Todschlag der Todschläger und der handthätige Helfer, der haldbani, d. h. der das Opfer des Verbrechens festhielt, Busse zu zahlen, der haldbani nur an den Kläger, nicht an den König, während die übrigen Folger busslos bleiben 57.
Für bestimmte Fälle sehen schon einzelne ältere Rechtsquellen von dem formalen Begriff des Bandenverbrechens ab, indem sie schlecht- weg die Strafbarkeit der Teilnahme an gewissen Missethaten aus- sprechen. So bestimmt der alamannische Pactus, dass bei der gegen eine Magd verübten Gewaltthat der Thäter sechs Solidi, der hand- thätige Helfer (qui super eam manum mittit) drei Solidi, der Helfer, qui eam non tangit, zwei Solidi verwirke 58. Von denen, die gemein- schaftlich in eines Mannes Hof eindringen, lässt eine kentische Satzung den ersten sechs Schillinge, den zweiten drei, jeden folgenden aber nur einen Schilling büssen 59. Als ein selbständiges Delikt straft das Baiernrecht die Beihilfe, die jemand dadurch leistet, dass er einem Fliehenden den Weg vertritt, bis seine Feinde sich sammeln und ihn töten 60. Verwirkung des Lebens und des Vermögens droht eine Novelle zur Lex Salica den Verwandten an, die als handthätige Helfer, Folger oder durch intellektuelle Teilnahme an Raub oder Entführung eines Kindes mitwirken, das ohne den Willen der zustimmungsbe- rechtigten Magen verheiratet werden soll 61. Als ein Rückfall in uralte volkstümliche Anschauungen über die Gemeinschädlichkeit des Zauber- wesens stellt sich eine Vorschrift Karls II. dar, welche befiehlt, dass wegen Zauberei nicht nur die auctores, sondern auch Mitwisser und Teilnehmer (conscii ac complices) der Zauberer und Hexen vertilgt werden sollen, damit jede Kenntnis so frevelhafter Kunst aus dem Lande verschwinde 62.
57Wilda, Strafrecht S. 621. Nach Östgötalagen haben bei Todschlag die nicht handthätigen Folger nur an den Kläger Busse zu entrichten. v. Amira, Ob- ligationenrecht I 711 f.
58 Pactus Alam. 3, 24.
59 Aethelbirht 17. Einen Fall strafbarer Teilnahme enthält noch Aethelstan II 1, 4. Wer sich der Verfolgung eines Diebes widersetzt (gif hine hwa forstande), büsst sein Wergeld. Wer an der Widersetzlichkeit teilnimmt (the thaer midstande), zahlt dem Könige 120 Schillinge zur Wette.
60 Lex Baiuw. IV 26. Das Delikt heisst bairisch wancstodal. Vgl. Schmeller WB II 959. Die Busse beträgt 12 Schillinge.
61 Lex Sal. (Hessels) 71: aut certe raptores (vgl. Lex Sal. 13, 1) vel convivas (vel) conciliatores fuerint. Vgl. Boretius zu Cap. I 6 in Behrend und Boretius, Lex Salica S. 90 und unten § 143.
62 Cap. Carisiac. v. J. 873 c. 7, Pertz, LL I 520. Die Anordnung steht in grellem Gegensatz zu den aufgeklärten Vorschriften in Roth. 376 und in Cap. de part. Sax. c. 6, I 68.
§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme.
Todschlag der Todschläger und der handthätige Helfer, der haldbani, d. h. der das Opfer des Verbrechens festhielt, Buſse zu zahlen, der haldbani nur an den Kläger, nicht an den König, während die übrigen Folger buſslos bleiben 57.
Für bestimmte Fälle sehen schon einzelne ältere Rechtsquellen von dem formalen Begriff des Bandenverbrechens ab, indem sie schlecht- weg die Strafbarkeit der Teilnahme an gewissen Missethaten aus- sprechen. So bestimmt der alamannische Pactus, daſs bei der gegen eine Magd verübten Gewaltthat der Thäter sechs Solidi, der hand- thätige Helfer (qui super eam manum mittit) drei Solidi, der Helfer, qui eam non tangit, zwei Solidi verwirke 58. Von denen, die gemein- schaftlich in eines Mannes Hof eindringen, läſst eine kentische Satzung den ersten sechs Schillinge, den zweiten drei, jeden folgenden aber nur einen Schilling büſsen 59. Als ein selbständiges Delikt straft das Baiernrecht die Beihilfe, die jemand dadurch leistet, daſs er einem Fliehenden den Weg vertritt, bis seine Feinde sich sammeln und ihn töten 60. Verwirkung des Lebens und des Vermögens droht eine Novelle zur Lex Salica den Verwandten an, die als handthätige Helfer, Folger oder durch intellektuelle Teilnahme an Raub oder Entführung eines Kindes mitwirken, das ohne den Willen der zustimmungsbe- rechtigten Magen verheiratet werden soll 61. Als ein Rückfall in uralte volkstümliche Anschauungen über die Gemeinschädlichkeit des Zauber- wesens stellt sich eine Vorschrift Karls II. dar, welche befiehlt, daſs wegen Zauberei nicht nur die auctores, sondern auch Mitwisser und Teilnehmer (conscii ac complices) der Zauberer und Hexen vertilgt werden sollen, damit jede Kenntnis so frevelhafter Kunst aus dem Lande verschwinde 62.
57Wilda, Strafrecht S. 621. Nach Östgötalagen haben bei Todschlag die nicht handthätigen Folger nur an den Kläger Buſse zu entrichten. v. Amira, Ob- ligationenrecht I 711 f.
58 Pactus Alam. 3, 24.
59 Aethelbirht 17. Einen Fall strafbarer Teilnahme enthält noch Aethelstan II 1, 4. Wer sich der Verfolgung eines Diebes widersetzt (gif hine hwâ forstande), büſst sein Wergeld. Wer an der Widersetzlichkeit teilnimmt (þe þæ̂r midstande), zahlt dem Könige 120 Schillinge zur Wette.
60 Lex Baiuw. IV 26. Das Delikt heiſst bairisch wancstodal. Vgl. Schmeller WB II 959. Die Buſse beträgt 12 Schillinge.
61 Lex Sal. (Hessels) 71: aut certe raptores (vgl. Lex Sal. 13, 1) vel convivas (vel) conciliatores fuerint. Vgl. Boretius zu Cap. I 6 in Behrend und Boretius, Lex Salica S. 90 und unten § 143.
62 Cap. Carisiac. v. J. 873 c. 7, Pertz, LL I 520. Die Anordnung steht in grellem Gegensatz zu den aufgeklärten Vorschriften in Roth. 376 und in Cap. de part. Sax. c. 6, I 68.
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Todschlag der Todschläger und der handthätige Helfer, der haldbani,
d. h. der das Opfer des Verbrechens festhielt, Buſse zu zahlen, der
haldbani nur an den Kläger, nicht an den König, während die übrigen
Folger buſslos bleiben 57.
Für bestimmte Fälle sehen schon einzelne ältere Rechtsquellen
von dem formalen Begriff des Bandenverbrechens ab, indem sie schlecht-
weg die Strafbarkeit der Teilnahme an gewissen Missethaten aus-
sprechen. So bestimmt der alamannische Pactus, daſs bei der gegen
eine Magd verübten Gewaltthat der Thäter sechs Solidi, der hand-
thätige Helfer (qui super eam manum mittit) drei Solidi, der Helfer,
qui eam non tangit, zwei Solidi verwirke 58. Von denen, die gemein-
schaftlich in eines Mannes Hof eindringen, läſst eine kentische Satzung
den ersten sechs Schillinge, den zweiten drei, jeden folgenden aber
nur einen Schilling büſsen 59. Als ein selbständiges Delikt straft das
Baiernrecht die Beihilfe, die jemand dadurch leistet, daſs er einem
Fliehenden den Weg vertritt, bis seine Feinde sich sammeln und ihn
töten 60. Verwirkung des Lebens und des Vermögens droht eine Novelle
zur Lex Salica den Verwandten an, die als handthätige Helfer, Folger
oder durch intellektuelle Teilnahme an Raub oder Entführung
eines Kindes mitwirken, das ohne den Willen der zustimmungsbe-
rechtigten Magen verheiratet werden soll 61. Als ein Rückfall in uralte
volkstümliche Anschauungen über die Gemeinschädlichkeit des Zauber-
wesens stellt sich eine Vorschrift Karls II. dar, welche befiehlt, daſs
wegen Zauberei nicht nur die auctores, sondern auch Mitwisser und
Teilnehmer (conscii ac complices) der Zauberer und Hexen vertilgt
werden sollen, damit jede Kenntnis so frevelhafter Kunst aus dem
Lande verschwinde 62.
57 Wilda, Strafrecht S. 621. Nach Östgötalagen haben bei Todschlag
die nicht handthätigen Folger nur an den Kläger Buſse zu entrichten. v. Amira, Ob-
ligationenrecht I 711 f.
58 Pactus Alam. 3, 24.
59 Aethelbirht 17. Einen Fall strafbarer Teilnahme enthält noch Aethelstan
II 1, 4. Wer sich der Verfolgung eines Diebes widersetzt (gif hine hwâ forstande),
büſst sein Wergeld. Wer an der Widersetzlichkeit teilnimmt (þe þæ̂r midstande),
zahlt dem Könige 120 Schillinge zur Wette.
60 Lex Baiuw. IV 26. Das Delikt heiſst bairisch wancstodal. Vgl. Schmeller
WB II 959. Die Buſse beträgt 12 Schillinge.
61 Lex Sal. (Hessels) 71: aut certe raptores (vgl. Lex Sal. 13, 1) vel convivas
(vel) conciliatores fuerint. Vgl. Boretius zu Cap. I 6 in Behrend und Boretius,
Lex Salica S. 90 und unten § 143.
62 Cap. Carisiac. v. J. 873 c. 7, Pertz, LL I 520. Die Anordnung steht in
grellem Gegensatz zu den aufgeklärten Vorschriften in Roth. 376 und in Cap. de
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/592>, abgerufen am 26.06.2024.
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