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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
merket/ daß ich daran im geringsten nicht zweiffele/ es drücke dich ein heftiges Anliegen;
dann was würde die starken Seufzer sonst aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein ver-
birge dich nicht vor mir/ und biß versichert/ daß ich alle mögligkeit anwenden werde/ dir zu
dienen/ und deinen Wunsch ins Werk zu richten/ wann nur deine Augen sich nicht an dem
vergaffet haben was allerdinge unmöglich ist/ und der grosse Artabanus selbst nicht er-
streiten kan/ wie ich dann solcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte
Schwester/ antwortete er/ ich gestehe dir gerne/ daß mich ein hefftiges Anliegen drücket/
und ich ungleich zuschlagener bin im Gemüt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur
von dir/ daß du meinest mir könne geholffen werden; wiewol du sehr irrest/ daß ich gegen
eine mich solte verliebet befinden/ die in der Ehe lebet. Irre ich in dem/ sagte sie/ so wil ich
dir noch wol hülffe zusagen/ wie schwer dichs gleich dünken mag/ wann du mir nur deines
Herzen Last ungescheuhet offenbahrest. Ach meine Herzen Schwester/ wiederantwortete
er/ weistu meine alte Liebe noch wol/ damit du mich pflegtest auffzuzihen/ ich hätte nach der
Jungfer gefreiet/ und die Auffwärterin bekommen? Fehlet dir sonst nichts als dieses/ sag-
te sie/ so stelle es in meine Hand; ist sie dir dann nicht Jungfer bescheret gewesen/ sol sie
Wittib dir nicht entstehen. O wann du mich so hoch beseligen köntest/ sagte er/ wüste ichs
nimmermehr zuvergelten; aber bedenkestu nicht/ daß ich Artobarzanes erschlagen/ und
der morgende Tag zum Auffbruche bestimmet ist? Was dann mehr? sagte sie/ der stärke-
ste ist der beste; so jaget dich auch kein Mensch von Mithridates hinweg/ der sich in einer
Sänfte in die näheste Persische Grenzestat/ oder wol gar biß gen Persepolis mit tragen
lassen sol; tuht ers aber nicht/ so laß ihn zihen/ ich wil bey dir bleiben/ biß ich dich vergnü-
get habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer/ weil sie mit Fürstin Barsene
gute Kundschafft gemacht hatte/ und suchte Gelegenheit/ mit Fr. Atossen allein zureden/
die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunsch
fügete/ grüssete sie dieselbe von ihrem Bräutigam Mithridates/ der ihr befohlen hätte/ sie in
ihrem schweren Ungluk zutrösten; Hernach beklagete sie ihren Bruder Surinas/ daß der-
selbe weder Speise geniessen/ noch seine Wunden verbinden lassen wolte/ so hefftig gräme-
te er sich/ daß er ihren Liebsten ganz unwissend erlegt hätte/ vor welchen er doch wegen der
nahen Schwägerschafft zusterben/ sich nicht hätte wegern wollen; aber am unerträglich-
sten währe es ihm/ daß er vernehmen müste/ wie sie über ihres Gemahls Tod sich so gar nit
wolte trösten lassen; Dieses/ dieses/ sagte sie/ wird ihm die Seele verzehren/ dz er Euer Liebe
Traurigkeit ursach seyn sol/ die er von erster Kundschaft her noch stets und ungeendert gelie-
bet/ und vor seines Hertzen Schönste gehalten hat. Atossa hörete ihren Reden zu biß an diese
Worte/ über welche sie ungeduldig ward/ und also antwortete: Ich hätte es zwar endlich
der guten Geduld befohlen/ Frl. Tarinca/ daß eures Bruders Schwert mich dessen be-
raubet hat/ der mich/ so lange er mich gekennet/ von herzen hat geliebet und gemeynet; aber
daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet/ als hätte er mich stets und unverrükt geeh-
ret/ und vor seines Herzens Freundin/ ja schönste gehalten/ solches schneidet mir das Herz
durch/ und gibt eures Bruders boßhafftige und schnöde Falscheit gnug an den Tag. Ta-
rinea erseuffzete der Reden/ welche sie aus dem innersten ihrer Seele sahe hervor brechen/
wuste nicht/ worauff sie gerichtet wahren/ und was Surinas ihr möchte leides zugefüget

haben;

Fuͤnftes Buch.
merket/ daß ich daran im geringſten nicht zweiffele/ es druͤcke dich ein heftiges Anliegen;
dann was wuͤrde die ſtarken Seufzer ſonſt aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein ver-
birge dich nicht vor mir/ und biß verſichert/ daß ich alle moͤgligkeit anwenden werde/ dir zu
dienen/ und deinen Wunſch ins Werk zu richten/ wann nur deine Augen ſich nicht an dem
vergaffet haben was allerdinge unmoͤglich iſt/ und der groſſe Artabanus ſelbſt nicht er-
ſtreiten kan/ wie ich dann ſolcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte
Schweſter/ antwortete er/ ich geſtehe dir gerne/ daß mich ein hefftiges Anliegen drücket/
und ich ungleich zuſchlagener bin im Gemuͤt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur
von dir/ daß du meineſt mir koͤnne geholffen werden; wiewol du ſehr irreſt/ daß ich gegen
eine mich ſolte verliebet befinden/ die in der Ehe lebet. Irre ich in dem/ ſagte ſie/ ſo wil ich
dir noch wol huͤlffe zuſagen/ wie ſchwer dichs gleich duͤnken mag/ wañ du mir nur deines
Herzen Laſt ungeſcheuhet offenbahreſt. Ach meine Herzen Schweſter/ wiederantwortete
er/ weiſtu meine alte Liebe noch wol/ damit du mich pflegteſt auffzuzihen/ ich haͤtte nach der
Jungfer gefreiet/ und die Auffwaͤrterin bekommen? Fehlet dir ſonſt nichts als dieſes/ ſag-
te ſie/ ſo ſtelle es in meine Hand; iſt ſie dir dann nicht Jungfer beſcheret geweſen/ ſol ſie
Wittib dir nicht entſtehen. O wann du mich ſo hoch beſeligen koͤnteſt/ ſagte er/ wuͤſte ichs
nimmermehr zuvergelten; aber bedenkeſtu nicht/ daß ich Artobarzanes erſchlagen/ und
der morgende Tag zum Auffbruche beſtimmet iſt? Was dann mehr? ſagte ſie/ der ſtaͤrke-
ſte iſt der beſte; ſo jaget dich auch kein Menſch von Mithridates hinweg/ der ſich in einer
Saͤnfte in die naͤheſte Perſiſche Grenzeſtat/ oder wol gar biß gen Perſepolis mit tragen
laſſen ſol; tuht ers aber nicht/ ſo laß ihn zihen/ ich wil bey dir bleiben/ biß ich dich vergnuͤ-
get habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer/ weil ſie mit Fuͤrſtin Barſene
gute Kundſchafft gemacht hatte/ und ſuchte Gelegenheit/ mit Fr. Atoſſen allein zureden/
die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunſch
fuͤgete/ grüſſete ſie dieſelbe von ihrem Braͤutigam Mithridates/ der ihr befohlen haͤtte/ ſie in
ihrem ſchweren Ungluk zutroͤſten; Hernach beklagete ſie ihren Bruder Surinas/ daß der-
ſelbe weder Speiſe genieſſen/ noch ſeine Wunden verbinden laſſen wolte/ ſo hefftig graͤme-
te er ſich/ daß er ihren Liebſten ganz unwiſſend erlegt haͤtte/ vor welchen er doch wegen der
nahen Schwaͤgerſchafft zuſterben/ ſich nicht haͤtte wegern wollen; aber am unertraͤglich-
ſten waͤhre es ihm/ daß er vernehmen muͤſte/ wie ſie uͤber ihres Gemahls Tod ſich ſo gar nit
wolte troͤſten laſſen; Dieſes/ dieſes/ ſagte ſie/ wird ihm die Seele verzehren/ dz er Euer Liebe
Traurigkeit urſach ſeyn ſol/ die er von erſter Kundſchaft her noch ſtets uñ ungeendert gelie-
bet/ und vor ſeines Hertzen Schoͤnſte gehalten hat. Atoſſa hoͤrete ihrẽ Reden zu biß an dieſe
Worte/ über welche ſie ungeduldig ward/ und alſo antwortete: Ich haͤtte es zwar endlich
der guten Geduld befohlen/ Frl. Tarinca/ daß eures Bruders Schwert mich deſſen be-
raubet hat/ der mich/ ſo lange er mich gekennet/ von herzen hat geliebet und gemeynet; aber
daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet/ als haͤtte er mich ſtets und unverruͤkt geeh-
ret/ und vor ſeines Herzens Freundin/ ja ſchoͤnſte gehalten/ ſolches ſchneidet mir das Herz
durch/ und gibt eures Bruders boßhafftige und ſchnoͤde Falſcheit gnug an den Tag. Ta-
rinea erſeuffzete der Reden/ welche ſie aus dem innerſten ihrer Seele ſahe hervor brechen/
wuſte nicht/ worauff ſie gerichtet wahren/ und was Surinas ihr moͤchte leides zugefuͤget

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[135/0141] Fuͤnftes Buch. merket/ daß ich daran im geringſten nicht zweiffele/ es druͤcke dich ein heftiges Anliegen; dann was wuͤrde die ſtarken Seufzer ſonſt aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein ver- birge dich nicht vor mir/ und biß verſichert/ daß ich alle moͤgligkeit anwenden werde/ dir zu dienen/ und deinen Wunſch ins Werk zu richten/ wann nur deine Augen ſich nicht an dem vergaffet haben was allerdinge unmoͤglich iſt/ und der groſſe Artabanus ſelbſt nicht er- ſtreiten kan/ wie ich dann ſolcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte Schweſter/ antwortete er/ ich geſtehe dir gerne/ daß mich ein hefftiges Anliegen drücket/ und ich ungleich zuſchlagener bin im Gemuͤt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur von dir/ daß du meineſt mir koͤnne geholffen werden; wiewol du ſehr irreſt/ daß ich gegen eine mich ſolte verliebet befinden/ die in der Ehe lebet. Irre ich in dem/ ſagte ſie/ ſo wil ich dir noch wol huͤlffe zuſagen/ wie ſchwer dichs gleich duͤnken mag/ wañ du mir nur deines Herzen Laſt ungeſcheuhet offenbahreſt. Ach meine Herzen Schweſter/ wiederantwortete er/ weiſtu meine alte Liebe noch wol/ damit du mich pflegteſt auffzuzihen/ ich haͤtte nach der Jungfer gefreiet/ und die Auffwaͤrterin bekommen? Fehlet dir ſonſt nichts als dieſes/ ſag- te ſie/ ſo ſtelle es in meine Hand; iſt ſie dir dann nicht Jungfer beſcheret geweſen/ ſol ſie Wittib dir nicht entſtehen. O wann du mich ſo hoch beſeligen koͤnteſt/ ſagte er/ wuͤſte ichs nimmermehr zuvergelten; aber bedenkeſtu nicht/ daß ich Artobarzanes erſchlagen/ und der morgende Tag zum Auffbruche beſtimmet iſt? Was dann mehr? ſagte ſie/ der ſtaͤrke- ſte iſt der beſte; ſo jaget dich auch kein Menſch von Mithridates hinweg/ der ſich in einer Saͤnfte in die naͤheſte Perſiſche Grenzeſtat/ oder wol gar biß gen Perſepolis mit tragen laſſen ſol; tuht ers aber nicht/ ſo laß ihn zihen/ ich wil bey dir bleiben/ biß ich dich vergnuͤ- get habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer/ weil ſie mit Fuͤrſtin Barſene gute Kundſchafft gemacht hatte/ und ſuchte Gelegenheit/ mit Fr. Atoſſen allein zureden/ die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunſch fuͤgete/ grüſſete ſie dieſelbe von ihrem Braͤutigam Mithridates/ der ihr befohlen haͤtte/ ſie in ihrem ſchweren Ungluk zutroͤſten; Hernach beklagete ſie ihren Bruder Surinas/ daß der- ſelbe weder Speiſe genieſſen/ noch ſeine Wunden verbinden laſſen wolte/ ſo hefftig graͤme- te er ſich/ daß er ihren Liebſten ganz unwiſſend erlegt haͤtte/ vor welchen er doch wegen der nahen Schwaͤgerſchafft zuſterben/ ſich nicht haͤtte wegern wollen; aber am unertraͤglich- ſten waͤhre es ihm/ daß er vernehmen muͤſte/ wie ſie uͤber ihres Gemahls Tod ſich ſo gar nit wolte troͤſten laſſen; Dieſes/ dieſes/ ſagte ſie/ wird ihm die Seele verzehren/ dz er Euer Liebe Traurigkeit urſach ſeyn ſol/ die er von erſter Kundſchaft her noch ſtets uñ ungeendert gelie- bet/ und vor ſeines Hertzen Schoͤnſte gehalten hat. Atoſſa hoͤrete ihrẽ Reden zu biß an dieſe Worte/ über welche ſie ungeduldig ward/ und alſo antwortete: Ich haͤtte es zwar endlich der guten Geduld befohlen/ Frl. Tarinca/ daß eures Bruders Schwert mich deſſen be- raubet hat/ der mich/ ſo lange er mich gekennet/ von herzen hat geliebet und gemeynet; aber daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet/ als haͤtte er mich ſtets und unverruͤkt geeh- ret/ und vor ſeines Herzens Freundin/ ja ſchoͤnſte gehalten/ ſolches ſchneidet mir das Herz durch/ und gibt eures Bruders boßhafftige und ſchnoͤde Falſcheit gnug an den Tag. Ta- rinea erſeuffzete der Reden/ welche ſie aus dem innerſten ihrer Seele ſahe hervor brechen/ wuſte nicht/ worauff ſie gerichtet wahren/ und was Surinas ihr moͤchte leides zugefuͤget haben;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/141>, abgerufen am 24.11.2024.