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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
getragen hätte; aber diese ward nur in ihrer furcht gestärket/ daß sie endlich nicht umhin
kunte/ sie zu bitten/ den Inhalt ein wenig nachzusehen; worin sie ihr gern zuwillen wahr/
und diese Worte heimlich lase:

Herzlieber Bruder/ aller der deinen gutes Wolergehen habe ich beydes aus jetzigem und vori-
gem Schreiben ersehen; und wirstu Käyserlicher Hocheit sonders-gnädigste Gewogenheit gegen die
beyden fremden Helden wol erfahren haben/ deren ehiste Ankunfft man sich dieses Orts mit Freuden
vermuhtet. Wann dann deiner Meynung nach/ der Ritterliche Held Herr Herkules eine züchtige ehr-
liche Liebe zu meinem Kinde tragen solte/ wollestu unbeschweret seyn/ mit ihnen überzukommen/ und
unsere beyden Töchter mitzubringen/ da dann wolgedachter Herr ohn zweifel die gebührliche Anwer-
bung vor die Hand nehmen/ und alles nach Standes Erheischung vollenzihen wird. Daß aber meine
Sibylla ihm so geheim seyn/ und vielfältige Unterredung mit ihm pflegen sol/ ungeachtet ich an bey-
derseits Zucht/ krafft deiner Vergewisserung nicht zweifele/ so nimt michs dannoch nicht wenig wun-
der/ weil bißdaher man sie/ mit Mannesbildern umzugehen/ nicht hat bereden können; doch ist sie
Fleisch und Blut/ hat auch eine dankbare Seele/ die ohn zweifel eine Gegenliebe in ihr wirket/ weil sie
von diesem Helden Ehr und Leben hat. Wollest mich demnach eure Ankunfft etliche Tage zuvor wissen
lassen/ daß ich auff so wirdige Gäste/ unangesehen meines Zipperlein/ mich in etwas schicken möge.
Gehabe dich wol/ und biß neben den deinen gegrüsset von deinem Bruder M. Fabius.

Das Fräulein kunte des Endes kaum erwarten/ aber auff ihre Frage gab Fr. Sophia
ihr zur antwort: Es kähme ihr die Hand unleserlich vor/ deswegen sie ihr einhelffen möch-
te. Meines Herr Vaters Hand/ sagte sie/ ist mir gar leicht zu lesen/ trat hinzu/ und lase frisch
weg/ biß sie an die geschriebene Liebe kam/ da die Schamhafftigkeit sie dergestalt überfiel/ dz
sie kein Auge auffschlagen durffte/ sondern zu Fr. Sophien sagete: Geliebete Fr. Schwe-
ster/ was vor Lust hat sie doch an dieser Aufftreiberey? ich habe ja solches um euch wissent-
lich nicht verschuldet. Sie hingegen beteurete ihre Unschuld hoch/ daß sie weder umb diese
Sache noch des Schreibens Inhalt ichtwas gewust hätte/ biß auff ihr Anhalten sie dessen
inne worden; und was werffet ihr mir Aufftreiberey vor? sagte sie/ ist es eures Vaters
Hand/ werdet ihr wissen. Ach ja/ antwortete das Fräulein/ es ist freylich dessen Hand/ aber
wie mag er doch immermehr auff solche Gedanken gerahten seyn? Lasset uns den Brief
vollends durchlesen/ sagte Fr. Sophia/ so finden wir vielleicht/ das uns aus dem Zweifel
helffen kan. Weil sich aber das Fräulein weiteres lesens wegerte/ lase sie ihr das übrige fein
deutlich vor/ worüber sie vor Scham nicht mehr bey ihr bleiben kunte/ sondern legete ihre
Niderkleider ab/ und machte sich nach dem Bette; und als Fr. Sophia ihr alsbald folge-
te/ fing jene an: Ach herzgeliebte Fr. Schwester/ was vor Unglük doch/ hat euch diesen Brief
in die Hände gebracht? nun sind ja die Götter meine unfehlbare Zeugen/ daß weder Herr
Herkules dergleichen Liebe je an mich gesonnen/ noch ich gegen einigen Menschen mich des-
sen verlauten lassen; aber das Schreiben gibt mir ausdrüklich so viel an die Hand/ daß
mein Herr Vetter der Stathalter uns beyde in Verdacht halten muß/ worin er uns gewiß
das gröste Unrecht tuht/ weil wir dessen aller dinge unschuldig sind; aber dieses gestehe ich
euch/ daß auff sein ehrliebendes Anhalten ich ihm Schwesterliche Liebe und Träue verheis-
sen/ welches ich umb so viel lieber getahn/ weil ich des Vorsatzes bin/ daß/ wann mir der
Himmel einen solchen leiblichen Bruder gegeben hätte/ ich an andere Mannes-als Vater-
und Bruder-Liebe nimmermehr gedenken wolte. Fr. Sophia antwortete: Herzen Schwe-
ster/ warumb machet ihr euch deßwegen so bekümmerte Gedanken? Dann vorerst ist ja nichts

im

Erſtes Buch.
getragen haͤtte; aber dieſe ward nur in ihrer furcht geſtaͤrket/ daß ſie endlich nicht umhin
kunte/ ſie zu bitten/ den Inhalt ein wenig nachzuſehen; worin ſie ihr gern zuwillen wahr/
und dieſe Worte heimlich laſe:

Herzlieber Bruder/ aller der deinen gutes Wolergehen habe ich beydes aus jetzigem und vori-
gem Schreiben erſehen; und wirſtu Kaͤyſerlicher Hocheit ſonders-gnaͤdigſte Gewogenheit gegen die
beyden fremden Helden wol erfahren haben/ deren ehiſte Ankunfft man ſich dieſes Orts mit Freuden
vermuhtet. Wann dann deiner Meynung nach/ der Ritterliche Held Herr Herkules eine zuͤchtige ehr-
liche Liebe zu meinem Kinde tragen ſolte/ wolleſtu unbeſchweret ſeyn/ mit ihnen uͤberzukommen/ und
unſere beyden Toͤchter mitzubringen/ da dann wolgedachter Herr ohn zweifel die gebuͤhrliche Anwer-
bung vor die Hand nehmen/ und alles nach Standes Erheiſchung vollenzihen wird. Daß aber meine
Sibylla ihm ſo geheim ſeyn/ und vielfaͤltige Unterredung mit ihm pflegen ſol/ ungeachtet ich an bey-
derſeits Zucht/ krafft deiner Vergewiſſerung nicht zweifele/ ſo nimt michs dannoch nicht wenig wun-
der/ weil bißdaher man ſie/ mit Mannesbildern umzugehen/ nicht hat bereden koͤnnen; doch iſt ſie
Fleiſch und Blut/ hat auch eine dankbare Seele/ die ohn zweifel eine Gegenliebe in ihr wirket/ weil ſie
von dieſem Helden Ehr und Leben hat. Wolleſt mich demnach eure Ankunfft etliche Tage zuvor wiſſen
laſſen/ daß ich auff ſo wirdige Gaͤſte/ unangeſehen meines Zipperlein/ mich in etwas ſchicken moͤge.
Gehabe dich wol/ und biß neben den deinen gegruͤſſet von deinem Bruder M. Fabius.

Das Fraͤulein kunte des Endes kaum erwarten/ aber auff ihre Frage gab Fr. Sophia
ihr zur antwort: Es kaͤhme ihr die Hand unleſerlich vor/ deswegen ſie ihr einhelffen moͤch-
te. Meines Herr Vaters Hand/ ſagte ſie/ iſt mir gar leicht zu leſen/ trat hinzu/ uñ laſe friſch
weg/ biß ſie an die geſchriebene Liebe kam/ da die Schamhafftigkeit ſie dergeſtalt uͤberfiel/ dz
ſie kein Auge auffſchlagen durffte/ ſondern zu Fr. Sophien ſagete: Geliebete Fr. Schwe-
ſter/ was vor Luſt hat ſie doch an dieſer Aufftreiberey? ich habe ja ſolches um euch wiſſent-
lich nicht verſchuldet. Sie hingegen beteurete ihre Unſchuld hoch/ daß ſie weder umb dieſe
Sache noch des Schreibens Inhalt ichtwas gewuſt haͤtte/ biß auff ihr Anhalten ſie deſſen
inne worden; und was werffet ihr mir Aufftreiberey vor? ſagte ſie/ iſt es eures Vaters
Hand/ werdet ihr wiſſen. Ach ja/ antwortete das Fraͤulein/ es iſt freylich deſſen Hand/ aber
wie mag er doch immermehr auff ſolche Gedanken gerahten ſeyn? Laſſet uns den Brief
vollends durchleſen/ ſagte Fr. Sophia/ ſo finden wir vielleicht/ das uns aus dem Zweifel
helffen kan. Weil ſich aber das Fraͤulein weiteres leſens wegerte/ laſe ſie ihr das uͤbrige fein
deutlich vor/ woruͤber ſie vor Scham nicht mehr bey ihr bleiben kunte/ ſondern legete ihre
Niderkleider ab/ und machte ſich nach dem Bette; und als Fr. Sophia ihr alsbald folge-
te/ fing jene an: Ach herzgeliebte Fr. Schweſter/ was vor Ungluͤk doch/ hat euch dieſen Brief
in die Haͤnde gebracht? nun ſind ja die Goͤtter meine unfehlbare Zeugen/ daß weder Herr
Herkules dergleichen Liebe je an mich geſoñen/ noch ich gegen einigen Menſchen mich deſ-
ſen verlauten laſſen; aber das Schreiben gibt mir ausdruͤklich ſo viel an die Hand/ daß
mein Herr Vetter der Stathalter uns beyde in Verdacht halten muß/ worin er uns gewiß
das groͤſte Unrecht tuht/ weil wir deſſen aller dinge unſchuldig ſind; aber dieſes geſtehe ich
euch/ daß auff ſein ehrliebendes Anhalten ich ihm Schweſterliche Liebe und Traͤue verheiſ-
ſen/ welches ich umb ſo viel lieber getahn/ weil ich des Vorſatzes bin/ daß/ wann mir der
Himmel einen ſolchen leiblichen Bruder gegeben haͤtte/ ich an andere Mannes-als Vater-
und Bruder-Liebe nimmermehr gedenken wolte. Fr. Sophia antwortete: Herzen Schwe-
ſter/ warumb machet ihr euch deßwegen ſo bekuͤm̃erte Gedanken? Dann vorerſt iſt ja nichts

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[234/0272] Erſtes Buch. getragen haͤtte; aber dieſe ward nur in ihrer furcht geſtaͤrket/ daß ſie endlich nicht umhin kunte/ ſie zu bitten/ den Inhalt ein wenig nachzuſehen; worin ſie ihr gern zuwillen wahr/ und dieſe Worte heimlich laſe: Herzlieber Bruder/ aller der deinen gutes Wolergehen habe ich beydes aus jetzigem und vori- gem Schreiben erſehen; und wirſtu Kaͤyſerlicher Hocheit ſonders-gnaͤdigſte Gewogenheit gegen die beyden fremden Helden wol erfahren haben/ deren ehiſte Ankunfft man ſich dieſes Orts mit Freuden vermuhtet. Wann dann deiner Meynung nach/ der Ritterliche Held Herr Herkules eine zuͤchtige ehr- liche Liebe zu meinem Kinde tragen ſolte/ wolleſtu unbeſchweret ſeyn/ mit ihnen uͤberzukommen/ und unſere beyden Toͤchter mitzubringen/ da dann wolgedachter Herr ohn zweifel die gebuͤhrliche Anwer- bung vor die Hand nehmen/ und alles nach Standes Erheiſchung vollenzihen wird. Daß aber meine Sibylla ihm ſo geheim ſeyn/ und vielfaͤltige Unterredung mit ihm pflegen ſol/ ungeachtet ich an bey- derſeits Zucht/ krafft deiner Vergewiſſerung nicht zweifele/ ſo nimt michs dannoch nicht wenig wun- der/ weil bißdaher man ſie/ mit Mannesbildern umzugehen/ nicht hat bereden koͤnnen; doch iſt ſie Fleiſch und Blut/ hat auch eine dankbare Seele/ die ohn zweifel eine Gegenliebe in ihr wirket/ weil ſie von dieſem Helden Ehr und Leben hat. Wolleſt mich demnach eure Ankunfft etliche Tage zuvor wiſſen laſſen/ daß ich auff ſo wirdige Gaͤſte/ unangeſehen meines Zipperlein/ mich in etwas ſchicken moͤge. Gehabe dich wol/ und biß neben den deinen gegruͤſſet von deinem Bruder M. Fabius. Das Fraͤulein kunte des Endes kaum erwarten/ aber auff ihre Frage gab Fr. Sophia ihr zur antwort: Es kaͤhme ihr die Hand unleſerlich vor/ deswegen ſie ihr einhelffen moͤch- te. Meines Herr Vaters Hand/ ſagte ſie/ iſt mir gar leicht zu leſen/ trat hinzu/ uñ laſe friſch weg/ biß ſie an die geſchriebene Liebe kam/ da die Schamhafftigkeit ſie dergeſtalt uͤberfiel/ dz ſie kein Auge auffſchlagen durffte/ ſondern zu Fr. Sophien ſagete: Geliebete Fr. Schwe- ſter/ was vor Luſt hat ſie doch an dieſer Aufftreiberey? ich habe ja ſolches um euch wiſſent- lich nicht verſchuldet. Sie hingegen beteurete ihre Unſchuld hoch/ daß ſie weder umb dieſe Sache noch des Schreibens Inhalt ichtwas gewuſt haͤtte/ biß auff ihr Anhalten ſie deſſen inne worden; und was werffet ihr mir Aufftreiberey vor? ſagte ſie/ iſt es eures Vaters Hand/ werdet ihr wiſſen. Ach ja/ antwortete das Fraͤulein/ es iſt freylich deſſen Hand/ aber wie mag er doch immermehr auff ſolche Gedanken gerahten ſeyn? Laſſet uns den Brief vollends durchleſen/ ſagte Fr. Sophia/ ſo finden wir vielleicht/ das uns aus dem Zweifel helffen kan. Weil ſich aber das Fraͤulein weiteres leſens wegerte/ laſe ſie ihr das uͤbrige fein deutlich vor/ woruͤber ſie vor Scham nicht mehr bey ihr bleiben kunte/ ſondern legete ihre Niderkleider ab/ und machte ſich nach dem Bette; und als Fr. Sophia ihr alsbald folge- te/ fing jene an: Ach herzgeliebte Fr. Schweſter/ was vor Ungluͤk doch/ hat euch dieſen Brief in die Haͤnde gebracht? nun ſind ja die Goͤtter meine unfehlbare Zeugen/ daß weder Herr Herkules dergleichen Liebe je an mich geſoñen/ noch ich gegen einigen Menſchen mich deſ- ſen verlauten laſſen; aber das Schreiben gibt mir ausdruͤklich ſo viel an die Hand/ daß mein Herr Vetter der Stathalter uns beyde in Verdacht halten muß/ worin er uns gewiß das groͤſte Unrecht tuht/ weil wir deſſen aller dinge unſchuldig ſind; aber dieſes geſtehe ich euch/ daß auff ſein ehrliebendes Anhalten ich ihm Schweſterliche Liebe und Traͤue verheiſ- ſen/ welches ich umb ſo viel lieber getahn/ weil ich des Vorſatzes bin/ daß/ wann mir der Himmel einen ſolchen leiblichen Bruder gegeben haͤtte/ ich an andere Mannes-als Vater- und Bruder-Liebe nimmermehr gedenken wolte. Fr. Sophia antwortete: Herzen Schwe- ſter/ warumb machet ihr euch deßwegen ſo bekuͤm̃erte Gedanken? Dann vorerſt iſt ja nichts im

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/272>, abgerufen am 16.06.2024.