich ein Hufenzins, der dem Fiskus
von freien Leuten entrichtet wird 19. Zahlreiche, dem Fiskus zin-
sende Güter gab es in Churrhätien, wo der betreffende Zins selbst
fiscus hieſs 20.


die wohl auf Kontingentierung der römischen Steuer zurückgeht. Pertz, Dipl. M.
74 v. J. 705. Unechte Urkunde a. O. S. 199. Vgl. Waitz, VG II 2, S. 269.
12 Urk. Arnulfs für Würzburg von 889, Mühlbacher Nr. 1788: steora vel
ostarstuopha. Cod. Lauresh. III 212, 3672, III 217, 3675: ostarstopha. Zu steora
vgl. Haltaus, Gloss. S. 1743.
13 Zeuſs, Trad. Wizzenb. S. 305, Nr. 312.
14 Zeuſs, Trad. Wizzenb. S. 20, Nr. 12. Pertz, Dipl. M. 28 v. J. 664 bis 666
für Speier, Urk. Karls v. J. 782, Mühlbacher Nr. 245, Lothars II. v. J. 856,
Mühlbacher Nr. 1246, Form. imper. 43.
15 Arnulf v. J. 898, Mühlbacher Nr. 1894, und in der Fälschung Mühl-
bacher
Nr. 1373. Vgl. stopharius bei Du Cange (Henschel) VI 381.
16 Ludwig IV. (das Kind) für Trier, Mühlbacher Nr. 1950.
17 Schröder, Die Ausbreitung der salischen Franken, Forsch. XIX 151 ff.
Derselbe, Die Franken und ihr Recht, Z2 f. RG II 66. Lamprecht, Wirt-
schaftsleben I 105 ff., 391 ff.
18 Oskar v. Meltzel, Statistik der sächsischen Landbevölkerung Sieben-
bürgens 1886, sagt darüber S. 26: ‘Die Medemländer sind der Kirche gehörige
Grundstücke, welche den Gemeindegenossen gegen eine in natura zu entrichtende
Abgabe überlassen sind. In vielen Gemeinden werden die Medemländer periodisch
unter die Gemeindebürger im Wege des Looses immer von neuem wieder auf-
geteilt.’
19 Waitz, VG II 2, S. 256 ff. IV 116 f.
20 Siehe die von Zeumer in LL V 448 unter fiscus angegebenen Stellen.
Solches Gut heiſst wohl auch beneficium; siehe unten S. 246, Anm. 12.
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[236/0254] § 90. Das Finanzwesen. Zweifelhaft sind Ursprung und Bedeutung eigenartiger Abgaben, die uns unter verschiedenen Bezeichnungen in deutschen und slavi- schen Gebieten begegnen. So erscheint bei den Ostfranken, nament- lich in den Maingegenden, eine alljährlich zu Ostern fällige Abgabe unter dem Namen steora (Steuer) oder ostarstuopha 12, welche am Main in Honig und Kleidern, anderwärts in Ferkeln, Hühnern, Eiern, Holz oder Geld (ostergelt 13) entrichtet wird. Als stofa, stuafa be- gegnet eine Abgabe unbekannten Inhalts im Elsaſs, in Speier, in Lothringen bei Metz und in den Vogesen 14, als stuofkorn ein Ge- treidezins bei Worms 15. In die karolingische Zeit reicht eine speci- fisch fränkische Abgabe hinauf, die zuerst i. J. 902 als medema agro- rum 16, nachmals als Medem, Meidem in den Moselgegenden, in Hessen und Nassau erwähnt wird 17 und unter diesem Namen noch jetzt den Siebenbürger Sachsen bekannt ist 18. Sie bestand in der siebenten Garbe und wurde hauptsächlich von Rottland bezahlt. Eine ziemlich ausgedehnte Zinspflicht scheint auch bei den Alamannen bestanden zu haben. Bei ihnen findet sich nämlich ein Hufenzins, der dem Fiskus von freien Leuten entrichtet wird 19. Zahlreiche, dem Fiskus zin- sende Güter gab es in Churrhätien, wo der betreffende Zins selbst fiscus hieſs 20. 11 12 Urk. Arnulfs für Würzburg von 889, Mühlbacher Nr. 1788: steora vel ostarstuopha. Cod. Lauresh. III 212, 3672, III 217, 3675: ostarstopha. Zu steora vgl. Haltaus, Gloss. S. 1743. 13 Zeuſs, Trad. Wizzenb. S. 305, Nr. 312. 14 Zeuſs, Trad. Wizzenb. S. 20, Nr. 12. Pertz, Dipl. M. 28 v. J. 664 bis 666 für Speier, Urk. Karls v. J. 782, Mühlbacher Nr. 245, Lothars II. v. J. 856, Mühlbacher Nr. 1246, Form. imper. 43. 15 Arnulf v. J. 898, Mühlbacher Nr. 1894, und in der Fälschung Mühl- bacher Nr. 1373. Vgl. stopharius bei Du Cange (Henschel) VI 381. 16 Ludwig IV. (das Kind) für Trier, Mühlbacher Nr. 1950. 17 Schröder, Die Ausbreitung der salischen Franken, Forsch. XIX 151 ff. Derselbe, Die Franken und ihr Recht, Z2 f. RG II 66. Lamprecht, Wirt- schaftsleben I 105 ff., 391 ff. 18 Oskar v. Meltzel, Statistik der sächsischen Landbevölkerung Sieben- bürgens 1886, sagt darüber S. 26: ‘Die Medemländer sind der Kirche gehörige Grundstücke, welche den Gemeindegenossen gegen eine in natura zu entrichtende Abgabe überlassen sind. In vielen Gemeinden werden die Medemländer periodisch unter die Gemeindebürger im Wege des Looses immer von neuem wieder auf- geteilt.’ 19 Waitz, VG II 2, S. 256 ff. IV 116 f. 20 Siehe die von Zeumer in LL V 448 unter fiscus angegebenen Stellen. Solches Gut heiſst wohl auch beneficium; siehe unten S. 246, Anm. 12. 11 die wohl auf Kontingentierung der römischen Steuer zurückgeht. Pertz, Dipl. M. 74 v. J. 705. Unechte Urkunde a. O. S. 199. Vgl. Waitz, VG II 2, S. 269.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/254>, abgerufen am 22.11.2024.