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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
gleichen Verdacht zuziehen; dann währe solches geschehen/ wolte ich versichert mich als-
bald vor euren Augen erstechen. Der einfältige Tropff meynete/ sie ginge bereits mit To-
des Gedanken umb/ offenbahrete ihr deswegen alles/ was der Fürst mit ihm geredet/ und er
hinwieder geantwortet hätte/ taht endlich aus seinem eigenen Gehirn hinzu/ der Fürst wä-
re entschlossen/ Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen/ und niderhauen zulassen; wor-
über sie gar bestürzete/ machte sich bald hin zu Kleon/ und gab ihm Befehl/ Sudwerz auff
die Jagt zureiten/ und vor späten Abend nicht wieder zukommen/ weil sie fürchtete/ er wür-
de mit dem Fürsten reiten müssen/ welches ihm Ungelegenheit geben dürffte. Diese Zei-
tung wahr ihm nicht so gar angenehm/ gestalisam er sein bevorstehendes Unglük unschwer
zuerkennen hatte; machte sich demnach bald auff/ nam ein Strik Winde zu sich/ und taht
wie ihm befohlen wahr. Inzwischen überlegete Gobares bey ihm selber/ wie er Kleon vom
Brote richten könte/ dz Statira dessen nicht gewahr würde/ und befand endlich am tuhn-
lichsten/ es dergestalt anzugreiffen/ wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab/ machte
sich darauff von seinem Lager/ und ließ alles zum schleunigen Auffbruch fertig halten. Wie
er nun Kleon bey dem Frühstücke/ vorigem Gebrauche nach/ nicht aufwarten sahe/ und sei-
nes abwesens ursach zuwissen begehrete/ gab die Frau ihm zur Antwort: Weil sie gestern
Abend gemerket/ daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm trüge/ wolte sie dieselbe durch
seine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewägung reizen; überdas
hätte sie des Fürsten gestrigen Reden etwas tieffer nachgedacht/ und da sie wissen solte/ daß
sie damit gestochen währe/ wolte sie verschwören/ sich zeit ihres Lebens von einigem Man-
nes bilde/ wer der auch währe/ weiter berühren zulassen/ wolte auch zum Zeugniß ihrer Un-
schuld/ diesen ihren Diener/ ungeachtet seiner Unschuld/ mit eigenen Händen erwürgen;
welche Worte sie mit einem kläglichen weinen endigte; Wodurch der Fürst dergestalt be-
wäget ward/ daß er ihr Trost einsprach/ mit Beteurung/ es wäre nur scherzweise/ und durch-
aus nicht auf sie geredet; so hätte er auch gar keine Ungnade auff ihren höflichen Diener
geworffen/ dessen adeliche Sitten ihm insonderheit wolgefielen/ daher er ihm/ etliche Meilen
mitzureiten/ zulassen wolte. Zwar es merkete Statira sein meuchlisches Vorhaben hand-
greifflich/ ließ sich aber dessen nicht merken/ sondern befahl dem Kleon zuruffen/ ward aber
berichtet/ er währe nicht anheimisch/ sondern gar früh auf die Jagt ausgeritten/ mit vor-
geben/ nicht umzukehren/ biß er einen Hirsch/ oder sonst ander groß Wild angetroffen hat-
te. Erst gedachte Gobares/ diß müste ein angelegtes Spiel seyn/ kunte doch seine Reise nit
auffschieben/ sondern nach eingenommenem Mahle/ setzete er sich mit allen seinen Dienern
zu Pferde/ ohn daß er einen verschlagenen ädelknaben hinterließ/ der sich krank stellen/ und
auf Statiren und Kleons Beginnen acht habensolte/ welches von ihm fleissig verrichtet
ward; dann so bald Kleon mit seinem grossen wilden Eber/ den er auf einem Karren nach-
führen ließ/ zu Hause anlangete/ empfing die Frau ihn nach Gewohnheit sehr freundlich/
und ging bald darauff mit ihm in ein absonderliches Gemach/ welches der Knabe ersehend/
heimlich nachschleich/ und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam/ ging unvermerket
wieder davon/ und setzete nach genommenem Abscheide seinem Fürsten ungeseumet nach/
welcher vor wenig Stunden seine Haupt Stad Susa erreichet hatte; demselben taht er
zuwissen/ nicht allein was er ingeheim verspüret/ sondern auch öffentlich angesehen hätte/

daß

Vierdes Buch.
gleichen Verdacht zuziehen; dann waͤhre ſolches geſchehen/ wolte ich verſichert mich als-
bald vor euren Augen erſtechen. Der einfaͤltige Tropff meynete/ ſie ginge bereits mit To-
des Gedanken umb/ offenbahrete ihr deswegen alles/ was der Fuͤrſt mit ihm geredet/ und er
hinwieder geantwortet haͤtte/ taht endlich aus ſeinem eigenen Gehirn hinzu/ der Fuͤrſt waͤ-
re entſchloſſen/ Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen/ und niderhauen zulaſſen; wor-
uͤber ſie gar beſtuͤrzete/ machte ſich bald hin zu Kleon/ und gab ihm Befehl/ Sudwerz auff
die Jagt zureiten/ und vor ſpaͤten Abend nicht wieder zukommen/ weil ſie fuͤrchtete/ er wuͤr-
de mit dem Fuͤrſten reiten muͤſſen/ welches ihm Ungelegenheit geben duͤrffte. Dieſe Zei-
tung wahr ihm nicht ſo gar angenehm/ geſtaliſam er ſein bevorſtehendes Ungluͤk unſchwer
zuerkennen hatte; machte ſich demnach bald auff/ nam ein Strik Winde zu ſich/ und taht
wie ihm befohlen wahr. Inzwiſchen uͤberlegete Gobares bey ihm ſelber/ wie er Kleon vom
Brote richten koͤnte/ dz Statira deſſen nicht gewahr wuͤrde/ und befand endlich am tuhn-
lichſten/ es dergeſtalt anzugreiffen/ wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab/ machte
ſich darauff von ſeinem Lager/ und ließ alles zum ſchleunigen Auffbruch fertig halten. Wie
er nun Kleon bey dem Frühſtuͤcke/ vorigem Gebrauche nach/ nicht aufwarten ſahe/ und ſei-
nes abweſens urſach zuwiſſen begehrete/ gab die Frau ihm zur Antwort: Weil ſie geſtern
Abend gemerket/ daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm truͤge/ wolte ſie dieſelbe durch
ſeine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewaͤgung reizen; uͤberdas
haͤtte ſie des Fuͤrſten geſtrigen Reden etwas tieffer nachgedacht/ und da ſie wiſſen ſolte/ daß
ſie damit geſtochen waͤhre/ wolte ſie verſchwoͤren/ ſich zeit ihres Lebens von einigem Man-
nes bilde/ wer der auch waͤhre/ weiter beruͤhren zulaſſen/ wolte auch zum Zeugniß ihrer Un-
ſchuld/ dieſen ihren Diener/ ungeachtet ſeiner Unſchuld/ mit eigenen Haͤnden erwuͤrgen;
welche Worte ſie mit einem klaͤglichen weinen endigte; Wodurch der Fuͤrſt dergeſtalt be-
waͤget ward/ daß er ihr Troſt einſprach/ mit Beteurung/ es waͤre nur ſcherzweiſe/ uñ durch-
aus nicht auf ſie geredet; ſo haͤtte er auch gar keine Ungnade auff ihren hoͤflichen Diener
geworffen/ deſſen adeliche Sitten ihm inſonderheit wolgefielen/ daher er ihm/ etliche Meilẽ
mitzureiten/ zulaſſen wolte. Zwar es merkete Statira ſein meuchliſches Vorhaben hand-
greifflich/ ließ ſich aber deſſen nicht merken/ ſondern befahl dem Kleon zuruffen/ ward aber
berichtet/ er waͤhre nicht anheimiſch/ ſondern gar fruͤh auf die Jagt ausgeritten/ mit vor-
geben/ nicht umzukehren/ biß er einen Hirſch/ oder ſonſt ander groß Wild angetroffen håt-
te. Erſt gedachte Gobares/ diß muͤſte ein angelegtes Spiel ſeyn/ kunte doch ſeine Reiſe nit
auffſchieben/ ſondern nach eingenommenem Mahle/ ſetzete er ſich mit allen ſeinen Dienern
zu Pferde/ ohn daß er einen verſchlagenen aͤdelknaben hinterließ/ der ſich krank ſtellen/ und
auf Statiren und Kleons Beginnen acht habenſolte/ welches von ihm fleiſſig verrichtet
ward; dann ſo bald Kleon mit ſeinem groſſen wilden Eber/ den er auf einem Karꝛen nach-
fuͤhren ließ/ zu Hauſe anlangete/ empfing die Frau ihn nach Gewohnheit ſehr freundlich/
und ging bald darauff mit ihm in ein abſonderliches Gemach/ welches der Knabe erſehend/
heimlich nachſchleich/ und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam/ ging unvermerket
wieder davon/ und ſetzete nach genommenem Abſcheide ſeinem Fuͤrſten ungeſeumet nach/
welcher vor wenig Stunden ſeine Haupt Stad Suſa erreichet hatte; demſelben taht er
zuwiſſen/ nicht allein was er ingeheim verſpuͤret/ ſondern auch oͤffentlich angeſehen haͤtte/

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[712/0750] Vierdes Buch. gleichen Verdacht zuziehen; dann waͤhre ſolches geſchehen/ wolte ich verſichert mich als- bald vor euren Augen erſtechen. Der einfaͤltige Tropff meynete/ ſie ginge bereits mit To- des Gedanken umb/ offenbahrete ihr deswegen alles/ was der Fuͤrſt mit ihm geredet/ und er hinwieder geantwortet haͤtte/ taht endlich aus ſeinem eigenen Gehirn hinzu/ der Fuͤrſt waͤ- re entſchloſſen/ Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen/ und niderhauen zulaſſen; wor- uͤber ſie gar beſtuͤrzete/ machte ſich bald hin zu Kleon/ und gab ihm Befehl/ Sudwerz auff die Jagt zureiten/ und vor ſpaͤten Abend nicht wieder zukommen/ weil ſie fuͤrchtete/ er wuͤr- de mit dem Fuͤrſten reiten muͤſſen/ welches ihm Ungelegenheit geben duͤrffte. Dieſe Zei- tung wahr ihm nicht ſo gar angenehm/ geſtaliſam er ſein bevorſtehendes Ungluͤk unſchwer zuerkennen hatte; machte ſich demnach bald auff/ nam ein Strik Winde zu ſich/ und taht wie ihm befohlen wahr. Inzwiſchen uͤberlegete Gobares bey ihm ſelber/ wie er Kleon vom Brote richten koͤnte/ dz Statira deſſen nicht gewahr wuͤrde/ und befand endlich am tuhn- lichſten/ es dergeſtalt anzugreiffen/ wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab/ machte ſich darauff von ſeinem Lager/ und ließ alles zum ſchleunigen Auffbruch fertig halten. Wie er nun Kleon bey dem Frühſtuͤcke/ vorigem Gebrauche nach/ nicht aufwarten ſahe/ und ſei- nes abweſens urſach zuwiſſen begehrete/ gab die Frau ihm zur Antwort: Weil ſie geſtern Abend gemerket/ daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm truͤge/ wolte ſie dieſelbe durch ſeine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewaͤgung reizen; uͤberdas haͤtte ſie des Fuͤrſten geſtrigen Reden etwas tieffer nachgedacht/ und da ſie wiſſen ſolte/ daß ſie damit geſtochen waͤhre/ wolte ſie verſchwoͤren/ ſich zeit ihres Lebens von einigem Man- nes bilde/ wer der auch waͤhre/ weiter beruͤhren zulaſſen/ wolte auch zum Zeugniß ihrer Un- ſchuld/ dieſen ihren Diener/ ungeachtet ſeiner Unſchuld/ mit eigenen Haͤnden erwuͤrgen; welche Worte ſie mit einem klaͤglichen weinen endigte; Wodurch der Fuͤrſt dergeſtalt be- waͤget ward/ daß er ihr Troſt einſprach/ mit Beteurung/ es waͤre nur ſcherzweiſe/ uñ durch- aus nicht auf ſie geredet; ſo haͤtte er auch gar keine Ungnade auff ihren hoͤflichen Diener geworffen/ deſſen adeliche Sitten ihm inſonderheit wolgefielen/ daher er ihm/ etliche Meilẽ mitzureiten/ zulaſſen wolte. Zwar es merkete Statira ſein meuchliſches Vorhaben hand- greifflich/ ließ ſich aber deſſen nicht merken/ ſondern befahl dem Kleon zuruffen/ ward aber berichtet/ er waͤhre nicht anheimiſch/ ſondern gar fruͤh auf die Jagt ausgeritten/ mit vor- geben/ nicht umzukehren/ biß er einen Hirſch/ oder ſonſt ander groß Wild angetroffen håt- te. Erſt gedachte Gobares/ diß muͤſte ein angelegtes Spiel ſeyn/ kunte doch ſeine Reiſe nit auffſchieben/ ſondern nach eingenommenem Mahle/ ſetzete er ſich mit allen ſeinen Dienern zu Pferde/ ohn daß er einen verſchlagenen aͤdelknaben hinterließ/ der ſich krank ſtellen/ und auf Statiren und Kleons Beginnen acht habenſolte/ welches von ihm fleiſſig verrichtet ward; dann ſo bald Kleon mit ſeinem groſſen wilden Eber/ den er auf einem Karꝛen nach- fuͤhren ließ/ zu Hauſe anlangete/ empfing die Frau ihn nach Gewohnheit ſehr freundlich/ und ging bald darauff mit ihm in ein abſonderliches Gemach/ welches der Knabe erſehend/ heimlich nachſchleich/ und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam/ ging unvermerket wieder davon/ und ſetzete nach genommenem Abſcheide ſeinem Fuͤrſten ungeſeumet nach/ welcher vor wenig Stunden ſeine Haupt Stad Suſa erreichet hatte; demſelben taht er zuwiſſen/ nicht allein was er ingeheim verſpuͤret/ ſondern auch oͤffentlich angeſehen haͤtte/ daß

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/750>, abgerufen am 22.12.2024.