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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 136. Die Bussen.
eingreifende Veränderungen erfahren. So erzählt uns der Langobarden-
könig Rothari, er habe die Wundbussen des freien Mannes erhöht, damit
der Verletzte sich desto eher mit der Sühne begnüge und auf die Fehde
verzichte 21. So wissen wir aus der Entstehungsgeschichte der Lex
Ribuaria, dass die Ribuarier von einem älteren ribuarischen Busssystem
zu dem der Salier übergingen 22. Änderungen im Münzwesen führten zu
Änderungen der Busssätze; so bei den Friesen, bei welchen aus solchem
Anlass eine Verdreifachung älterer Busszahlen stattfand. Zahlreiche
alte Volksbussen haben bei Abfassung der Lex Salica mit Rücksicht auf
die kürzlich durchgeführte Neuordnung des salischen Münzwesens eine
Abänderung erlitten. Gleich den übrigen deutschen Stämmen, den
Westgoten und Burgundern, rechneten die Salier ihre Bussen ursprüng-
lich nach Schillingen. Als aber die Lex Salica abgefasst wurde, schlug
man die herkömmlichen Schillingsbussen in den neuen salischen
Denaren an, deren 40 auf einen Schilling gingen, und rundete dabei,
um eine einfachere, bequemere und leichter fassliche Rechnung zu
gewinnen, die Busszahlen in Denarhunderten ab 23. So sind aus den
altfränkischen Bussen von 18 und 36 Solidi neue Bussen von 700
(statt 720) und von 1400 (statt 1440) Denaren entstanden, die dann,
da man den Denarbussen, um jedes Missverständnis über den Denar-
wert auszuschliessen, die ihnen entsprechende Summe in Solidi bei-
fügte, in Bussen von 171/2 und 35 Solidi umgerechnet wurden 24.

Soweit die Busszahlen nicht auf das Wergeld zurückgehen, war
das Busssystem der Germanen ursprünglich als ein Duodezimalsystem

21 Roth. 74.
22 Jenes herrscht (siehe oben I 305) in dem ältesten Bestandteile der Lex
Rib. vor, während der zweite Teil das salische Busssystem zu Grunde legt.
23 Und zwar in Hunderten des Dezimalsystems. Nur kleinere Bussen, so die
von drei, sechs und neun Solidi, wurden nach dem Duodezimalsystem in Gross-
hunderten von Denaren als zwölfzig (toalaftih, 120), zweizwölfzig (240), dreizwölfzig
(360) Denare berechnet.
24 Die 700 Denare (171/2 Solidi) in Lex Sal. 2, 10. 11. 12 ersetzte die Münche-
ner Handschrift, welche die Denarsummen überall unterdrückte, durch 18 Solidi.
Wo die Lex Salica 35 Solidi als Busse hat, begegnet in entsprechenden Stellen der
Lex Rib. die Busse von 36 Solidi. Vgl. Lex Salica 29, 5 mit Lex Rib.
5, 7. Mehrere Texte der Lex Salica (10, 1. 2) setzen auf Tötung und Entwendung
eines Knechtes 35 Solidi; Lex Rib. 8 hat dafür 36 Solidi. Da die Busse ohne
Friedensgeld den doppelten Sachwert des Knechtes darstellt, so muss, wenn dieser
durchschnittlich auf 12 Solidi geschätzt war, die Gesamtbusse ursprünglich auch
bei den Saliern 36 Solidi betragen haben. Die Busse von 30 Solidi in Cod 1. 7 ff.
setzt einen durchschnittlichen Sachwert des Knechtes von 10 Solidi voraus. Bei
den Sachsen betrug die Busse ohne fredus 24 Solidi maiores.

§ 136. Die Buſsen.
eingreifende Veränderungen erfahren. So erzählt uns der Langobarden-
könig Rothari, er habe die Wundbuſsen des freien Mannes erhöht, damit
der Verletzte sich desto eher mit der Sühne begnüge und auf die Fehde
verzichte 21. So wissen wir aus der Entstehungsgeschichte der Lex
Ribuaria, daſs die Ribuarier von einem älteren ribuarischen Buſssystem
zu dem der Salier übergingen 22. Änderungen im Münzwesen führten zu
Änderungen der Buſssätze; so bei den Friesen, bei welchen aus solchem
Anlaſs eine Verdreifachung älterer Buſszahlen stattfand. Zahlreiche
alte Volksbuſsen haben bei Abfassung der Lex Salica mit Rücksicht auf
die kürzlich durchgeführte Neuordnung des salischen Münzwesens eine
Abänderung erlitten. Gleich den übrigen deutschen Stämmen, den
Westgoten und Burgundern, rechneten die Salier ihre Buſsen ursprüng-
lich nach Schillingen. Als aber die Lex Salica abgefaſst wurde, schlug
man die herkömmlichen Schillingsbuſsen in den neuen salischen
Denaren an, deren 40 auf einen Schilling gingen, und rundete dabei,
um eine einfachere, bequemere und leichter faſsliche Rechnung zu
gewinnen, die Buſszahlen in Denarhunderten ab 23. So sind aus den
altfränkischen Buſsen von 18 und 36 Solidi neue Buſsen von 700
(statt 720) und von 1400 (statt 1440) Denaren entstanden, die dann,
da man den Denarbuſsen, um jedes Miſsverständnis über den Denar-
wert auszuschlieſsen, die ihnen entsprechende Summe in Solidi bei-
fügte, in Buſsen von 17½ und 35 Solidi umgerechnet wurden 24.

Soweit die Buſszahlen nicht auf das Wergeld zurückgehen, war
das Buſssystem der Germanen ursprünglich als ein Duodezimalsystem

21 Roth. 74.
22 Jenes herrscht (siehe oben I 305) in dem ältesten Bestandteile der Lex
Rib. vor, während der zweite Teil das salische Buſssystem zu Grunde legt.
23 Und zwar in Hunderten des Dezimalsystems. Nur kleinere Buſsen, so die
von drei, sechs und neun Solidi, wurden nach dem Duodezimalsystem in Groſs-
hunderten von Denaren als zwölfzig (toalaftih, 120), zweizwölfzig (240), dreizwölfzig
(360) Denare berechnet.
24 Die 700 Denare (17½ Solidi) in Lex Sal. 2, 10. 11. 12 ersetzte die Münche-
ner Handschrift, welche die Denarsummen überall unterdrückte, durch 18 Solidi.
Wo die Lex Salica 35 Solidi als Buſse hat, begegnet in entsprechenden Stellen der
Lex Rib. die Buſse von 36 Solidi. Vgl. Lex Salica 29, 5 mit Lex Rib.
5, 7. Mehrere Texte der Lex Salica (10, 1. 2) setzen auf Tötung und Entwendung
eines Knechtes 35 Solidi; Lex Rib. 8 hat dafür 36 Solidi. Da die Buſse ohne
Friedensgeld den doppelten Sachwert des Knechtes darstellt, so muſs, wenn dieser
durchschnittlich auf 12 Solidi geschätzt war, die Gesamtbuſse ursprünglich auch
bei den Saliern 36 Solidi betragen haben. Die Buſse von 30 Solidi in Cod 1. 7 ff.
setzt einen durchschnittlichen Sachwert des Knechtes von 10 Solidi voraus. Bei
den Sachsen betrug die Buſse ohne fredus 24 Solidi maiores.
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[617/0635] § 136. Die Buſsen. eingreifende Veränderungen erfahren. So erzählt uns der Langobarden- könig Rothari, er habe die Wundbuſsen des freien Mannes erhöht, damit der Verletzte sich desto eher mit der Sühne begnüge und auf die Fehde verzichte 21. So wissen wir aus der Entstehungsgeschichte der Lex Ribuaria, daſs die Ribuarier von einem älteren ribuarischen Buſssystem zu dem der Salier übergingen 22. Änderungen im Münzwesen führten zu Änderungen der Buſssätze; so bei den Friesen, bei welchen aus solchem Anlaſs eine Verdreifachung älterer Buſszahlen stattfand. Zahlreiche alte Volksbuſsen haben bei Abfassung der Lex Salica mit Rücksicht auf die kürzlich durchgeführte Neuordnung des salischen Münzwesens eine Abänderung erlitten. Gleich den übrigen deutschen Stämmen, den Westgoten und Burgundern, rechneten die Salier ihre Buſsen ursprüng- lich nach Schillingen. Als aber die Lex Salica abgefaſst wurde, schlug man die herkömmlichen Schillingsbuſsen in den neuen salischen Denaren an, deren 40 auf einen Schilling gingen, und rundete dabei, um eine einfachere, bequemere und leichter faſsliche Rechnung zu gewinnen, die Buſszahlen in Denarhunderten ab 23. So sind aus den altfränkischen Buſsen von 18 und 36 Solidi neue Buſsen von 700 (statt 720) und von 1400 (statt 1440) Denaren entstanden, die dann, da man den Denarbuſsen, um jedes Miſsverständnis über den Denar- wert auszuschlieſsen, die ihnen entsprechende Summe in Solidi bei- fügte, in Buſsen von 17½ und 35 Solidi umgerechnet wurden 24. Soweit die Buſszahlen nicht auf das Wergeld zurückgehen, war das Buſssystem der Germanen ursprünglich als ein Duodezimalsystem 21 Roth. 74. 22 Jenes herrscht (siehe oben I 305) in dem ältesten Bestandteile der Lex Rib. vor, während der zweite Teil das salische Buſssystem zu Grunde legt. 23 Und zwar in Hunderten des Dezimalsystems. Nur kleinere Buſsen, so die von drei, sechs und neun Solidi, wurden nach dem Duodezimalsystem in Groſs- hunderten von Denaren als zwölfzig (toalaftih, 120), zweizwölfzig (240), dreizwölfzig (360) Denare berechnet. 24 Die 700 Denare (17½ Solidi) in Lex Sal. 2, 10. 11. 12 ersetzte die Münche- ner Handschrift, welche die Denarsummen überall unterdrückte, durch 18 Solidi. Wo die Lex Salica 35 Solidi als Buſse hat, begegnet in entsprechenden Stellen der Lex Rib. die Buſse von 36 Solidi. Vgl. Lex Salica 29, 5 mit Lex Rib. 5, 7. Mehrere Texte der Lex Salica (10, 1. 2) setzen auf Tötung und Entwendung eines Knechtes 35 Solidi; Lex Rib. 8 hat dafür 36 Solidi. Da die Buſse ohne Friedensgeld den doppelten Sachwert des Knechtes darstellt, so muſs, wenn dieser durchschnittlich auf 12 Solidi geschätzt war, die Gesamtbuſse ursprünglich auch bei den Saliern 36 Solidi betragen haben. Die Buſse von 30 Solidi in Cod 1. 7 ff. setzt einen durchschnittlichen Sachwert des Knechtes von 10 Solidi voraus. Bei den Sachsen betrug die Buſse ohne fredus 24 Solidi maiores.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/635>, abgerufen am 22.11.2024.