scheinlich auch Karlmann datieren die Regierungsjahre seit der Thron- erhebung 48. Im neunten Jahrhundert hat sie den staatsrechtlichen Charakter vorübergehend eingebüsst, ohne dass dieser auf die Salbung oder auf die Krönung übergegangen wäre.
§ 62. Die Thronfolge.
Waitz, VG II 1 S. 140 ff. III 273 ff. Viollet, Histoire I 239. Fustel de Coulanges, Monarchie franque S. 33 ff. v. Amira, Recht in Pauls Grundriss S. 128 ff. Phillips, Über Erb- und Wahlrecht mit bes. Beziehung auf das König- tum der germ. Völker, 1824. Hermann Schulze, Gesch. Entwicklung der fürst- lichen Hausverfassung im deutschen Mittelalter. Thronfolge und Familienrecht der ältesten germ. Königsgeschlechter, Z. f. RG VII 323 ff. Derselbe, De testa- menti Genserici Comment., 1859. Kemble, Saxons II 215 ff. Stubbs, Constitu- tional History of England, 1874, I 135. v. Pflugk-Harttung, Die Thronfolge im Langobardenreich, Z.2 f. RG VIII 66 ff. Derselbe, Die Thronfolge im Reiche der Ostgoten, Z.2 f. RG X 203 ff. Derselbe, Zur Thronfolge in den germanischen Stammesstaaten, Z.2 f. RG XI 177 ff. Hubrich, Fränkisches Wahl- und Erb- königtum zur Merowingerzeit, 1889. Dazu W. Sickel in den Götting. gel. An- zeigen 1889, S. 944 ff. Mommsen, Ostgotische Studien, Neues Archiv XIV 540.
Die eigentümliche Verbindung von Wahl und Erbgang, welche die Nachfolge in das germanische Volkskönigtum bestimmte, hat nach der Völkerwanderung bei manchen Stämmen dem entschiedenen Über- gewichte des Wahlprinzips, bei anderen dem Siege des Erbprinzips Platz gemacht. Erhebliche Schwankungen blieben in dieser Ent- wicklung nicht aus. Die Wahl diente als kaum entbehrliche Ergänzung des Erbrechts, wenn bei dem Vorhandensein mehrerer Geschlechts- folger die Teilung des Reiches und der Reichsverwaltung vermieden werden sollte, oder wenn kein oder doch kein tauglicher Geschlechts- folger vorhanden war. Eine feste Successionsordnung, welche im ersteren Falle die Nachfolge eines Einzigen gesichert hätte, ist in keinem der germanischen Staaten Rechtens geworden, ausgenommen im vandalischen Reiche, wo König Genserich die Nachfolge nach dem sogen. Senioratsprinzip ordnete, das den jeweils ältesten Agnaten des verstorbenen Königs zur Herrschaft beruft 1. Ein anderes Aus- kunftsmittel hätte die Nachahmung des römischen Brauches geboten, nach welchem der Imperator seinen Nachfolger designierte oder bei
48 Pippin starb 24. September 768. Allein Karls Regierungsepoche ist der 9. Oktober, der Tag der Thronerhebung. Karlmann hatte wahrscheinlich dieselbe Epoche. Mühlbacher p. LXXIX. Relevatur in throno sagt die Vita Walae II 10 von dem 830 seiner Macht entkleideten Ludwig l.
1 Nach einer Vermutung Dahns, Urgeschichte I 206, hat Genserich seine Successionsordnung den Mauren entlehnt.
§ 62. Die Thronfolge.
scheinlich auch Karlmann datieren die Regierungsjahre seit der Thron- erhebung 48. Im neunten Jahrhundert hat sie den staatsrechtlichen Charakter vorübergehend eingebüſst, ohne daſs dieser auf die Salbung oder auf die Krönung übergegangen wäre.
§ 62. Die Thronfolge.
Waitz, VG II 1 S. 140 ff. III 273 ff. Viollet, Histoire I 239. Fustel de Coulanges, Monarchie franque S. 33 ff. v. Amira, Recht in Pauls Grundriſs S. 128 ff. Phillips, Über Erb- und Wahlrecht mit bes. Beziehung auf das König- tum der germ. Völker, 1824. Hermann Schulze, Gesch. Entwicklung der fürst- lichen Hausverfassung im deutschen Mittelalter. Thronfolge und Familienrecht der ältesten germ. Königsgeschlechter, Z. f. RG VII 323 ff. Derselbe, De testa- menti Genserici Comment., 1859. Kemble, Saxons II 215 ff. Stubbs, Constitu- tional History of England, 1874, I 135. v. Pflugk-Harttung, Die Thronfolge im Langobardenreich, Z.2 f. RG VIII 66 ff. Derselbe, Die Thronfolge im Reiche der Ostgoten, Z.2 f. RG X 203 ff. Derselbe, Zur Thronfolge in den germanischen Stammesstaaten, Z.2 f. RG XI 177 ff. Hubrich, Fränkisches Wahl- und Erb- königtum zur Merowingerzeit, 1889. Dazu W. Sickel in den Götting. gel. An- zeigen 1889, S. 944 ff. Mommsen, Ostgotische Studien, Neues Archiv XIV 540.
Die eigentümliche Verbindung von Wahl und Erbgang, welche die Nachfolge in das germanische Volkskönigtum bestimmte, hat nach der Völkerwanderung bei manchen Stämmen dem entschiedenen Über- gewichte des Wahlprinzips, bei anderen dem Siege des Erbprinzips Platz gemacht. Erhebliche Schwankungen blieben in dieser Ent- wicklung nicht aus. Die Wahl diente als kaum entbehrliche Ergänzung des Erbrechts, wenn bei dem Vorhandensein mehrerer Geschlechts- folger die Teilung des Reiches und der Reichsverwaltung vermieden werden sollte, oder wenn kein oder doch kein tauglicher Geschlechts- folger vorhanden war. Eine feste Successionsordnung, welche im ersteren Falle die Nachfolge eines Einzigen gesichert hätte, ist in keinem der germanischen Staaten Rechtens geworden, ausgenommen im vandalischen Reiche, wo König Genserich die Nachfolge nach dem sogen. Senioratsprinzip ordnete, das den jeweils ältesten Agnaten des verstorbenen Königs zur Herrschaft beruft 1. Ein anderes Aus- kunftsmittel hätte die Nachahmung des römischen Brauches geboten, nach welchem der Imperator seinen Nachfolger designierte oder bei
48 Pippin starb 24. September 768. Allein Karls Regierungsepoche ist der 9. Oktober, der Tag der Thronerhebung. Karlmann hatte wahrscheinlich dieselbe Epoche. Mühlbacher p. LXXIX. Relevatur in throno sagt die Vita Walae II 10 von dem 830 seiner Macht entkleideten Ludwig l.
1 Nach einer Vermutung Dahns, Urgeschichte I 206, hat Genserich seine Successionsordnung den Mauren entlehnt.
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[23/0041]
§ 62. Die Thronfolge.
scheinlich auch Karlmann datieren die Regierungsjahre seit der Thron-
erhebung 48. Im neunten Jahrhundert hat sie den staatsrechtlichen
Charakter vorübergehend eingebüſst, ohne daſs dieser auf die Salbung
oder auf die Krönung übergegangen wäre.
§ 62. Die Thronfolge.
Waitz, VG II 1 S. 140 ff. III 273 ff. Viollet, Histoire I 239. Fustel de
Coulanges, Monarchie franque S. 33 ff. v. Amira, Recht in Pauls Grundriſs
S. 128 ff. Phillips, Über Erb- und Wahlrecht mit bes. Beziehung auf das König-
tum der germ. Völker, 1824. Hermann Schulze, Gesch. Entwicklung der fürst-
lichen Hausverfassung im deutschen Mittelalter. Thronfolge und Familienrecht
der ältesten germ. Königsgeschlechter, Z. f. RG VII 323 ff. Derselbe, De testa-
menti Genserici Comment., 1859. Kemble, Saxons II 215 ff. Stubbs, Constitu-
tional History of England, 1874, I 135. v. Pflugk-Harttung, Die Thronfolge im
Langobardenreich, Z.2 f. RG VIII 66 ff. Derselbe, Die Thronfolge im Reiche der
Ostgoten, Z.2 f. RG X 203 ff. Derselbe, Zur Thronfolge in den germanischen
Stammesstaaten, Z.2 f. RG XI 177 ff. Hubrich, Fränkisches Wahl- und Erb-
königtum zur Merowingerzeit, 1889. Dazu W. Sickel in den Götting. gel. An-
zeigen 1889, S. 944 ff. Mommsen, Ostgotische Studien, Neues Archiv XIV 540.
Die eigentümliche Verbindung von Wahl und Erbgang, welche
die Nachfolge in das germanische Volkskönigtum bestimmte, hat nach
der Völkerwanderung bei manchen Stämmen dem entschiedenen Über-
gewichte des Wahlprinzips, bei anderen dem Siege des Erbprinzips
Platz gemacht. Erhebliche Schwankungen blieben in dieser Ent-
wicklung nicht aus. Die Wahl diente als kaum entbehrliche Ergänzung
des Erbrechts, wenn bei dem Vorhandensein mehrerer Geschlechts-
folger die Teilung des Reiches und der Reichsverwaltung vermieden
werden sollte, oder wenn kein oder doch kein tauglicher Geschlechts-
folger vorhanden war. Eine feste Successionsordnung, welche im
ersteren Falle die Nachfolge eines Einzigen gesichert hätte, ist in
keinem der germanischen Staaten Rechtens geworden, ausgenommen
im vandalischen Reiche, wo König Genserich die Nachfolge nach dem
sogen. Senioratsprinzip ordnete, das den jeweils ältesten Agnaten
des verstorbenen Königs zur Herrschaft beruft 1. Ein anderes Aus-
kunftsmittel hätte die Nachahmung des römischen Brauches geboten,
nach welchem der Imperator seinen Nachfolger designierte oder bei
48 Pippin starb 24. September 768. Allein Karls Regierungsepoche ist der
9. Oktober, der Tag der Thronerhebung. Karlmann hatte wahrscheinlich dieselbe
Epoche. Mühlbacher p. LXXIX. Relevatur in throno sagt die Vita Walae
II 10 von dem 830 seiner Macht entkleideten Ludwig l.
1 Nach einer Vermutung Dahns, Urgeschichte I 206, hat Genserich seine
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/41>, abgerufen am 21.11.2024.
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