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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 90. Das Finanzwesen.
sind. Eine echte Urkunde Theuderichs III. v. J. 681 32 nennt pul-
veraticus, Strassengeld, pontaticus, Brückengeld, portaticus, Thorgeld,
rotaticus, Radgeld, salutaticus, Anmeldungsgebühr 33, cispitaticus,
Rasengeld, eine Abgabe unsicherer Bedeutung 34. Die Flusszölle er-
scheinen unter dem Namen ripatici. Sonst werden als Zölle u. a.
noch genannt: saumaticus, Saumgeld von jedem Saumtier, passionati-
cus, Passagegeld, temonaticus, Deichselgeld, volutaticus, Rollgeld. In
den Quellen der karolingischen Zeit tritt eine Fülle anderer Ausdrücke
hinzu, die zum Teil nicht aufgeklärt sind. In Baiern begegnet uns
für die Zollabgabe, die hier vornehmlich in Salz zu leisten ist, das
Wort Maut, muta 35.

Märkte haben sich aus römischer Zeit her in Gallien erhalten 36;
neue traten hinzu, wo religiöse Festlichkeiten oder Gerichtsversamm-
lungen grössere Menschenmassen zu bestimmten Zeiten vereinigten.
Die Errichtung neuer, die Verlegung bestehender Märkte war ein
Recht des Königs. Soweit nämlich die Abhaltung von Märkten nicht
auf nachweisbares Herkommen gestützt werden konnte, setzte sie könig-
liche Bewilligung 37, Verleihung des Marktrechtes voraus. Diese ge-
währte die Aufrichtung höheren Friedens während der Marktzeit und

32 Pertz, Dipl. S. 46, M. 51.
33 Sonst auch laudaticus.
34 Nach Waitz II 2, S. 304, Anm. 6 ist das Rasengeld ein Zoll, der für das
Ziehen von Schiffen auf dem Leinpfad und für Benutzung der Strassen gezahlt
wurde. Vielleicht aber ein Standgeld für das Anlegen von Schiffen.
35 Urk. Ludwigs des Deutschen für Kempten v. J. 837, Mühlbacher Nr. 1325.
Meichelbeck Nr. 901 und I 147. UBOE II 27. Zollrolle von Raffelstetten in
LL III 480. Dass das Wort bairischer Herkunft, aber vermutlich ein Lehnwort
aus dem Vulgärlatein sei, bemerkt Heyne bei Grimm WB VI 1835. Vgl. Schmeller
I 1686, Kluge S. 220. Verwandt mit Maut, muta scheint mutaticus in den bei
Du Cange (Henschel) IV 591 und bei Waitz, VG IV 61, Anm. 2, angeführten
Stellen.
36 Für die Geschichte des spätrömischen Marktwesens in Gallien kommt ins-
besondere Apoll. Sidonius, Ep. VI 4, in Betracht, worüber Esmein, Melanges
S. 366 ff. 376, handelt. In jenem Briefe heisst es von einem gewissen Prudens,
der sich für den Verkauf einer Sklavin verbürgt hatte: cuius subscriptio intra
formulam nundinarum tamquam idonei adstipulatoris ostenditur. Unter der
formula nundinarum ist nicht eine Verkaufsurkunde, sondern vermutlich ein öffent-
licher Aushang gemeint. Die Adstipulatoren können nicht im Sinne des älteren
römischen Rechtes genommen werden (vgl. Puchta, Institutionen II, § 156),
sondern scheinen gewerbmässige Geschäftsvermittler und Bürgen gewesen zu sein,
die unter städtischer Aufsicht standen und sich in der formula nundinarum dem
Publikum empfehlen durften.
37 Ed. Pistense v. J. 864, c. 19, Pertz, LL I 492.

§ 90. Das Finanzwesen.
sind. Eine echte Urkunde Theuderichs III. v. J. 681 32 nennt pul-
veraticus, Straſsengeld, pontaticus, Brückengeld, portaticus, Thorgeld,
rotaticus, Radgeld, salutaticus, Anmeldungsgebühr 33, cispitaticus,
Rasengeld, eine Abgabe unsicherer Bedeutung 34. Die Fluſszölle er-
scheinen unter dem Namen ripatici. Sonst werden als Zölle u. a.
noch genannt: saumaticus, Saumgeld von jedem Saumtier, passionati-
cus, Passagegeld, temonaticus, Deichselgeld, volutaticus, Rollgeld. In
den Quellen der karolingischen Zeit tritt eine Fülle anderer Ausdrücke
hinzu, die zum Teil nicht aufgeklärt sind. In Baiern begegnet uns
für die Zollabgabe, die hier vornehmlich in Salz zu leisten ist, das
Wort Maut, muta 35.

Märkte haben sich aus römischer Zeit her in Gallien erhalten 36;
neue traten hinzu, wo religiöse Festlichkeiten oder Gerichtsversamm-
lungen gröſsere Menschenmassen zu bestimmten Zeiten vereinigten.
Die Errichtung neuer, die Verlegung bestehender Märkte war ein
Recht des Königs. Soweit nämlich die Abhaltung von Märkten nicht
auf nachweisbares Herkommen gestützt werden konnte, setzte sie könig-
liche Bewilligung 37, Verleihung des Marktrechtes voraus. Diese ge-
währte die Aufrichtung höheren Friedens während der Marktzeit und

32 Pertz, Dipl. S. 46, M. 51.
33 Sonst auch laudaticus.
34 Nach Waitz II 2, S. 304, Anm. 6 ist das Rasengeld ein Zoll, der für das
Ziehen von Schiffen auf dem Leinpfad und für Benutzung der Straſsen gezahlt
wurde. Vielleicht aber ein Standgeld für das Anlegen von Schiffen.
35 Urk. Ludwigs des Deutschen für Kempten v. J. 837, Mühlbacher Nr. 1325.
Meichelbeck Nr. 901 und I 147. UBOE II 27. Zollrolle von Raffelstetten in
LL III 480. Daſs das Wort bairischer Herkunft, aber vermutlich ein Lehnwort
aus dem Vulgärlatein sei, bemerkt Heyne bei Grimm WB VI 1835. Vgl. Schmeller
I 1686, Kluge S. 220. Verwandt mit Maut, muta scheint mutaticus in den bei
Du Cange (Henschel) IV 591 und bei Waitz, VG IV 61, Anm. 2, angeführten
Stellen.
36 Für die Geschichte des spätrömischen Marktwesens in Gallien kommt ins-
besondere Apoll. Sidonius, Ep. VI 4, in Betracht, worüber Esmein, Mélanges
S. 366 ff. 376, handelt. In jenem Briefe heiſst es von einem gewissen Prudens,
der sich für den Verkauf einer Sklavin verbürgt hatte: cuius subscriptio intra
formulam nundinarum tamquam idonei adstipulatoris ostenditur. Unter der
formula nundinarum ist nicht eine Verkaufsurkunde, sondern vermutlich ein öffent-
licher Aushang gemeint. Die Adstipulatoren können nicht im Sinne des älteren
römischen Rechtes genommen werden (vgl. Puchta, Institutionen II, § 156),
sondern scheinen gewerbmäſsige Geschäftsvermittler und Bürgen gewesen zu sein,
die unter städtischer Aufsicht standen und sich in der formula nundinarum dem
Publikum empfehlen durften.
37 Ed. Pistense v. J. 864, c. 19, Pertz, LL I 492.
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[239/0257] § 90. Das Finanzwesen. sind. Eine echte Urkunde Theuderichs III. v. J. 681 32 nennt pul- veraticus, Straſsengeld, pontaticus, Brückengeld, portaticus, Thorgeld, rotaticus, Radgeld, salutaticus, Anmeldungsgebühr 33, cispitaticus, Rasengeld, eine Abgabe unsicherer Bedeutung 34. Die Fluſszölle er- scheinen unter dem Namen ripatici. Sonst werden als Zölle u. a. noch genannt: saumaticus, Saumgeld von jedem Saumtier, passionati- cus, Passagegeld, temonaticus, Deichselgeld, volutaticus, Rollgeld. In den Quellen der karolingischen Zeit tritt eine Fülle anderer Ausdrücke hinzu, die zum Teil nicht aufgeklärt sind. In Baiern begegnet uns für die Zollabgabe, die hier vornehmlich in Salz zu leisten ist, das Wort Maut, muta 35. Märkte haben sich aus römischer Zeit her in Gallien erhalten 36; neue traten hinzu, wo religiöse Festlichkeiten oder Gerichtsversamm- lungen gröſsere Menschenmassen zu bestimmten Zeiten vereinigten. Die Errichtung neuer, die Verlegung bestehender Märkte war ein Recht des Königs. Soweit nämlich die Abhaltung von Märkten nicht auf nachweisbares Herkommen gestützt werden konnte, setzte sie könig- liche Bewilligung 37, Verleihung des Marktrechtes voraus. Diese ge- währte die Aufrichtung höheren Friedens während der Marktzeit und 32 Pertz, Dipl. S. 46, M. 51. 33 Sonst auch laudaticus. 34 Nach Waitz II 2, S. 304, Anm. 6 ist das Rasengeld ein Zoll, der für das Ziehen von Schiffen auf dem Leinpfad und für Benutzung der Straſsen gezahlt wurde. Vielleicht aber ein Standgeld für das Anlegen von Schiffen. 35 Urk. Ludwigs des Deutschen für Kempten v. J. 837, Mühlbacher Nr. 1325. Meichelbeck Nr. 901 und I 147. UBOE II 27. Zollrolle von Raffelstetten in LL III 480. Daſs das Wort bairischer Herkunft, aber vermutlich ein Lehnwort aus dem Vulgärlatein sei, bemerkt Heyne bei Grimm WB VI 1835. Vgl. Schmeller I 1686, Kluge S. 220. Verwandt mit Maut, muta scheint mutaticus in den bei Du Cange (Henschel) IV 591 und bei Waitz, VG IV 61, Anm. 2, angeführten Stellen. 36 Für die Geschichte des spätrömischen Marktwesens in Gallien kommt ins- besondere Apoll. Sidonius, Ep. VI 4, in Betracht, worüber Esmein, Mélanges S. 366 ff. 376, handelt. In jenem Briefe heiſst es von einem gewissen Prudens, der sich für den Verkauf einer Sklavin verbürgt hatte: cuius subscriptio intra formulam nundinarum tamquam idonei adstipulatoris ostenditur. Unter der formula nundinarum ist nicht eine Verkaufsurkunde, sondern vermutlich ein öffent- licher Aushang gemeint. Die Adstipulatoren können nicht im Sinne des älteren römischen Rechtes genommen werden (vgl. Puchta, Institutionen II, § 156), sondern scheinen gewerbmäſsige Geschäftsvermittler und Bürgen gewesen zu sein, die unter städtischer Aufsicht standen und sich in der formula nundinarum dem Publikum empfehlen durften. 37 Ed. Pistense v. J. 864, c. 19, Pertz, LL I 492.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/257>, abgerufen am 22.11.2024.