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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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dem Hause/ schlagen ihnen die Tühr vor der Nasen zu/ und lassen sie lange gnug um schön
Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit diesem Aur Ochsen nicht bringen können. Her-
kules sagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder bläset/ je weiter er glim-
met. Freylich mein Herr/ sagte das Weib/ und hätte ich meinem Kerl nicht bald anfangs
so viel Wind gegeben/ solte er so stark nicht geglimmet haben; aber geschehene Dinge sind
zu beklagen/ nicht zu verbessern. Niemand wolte ihr antworten/ weil ihr Blasebalg da-
durch nur gefüllet ward. Dem Wirte aber taht seine Gefängniß nicht so weh/ als die ver-
ächtliche Reden seines frechen Weibes/ gedachte aber fleissig nach/ ob er nicht vor seinem
Abscheide sich an ihr rächen könte; sprach sie an umb einen Trunk Wein/ sein mattes Herz
zu laben/ stellete sich auch/ als währe ihm herzlich leid/ was er ihr bißher zu leide getahn/ und
baht sehr umb Verzeihung/ weil er doch nun sterben müste; wünschete ihr langes Leben und
allen glüklichen Fortgang in ihrer Nahrung/ und hielt an/ sie möchte alles vergessen/ und
guten Abscheid von ihm nehmen/ auch gedenken/ daß sie gleichwol Eheleute mit einander
währen. Das Weib nahete sich zu ihm/ und begunte sich mitleidig zu stellen/ da er sie erinner-
te/ etwas weiter mit ihm von der Geselschafft zu treten/ weil er ihr vertrauen und offenbah-
ren wolte/ was vor ansehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausstehen hät-
te/ davon er ihr bißher nichts sagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen/ und ging mit
ihm in den Winkel hinter die Tühr stehen/ da er sie fein an die Wand drängete/ daß sie ihm
nicht entweichen kunte/ und weil ihm die Hände auff dem Rücken gebunden wahren/ drüc-
kete er sie mit seinen Knien und dem Leibe fest an die Wand/ fiel sie mit den Zähnen an/ und
bisse ihr/ Nasen/ Ohren und beyde Lippen abe/ zureiß ihr auch die Wangen dergestalt/ daß
sie keinem Menschen ähnlich sahe. Das Weib sträubete sich zwar mit den Händen und
schriehe jämmerlich/ aber er zauete sich so eilig mit seiner Rache/ daß ehe jemand zu ihrer
Errettung nahete/ er sie schon also zugerichtet hatte/ daß ihn selbst dauchte/ es könte gnug
seyn; ließ auch von ihr ab/ und sagte: Nun meine Herren/ ich wil nun gerne sterben/ nach-
dem ich den Schimpff etlicher massen ersetzet und gerochen habe/ den ich von ihr einnehmen
müssen/ hoffe auch/ dieses schandlose Weib sey nunmehr unter ihrem Gesicht dergestalt zu-
gerichtet/ dz ihre ehebrecherische Buhler/ deren sie nicht wenig hat/ forthin so häuffig nach
ihr nicht mehr lauffen sollen. Das Weib lag in tieffster Ohmacht/ biß ihre Magd sie er-
quickete/ fand sie aber dermassen zerbissen/ daß jederman abscheuh daran hatte. Herkules
gab Befehl/ sie nach dem Arzt zubringen/ und straffete den Wirt mit harten Worten we-
gen des begangenen Frevels; weil aber geschehene Dinge nicht zu endern stunden/ musten
sie damit zu frieden seyn; dann sie ingesamt bekenneten/ es hätte das Weib mit jhrem fre-
chen Maul ihr dieses Unglük selbst muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libussa hätte
mit Herkules gerne alle in geredet/ und ihm der Fräulein lezten Willen angezeiget/ weil es
aber sehr späte wahr/ und jeder die Ruhe begehrete/ muste sie es biß auff näheste bessere Ge-
legenheit auffschieben.

Die meiste Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu/ und rieff Gottes Barm-
herzigkeit an/ jhm die Gnade zu verleihen/ daß er das Fräulein aus der Räuber Händen er-
lösen möchte/ insonderheit/ daß Gott jhre Ehr und Zucht in seinen Schuz nehmen/ und sie
vor allem unfal bewahren wolte; befahl sich endlich selbst seinem Erlöser/ und schlieff ruhig

ein.
L l ij

Anderes Buch.
dem Hauſe/ ſchlagen ihnen die Tuͤhr vor der Naſen zu/ und laſſen ſie lange gnug um ſchoͤn
Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit dieſem Aur Ochſen nicht bringen koͤnnen. Her-
kules ſagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder blaͤſet/ je weiter er glim-
met. Freylich mein Herr/ ſagte das Weib/ und haͤtte ich meinem Kerl nicht bald anfangs
ſo viel Wind gegeben/ ſolte er ſo ſtark nicht geglimmet haben; aber geſchehene Dinge ſind
zu beklagen/ nicht zu verbeſſern. Niemand wolte ihr antworten/ weil ihr Blaſebalg da-
durch nur gefuͤllet ward. Dem Wirte aber taht ſeine Gefaͤngniß nicht ſo weh/ als die ver-
aͤchtliche Reden ſeines frechen Weibes/ gedachte aber fleiſſig nach/ ob er nicht vor ſeinem
Abſcheide ſich an ihr raͤchen koͤnte; ſprach ſie an umb einen Trunk Wein/ ſein mattes Herz
zu laben/ ſtellete ſich auch/ als waͤhre ihm herzlich leid/ was er ihr bißher zu leide getahn/ uñ
baht ſehr umb Verzeihung/ weil er doch nun ſterben muͤſte; wuͤnſchete ihr langes Leben uñ
allen gluͤklichen Fortgang in ihrer Nahrung/ und hielt an/ ſie moͤchte alles vergeſſen/ und
guten Abſcheid von ihm nehmen/ auch gedenken/ daß ſie gleichwol Eheleute mit einander
waͤhren. Das Weib nahete ſich zu ihm/ und begunte ſich mitleidig zu ſtellen/ da er ſie eriñer-
te/ etwas weiter mit ihm von der Geſelſchafft zu treten/ weil er ihr vertrauen und offenbah-
ren wolte/ was vor anſehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausſtehen haͤt-
te/ davon er ihr bißher nichts ſagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen/ und ging mit
ihm in den Winkel hinter die Tuͤhr ſtehen/ da er ſie fein an die Wand draͤngete/ daß ſie ihm
nicht entweichen kunte/ und weil ihm die Haͤnde auff dem Ruͤcken gebunden wahren/ druͤc-
kete er ſie mit ſeinen Knien und dem Leibe feſt an die Wand/ fiel ſie mit den Zaͤhnen an/ uñ
biſſe ihr/ Naſen/ Ohren und beyde Lippen abe/ zureiß ihr auch die Wangen dergeſtalt/ daß
ſie keinem Menſchen aͤhnlich ſahe. Das Weib ſtraͤubete ſich zwar mit den Haͤnden und
ſchriehe jaͤmmerlich/ aber er zauete ſich ſo eilig mit ſeiner Rache/ daß ehe jemand zu ihrer
Errettung nahete/ er ſie ſchon alſo zugerichtet hatte/ daß ihn ſelbſt dauchte/ es koͤnte gnug
ſeyn; ließ auch von ihr ab/ und ſagte: Nun meine Herren/ ich wil nun gerne ſterben/ nach-
dem ich den Schimpff etlicher maſſen erſetzet und gerochen habe/ den ich von ihr einnehmẽ
muͤſſen/ hoffe auch/ dieſes ſchandloſe Weib ſey nunmehr unter ihrem Geſicht dergeſtalt zu-
gerichtet/ dz ihre ehebrecheriſche Buhler/ deren ſie nicht wenig hat/ forthin ſo haͤuffig nach
ihr nicht mehr lauffen ſollen. Das Weib lag in tieffſter Ohmacht/ biß ihre Magd ſie er-
quickete/ fand ſie aber dermaſſen zerbiſſen/ daß jederman abſcheuh daran hatte. Herkules
gab Befehl/ ſie nach dem Arzt zubringen/ und ſtraffete den Wirt mit harten Worten we-
gen des begangenen Frevels; weil aber geſchehene Dinge nicht zu endern ſtunden/ muſtẽ
ſie damit zu frieden ſeyn; dann ſie ingeſamt bekenneten/ es haͤtte das Weib mit jhrem fre-
chen Maul ihr dieſes Ungluͤk ſelbſt muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libuſſa haͤtte
mit Herkules gerne alle in geredet/ und ihm der Fraͤulein lezten Willen angezeiget/ weil es
aber ſehr ſpaͤte wahr/ und jeder die Ruhe begehrete/ muſte ſie es biß auff naͤheſte beſſere Ge-
legenheit auffſchieben.

Die meiſte Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu/ und rieff Gottes Barm-
herzigkeit an/ jhm die Gnade zu verleihen/ daß er das Fraͤulein aus der Raͤuber Haͤnden er-
loͤſen moͤchte/ inſonderheit/ daß Gott jhre Ehr und Zucht in ſeinen Schuz nehmen/ und ſie
vor allem unfal bewahren wolte; befahl ſich endlich ſelbſt ſeinem Erloͤſer/ und ſchlieff ruhig

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[267/0305] Anderes Buch. dem Hauſe/ ſchlagen ihnen die Tuͤhr vor der Naſen zu/ und laſſen ſie lange gnug um ſchoͤn Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit dieſem Aur Ochſen nicht bringen koͤnnen. Her- kules ſagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder blaͤſet/ je weiter er glim- met. Freylich mein Herr/ ſagte das Weib/ und haͤtte ich meinem Kerl nicht bald anfangs ſo viel Wind gegeben/ ſolte er ſo ſtark nicht geglimmet haben; aber geſchehene Dinge ſind zu beklagen/ nicht zu verbeſſern. Niemand wolte ihr antworten/ weil ihr Blaſebalg da- durch nur gefuͤllet ward. Dem Wirte aber taht ſeine Gefaͤngniß nicht ſo weh/ als die ver- aͤchtliche Reden ſeines frechen Weibes/ gedachte aber fleiſſig nach/ ob er nicht vor ſeinem Abſcheide ſich an ihr raͤchen koͤnte; ſprach ſie an umb einen Trunk Wein/ ſein mattes Herz zu laben/ ſtellete ſich auch/ als waͤhre ihm herzlich leid/ was er ihr bißher zu leide getahn/ uñ baht ſehr umb Verzeihung/ weil er doch nun ſterben muͤſte; wuͤnſchete ihr langes Leben uñ allen gluͤklichen Fortgang in ihrer Nahrung/ und hielt an/ ſie moͤchte alles vergeſſen/ und guten Abſcheid von ihm nehmen/ auch gedenken/ daß ſie gleichwol Eheleute mit einander waͤhren. Das Weib nahete ſich zu ihm/ und begunte ſich mitleidig zu ſtellen/ da er ſie eriñer- te/ etwas weiter mit ihm von der Geſelſchafft zu treten/ weil er ihr vertrauen und offenbah- ren wolte/ was vor anſehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausſtehen haͤt- te/ davon er ihr bißher nichts ſagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen/ und ging mit ihm in den Winkel hinter die Tuͤhr ſtehen/ da er ſie fein an die Wand draͤngete/ daß ſie ihm nicht entweichen kunte/ und weil ihm die Haͤnde auff dem Ruͤcken gebunden wahren/ druͤc- kete er ſie mit ſeinen Knien und dem Leibe feſt an die Wand/ fiel ſie mit den Zaͤhnen an/ uñ biſſe ihr/ Naſen/ Ohren und beyde Lippen abe/ zureiß ihr auch die Wangen dergeſtalt/ daß ſie keinem Menſchen aͤhnlich ſahe. Das Weib ſtraͤubete ſich zwar mit den Haͤnden und ſchriehe jaͤmmerlich/ aber er zauete ſich ſo eilig mit ſeiner Rache/ daß ehe jemand zu ihrer Errettung nahete/ er ſie ſchon alſo zugerichtet hatte/ daß ihn ſelbſt dauchte/ es koͤnte gnug ſeyn; ließ auch von ihr ab/ und ſagte: Nun meine Herren/ ich wil nun gerne ſterben/ nach- dem ich den Schimpff etlicher maſſen erſetzet und gerochen habe/ den ich von ihr einnehmẽ muͤſſen/ hoffe auch/ dieſes ſchandloſe Weib ſey nunmehr unter ihrem Geſicht dergeſtalt zu- gerichtet/ dz ihre ehebrecheriſche Buhler/ deren ſie nicht wenig hat/ forthin ſo haͤuffig nach ihr nicht mehr lauffen ſollen. Das Weib lag in tieffſter Ohmacht/ biß ihre Magd ſie er- quickete/ fand ſie aber dermaſſen zerbiſſen/ daß jederman abſcheuh daran hatte. Herkules gab Befehl/ ſie nach dem Arzt zubringen/ und ſtraffete den Wirt mit harten Worten we- gen des begangenen Frevels; weil aber geſchehene Dinge nicht zu endern ſtunden/ muſtẽ ſie damit zu frieden ſeyn; dann ſie ingeſamt bekenneten/ es haͤtte das Weib mit jhrem fre- chen Maul ihr dieſes Ungluͤk ſelbſt muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libuſſa haͤtte mit Herkules gerne alle in geredet/ und ihm der Fraͤulein lezten Willen angezeiget/ weil es aber ſehr ſpaͤte wahr/ und jeder die Ruhe begehrete/ muſte ſie es biß auff naͤheſte beſſere Ge- legenheit auffſchieben. Die meiſte Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu/ und rieff Gottes Barm- herzigkeit an/ jhm die Gnade zu verleihen/ daß er das Fraͤulein aus der Raͤuber Haͤnden er- loͤſen moͤchte/ inſonderheit/ daß Gott jhre Ehr und Zucht in ſeinen Schuz nehmen/ und ſie vor allem unfal bewahren wolte; befahl ſich endlich ſelbſt ſeinem Erloͤſer/ und ſchlieff ruhig ein. L l ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/305>, abgerufen am 22.12.2024.