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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
wieder an; alle Lust zur Speise verschwand mir; schlaffen kunte ich nicht/ und wahr doch
einem schläfferigen Tag und Nacht ähnlich; kurz davon zureden; des sechsten Tages fiel
ich in ein hitziges Fieber/ daß die Aerzte an mir verzageten/ und meine Fr. Mutter mich mit
trähnenden Augen fragete/ warumb ich durch Traurigkeit mich selbst tödten wolte/ und ob
ich meiner Eltern so gar überdrüssig währe? Davor behüten mich die Götter/ antwortete
ich; und wie kan ich der Krankheit oder dem Tode wehren? Aber O mein Henrkules/ mein
Brüderchen/ möchte ich dich nur noch ein mahl vor meinem Tode sehen! doch ich bin ge-
wiß/ meine Seele wird nirgends als bey dir seyn/ so bald sie nur den Leib erst wird verlassen
haben. Auff solche Rede fiel sie ohmächtig auff mein Bette/ und nachdem sie sich wieder
erhohlet/ ging sie hin zu meinem H. Vater/ welchen sie mit vielem weinen und bitten bewo-
gen hatte/ mich/ so bald ich gesund seyn würde/ in Teutschland zusenden/ brachte mir auch
die hocherfreuliche Zeitung/ die Reise solte nicht länger als biß auff meine Gesundheit ver-
schoben werden. Aber der Glaube wahr mir benommen/ und antwortete ich: Herzaller-
liebste Fr. Mutter/ fpeiset mich nur nicht mehr mit falscher Hoffnung; ich befinde mich
nunmehr so weit abgemattet/ daß meine Seele meinem Willen bald gnüge tuhn wird; ist
dann/ daß ihr mich liebet/ so nehmet meinen/ ach ja/ meinen allerliebsten Herkules vor euren
Sohn und künfftigen Erben dieses Königreichs an/ alsdann wird er meine Seele wieder
mit sich herführen/ und als lange er lebet/ könnet ihr keinen bessern und wirdigern Sohn
finden noch wünschen; daß ihr mich aber von ihm getrennet habt/ ist die einige ursach mei-
nes herzu nahenden Todes. Mein Herzen-Kind/ antwortete sie mit heissen Trähnen/ schla-
ge solche Todesgedanken aus dem Sinne/ dann ich beteure es bey mütterlicher Träue/ daß
so bald du wirst gesund seyn/ ich selbst dich nach deinem Herkules bringen wil. Es währe
alles gut/ sagte ich/ aber es ist meines erachtens schon zu lange geharret. Wie ich dann in
Warheit kaum so viel Kräfte/ diese Worte auszusprechen/ bey mir befand/ und mich etwas
erhohlen muste/ da inzwischen meine Fr. Mutter sich übel hielt/ und ich endlich baht/ mich
krank hinführen zulassen/ ob vielleicht meines Herkules kräfftige Augelein mich wieder ge-
sund machen würden. Der Arzt kam gleich darzu/ hörete diese Worte/ und sagte: Ja Ih-
re Hocheit versichern sich/ daß das Herrlein das beste Mittel vorschläget/ dann auff andere
weise wird er in Warheit nicht genesen/ als lange sein Gemüht den steiff-eingebildeten be-
gierden nachhänget. Dieses schaffete so viel/ daß mir alsbald eine Sänffte bereitet ward/
und meine Fr. Mutter mich nach meinem Herkules brachte/ da ich zwar auff der Reise
nicht stärker/ aber auch nicht schwächer ward; empfand dannoch eine sonderliche Erquic-
kung/ wann meine Fr. Mutter mich umb Herkules Sitten und Gestalt (den sie in fünff
Jahren nicht gesehen) befragete; da ich alle Kräffte zusammen ruffte/ ihr nach kindischem
Vermögen solches zubeantworten. Unsere Ankunfft wahr dem Groß Fürten sehr fremde/
und doch sehr angenehm/ und ward mein Herkules alsbald zu mir vor die Sänffte gefo-
dert/ welcher/ da ihm meine Schwacheit zu wissen getahn ward/ mit weinenden Angen zu
mir gelauffen kam/ herzete und küssete mich inniglich/ und sagte: O mein allerliebstes Brü-
derchen/ wiltu dann deinen Herkules durch deinen Tod des Lebens zugleich mit berauben?
lieber erhohle dich/ und mache meine Hoffnung nicht zu Wasser/ welche mich bißher festig-
lich versicherthat/ wir wolten dereins durch Zusammensetzung unser Waffen/ Ehr und

Ruhm
Z z z z z iij

Vierdes Buch.
wieder an; alle Luſt zur Speiſe verſchwand mir; ſchlaffen kunte ich nicht/ und wahr doch
einem ſchlaͤfferigen Tag und Nacht aͤhnlich; kurz davon zureden; des ſechſten Tages fiel
ich in ein hitziges Fieber/ daß die Aerzte an mir verzageten/ und meine Fr. Mutter mich mit
traͤhnenden Augen fragete/ warumb ich durch Traurigkeit mich ſelbſt toͤdten wolte/ und ob
ich meiner Eltern ſo gar uͤberdruͤſſig waͤhre? Davor behuͤten mich die Goͤtter/ antwortete
ich; und wie kan ich der Krankheit oder dem Tode wehren? Aber O mein Hẽrkules/ mein
Bruͤderchen/ moͤchte ich dich nur noch ein mahl vor meinem Tode ſehen! doch ich bin ge-
wiß/ meine Seele wird nirgends als bey dir ſeyn/ ſo bald ſie nur den Leib erſt wird verlaſſen
haben. Auff ſolche Rede fiel ſie ohmaͤchtig auff mein Bette/ und nachdem ſie ſich wieder
erhohlet/ ging ſie hin zu meinem H. Vater/ welchen ſie mit vielem weinen und bitten bewo-
gen hatte/ mich/ ſo bald ich geſund ſeyn wuͤrde/ in Teutſchland zuſenden/ brachte mir auch
die hocherfreuliche Zeitung/ die Reiſe ſolte nicht laͤnger als biß auff meine Geſundheit ver-
ſchoben werden. Aber der Glaube wahr mir benommen/ und antwortete ich: Herzaller-
liebſte Fr. Mutter/ fpeiſet mich nur nicht mehr mit falſcher Hoffnung; ich befinde mich
nunmehr ſo weit abgemattet/ daß meine Seele meinem Willen bald gnuͤge tuhn wird; iſt
dann/ daß ihr mich liebet/ ſo nehmet meinen/ ach ja/ meinen allerliebſten Herkules vor euren
Sohn und kuͤnfftigen Erben dieſes Koͤnigreichs an/ alsdann wird er meine Seele wieder
mit ſich herfuͤhren/ und als lange er lebet/ koͤnnet ihr keinen beſſern und wirdigern Sohn
finden noch wuͤnſchen; daß ihr mich aber von ihm getrennet habt/ iſt die einige urſach mei-
nes herzu nahenden Todes. Mein Herzen-Kind/ antwoꝛtete ſie mit heiſſen Traͤhnen/ ſchla-
ge ſolche Todesgedanken aus dem Sinne/ dann ich beteure es bey mütterlicher Traͤue/ daß
ſo bald du wirſt geſund ſeyn/ ich ſelbſt dich nach deinem Herkules bringen wil. Es waͤhre
alles gut/ ſagte ich/ aber es iſt meines erachtens ſchon zu lange geharret. Wie ich dann in
Warheit kaum ſo viel Kraͤfte/ dieſe Worte auszuſprechen/ bey mir befand/ und mich etwas
erhohlen muſte/ da inzwiſchen meine Fr. Mutter ſich uͤbel hielt/ und ich endlich baht/ mich
krank hinfuͤhren zulaſſen/ ob vielleicht meines Herkules kraͤfftige Augelein mich wieder ge-
ſund machen wuͤrden. Der Arzt kam gleich darzu/ hoͤrete dieſe Worte/ und ſagte: Ja Ih-
re Hocheit verſichern ſich/ daß das Herrlein das beſte Mittel vorſchlaͤget/ dann auff andeꝛe
weiſe wird er in Warheit nicht geneſen/ als lange ſein Gemuͤht den ſteiff-eingebildeten be-
gierden nachhaͤnget. Dieſes ſchaffete ſo viel/ daß mir alsbald eine Saͤnffte bereitet ward/
und meine Fr. Mutter mich nach meinem Herkules brachte/ da ich zwar auff der Reiſe
nicht ſtaͤrker/ aber auch nicht ſchwaͤcher ward; empfand dannoch eine ſonderliche Erquic-
kung/ wann meine Fr. Mutter mich umb Herkules Sitten und Geſtalt (den ſie in fuͤnff
Jahren nicht geſehen) befragete; da ich alle Kraͤffte zuſammen ruffte/ ihr nach kindiſchem
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und doch ſehr angenehm/ und ward mein Herkules alsbald zu mir vor die Saͤnffte gefo-
dert/ welcher/ da ihm meine Schwacheit zu wiſſen getahn ward/ mit weinenden Angen zu
mir gelauffen kam/ herzete und kuͤſſete mich inniglich/ und ſagte: O mein allerliebſtes Bruͤ-
derchen/ wiltu dann deinen Herkules durch deinen Tod des Lebens zugleich mit berauben?
lieber erhohle dich/ und mache meine Hoffnung nicht zu Waſſer/ welche mich bißher feſtig-
lich verſicherthat/ wir wolten dereins durch Zuſammenſetzung unſer Waffen/ Ehr und

Ruhm
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[917/0955] Vierdes Buch. wieder an; alle Luſt zur Speiſe verſchwand mir; ſchlaffen kunte ich nicht/ und wahr doch einem ſchlaͤfferigen Tag und Nacht aͤhnlich; kurz davon zureden; des ſechſten Tages fiel ich in ein hitziges Fieber/ daß die Aerzte an mir verzageten/ und meine Fr. Mutter mich mit traͤhnenden Augen fragete/ warumb ich durch Traurigkeit mich ſelbſt toͤdten wolte/ und ob ich meiner Eltern ſo gar uͤberdruͤſſig waͤhre? Davor behuͤten mich die Goͤtter/ antwortete ich; und wie kan ich der Krankheit oder dem Tode wehren? Aber O mein Hẽrkules/ mein Bruͤderchen/ moͤchte ich dich nur noch ein mahl vor meinem Tode ſehen! doch ich bin ge- wiß/ meine Seele wird nirgends als bey dir ſeyn/ ſo bald ſie nur den Leib erſt wird verlaſſen haben. Auff ſolche Rede fiel ſie ohmaͤchtig auff mein Bette/ und nachdem ſie ſich wieder erhohlet/ ging ſie hin zu meinem H. Vater/ welchen ſie mit vielem weinen und bitten bewo- gen hatte/ mich/ ſo bald ich geſund ſeyn wuͤrde/ in Teutſchland zuſenden/ brachte mir auch die hocherfreuliche Zeitung/ die Reiſe ſolte nicht laͤnger als biß auff meine Geſundheit ver- ſchoben werden. Aber der Glaube wahr mir benommen/ und antwortete ich: Herzaller- liebſte Fr. Mutter/ fpeiſet mich nur nicht mehr mit falſcher Hoffnung; ich befinde mich nunmehr ſo weit abgemattet/ daß meine Seele meinem Willen bald gnuͤge tuhn wird; iſt dann/ daß ihr mich liebet/ ſo nehmet meinen/ ach ja/ meinen allerliebſten Herkules vor euren Sohn und kuͤnfftigen Erben dieſes Koͤnigreichs an/ alsdann wird er meine Seele wieder mit ſich herfuͤhren/ und als lange er lebet/ koͤnnet ihr keinen beſſern und wirdigern Sohn finden noch wuͤnſchen; daß ihr mich aber von ihm getrennet habt/ iſt die einige urſach mei- nes herzu nahenden Todes. Mein Herzen-Kind/ antwoꝛtete ſie mit heiſſen Traͤhnen/ ſchla- ge ſolche Todesgedanken aus dem Sinne/ dann ich beteure es bey mütterlicher Traͤue/ daß ſo bald du wirſt geſund ſeyn/ ich ſelbſt dich nach deinem Herkules bringen wil. Es waͤhre alles gut/ ſagte ich/ aber es iſt meines erachtens ſchon zu lange geharret. Wie ich dann in Warheit kaum ſo viel Kraͤfte/ dieſe Worte auszuſprechen/ bey mir befand/ und mich etwas erhohlen muſte/ da inzwiſchen meine Fr. Mutter ſich uͤbel hielt/ und ich endlich baht/ mich krank hinfuͤhren zulaſſen/ ob vielleicht meines Herkules kraͤfftige Augelein mich wieder ge- ſund machen wuͤrden. Der Arzt kam gleich darzu/ hoͤrete dieſe Worte/ und ſagte: Ja Ih- re Hocheit verſichern ſich/ daß das Herrlein das beſte Mittel vorſchlaͤget/ dann auff andeꝛe weiſe wird er in Warheit nicht geneſen/ als lange ſein Gemuͤht den ſteiff-eingebildeten be- gierden nachhaͤnget. Dieſes ſchaffete ſo viel/ daß mir alsbald eine Saͤnffte bereitet ward/ und meine Fr. Mutter mich nach meinem Herkules brachte/ da ich zwar auff der Reiſe nicht ſtaͤrker/ aber auch nicht ſchwaͤcher ward; empfand dannoch eine ſonderliche Erquic- kung/ wann meine Fr. Mutter mich umb Herkules Sitten und Geſtalt (den ſie in fuͤnff Jahren nicht geſehen) befragete; da ich alle Kraͤffte zuſammen ruffte/ ihr nach kindiſchem Vermoͤgen ſolches zubeantworten. Unſere Ankunfft wahr dem Groß Fuͤrten ſehr fremde/ und doch ſehr angenehm/ und ward mein Herkules alsbald zu mir vor die Saͤnffte gefo- dert/ welcher/ da ihm meine Schwacheit zu wiſſen getahn ward/ mit weinenden Angen zu mir gelauffen kam/ herzete und kuͤſſete mich inniglich/ und ſagte: O mein allerliebſtes Bruͤ- derchen/ wiltu dann deinen Herkules durch deinen Tod des Lebens zugleich mit berauben? lieber erhohle dich/ und mache meine Hoffnung nicht zu Waſſer/ welche mich bißher feſtig- lich verſicherthat/ wir wolten dereins durch Zuſammenſetzung unſer Waffen/ Ehr und Ruhm Z z z z z iij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 917. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/955>, abgerufen am 17.06.2024.