Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 118. Spurfolge und Anefang. Eine Satzung Childeberts II. schloss den Anefang aus gegen jeden, Der Anefang war nicht nur eine aussergerichtliche Einleitung des Als regelmässige Erwiderung des Besitzers setzen die Quellen den Beruft sich der Besitzer auf einen Gewähren, so leisten -- wenig- der Besitzer selbsiebent schwören soll, si in ipsa hora, quando res interciatur, res- ponderet, quod fordronem suum nesciat. 35 Childeb. II decr. c. 3. 36 Nach salischem Rechte soll er ihm vorher die Sonne setzen. Lex Sal. 37, 3. 37 Lex Sal. 37. Lex Burg. 83, 1. Lex Rom. Burg. 34, 1. 38 Grimm, RA S. 603. Diez, WB I s. v. guarento. Kluge, WB unter ge- währen. Waerande bei Kilian. Über tolosanisch guirens siehe Du Cange (Henschel) III 592. 39 Schub heisst auch die geschobene Sache und die Fürfangsgebühr. London S. 200. 40 Schmid, Ges. der Ags. S. 660. 41 v. Amira, Recht S. 160. Derselbe, Nordgerm. Obligationenrecht I 558. Der heimelborh, hemoldborh in Wilh. I 21 stammt aus dem nordischen Sprachschatz. 42 Lex Rib. 33, 1. Die beiden Eide sind auch für das angelsächsische und
für das langobardische Recht bezeugt. Schmid, Ges. der Ags. Anh. X 2. 3, § 118. Spurfolge und Anefang. Eine Satzung Childeberts II. schloſs den Anefang aus gegen jeden, Der Anefang war nicht nur eine auſsergerichtliche Einleitung des Als regelmäſsige Erwiderung des Besitzers setzen die Quellen den Beruft sich der Besitzer auf einen Gewähren, so leisten — wenig- der Besitzer selbsiebent schwören soll, si in ipsa hora, quando res interciatur, res- ponderet, quod fordronem suum nesciat. 35 Childeb. II decr. c. 3. 36 Nach salischem Rechte soll er ihm vorher die Sonne setzen. Lex Sal. 37, 3. 37 Lex Sal. 37. Lex Burg. 83, 1. Lex Rom. Burg. 34, 1. 38 Grimm, RA S. 603. Diez, WB I s. v. guarento. Kluge, WB unter ge- währen. Waerande bei Kilian. Über tolosanisch guirens siehe Du Cange (Henschel) III 592. 39 Schub heiſst auch die geschobene Sache und die Fürfangsgebühr. London S. 200. 40 Schmid, Ges. der Ags. S. 660. 41 v. Amira, Recht S. 160. Derselbe, Nordgerm. Obligationenrecht I 558. Der heimelborh, hemoldborh in Wilh. I 21 stammt aus dem nordischen Sprachschatz. 42 Lex Rib. 33, 1. Die beiden Eide sind auch für das angelsächsische und
für das langobardische Recht bezeugt. Schmid, Ges. der Ags. Anh. X 2. 3, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0519" n="501"/> <fw place="top" type="header">§ 118. Spurfolge und Anefang.</fw><lb/> <p>Eine Satzung Childeberts II. schloſs den Anefang aus gegen jeden,<lb/> der die Sache zehn Jahre (inter praesentes) besessen hatte <note place="foot" n="35">Childeb. II decr. c. 3.</note>.</p><lb/> <p>Der Anefang war nicht nur eine auſsergerichtliche Einleitung des<lb/> Rechtsgangs, welche die ordentliche Mahnung ersetzte, sondern mehr<lb/> als das; er war zugleich, wie jüngere Rechtsquellen sagen, der Klage<lb/> Beginn. Denn er zwang den Besitzer zur sofortigen rechtmäſsigen<lb/> Erwiderung und berechtigte den Kläger <note place="foot" n="36">Nach salischem Rechte soll er ihm vorher die Sonne setzen. Lex Sal. 37, 3.</note>, falls sie ausblieb, die an-<lb/> geschlagene Sache an sich zu nehmen, als hätte er sie im Wege der<lb/> Spurfolge rechtzeitig gefunden <note place="foot" n="37">Lex Sal. 37. Lex Burg. 83, 1. Lex Rom. Burg. 34, 1.</note>.</p><lb/> <p>Als regelmäſsige Erwiderung des Besitzers setzen die Quellen den<lb/> Zug auf den Gewährsmann voraus, die Berufung des Besitzers auf die<lb/> dritte Hand, aus der er die Sache erhalten habe. Für den Gewährs-<lb/> mann hat die Lex Ribuaria das Wort fordro, Vormann. Althoch-<lb/> deutsch hieſs er *wërênto, von dem Verbum wërên, auf welches friesisch<lb/> werand, sächsisch warend, niederl. waerande und die romanischen<lb/> Formen: ital. warento, franz. garant, provenz. guiren, zurückführen <note place="foot" n="38"><hi rendition="#g">Grimm</hi>, RA S. 603. <hi rendition="#g">Diez</hi>, WB I s. v. guarento. <hi rendition="#g">Kluge</hi>, WB unter ge-<lb/> währen. Waerande bei <hi rendition="#g">Kilian</hi>. Über tolosanisch guirens siehe <hi rendition="#g">Du Cange</hi> (Henschel)<lb/> III 592.</note>.<lb/> Stammverwandt sind wër, wërer, gewër, wërman. Das Oberdeutsche<lb/> nennt den Gewähren auch Schub, ein Wort, das zunächst den Ge-<lb/> währszug bedeutet, durch den ja die Sache der dritten Hand zuge-<lb/> schoben wurde <note place="foot" n="39">Schub heiſst auch die geschobene Sache und die Fürfangsgebühr. <hi rendition="#g">London</hi><lb/> S. 200.</note>. Bei den Angelsachsen hieſs jener getéama von téam<lb/> Zug <note place="foot" n="40"><hi rendition="#g">Schmid</hi>, Ges. der Ags. S. 660.</note>, im Norden heimildarmađr, hemulsman <note place="foot" n="41">v. <hi rendition="#g">Amira</hi>, Recht S. 160. <hi rendition="#g">Derselbe</hi>, Nordgerm. Obligationenrecht I 558.<lb/> Der heimelborh, hemoldborh in Wilh. I 21 stammt aus dem nordischen Sprachschatz.</note>, hiemmel, bei den<lb/> Dänen auch skot, skotæ, skjöde.</p><lb/> <p>Beruft sich der Besitzer auf einen Gewähren, so leisten — wenig-<lb/> stens nach manchen Rechten — Kläger und Beklagter einen Eid und<lb/> zwar nach der Lex Ribuaria einen Waffeneid, indem jeder die Sache<lb/> mit der Linken anfaſst und mit der bewehrten Rechten schwört, der<lb/> Kläger, daſs die Sache seine Sache sei, der Beklagte, daſs er sie an<lb/> jene Hand ziehe, von der er sie erhielt <note xml:id="seg2pn_130_1" next="#seg2pn_130_2" place="foot" n="42">Lex Rib. 33, 1. Die beiden Eide sind auch für das angelsächsische und<lb/> für das langobardische Recht bezeugt. Schmid, Ges. der Ags. Anh. X 2. 3,</note>.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_129_2" prev="#seg2pn_129_1" place="foot" n="34">der Besitzer selbsiebent schwören soll, si in ipsa hora, quando res interciatur, res-<lb/> ponderet, quod fordronem suum nesciat.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [501/0519]
§ 118. Spurfolge und Anefang.
Eine Satzung Childeberts II. schloſs den Anefang aus gegen jeden,
der die Sache zehn Jahre (inter praesentes) besessen hatte 35.
Der Anefang war nicht nur eine auſsergerichtliche Einleitung des
Rechtsgangs, welche die ordentliche Mahnung ersetzte, sondern mehr
als das; er war zugleich, wie jüngere Rechtsquellen sagen, der Klage
Beginn. Denn er zwang den Besitzer zur sofortigen rechtmäſsigen
Erwiderung und berechtigte den Kläger 36, falls sie ausblieb, die an-
geschlagene Sache an sich zu nehmen, als hätte er sie im Wege der
Spurfolge rechtzeitig gefunden 37.
Als regelmäſsige Erwiderung des Besitzers setzen die Quellen den
Zug auf den Gewährsmann voraus, die Berufung des Besitzers auf die
dritte Hand, aus der er die Sache erhalten habe. Für den Gewährs-
mann hat die Lex Ribuaria das Wort fordro, Vormann. Althoch-
deutsch hieſs er *wërênto, von dem Verbum wërên, auf welches friesisch
werand, sächsisch warend, niederl. waerande und die romanischen
Formen: ital. warento, franz. garant, provenz. guiren, zurückführen 38.
Stammverwandt sind wër, wërer, gewër, wërman. Das Oberdeutsche
nennt den Gewähren auch Schub, ein Wort, das zunächst den Ge-
währszug bedeutet, durch den ja die Sache der dritten Hand zuge-
schoben wurde 39. Bei den Angelsachsen hieſs jener getéama von téam
Zug 40, im Norden heimildarmađr, hemulsman 41, hiemmel, bei den
Dänen auch skot, skotæ, skjöde.
Beruft sich der Besitzer auf einen Gewähren, so leisten — wenig-
stens nach manchen Rechten — Kläger und Beklagter einen Eid und
zwar nach der Lex Ribuaria einen Waffeneid, indem jeder die Sache
mit der Linken anfaſst und mit der bewehrten Rechten schwört, der
Kläger, daſs die Sache seine Sache sei, der Beklagte, daſs er sie an
jene Hand ziehe, von der er sie erhielt 42.
34
35 Childeb. II decr. c. 3.
36 Nach salischem Rechte soll er ihm vorher die Sonne setzen. Lex Sal. 37, 3.
37 Lex Sal. 37. Lex Burg. 83, 1. Lex Rom. Burg. 34, 1.
38 Grimm, RA S. 603. Diez, WB I s. v. guarento. Kluge, WB unter ge-
währen. Waerande bei Kilian. Über tolosanisch guirens siehe Du Cange (Henschel)
III 592.
39 Schub heiſst auch die geschobene Sache und die Fürfangsgebühr. London
S. 200.
40 Schmid, Ges. der Ags. S. 660.
41 v. Amira, Recht S. 160. Derselbe, Nordgerm. Obligationenrecht I 558.
Der heimelborh, hemoldborh in Wilh. I 21 stammt aus dem nordischen Sprachschatz.
42 Lex Rib. 33, 1. Die beiden Eide sind auch für das angelsächsische und
für das langobardische Recht bezeugt. Schmid, Ges. der Ags. Anh. X 2. 3,
34 der Besitzer selbsiebent schwören soll, si in ipsa hora, quando res interciatur, res-
ponderet, quod fordronem suum nesciat.
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