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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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seine Reise gar leicht enden; ehe aber der Sonnen Rad sich mit allen seinen Speichen ü-
ber der Erde sehen lässet/ kömt ein Sturmwind/ und treibet die Wolken zusammen/ aus
welchen ein grosser Plazregen fället/ daß der Wandersman gezwungen wird/ unter eine
Schaurhütte zutreten/ und des folgenden Tages zuerwarten; ist er aber so närrisch/ und
läufft unbesonnen im Regenfort; dann wird er nicht allein durch und durch naß/ sondern
er geräht an eine Bach/ worüber ein schmaler Steg lieget/ eilet hinüber/ und weil er schlip-
ferig worden ist/ glitschet er hinab/ fält in daß auffgelauffene wasser/ und ersäufft gar drin-
nen. Was hat dieser Unbesonnener nun vor nutzen/ meine Fr. Schwester/ als ein muht-
williges verderben? Ja was hat er vor Ehre davon/ als Spot und Hohn vor aller Welt?
Sehet/ das Ungewitter hat uns leider auch getroffen/ wie ihr davor haltet/ da doch des
Tages Anfang in eurer Heyraht sich nach allem Wunsche sehen lies. O erzeiget euch doch
dem närrischen Wandersmanne nicht gleich/ damit ihr nicht umb Lob und Leben auff ein-
mahl kommet. Ist diese das Fräulein/ würde jederman sprechen/ welche wir auff dem
Marsplatze zu Rom/ als einen Spiegel und Außbund der Weiblichen Klugheit sehen müs-
sen/ und kunte das Ungewitter (ja vielleicht nur ein bloßvermeinetes) nicht über sich hin-
wehen lassen/ sondern stürzete sich muhtwillig selbst in den Sumpff des verderbens? wir
haben ihren Wiz höher geachtet/ als er wert ist. Diesem Ubel vorzubauen/ meine Fr.
Schwester/ lasset uns doch hinte etwas Schirm nehmen; vielleicht wird Morgen Sturm
und Hagel gelinder/ oder verschwindet wol gar. Ein frisches Herz in guten Tagen/ kan
auch der feigeste erzeigen; ja ich getraue mir/ ein Schiff wol zu steuren/ wann der Wind
mich führet/ wohin ich gedenke; und wer könte solches nicht? Wann man aber zwischen
Schwertern und Spiessen stecket/ da hinten und fornen die Pfeile umb uns her fliegen/ dann
zeiget sich der Furchtsame schon selber/ und stürzet zur Erden ehe er getroffen wird; und
ich im Sturme müste als eine unerfahrne gewislich mit samt dem Schiffe verderben. Ey
so ergreiffet ein Herz meine Fr. Schwester/ und lasset blicken/ daß euer Muht nicht nur
auff der Zungen/ sondern viel tieffer und fester sitze/ als daß ein falsches Geschrey ihn stür-
zen und fellen könne; und trauet mir/ daß keine Last so schwer sey/ welche durch Vernunfft
nicht solte können gehoben und fortgebracht werden. Fr. Sophia antwortete ihr; Herz-
liebste Schwesterchen; ihr seid bey meiner träue auß der Zunfft dieser Kriegs Obersten/
welche ihren Soldaten zwar einen Muht einsprechen/ und des feindes Macht mit Wor-
ten zuverkleinern wol abgerichtet sind/ aber in die Schlacht kommen sie nicht/ sondern ste-
hen nur von ferne/ und fechten in Gedanken/ da wo ihnen weder Pfeil noch Schwert scha-
den kan; meinet ihr aber/ daß Reden und Tuhn ein Ding sey? O wie wolte ich einem so
geherzt zusprechen/ wann ich selbst ausser der Gefahr währe! O wie wolte ich einemder
ans Kreuz gehefftet ist/ die Geduld einpredigen/ wann die Schmerzen mich nicht rühre-
ten! Ist dann der Mensch ein unverständiges Tihr/ welches ihm nichts zu Gemüht zeu-
het? oder ist ein schwaches Weibsbild ein unempfindliches Holz/ wann ihr daß genommen
wird/ welches sie ungleich höher liebet als sich selbst? Ich weiß zwar wol/ daß meiner Tap-
ferkeit wegen ich nicht auff den Marsplaz gesetzet bin/ sondern auß blosser Gnade; aber
versuchet zuvor/ was es sey/ ein mehres als sich selbst verlieren/ ehe ihr mich richtet und ver-
dammet; doch die Götter behüten euch davor. Frl. Sibylla wolte ihr nicht zu hart wie-

der-
O o iij

Anderes Buch.
ſeine Reiſe gar leicht enden; ehe aber der Sonnen Rad ſich mit allen ſeinen Speichen uͤ-
ber der Erde ſehen laͤſſet/ koͤmt ein Sturmwind/ und treibet die Wolken zuſammen/ aus
welchen ein groſſer Plazregen faͤllet/ daß der Wandersman gezwungen wird/ unter eine
Schaurhuͤtte zutreten/ und des folgenden Tages zuerwarten; iſt er aber ſo naͤrriſch/ und
laͤufft unbeſonnen im Regenfort; dann wird er nicht allein durch und durch naß/ ſondern
er geraͤht an eine Bach/ woruͤber ein ſchmaler Steg lieget/ eilet hinuͤber/ und weil er ſchlip-
ferig worden iſt/ glitſchet er hinab/ faͤlt in daß auffgelauffene waſſer/ und erſaͤufft gar drin-
nen. Was hat dieſer Unbeſoñener nun vor nutzen/ meine Fr. Schweſter/ als ein muht-
williges verderben? Ja was hat er vor Ehre davon/ als Spot und Hohn vor aller Welt?
Sehet/ das Ungewitter hat uns leider auch getroffen/ wie ihr davor haltet/ da doch des
Tages Anfang in eurer Heyraht ſich nach allem Wunſche ſehen lies. O erzeiget euch doch
dem naͤrriſchen Wandersmanne nicht gleich/ damit ihr nicht umb Lob und Leben auff ein-
mahl kommet. Iſt dieſe das Fraͤulein/ wuͤrde jederman ſprechen/ welche wir auff dem
Marsplatze zu Rom/ als einen Spiegel und Außbund der Weiblichen Klugheit ſehen muͤſ-
ſen/ und kunte das Ungewitter (ja vielleicht nur ein bloßvermeinetes) nicht uͤber ſich hin-
wehen laſſen/ ſondern ſtuͤrzete ſich muhtwillig ſelbſt in den Sumpff des verderbens? wir
haben ihren Wiz hoͤher geachtet/ als er wert iſt. Dieſem Ubel vorzubauen/ meine Fr.
Schweſter/ laſſet uns doch hinte etwas Schirm nehmen; vielleicht wird Morgen Sturm
und Hagel gelinder/ oder verſchwindet wol gar. Ein friſches Herz in guten Tagen/ kan
auch der feigeſte erzeigen; ja ich getraue mir/ ein Schiff wol zu ſteuren/ wann der Wind
mich fuͤhret/ wohin ich gedenke; und wer koͤnte ſolches nicht? Wann man aber zwiſchen
Schwertern uñ Spieſſen ſtecket/ da hinten und fornen die Pfeile umb uns her fliegen/ dañ
zeiget ſich der Furchtſame ſchon ſelber/ und ſtuͤrzet zur Erden ehe er getroffen wird; und
ich im Sturme muͤſte als eine unerfahrne gewiſlich mit ſamt dem Schiffe verderben. Ey
ſo ergreiffet ein Herz meine Fr. Schweſter/ und laſſet blicken/ daß euer Muht nicht nur
auff der Zungen/ ſondern viel tieffer und feſter ſitze/ als daß ein falſches Geſchrey ihn ſtuͤr-
zen und fellen koͤnne; und trauet mir/ daß keine Laſt ſo ſchwer ſey/ welche durch Vernunfft
nicht ſolte koͤnnen gehoben und fortgebracht werden. Fr. Sophia antwortete ihr; Herz-
liebſte Schweſterchen; ihr ſeid bey meiner traͤue auß der Zunfft dieſer Kriegs Oberſten/
welche ihren Soldaten zwar einen Muht einſprechen/ und des feindes Macht mit Wor-
ten zuverkleinern wol abgerichtet ſind/ aber in die Schlacht kommen ſie nicht/ ſondern ſte-
hen nur von ferne/ und fechten in Gedanken/ da wo ihnen weder Pfeil noch Schwert ſcha-
den kan; meinet ihr aber/ daß Reden und Tuhn ein Ding ſey? O wie wolte ich einem ſo
geherzt zuſprechen/ wann ich ſelbſt auſſer der Gefahr waͤhre! O wie wolte ich einemder
ans Kreuz gehefftet iſt/ die Geduld einpredigen/ wann die Schmerzen mich nicht ruͤhre-
ten! Iſt dann der Menſch ein unverſtaͤndiges Tihr/ welches ihm nichts zu Gemuͤht zeu-
het? oder iſt ein ſchwaches Weibsbild ein unempfindliches Holz/ wann ihr daß genom̃en
wird/ welches ſie ungleich hoͤher liebet als ſich ſelbſt? Ich weiß zwar wol/ daß meiner Tap-
ferkeit wegen ich nicht auff den Marsplaz geſetzet bin/ ſondern auß bloſſer Gnade; aber
verſuchet zuvor/ was es ſey/ ein mehres als ſich ſelbſt verlieren/ ehe ihr mich richtet uñ ver-
dammet; doch die Goͤtter behuͤten euch davor. Frl. Sibylla wolte ihr nicht zu hart wie-

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[293/0331] Anderes Buch. ſeine Reiſe gar leicht enden; ehe aber der Sonnen Rad ſich mit allen ſeinen Speichen uͤ- ber der Erde ſehen laͤſſet/ koͤmt ein Sturmwind/ und treibet die Wolken zuſammen/ aus welchen ein groſſer Plazregen faͤllet/ daß der Wandersman gezwungen wird/ unter eine Schaurhuͤtte zutreten/ und des folgenden Tages zuerwarten; iſt er aber ſo naͤrriſch/ und laͤufft unbeſonnen im Regenfort; dann wird er nicht allein durch und durch naß/ ſondern er geraͤht an eine Bach/ woruͤber ein ſchmaler Steg lieget/ eilet hinuͤber/ und weil er ſchlip- ferig worden iſt/ glitſchet er hinab/ faͤlt in daß auffgelauffene waſſer/ und erſaͤufft gar drin- nen. Was hat dieſer Unbeſoñener nun vor nutzen/ meine Fr. Schweſter/ als ein muht- williges verderben? Ja was hat er vor Ehre davon/ als Spot und Hohn vor aller Welt? Sehet/ das Ungewitter hat uns leider auch getroffen/ wie ihr davor haltet/ da doch des Tages Anfang in eurer Heyraht ſich nach allem Wunſche ſehen lies. O erzeiget euch doch dem naͤrriſchen Wandersmanne nicht gleich/ damit ihr nicht umb Lob und Leben auff ein- mahl kommet. Iſt dieſe das Fraͤulein/ wuͤrde jederman ſprechen/ welche wir auff dem Marsplatze zu Rom/ als einen Spiegel und Außbund der Weiblichen Klugheit ſehen muͤſ- ſen/ und kunte das Ungewitter (ja vielleicht nur ein bloßvermeinetes) nicht uͤber ſich hin- wehen laſſen/ ſondern ſtuͤrzete ſich muhtwillig ſelbſt in den Sumpff des verderbens? wir haben ihren Wiz hoͤher geachtet/ als er wert iſt. Dieſem Ubel vorzubauen/ meine Fr. Schweſter/ laſſet uns doch hinte etwas Schirm nehmen; vielleicht wird Morgen Sturm und Hagel gelinder/ oder verſchwindet wol gar. Ein friſches Herz in guten Tagen/ kan auch der feigeſte erzeigen; ja ich getraue mir/ ein Schiff wol zu ſteuren/ wann der Wind mich fuͤhret/ wohin ich gedenke; und wer koͤnte ſolches nicht? Wann man aber zwiſchen Schwertern uñ Spieſſen ſtecket/ da hinten und fornen die Pfeile umb uns her fliegen/ dañ zeiget ſich der Furchtſame ſchon ſelber/ und ſtuͤrzet zur Erden ehe er getroffen wird; und ich im Sturme muͤſte als eine unerfahrne gewiſlich mit ſamt dem Schiffe verderben. Ey ſo ergreiffet ein Herz meine Fr. Schweſter/ und laſſet blicken/ daß euer Muht nicht nur auff der Zungen/ ſondern viel tieffer und feſter ſitze/ als daß ein falſches Geſchrey ihn ſtuͤr- zen und fellen koͤnne; und trauet mir/ daß keine Laſt ſo ſchwer ſey/ welche durch Vernunfft nicht ſolte koͤnnen gehoben und fortgebracht werden. Fr. Sophia antwortete ihr; Herz- liebſte Schweſterchen; ihr ſeid bey meiner traͤue auß der Zunfft dieſer Kriegs Oberſten/ welche ihren Soldaten zwar einen Muht einſprechen/ und des feindes Macht mit Wor- ten zuverkleinern wol abgerichtet ſind/ aber in die Schlacht kommen ſie nicht/ ſondern ſte- hen nur von ferne/ und fechten in Gedanken/ da wo ihnen weder Pfeil noch Schwert ſcha- den kan; meinet ihr aber/ daß Reden und Tuhn ein Ding ſey? O wie wolte ich einem ſo geherzt zuſprechen/ wann ich ſelbſt auſſer der Gefahr waͤhre! O wie wolte ich einemder ans Kreuz gehefftet iſt/ die Geduld einpredigen/ wann die Schmerzen mich nicht ruͤhre- ten! Iſt dann der Menſch ein unverſtaͤndiges Tihr/ welches ihm nichts zu Gemuͤht zeu- het? oder iſt ein ſchwaches Weibsbild ein unempfindliches Holz/ wann ihr daß genom̃en wird/ welches ſie ungleich hoͤher liebet als ſich ſelbſt? Ich weiß zwar wol/ daß meiner Tap- ferkeit wegen ich nicht auff den Marsplaz geſetzet bin/ ſondern auß bloſſer Gnade; aber verſuchet zuvor/ was es ſey/ ein mehres als ſich ſelbſt verlieren/ ehe ihr mich richtet uñ ver- dammet; doch die Goͤtter behuͤten euch davor. Frl. Sibylla wolte ihr nicht zu hart wie- der- O o iij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/331>, abgerufen am 22.12.2024.