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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
dlsla lachete der Rede/ und meinete/ dieser Mensch währe aberwitzig/ redete ihm deßwegen
gütlich zu/ und sagte; Ja mein guter Pförtner/ dein Herr Fabius lebet noch/ wie du ja
hörest/ mache uns nur auff. Helfft ihr Götter/ rieff dieser vor freuden/ da höre ich ja Her-
ren Ladislaen Stimme auch noch; machete geschwinde auff/ und sagete: O ihre Gnn. sein
wilkommen; wie hoch und schmerzlich wird deren Tod von dem Frauenzimmer beweinet.
Ladisla fragete/ was die Ursach währe. Die ganze Stad ist des geschreies vol/ antwortete
er/ als ob sie alle Tod/ und Herr Herkules gefangen sey; daß wol keine Gasse oder Hauß in
der Stad ist/ darinnen euer Tod nicht solte beweinet seyn; aber eure Gn. halten mich län-
ger nicht auff/ daß ich die gute Zeitung anmelde/ wovor ich ein reiches Botenbrod gewär-
tig bin. Daß soltu ohn daß wol haben/ sagte Ladisla/ aber weil es also beschaffen ist/ wollen
wir uns selbst melden; stieg auch mit Fabius/ Leches/ und Libussen im Vorhoffe ab/ und
gingen in allerstille durch den Hoff die Stiege hinauff nach dem Esse Saal/ woselbst der
Stathalter mit den seinen gar allein wahr/ und untereinander allerhand Gespräch führe-
ten; da Fr. Sophia des Kato Tochter Fr. Porzia/ Herren Brutus Gemahl hoch rüh-
mete/ daß nach ihres Ehe Herren Tode sie nicht länger im Leben bleiben wollen/ und ob man
ihr gleich alle Mittel des Todes aus dem Wege geräumet/ hätte sie auff eine zuvor uner-
hörete Weise durch verschluckung glüender Kohlen/ ihre Seele aus dem Leibe getrieben/
und sie ihrem allerliebsten Brutus nachgeschicket. Worauff ihre Fr. Mutter antwortete;
Ob gleich solche und dergleichen Gewalttähtigkeit an sich selbst begangen/ von etlichen
Weltgelehrten gebilliget und gerühmet würde/ so hätten doch andere aus der Vernunft
sehr wol geurteilet/ daß solches Unrecht währe/ und der wahren Tugend allerdinge zuwie-
der lieffe/ daher auch solche Gesetze gefunden würden/ Krafft deren alle so sich selbst er-
morden/ vor unehrlich erkläret werden/ und daß man ihren todten Leichnam mit einem
Schandmahle zeichnen solle. Hat dann die keusche Lukrezie des Kollatinus Gemahl auch
unrecht gehandelt/ sagte Fr. Sophia/ als sie von Sextus Tarquinius dem frechen Buben
genoht züchtiget/ ihr keusches Gemüht durch einen freywilligen Tod zuerkennen gab?
Daß wahr eine andere Sache/ antwortete ihre Mutter/ welche nach deinem Vernunfft-
Glauben etwas scheinlicher kan behäuptet werden/ wie wol ichs leicht dartuhn wolte/ daß
ihre Taht mehr aus verzweiffeltem Unmuht/ als rechtschaffener Tugend geleistet ist/ dann
ein Mensch hat von Gott nicht Gewalt bekommen über sein eigen Leben/ sondern er muß
solches so lange behalten/ biß Gott dasselbe von ihm sodert. Der Stathalter gab seinem
Gemahl recht/ und daß er in dieser Frage mehr dem Aristoteles als den Stoischen Lehrern
beypflichtete/ wolte auch nicht/ daß man davon weiters reden solte/ daher Frl. Sibylla
(welche zum hefftigsten bemühet wahr/ ihre Wase zu begütigen) das tieffe ihres verstan-
des hervorsuchete/ mehr als vor nie/ und fing an zu reden/ von des Glückes unbeständigem
Wechsel/ und wie man dessen Wütereien begegnen müste/ da ste zu Fr. Sophien also an-
hub: Herzgeliebte Fr. Schwester/ ich halte vor ganz gewiß/ euch nicht unbewust zu seyn/
was vor Beschaffenheit es umb uns Menschen in dieser Welt habe/ da das umbwalzige
Glük nicht anders/ als das Gewitter sich erzeiget. Früh Morgens blicket das allerschönste
Himmel-roht nach höchster Lust hervor/ und darff der Sonnen selbst troz bieten; dessen
der Wandersman wahrnehmend/ ihm die Rechnung machet/ er wolle noch diesen Tag

seine

Anderes Buch.
dlſla lachete der Rede/ und meinete/ dieſer Menſch waͤhre aberwitzig/ redete ihm deßwegen
guͤtlich zu/ und ſagte; Ja mein guter Pfoͤrtner/ dein Herr Fabius lebet noch/ wie du ja
hoͤreſt/ mache uns nur auff. Helfft ihr Goͤtter/ rieff dieſeꝛ vor freuden/ da hoͤre ich ja Her-
ren Ladiſlaen Stimme auch noch; machete geſchwinde auff/ und ſagete: O ihre Gnn. ſein
wilkommen; wie hoch und ſchmerzlich wird deren Tod von dem Frauenzimmer beweinet.
Ladiſla fragete/ was die Urſach waͤhre. Die ganze Stad iſt des geſchreies vol/ antwortete
er/ als ob ſie alle Tod/ und Herr Herkules gefangen ſey; daß wol keine Gaſſe oder Hauß in
der Stad iſt/ darinnen euer Tod nicht ſolte beweinet ſeyn; aber eure Gn. halten mich laͤn-
ger nicht auff/ daß ich die gute Zeitung anmelde/ wovor ich ein reiches Botenbrod gewaͤr-
tig bin. Daß ſoltu ohn daß wol haben/ ſagte Ladiſla/ aber weil es alſo beſchaffen iſt/ wollen
wir uns ſelbſt melden; ſtieg auch mit Fabius/ Leches/ und Libuſſen im Vorhoffe ab/ und
gingen in allerſtille durch den Hoff die Stiege hinauff nach dem Eſſe Saal/ woſelbſt der
Stathalter mit den ſeinen gar allein wahr/ und untereinander allerhand Geſpraͤch fuͤhre-
ten; da Fr. Sophia des Kato Tochter Fr. Porzia/ Herren Brutus Gemahl hoch ruͤh-
mete/ daß nach ihres Ehe Herren Tode ſie nicht laͤnger im Leben bleiben wollen/ uñ ob man
ihr gleich alle Mittel des Todes aus dem Wege geraͤumet/ haͤtte ſie auff eine zuvor uner-
hoͤrete Weiſe durch verſchluckung gluͤender Kohlen/ ihre Seele aus dem Leibe getrieben/
und ſie ihrem allerliebſten Brutus nachgeſchicket. Worauff ihre Fr. Mutter antwortete;
Ob gleich ſolche und dergleichen Gewalttaͤhtigkeit an ſich ſelbſt begangen/ von etlichen
Weltgelehrten gebilliget und geruͤhmet wuͤrde/ ſo haͤtten doch andere aus der Vernunft
ſehr wol geurteilet/ daß ſolches Unrecht waͤhre/ und der wahren Tugend allerdinge zuwie-
der lieffe/ daher auch ſolche Geſetze gefunden wuͤrden/ Krafft deren alle ſo ſich ſelbſt er-
morden/ vor unehrlich erklaͤret werden/ und daß man ihren todten Leichnam mit einem
Schandmahle zeichnen ſolle. Hat dann die keuſche Lukrezie des Kollatinus Gemahl auch
unrecht gehandelt/ ſagte Fr. Sophia/ als ſie von Sextus Tarquinius dem frechen Buben
genoht zuͤchtiget/ ihr keuſches Gemuͤht durch einen freywilligen Tod zuerkennen gab?
Daß wahr eine andere Sache/ antwortete ihre Mutter/ welche nach deinem Vernunfft-
Glauben etwas ſcheinlicher kan behaͤuptet werden/ wie wol ichs leicht dartuhn wolte/ daß
ihre Taht mehr aus verzweiffeltem Unmuht/ als rechtſchaffener Tugend geleiſtet iſt/ dañ
ein Menſch hat von Gott nicht Gewalt bekommen uͤber ſein eigen Leben/ ſondern er muß
ſolches ſo lange behalten/ biß Gott daſſelbe von ihm ſodert. Der Stathalter gab ſeinem
Gemahl recht/ und daß er in dieſer Frage mehr dem Ariſtoteles als den Stoiſchen Lehreꝛn
beypflichtete/ wolte auch nicht/ daß man davon weiters reden ſolte/ daher Frl. Sibylla
(welche zum hefftigſten bemuͤhet wahr/ ihre Waſe zu beguͤtigen) das tieffe ihres verſtan-
des hervorſuchete/ mehr als vor nie/ und fing an zu reden/ von des Gluͤckes unbeſtaͤndigem
Wechſel/ und wie man deſſen Wuͤtereien begegnen muͤſte/ da ſte zu Fr. Sophien alſo an-
hub: Herzgeliebte Fr. Schweſter/ ich halte vor ganz gewiß/ euch nicht unbewuſt zu ſeyn/
was vor Beſchaffenheit es umb uns Menſchen in dieſer Welt habe/ da das umbwalzige
Gluͤk nicht anders/ als das Gewitter ſich erzeiget. Fruͤh Morgens blicket das allerſchoͤnſte
Himmel-roht nach hoͤchſter Luſt hervor/ und darff der Sonnen ſelbſt troz bieten; deſſen
der Wandersman wahrnehmend/ ihm die Rechnung machet/ er wolle noch dieſen Tag

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/330>, abgerufen am 02.06.2024.