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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
gen Durchzuge lag/ über welchen sie zihen musten. Hieselbst meyneten sie/ wie an andern or-
ten/ mit ihrem Freyzettel durchzukommen/ aber dieser Herr merkete an der untergezeichne-
ten Hand/ daß der Brief nicht richtig wahr/ befand auch das Pitschafft von altem Wach-
se/ mit frischerem angeklebet/ deswegen er die vornehmsten von ihnen genau befragete/ und
aus ihrer unbeständigen Antwort des Betruges bald innen ward; ging demnach zu dem
ganzen Hauffen (deren XIIX bey einander wahren) hinunter/ und indem er sie das Gewehr
hieß niderlegen/ ward er des allerschönsten Herkuliskus gewahr/ der dann mit sonderlicher
Höfligkeit zu ihm trat/ und nach seiner Landesart ihn demühtig grüssete/ wobey er doch eine
freundliche Ernsthafftigkeit und unverzagten Muht merken ließ/ daß Herr Mazeus ihm
sehr gewogen ward/ und zu ihm sagete: Schöner tugendhaffter Jüngling/ aus was abge-
legener Landschafft kommet ihr dieser örter an? Dann aus eurer Gestalt und Sitten erken-
ne ich vor gewiß/ daß ihr in diesen Morgenländern nicht gezeuget seyd; werdet euch dem-
nach unbeschweret finden/ mich eures Zustandes zuberichten/ welches euch zum ärgesten
nicht gedeyen sol. Herkuliskus sahe/ daß dieser Herr Liebe zur Tugend trug/ und antworte-
te ihm mit ernsthafften Geberden in Griechischer Sprache/ in welcher er auch angeredet
wahr. Hochansehulicher Herr/ sagte er/ wann ich den Verlauff meines Glüks umständ-
lich erzählen solte/ würde ich den Ohren nicht allein Verdruß/ sondern vielleicht auch dem
Herzen Mitleiden erwecken; jedoch kurz zumelden/ bin ich aus weitabgelegenen Nordwe-
stischen Ländern von hochadelichen Eltern entsprossen/ und auff der Reise/ meine Verwan-
ten zubesuchen/ von Räubern gefangen/ denen ich von einer stärkeren Geselschafft zum an-
dern mahl abgenommen/ und auffs Meer gebracht bin/ nachgehends eine geraume Zeit ü-
ber Meer und Land fortgeschleppet/ biß ich endlich diesen Leuten nicht ohn blutvergiessen zu
teile worden/ und erwarte mit verlangen/ was endlich der grosse Gott mit mir zuschaffen
willens seyn möge/ dem ich doch mit standhafften Herzen aushalten wil/ weil mein Gewis-
sen mir Zeugniß gibt/ daß ich ohn verschuldet und bloß durch dessen Verhängniß in diesen
Unfall gerahten bin. Mazeus sahe ihn mit Verwunderung an/ und fragete/ wie alt er wä-
re; worauff er zur Antwort gab: Nach meinem Unglük zurechnen/ übertreffe ich manni-
chen Greisen/ wiewol ich das XV Jahr erst hinter mich gelegt habe. So wollen euch die
Götter ferner behüten/ sagte Mazeus; aber hat eure Geselschafft euch mit Gewalt gerau-
bet? Ja mit Gewalt/ antwortete er/ aber nicht wider meinen Willen/ demnach sie mich von
meinen Räubern erlediget/ und versprochen/ mich zu einem mit leidigen tapfferen Fürsten
der Meder zuführen/ der mein Unglük nicht allein zu herzen zihen/ sondern mir auch zu mit-
teln/ in mein Vaterland zureisen/ verhelffen würde. Das währe ewig schande/ sagte er/ daß
meinem gnädigsten Groß Fürsten ein so adelicher Knabe von diesen unreinen Händen sol-
te über liefert werden/ sondern sie müssen mir trauen ihrer Plackerey bessere Rechenschafft
geben; ging wieder in den Platz/ und hieß Herkuliskus folgen/ da er zu den Räubern sagte:
Ihr ehrvergessene Schelme und Buben/ wie dürffet ihr euch unterstehen/ mit falschen Brie-
fen eure Bosheit zubemänteln/ und allerhand Rauberey im Lande zutreiben; ja so verwä-
gen zuseyn/ daß ihr noch wol euer Obrigkeit einen Teil der geraubeten Beute zuführet/ nit
anders/ als hätte dieselbe euch vollkommene Freyheit/ solche Bosheit zutreiben/ eingeräu-
met? jedoch habt ihr wol getahn/ daß ihr euch so gutwillig zur Straffe einstellet/ möchte

wünschen/

Drittes Buch.
gen Durchzuge lag/ uͤber welchen ſie zihen muſten. Hieſelbſt meyneten ſie/ wie an andern or-
ten/ mit ihrem Freyzettel durchzukommen/ aber dieſer Herr merkete an der untergezeichne-
ten Hand/ daß der Brief nicht richtig wahr/ befand auch das Pitſchafft von altem Wach-
ſe/ mit friſcherem angeklebet/ deswegen er die vornehmſten von ihnen genau befragete/ und
aus ihrer unbeſtaͤndigen Antwort des Betruges bald innen ward; ging demnach zu dem
ganzen Hauffen (deren XIIX bey einander wahren) hinunter/ und indem er ſie das Gewehr
hieß niderlegen/ ward er des allerſchoͤnſten Herkuliſkus gewahr/ der dann mit ſonderlicher
Hoͤfligkeit zu ihm trat/ und nach ſeiner Landesart ihn demuͤhtig gꝛuͤſſete/ wobey er doch eine
freundliche Ernſthafftigkeit und unverzagten Muht merken ließ/ daß Herꝛ Mazeus ihm
ſehr gewogen ward/ und zu ihm ſagete: Schoͤner tugendhaffter Juͤngling/ aus was abge-
legener Landſchafft kommet ihr dieſer oͤrter an? Dann aus eurer Geſtalt uñ Sitten erken-
ne ich vor gewiß/ daß ihr in dieſen Morgenlaͤndern nicht gezeuget ſeyd; werdet euch dem-
nach unbeſchweret finden/ mich eures Zuſtandes zuberichten/ welches euch zum aͤrgeſten
nicht gedeyen ſol. Herkuliſkus ſahe/ daß dieſer Herr Liebe zur Tugend trug/ und antworte-
te ihm mit ernſthafften Geberden in Griechiſcher Sprache/ in welcher er auch angeredet
wahr. Hochanſehulicher Herr/ ſagte er/ wann ich den Verlauff meines Gluͤks umſtaͤnd-
lich erzaͤhlen ſolte/ wuͤrde ich den Ohren nicht allein Verdruß/ ſondern vielleicht auch dem
Herzen Mitleiden erwecken; jedoch kurz zumelden/ bin ich aus weitabgelegenen Nordwe-
ſtiſchen Laͤndern von hochadelichen Eltern entſproſſen/ und auff der Reiſe/ meine Verwan-
ten zubeſuchen/ von Raͤubern gefangen/ denen ich von einer ſtaͤrkeren Geſelſchafft zum an-
dern mahl abgenommen/ und auffs Meer gebracht bin/ nachgehends eine geraume Zeit uͤ-
ber Meer und Land fortgeſchleppet/ biß ich endlich dieſen Leuten nicht ohn blutvergieſſen zu
teile worden/ und erwarte mit verlangen/ was endlich der groſſe Gott mit mir zuſchaffen
willens ſeyn moͤge/ dem ich doch mit ſtandhafften Herzen aushalten wil/ weil mein Gewiſ-
ſen mir Zeugniß gibt/ daß ich ohn verſchuldet und bloß durch deſſen Verhaͤngniß in dieſen
Unfall gerahten bin. Mazeus ſahe ihn mit Verwunderung an/ und fragete/ wie alt er waͤ-
re; worauff er zur Antwort gab: Nach meinem Ungluͤk zurechnen/ uͤbertreffe ich manni-
chen Greiſen/ wiewol ich das XV Jahr erſt hinter mich gelegt habe. So wollen euch die
Goͤtter ferner behuͤten/ ſagte Mazeus; aber hat eure Geſelſchafft euch mit Gewalt gerau-
bet? Ja mit Gewalt/ antwortete er/ aber nicht wideꝛ meinen Willen/ demnach ſie mich von
meinen Raͤubern erlediget/ und verſprochen/ mich zu einem mit leidigen tapfferen Fuͤrſten
der Meder zufuͤhren/ der mein Ungluͤk nicht allein zu herzen zihen/ ſondeꝛn mir auch zu mit-
teln/ in mein Vaterland zureiſen/ verhelffen wuͤrde. Das waͤhre ewig ſchande/ ſagte er/ daß
meinem gnaͤdigſten Groß Fuͤrſten ein ſo adelicher Knabe von dieſen unreinen Haͤnden ſol-
te uͤber liefert werden/ ſondern ſie muͤſſen mir trauen ihrer Plackerey beſſere Rechenſchafft
geben; ging wieder in den Platz/ und hieß Herkuliſkus folgen/ da er zu den Raͤubern ſagte:
Ihr ehrvergeſſene Schelme uñ Buben/ wie duͤrffet ihr euch unterſtehen/ mit falſchẽ Brie-
fen eure Bosheit zubemaͤnteln/ und allerhand Rauberey im Lande zutreiben; ja ſo verwaͤ-
gen zuſeyn/ daß ihr noch wol euer Obrigkeit einen Teil der geraubeten Beute zufuͤhret/ nit
anders/ als haͤtte dieſelbe euch vollkommene Freyheit/ ſolche Bosheit zutreiben/ eingeraͤu-
met? jedoch habt ihr wol getahn/ daß ihr euch ſo gutwillig zur Straffe einſtellet/ moͤchte

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[548/0586] Drittes Buch. gen Durchzuge lag/ uͤber welchen ſie zihen muſten. Hieſelbſt meyneten ſie/ wie an andern or- ten/ mit ihrem Freyzettel durchzukommen/ aber dieſer Herr merkete an der untergezeichne- ten Hand/ daß der Brief nicht richtig wahr/ befand auch das Pitſchafft von altem Wach- ſe/ mit friſcherem angeklebet/ deswegen er die vornehmſten von ihnen genau befragete/ und aus ihrer unbeſtaͤndigen Antwort des Betruges bald innen ward; ging demnach zu dem ganzen Hauffen (deren XIIX bey einander wahren) hinunter/ und indem er ſie das Gewehr hieß niderlegen/ ward er des allerſchoͤnſten Herkuliſkus gewahr/ der dann mit ſonderlicher Hoͤfligkeit zu ihm trat/ und nach ſeiner Landesart ihn demuͤhtig gꝛuͤſſete/ wobey er doch eine freundliche Ernſthafftigkeit und unverzagten Muht merken ließ/ daß Herꝛ Mazeus ihm ſehr gewogen ward/ und zu ihm ſagete: Schoͤner tugendhaffter Juͤngling/ aus was abge- legener Landſchafft kommet ihr dieſer oͤrter an? Dann aus eurer Geſtalt uñ Sitten erken- ne ich vor gewiß/ daß ihr in dieſen Morgenlaͤndern nicht gezeuget ſeyd; werdet euch dem- nach unbeſchweret finden/ mich eures Zuſtandes zuberichten/ welches euch zum aͤrgeſten nicht gedeyen ſol. Herkuliſkus ſahe/ daß dieſer Herr Liebe zur Tugend trug/ und antworte- te ihm mit ernſthafften Geberden in Griechiſcher Sprache/ in welcher er auch angeredet wahr. Hochanſehulicher Herr/ ſagte er/ wann ich den Verlauff meines Gluͤks umſtaͤnd- lich erzaͤhlen ſolte/ wuͤrde ich den Ohren nicht allein Verdruß/ ſondern vielleicht auch dem Herzen Mitleiden erwecken; jedoch kurz zumelden/ bin ich aus weitabgelegenen Nordwe- ſtiſchen Laͤndern von hochadelichen Eltern entſproſſen/ und auff der Reiſe/ meine Verwan- ten zubeſuchen/ von Raͤubern gefangen/ denen ich von einer ſtaͤrkeren Geſelſchafft zum an- dern mahl abgenommen/ und auffs Meer gebracht bin/ nachgehends eine geraume Zeit uͤ- ber Meer und Land fortgeſchleppet/ biß ich endlich dieſen Leuten nicht ohn blutvergieſſen zu teile worden/ und erwarte mit verlangen/ was endlich der groſſe Gott mit mir zuſchaffen willens ſeyn moͤge/ dem ich doch mit ſtandhafften Herzen aushalten wil/ weil mein Gewiſ- ſen mir Zeugniß gibt/ daß ich ohn verſchuldet und bloß durch deſſen Verhaͤngniß in dieſen Unfall gerahten bin. Mazeus ſahe ihn mit Verwunderung an/ und fragete/ wie alt er waͤ- re; worauff er zur Antwort gab: Nach meinem Ungluͤk zurechnen/ uͤbertreffe ich manni- chen Greiſen/ wiewol ich das XV Jahr erſt hinter mich gelegt habe. So wollen euch die Goͤtter ferner behuͤten/ ſagte Mazeus; aber hat eure Geſelſchafft euch mit Gewalt gerau- bet? Ja mit Gewalt/ antwortete er/ aber nicht wideꝛ meinen Willen/ demnach ſie mich von meinen Raͤubern erlediget/ und verſprochen/ mich zu einem mit leidigen tapfferen Fuͤrſten der Meder zufuͤhren/ der mein Ungluͤk nicht allein zu herzen zihen/ ſondeꝛn mir auch zu mit- teln/ in mein Vaterland zureiſen/ verhelffen wuͤrde. Das waͤhre ewig ſchande/ ſagte er/ daß meinem gnaͤdigſten Groß Fuͤrſten ein ſo adelicher Knabe von dieſen unreinen Haͤnden ſol- te uͤber liefert werden/ ſondern ſie muͤſſen mir trauen ihrer Plackerey beſſere Rechenſchafft geben; ging wieder in den Platz/ und hieß Herkuliſkus folgen/ da er zu den Raͤubern ſagte: Ihr ehrvergeſſene Schelme uñ Buben/ wie duͤrffet ihr euch unterſtehen/ mit falſchẽ Brie- fen eure Bosheit zubemaͤnteln/ und allerhand Rauberey im Lande zutreiben; ja ſo verwaͤ- gen zuſeyn/ daß ihr noch wol euer Obrigkeit einen Teil der geraubeten Beute zufuͤhret/ nit anders/ als haͤtte dieſelbe euch vollkommene Freyheit/ ſolche Bosheit zutreiben/ eingeraͤu- met? jedoch habt ihr wol getahn/ daß ihr euch ſo gutwillig zur Straffe einſtellet/ moͤchte wuͤnſchen/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/586>, abgerufen am 22.12.2024.