Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung. thätigkeiten und Misshandlungen, die zwar eine körperliche Verletzungnicht herbeiführen, aber gleichwohl bussfällig machen. Dahin gehört, dass man einen andern schlägt80, ihm in das Haar greift81, ihn zur Erde82, ins Wasser83, vom Pferde wirft84. Einzelne dieser Delikte sind wegen ihres ehrenkränkenden Charakters mit verhältnis- mässig hoher Busse bedroht85. § 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung. Grimm, RA S. 635 ff. Wilda, Strafrecht S. 859. Hälschner, Strafrecht III 1. Der Diebstahl. Die schimpflichste, eines freien Mannes am wenigsten würdige 80 Die Busse des wirkungslosen Schlags ist in der Regel dieselbe, wie die des Beulenschlags. Nur die Lex Saxonum unterscheidet, indem sie dem Adeligen diesen mit 60, jenen mit 30 Solidi büssen lässt. 81 Roth. 383. Lex Sax. 7. Lex Fris. 22, 65. Lex Burg. 5, 4. Aethelbirht 33. 82 Roth. 382. 83 Siehe über die Wassertauche oben S. 559 f. 84 Roth. 30 (de marahworfin). Pactus Alam. 3, 22 (vgl. Lex Alam. 59). Lex Baiuw. IV 18 (marchfalli). Lex Fris. Add. 4. 85 Siehe darüber unten § 144. 1 Siehe oben S. 540, Anm. 20. 2 Grimm, WB II 1085. Graff V 98. v. Richthofen in LL III 660, Anm. 40. Neben stelan stehlen ein Verbum thiuben, dieben, ags. theofian. 3 Siehe oben S. 508 f. Anm. 86. 4 Die Quellen nennen den Diebstahl und die gestohlene Sache furtum, die
Handlung furare, involare (franz. voler), imbulare (franz. embler). Aber schon in Lex Sal. 47, Lex Burg. 47 und im Pactus pro tenore pacis werden furtum und latrocinium, fur und latro identificiert. Latro brauchen die karolingischen Kapi- § 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung. thätigkeiten und Miſshandlungen, die zwar eine körperliche Verletzungnicht herbeiführen, aber gleichwohl buſsfällig machen. Dahin gehört, daſs man einen andern schlägt80, ihm in das Haar greift81, ihn zur Erde82, ins Wasser83, vom Pferde wirft84. Einzelne dieser Delikte sind wegen ihres ehrenkränkenden Charakters mit verhältnis- mäſsig hoher Buſse bedroht85. § 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung. Grimm, RA S. 635 ff. Wilda, Strafrecht S. 859. Hälschner, Strafrecht III 1. Der Diebstahl. Die schimpflichste, eines freien Mannes am wenigsten würdige 80 Die Buſse des wirkungslosen Schlags ist in der Regel dieselbe, wie die des Beulenschlags. Nur die Lex Saxonum unterscheidet, indem sie dem Adeligen diesen mit 60, jenen mit 30 Solidi büſsen läſst. 81 Roth. 383. Lex Sax. 7. Lex Fris. 22, 65. Lex Burg. 5, 4. Aethelbirht 33. 82 Roth. 382. 83 Siehe über die Wassertauche oben S. 559 f. 84 Roth. 30 (de marahworfin). Pactus Alam. 3, 22 (vgl. Lex Alam. 59). Lex Baiuw. IV 18 (marchfalli). Lex Fris. Add. 4. 85 Siehe darüber unten § 144. 1 Siehe oben S. 540, Anm. 20. 2 Grimm, WB II 1085. Graff V 98. v. Richthofen in LL III 660, Anm. 40. Neben stëlan stehlen ein Verbum thiuben, dieben, ags. þéofian. 3 Siehe oben S. 508 f. Anm. 86. 4 Die Quellen nennen den Diebstahl und die gestohlene Sache furtum, die
Handlung furare, involare (franz. voler), imbulare (franz. embler). Aber schon in Lex Sal. 47, Lex Burg. 47 und im Pactus pro tenore pacis werden furtum und latrocinium, fur und latro identificiert. Latro brauchen die karolingischen Kapi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0655" n="637"/><fw place="top" type="header">§ 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung.</fw><lb/> thätigkeiten und Miſshandlungen, die zwar eine körperliche Verletzung<lb/> nicht herbeiführen, aber gleichwohl buſsfällig machen. Dahin gehört,<lb/> daſs man einen andern schlägt<note place="foot" n="80">Die Buſse des wirkungslosen Schlags ist in der Regel dieselbe, wie die<lb/> des Beulenschlags. Nur die Lex Saxonum unterscheidet, indem sie dem Adeligen<lb/> diesen mit 60, jenen mit 30 Solidi büſsen läſst.</note>, ihm in das Haar greift<note place="foot" n="81">Roth. 383. Lex Sax. 7. Lex Fris. 22, 65. Lex Burg. 5, 4. Aethelbirht 33.</note>, ihn<lb/> zur Erde<note place="foot" n="82">Roth. 382.</note>, ins Wasser<note place="foot" n="83">Siehe über die Wassertauche oben S. 559 f.</note>, vom Pferde wirft<note place="foot" n="84">Roth. 30 (de marahworfin). Pactus Alam. 3, 22 (vgl. Lex Alam. 59). Lex<lb/> Baiuw. IV 18 (marchfalli). Lex Fris. Add. 4.</note>. Einzelne dieser<lb/> Delikte sind wegen ihres ehrenkränkenden Charakters mit verhältnis-<lb/> mäſsig hoher Buſse bedroht<note place="foot" n="85">Siehe darüber unten § 144.</note>.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§ 139. <hi rendition="#g">Diebstahl, Raub und Unterschlagung</hi>.</head><lb/> <p> <bibl><hi rendition="#g">Grimm</hi>, RA S. 635 ff. <hi rendition="#g">Wilda</hi>, Strafrecht S. 859. <hi rendition="#g">Hälschner</hi>, Strafrecht III<lb/> 396 ff. 494 ff. <hi rendition="#g">Reinhold Schmid</hi>, De furto secundum leges antiquissimas Ger-<lb/> manorum 1829. <hi rendition="#g">Cropp</hi>, Der Diebstahl nach dem älteren Rechte der freyen Städte<lb/> in Hudtwalckers und Trummers criminalistischen Beyträgen II (1825) S. 1. 233 ff.<lb/><hi rendition="#g">Köstlin</hi>, Der Diebstahl nach dem deutschen Rechte vor der Karolina, Kr. Ü. III<lb/> 149 ff. 334 ff. <hi rendition="#g">Temme</hi>, Über den Betrag des Diebstahls 1867, S. 7 ff. v. <hi rendition="#g">Richt-<lb/> hofen</hi>, Zur Lex Saxonum S. 311 ff. <hi rendition="#g">Osenbrüggen</hi>, Der Nachtschach Z. f. DR<lb/> XVII 466. <hi rendition="#g">Derselbe</hi>, Strafrecht der Langobarden S. 118. 151. <hi rendition="#g">Schmid</hi>, Ges.<lb/> der Ags. S. 555. v. <hi rendition="#g">Amira</hi>, Vollstreckungsverfahren S. 162 ff. <hi rendition="#g">Brandt</hi> Fore-<lb/><hi rendition="#c">læsninger II 96. 105. <hi rendition="#g">Stemann</hi>, Den danske Retshistorie S. 677. 671.</hi></bibl> </p><lb/> <div n="4"> <head>1. Der Diebstahl.</head><lb/> <p>Die schimpflichste, eines freien Mannes am wenigsten würdige<lb/> Missethat<note place="foot" n="1">Siehe oben S. 540, Anm. 20.</note> ist der Diebstahl, adh. diuba, in der Lex Frisionum thiubda,<lb/> ags. þéofđ, þýfđ, nord. þýfi, þýfđ, daneben ahd. stâla, meinstâla, ags.<lb/> stálu, alts. stulina, nord. stuldr<note place="foot" n="2"><hi rendition="#g">Grimm</hi>, WB II 1085. <hi rendition="#g">Graff</hi> V 98. v. <hi rendition="#g">Richthofen</hi> in LL III 660,<lb/> Anm. 40. Neben stëlan stehlen ein Verbum thiuben, dieben, ags. þéofian.</note>, aber auch schon ahd. diupstâl, alt-<lb/> fränk. tascaga<note place="foot" n="3">Siehe oben S. 508 f. Anm. 86.</note>, in den lateinisch geschriebenen Quellen furtum oder<lb/> latrocinium<note xml:id="seg2pn_145_1" next="#seg2pn_145_2" place="foot" n="4">Die Quellen nennen den Diebstahl und die gestohlene Sache furtum, die<lb/> Handlung furare, involare (franz. voler), imbulare (franz. embler). Aber schon in<lb/> Lex Sal. 47, Lex Burg. 47 und im Pactus pro tenore pacis werden furtum und<lb/> latrocinium, fur und latro identificiert. Latro brauchen die karolingischen Kapi-</note>. Dieb (fur oder latro) wird, wer eine fremde bewegliche<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [637/0655]
§ 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung.
thätigkeiten und Miſshandlungen, die zwar eine körperliche Verletzung
nicht herbeiführen, aber gleichwohl buſsfällig machen. Dahin gehört,
daſs man einen andern schlägt 80, ihm in das Haar greift 81, ihn
zur Erde 82, ins Wasser 83, vom Pferde wirft 84. Einzelne dieser
Delikte sind wegen ihres ehrenkränkenden Charakters mit verhältnis-
mäſsig hoher Buſse bedroht 85.
§ 139. Diebstahl, Raub und Unterschlagung.
Grimm, RA S. 635 ff. Wilda, Strafrecht S. 859. Hälschner, Strafrecht III
396 ff. 494 ff. Reinhold Schmid, De furto secundum leges antiquissimas Ger-
manorum 1829. Cropp, Der Diebstahl nach dem älteren Rechte der freyen Städte
in Hudtwalckers und Trummers criminalistischen Beyträgen II (1825) S. 1. 233 ff.
Köstlin, Der Diebstahl nach dem deutschen Rechte vor der Karolina, Kr. Ü. III
149 ff. 334 ff. Temme, Über den Betrag des Diebstahls 1867, S. 7 ff. v. Richt-
hofen, Zur Lex Saxonum S. 311 ff. Osenbrüggen, Der Nachtschach Z. f. DR
XVII 466. Derselbe, Strafrecht der Langobarden S. 118. 151. Schmid, Ges.
der Ags. S. 555. v. Amira, Vollstreckungsverfahren S. 162 ff. Brandt Fore-
læsninger II 96. 105. Stemann, Den danske Retshistorie S. 677. 671.
1. Der Diebstahl.
Die schimpflichste, eines freien Mannes am wenigsten würdige
Missethat 1 ist der Diebstahl, adh. diuba, in der Lex Frisionum thiubda,
ags. þéofđ, þýfđ, nord. þýfi, þýfđ, daneben ahd. stâla, meinstâla, ags.
stálu, alts. stulina, nord. stuldr 2, aber auch schon ahd. diupstâl, alt-
fränk. tascaga 3, in den lateinisch geschriebenen Quellen furtum oder
latrocinium 4. Dieb (fur oder latro) wird, wer eine fremde bewegliche
80 Die Buſse des wirkungslosen Schlags ist in der Regel dieselbe, wie die
des Beulenschlags. Nur die Lex Saxonum unterscheidet, indem sie dem Adeligen
diesen mit 60, jenen mit 30 Solidi büſsen läſst.
81 Roth. 383. Lex Sax. 7. Lex Fris. 22, 65. Lex Burg. 5, 4. Aethelbirht 33.
82 Roth. 382.
83 Siehe über die Wassertauche oben S. 559 f.
84 Roth. 30 (de marahworfin). Pactus Alam. 3, 22 (vgl. Lex Alam. 59). Lex
Baiuw. IV 18 (marchfalli). Lex Fris. Add. 4.
85 Siehe darüber unten § 144.
1 Siehe oben S. 540, Anm. 20.
2 Grimm, WB II 1085. Graff V 98. v. Richthofen in LL III 660,
Anm. 40. Neben stëlan stehlen ein Verbum thiuben, dieben, ags. þéofian.
3 Siehe oben S. 508 f. Anm. 86.
4 Die Quellen nennen den Diebstahl und die gestohlene Sache furtum, die
Handlung furare, involare (franz. voler), imbulare (franz. embler). Aber schon in
Lex Sal. 47, Lex Burg. 47 und im Pactus pro tenore pacis werden furtum und
latrocinium, fur und latro identificiert. Latro brauchen die karolingischen Kapi-
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