Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
re/ daß er durch andere/ seine verlohrne Frl. Wase suchen liesse/ und er inzwischen bey ihnen
verbliebe/ biß er gewisse Zeitung hätte/ an was Orten sie anzutreffen; Sie wolte ihren H.
Vater leicht dahin vermögen/ dz er die versuchtesten des Landes ausschickete/ und ihr durch
alle Landschafften nachspüren liesse/ so weit man meynete/ die Räuber mit ihr möchten gan-
gen seyn; Dieses hielte sie vor nüzlich und sicher/ könte auch durch seine angenehme liebe
Gegenwart ihre Eltern desto länger erfreuen; so fürchtete sie über das/ die verteufelten Ju-
den würden ihn zuverfolgen noch nicht ablassen/ und was sie sonsten einzustreuen wuste.
Herkules hatte dieser Fräulein hohe Zuneigung diese Zeit über aus vielen Geberden und
Worten gnug gespüret/ welches ihm dann/ angesehen ihre Zucht und Scham nicht unan-
genehm wahr; Demnach aber sein Herz dahin nicht mochte gelenket werden/ ihr diese wil-
fahrung zubezeigen/ gedachte er/ es würde das beste seyn/ daß er sich mit solchen Reden eins
vor alles heraus liesse/ woraus sie einen Argwohn seiner Liebe fassen/ und von den Gedan-
ken einiger Heyraht (wo sie dieselben hätte) befreyet werden könte; antwortete ihr deswe-
gen sehr freundlich: Es währe ihm eine lautere Unmögligkeit/ sich der Reise zubegeben/
oder einem andern/ wer der auch seyn möchte/ die Nachsuchung anzuvertrauen/ massen sie
in fremder gestalt und Manneskleidern gefangen währe/ und bißher vor einen Jüngling
gehalten würde/ hätte auch ein sehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen/ durch dessen Vor-
schub er und kein ander sie erfragen könte. Uberdas währe er von kindlicher Kundschafft
her diesem Fräulein/ und sie ihm dergestalt verpflichtet/ daß geborne Brüder und Schwe-
ster sich nimmermehr höher und herzlicher lieben möchten; könte demnach nicht ruhen
noch von herzen frölich seyn/ biß er sie wieder in freyem Stande sehen würde. Das gute
Fräulein hatte bißher der gleichen Reden von ihm nicht gehöret/ fassete aber bald hieraus
die unfehlbahre Meynung/ wie es stehen müste/ und das merken zuvermeiden fragete sie/
ob die verlohrne ihm dann so nahe verwand währe. Eben so gar nahe nicht/ sagte er/ nur
die volkommene Zuneigung zwinget mich am meisten/ ihre Erlösung zubefodern. Ja wol/
antwortete sie/ so tuht ihrs nicht umb Verwandschafft/ sondern umb Liebe willen. Er wol-
te dieses nicht stark leugnen/ weil es eben zu dem ende angefangen war/ damit ihr der Weg/
ein mehres zuhoffen/ verlegt würde/ und gab zur Antwort: Ja Hochgebohrnes Fräulein/
wann ich die Warheit bekennen sol/ die ich noch keinem andern geredet habe/ so treibet mich
nicht wenig die in kindlichen Jahren gesetzete Liebe/ dieser meiner Frl. Wasen mich anzu-
nehmen. Welches ihr aber nicht sonderlich lieb zuhören wahr/ ließ sichs doch im geringsten
nicht merken/ sondern baht/ er möchte sich mit schwermühtigen Gedanken nicht verunru-
hen/ damit er seines langwierigen Lagers schier entnommen würde; was vor ihr Häupt
sie zu Befoderung der Erlösung seiner liebsten Fräulein schaffen könte/ wolte sie keines we-
ges unterlassen; und stund nicht lange an/ daß Herkules zur völligen Gesundheit kam/ und
sich wieder tüchtig befand/ Waffen zu führen/ daher er bey dem Stathalter freundlich an-
hielt/ daß seiner Reise Nohtdurfft nach/ er günstig erlassen würde; Welcher ihm antwor-
tete: Es müsten die gefangene mörderische Juden zuvor/ ihrem Verbrechen nach/ verdiente
Straffe empfangen; währe demnach willens/ sie morgendes Tages zuverurteilen. Her-
kules wuste/ daß ihrer eine grosse Anzahl wahr/ welche vielleicht nicht alle in gleicher schuld
möchten begriffen seyn/ fragete deswegen/ ob nicht denen/ vor welche er bitten würde/ das

Leben

Drittes Buch.
re/ daß er durch andere/ ſeine verlohrne Frl. Waſe ſuchen lieſſe/ und er inzwiſchen bey ihnẽ
verbliebe/ biß er gewiſſe Zeitung haͤtte/ an was Orten ſie anzutreffen; Sie wolte ihren H.
Vater leicht dahin vermoͤgen/ dz er die verſuchteſten des Landes ausſchickete/ und ihr duꝛch
alle Landſchafften nachſpuͤren lieſſe/ ſo weit man meynete/ die Raͤubeꝛ mit ihr moͤchten gan-
gen ſeyn; Dieſes hielte ſie vor nuͤzlich und ſicher/ koͤnte auch durch ſeine angenehme liebe
Gegenwart ihre Eltern deſto laͤnger erfreuen; ſo fuͤrchtete ſie uͤber das/ die verteufelten Ju-
den wuͤrden ihn zuverfolgen noch nicht ablaſſen/ und was ſie ſonſten einzuſtreuen wuſte.
Herkules hatte dieſer Fraͤulein hohe Zuneigung dieſe Zeit uͤber aus vielen Geberden und
Worten gnug geſpuͤret/ welches ihm dann/ angeſehen ihre Zucht und Scham nicht unan-
genehm wahr; Demnach aber ſein Herz dahin nicht mochte gelenket werden/ ihr dieſe wil-
fahrung zubezeigen/ gedachte er/ es wuͤrde das beſte ſeyn/ daß eꝛ ſich mit ſolchen Reden eins
vor alles heraus lieſſe/ woraus ſie einen Argwohn ſeiner Liebe faſſen/ und von den Gedan-
ken einiger Heyraht (wo ſie dieſelben haͤtte) befreyet werden koͤnte; antwortete ihr deswe-
gen ſehr freundlich: Es waͤhre ihm eine lautere Unmoͤgligkeit/ ſich der Reiſe zubegeben/
oder einem andern/ wer der auch ſeyn moͤchte/ die Nachſuchung anzuvertrauen/ maſſen ſie
in fremder geſtalt und Manneskleidern gefangen waͤhre/ und bißher vor einen Juͤngling
gehalten wuͤrde/ haͤtte auch ein ſehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen/ durch deſſen Vor-
ſchub er und kein ander ſie erfragen koͤnte. Uberdas waͤhre er von kindlicher Kundſchafft
her dieſem Fraͤulein/ und ſie ihm dergeſtalt verpflichtet/ daß geborne Bruͤder und Schwe-
ſter ſich nimmermehr hoͤher und herzlicher lieben moͤchten; koͤnte demnach nicht ruhen
noch von herzen froͤlich ſeyn/ biß er ſie wieder in freyem Stande ſehen wuͤrde. Das gute
Fraͤulein hatte bißher der gleichen Reden von ihm nicht gehoͤret/ faſſete aber bald hieraus
die unfehlbahre Meynung/ wie es ſtehen muͤſte/ und das merken zuvermeiden fragete ſie/
ob die verlohrne ihm dann ſo nahe verwand waͤhre. Eben ſo gar nahe nicht/ ſagte er/ nur
die volkommene Zuneigung zwinget mich am meiſten/ ihre Erloͤſung zubefodern. Ja wol/
antwortete ſie/ ſo tuht ihrs nicht umb Verwandſchafft/ ſondern umb Liebe willen. Er wol-
te dieſes nicht ſtark leugnen/ weil es eben zu dem ende angefangen war/ damit ihr der Weg/
ein mehres zuhoffen/ verlegt wuͤrde/ und gab zur Antwort: Ja Hochgebohrnes Fraͤulein/
wann ich die Warheit bekeñen ſol/ die ich noch keinem andern geredet habe/ ſo treibet mich
nicht wenig die in kindlichen Jahren geſetzete Liebe/ dieſer meiner Frl. Waſen mich anzu-
nehmen. Welches ihr aber nicht ſonderlich lieb zuhoͤren wahr/ ließ ſichs doch im geringſten
nicht merken/ ſondern baht/ er moͤchte ſich mit ſchwermuͤhtigen Gedanken nicht verunru-
hen/ damit er ſeines langwierigen Lagers ſchier entnommen wuͤrde; was vor ihr Haͤupt
ſie zu Befoderung der Erloͤſung ſeiner liebſten Fraͤulein ſchaffen koͤnte/ wolte ſie keines we-
ges unterlaſſen; und ſtund nicht lange an/ daß Herkules zur voͤlligen Geſundheit kam/ und
ſich wieder tuͤchtig befand/ Waffen zu fuͤhren/ daher er bey dem Stathalter freundlich an-
hielt/ daß ſeiner Reiſe Nohtdurfft nach/ er guͤnſtig erlaſſen wuͤrde; Welcher ihm antwor-
tete: Es muͤſten die gefangene moͤrderiſche Juden zuvor/ ihrem Verbꝛechen nach/ verdiente
Straffe empfangen; waͤhre demnach willens/ ſie morgendes Tages zuverurteilen. Her-
kules wuſte/ daß ihrer eine groſſe Anzahl wahr/ welche vielleicht nicht alle in gleicher ſchuld
moͤchten begriffen ſeyn/ fragete deswegen/ ob nicht denen/ vor welche er bitten wuͤrde/ das

Leben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0568" n="530"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
re/ daß er durch andere/ &#x017F;eine verlohrne Frl. Wa&#x017F;e &#x017F;uchen lie&#x017F;&#x017F;e/ und er inzwi&#x017F;chen bey ihne&#x0303;<lb/>
verbliebe/ biß er gewi&#x017F;&#x017F;e Zeitung ha&#x0364;tte/ an was Orten &#x017F;ie anzutreffen; Sie wolte ihren H.<lb/>
Vater leicht dahin vermo&#x0364;gen/ dz er die ver&#x017F;uchte&#x017F;ten des Landes aus&#x017F;chickete/ und ihr du&#xA75B;ch<lb/>
alle Land&#x017F;chafften nach&#x017F;pu&#x0364;ren lie&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o weit man meynete/ die Ra&#x0364;ube&#xA75B; mit ihr mo&#x0364;chten gan-<lb/>
gen &#x017F;eyn; Die&#x017F;es hielte &#x017F;ie vor nu&#x0364;zlich und &#x017F;icher/ ko&#x0364;nte auch durch &#x017F;eine angenehme liebe<lb/>
Gegenwart ihre Eltern de&#x017F;to la&#x0364;nger erfreuen; &#x017F;o fu&#x0364;rchtete &#x017F;ie u&#x0364;ber das/ die verteufelten Ju-<lb/>
den wu&#x0364;rden ihn zuverfolgen noch nicht abla&#x017F;&#x017F;en/ und was &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;ten einzu&#x017F;treuen wu&#x017F;te.<lb/>
Herkules hatte die&#x017F;er Fra&#x0364;ulein hohe Zuneigung die&#x017F;e Zeit u&#x0364;ber aus vielen Geberden und<lb/>
Worten gnug ge&#x017F;pu&#x0364;ret/ welches ihm dann/ ange&#x017F;ehen ihre Zucht und Scham nicht unan-<lb/>
genehm wahr; Demnach aber &#x017F;ein Herz dahin nicht mochte gelenket werden/ ihr die&#x017F;e wil-<lb/>
fahrung zubezeigen/ gedachte er/ es wu&#x0364;rde das be&#x017F;te &#x017F;eyn/ daß e&#xA75B; &#x017F;ich mit &#x017F;olchen Reden eins<lb/>
vor alles heraus lie&#x017F;&#x017F;e/ woraus &#x017F;ie einen Argwohn &#x017F;einer Liebe fa&#x017F;&#x017F;en/ und von den Gedan-<lb/>
ken einiger Heyraht (wo &#x017F;ie die&#x017F;elben ha&#x0364;tte) befreyet werden ko&#x0364;nte; antwortete ihr deswe-<lb/>
gen &#x017F;ehr freundlich: Es wa&#x0364;hre ihm eine lautere Unmo&#x0364;gligkeit/ &#x017F;ich der Rei&#x017F;e zubegeben/<lb/>
oder einem andern/ wer der auch &#x017F;eyn mo&#x0364;chte/ die Nach&#x017F;uchung anzuvertrauen/ ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
in fremder ge&#x017F;talt und Manneskleidern gefangen wa&#x0364;hre/ und bißher vor einen Ju&#x0364;ngling<lb/>
gehalten wu&#x0364;rde/ ha&#x0364;tte auch ein &#x017F;ehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen/ durch de&#x017F;&#x017F;en Vor-<lb/>
&#x017F;chub er und kein ander &#x017F;ie erfragen ko&#x0364;nte. Uberdas wa&#x0364;hre er von kindlicher Kund&#x017F;chafft<lb/>
her die&#x017F;em Fra&#x0364;ulein/ und &#x017F;ie ihm derge&#x017F;talt verpflichtet/ daß geborne Bru&#x0364;der und Schwe-<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;ich nimmermehr ho&#x0364;her und herzlicher lieben mo&#x0364;chten; ko&#x0364;nte demnach nicht ruhen<lb/>
noch von herzen fro&#x0364;lich &#x017F;eyn/ biß er &#x017F;ie wieder in freyem Stande &#x017F;ehen wu&#x0364;rde. Das gute<lb/>
Fra&#x0364;ulein hatte bißher der gleichen Reden von ihm nicht geho&#x0364;ret/ fa&#x017F;&#x017F;ete aber bald hieraus<lb/>
die unfehlbahre Meynung/ wie es &#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;te/ und das merken zuvermeiden fragete &#x017F;ie/<lb/>
ob die verlohrne ihm dann &#x017F;o nahe verwand wa&#x0364;hre. Eben &#x017F;o gar nahe nicht/ &#x017F;agte er/ nur<lb/>
die volkommene Zuneigung zwinget mich am mei&#x017F;ten/ ihre Erlo&#x0364;&#x017F;ung zubefodern. Ja wol/<lb/>
antwortete &#x017F;ie/ &#x017F;o tuht ihrs nicht umb Verwand&#x017F;chafft/ &#x017F;ondern umb Liebe willen. Er wol-<lb/>
te die&#x017F;es nicht &#x017F;tark leugnen/ weil es eben zu dem ende angefangen war/ damit ihr der Weg/<lb/>
ein mehres zuhoffen/ verlegt wu&#x0364;rde/ und gab zur Antwort: Ja Hochgebohrnes Fra&#x0364;ulein/<lb/>
wann ich die Warheit beken&#x0303;en &#x017F;ol/ die ich noch keinem andern geredet habe/ &#x017F;o treibet mich<lb/>
nicht wenig die in kindlichen Jahren ge&#x017F;etzete Liebe/ die&#x017F;er meiner Frl. Wa&#x017F;en mich anzu-<lb/>
nehmen. Welches ihr aber nicht &#x017F;onderlich lieb zuho&#x0364;ren wahr/ ließ &#x017F;ichs doch im gering&#x017F;ten<lb/>
nicht merken/ &#x017F;ondern baht/ er mo&#x0364;chte &#x017F;ich mit &#x017F;chwermu&#x0364;htigen Gedanken nicht verunru-<lb/>
hen/ damit er &#x017F;eines langwierigen Lagers &#x017F;chier entnommen wu&#x0364;rde; was vor ihr Ha&#x0364;upt<lb/>
&#x017F;ie zu Befoderung der Erlo&#x0364;&#x017F;ung &#x017F;einer lieb&#x017F;ten Fra&#x0364;ulein &#x017F;chaffen ko&#x0364;nte/ wolte &#x017F;ie keines we-<lb/>
ges unterla&#x017F;&#x017F;en; und &#x017F;tund nicht lange an/ daß Herkules zur vo&#x0364;lligen Ge&#x017F;undheit kam/ und<lb/>
&#x017F;ich wieder tu&#x0364;chtig befand/ Waffen zu fu&#x0364;hren/ daher er bey dem Stathalter freundlich an-<lb/>
hielt/ daß &#x017F;einer Rei&#x017F;e Nohtdurfft nach/ er gu&#x0364;n&#x017F;tig erla&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde; Welcher ihm antwor-<lb/>
tete: Es mu&#x0364;&#x017F;ten die gefangene mo&#x0364;rderi&#x017F;che Juden zuvor/ ihrem Verb&#xA75B;echen nach/ verdiente<lb/>
Straffe empfangen; wa&#x0364;hre demnach willens/ &#x017F;ie morgendes Tages zuverurteilen. Her-<lb/>
kules wu&#x017F;te/ daß ihrer eine gro&#x017F;&#x017F;e Anzahl wahr/ welche vielleicht nicht alle in gleicher &#x017F;chuld<lb/>
mo&#x0364;chten begriffen &#x017F;eyn/ fragete deswegen/ ob nicht denen/ vor welche er bitten wu&#x0364;rde/ das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[530/0568] Drittes Buch. re/ daß er durch andere/ ſeine verlohrne Frl. Waſe ſuchen lieſſe/ und er inzwiſchen bey ihnẽ verbliebe/ biß er gewiſſe Zeitung haͤtte/ an was Orten ſie anzutreffen; Sie wolte ihren H. Vater leicht dahin vermoͤgen/ dz er die verſuchteſten des Landes ausſchickete/ und ihr duꝛch alle Landſchafften nachſpuͤren lieſſe/ ſo weit man meynete/ die Raͤubeꝛ mit ihr moͤchten gan- gen ſeyn; Dieſes hielte ſie vor nuͤzlich und ſicher/ koͤnte auch durch ſeine angenehme liebe Gegenwart ihre Eltern deſto laͤnger erfreuen; ſo fuͤrchtete ſie uͤber das/ die verteufelten Ju- den wuͤrden ihn zuverfolgen noch nicht ablaſſen/ und was ſie ſonſten einzuſtreuen wuſte. Herkules hatte dieſer Fraͤulein hohe Zuneigung dieſe Zeit uͤber aus vielen Geberden und Worten gnug geſpuͤret/ welches ihm dann/ angeſehen ihre Zucht und Scham nicht unan- genehm wahr; Demnach aber ſein Herz dahin nicht mochte gelenket werden/ ihr dieſe wil- fahrung zubezeigen/ gedachte er/ es wuͤrde das beſte ſeyn/ daß eꝛ ſich mit ſolchen Reden eins vor alles heraus lieſſe/ woraus ſie einen Argwohn ſeiner Liebe faſſen/ und von den Gedan- ken einiger Heyraht (wo ſie dieſelben haͤtte) befreyet werden koͤnte; antwortete ihr deswe- gen ſehr freundlich: Es waͤhre ihm eine lautere Unmoͤgligkeit/ ſich der Reiſe zubegeben/ oder einem andern/ wer der auch ſeyn moͤchte/ die Nachſuchung anzuvertrauen/ maſſen ſie in fremder geſtalt und Manneskleidern gefangen waͤhre/ und bißher vor einen Juͤngling gehalten wuͤrde/ haͤtte auch ein ſehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen/ durch deſſen Vor- ſchub er und kein ander ſie erfragen koͤnte. Uberdas waͤhre er von kindlicher Kundſchafft her dieſem Fraͤulein/ und ſie ihm dergeſtalt verpflichtet/ daß geborne Bruͤder und Schwe- ſter ſich nimmermehr hoͤher und herzlicher lieben moͤchten; koͤnte demnach nicht ruhen noch von herzen froͤlich ſeyn/ biß er ſie wieder in freyem Stande ſehen wuͤrde. Das gute Fraͤulein hatte bißher der gleichen Reden von ihm nicht gehoͤret/ faſſete aber bald hieraus die unfehlbahre Meynung/ wie es ſtehen muͤſte/ und das merken zuvermeiden fragete ſie/ ob die verlohrne ihm dann ſo nahe verwand waͤhre. Eben ſo gar nahe nicht/ ſagte er/ nur die volkommene Zuneigung zwinget mich am meiſten/ ihre Erloͤſung zubefodern. Ja wol/ antwortete ſie/ ſo tuht ihrs nicht umb Verwandſchafft/ ſondern umb Liebe willen. Er wol- te dieſes nicht ſtark leugnen/ weil es eben zu dem ende angefangen war/ damit ihr der Weg/ ein mehres zuhoffen/ verlegt wuͤrde/ und gab zur Antwort: Ja Hochgebohrnes Fraͤulein/ wann ich die Warheit bekeñen ſol/ die ich noch keinem andern geredet habe/ ſo treibet mich nicht wenig die in kindlichen Jahren geſetzete Liebe/ dieſer meiner Frl. Waſen mich anzu- nehmen. Welches ihr aber nicht ſonderlich lieb zuhoͤren wahr/ ließ ſichs doch im geringſten nicht merken/ ſondern baht/ er moͤchte ſich mit ſchwermuͤhtigen Gedanken nicht verunru- hen/ damit er ſeines langwierigen Lagers ſchier entnommen wuͤrde; was vor ihr Haͤupt ſie zu Befoderung der Erloͤſung ſeiner liebſten Fraͤulein ſchaffen koͤnte/ wolte ſie keines we- ges unterlaſſen; und ſtund nicht lange an/ daß Herkules zur voͤlligen Geſundheit kam/ und ſich wieder tuͤchtig befand/ Waffen zu fuͤhren/ daher er bey dem Stathalter freundlich an- hielt/ daß ſeiner Reiſe Nohtdurfft nach/ er guͤnſtig erlaſſen wuͤrde; Welcher ihm antwor- tete: Es muͤſten die gefangene moͤrderiſche Juden zuvor/ ihrem Verbꝛechen nach/ verdiente Straffe empfangen; waͤhre demnach willens/ ſie morgendes Tages zuverurteilen. Her- kules wuſte/ daß ihrer eine groſſe Anzahl wahr/ welche vielleicht nicht alle in gleicher ſchuld moͤchten begriffen ſeyn/ fragete deswegen/ ob nicht denen/ vor welche er bitten wuͤrde/ das Leben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/568
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/568>, abgerufen am 22.12.2024.