Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch.
ehmahligen Sinne; und weil ichs nachdem wol hundertmahl gelesen/ habe ichs von Wort
zu Wort behalten/ daß ichs mündlich erzählen kan.

Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn/ etc wünschet der von Gott erleuchtete Herkules
Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkäntniß des Christlichen Glaubens. Ich ehmahls
unseliger ewig-verdammeter Fürst Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt
verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein
Herz von Jugend auff zum höchsten gewünschet; die Erkäntniß des einigen wahren Gottes/ und das
erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verstand erleuchtet/ und mir den schmalen Weg
nach dem Himmel gezeiget hat. O Glük! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du süsse Knecht-
schafft! die mich zum freyen Himmels Fürsten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des
hellischen Feuers loßgerissen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigster Fürst/ daß ich verstossener Knecht
diese meine hohe Vergnügung vor eurem annoch unverständigem Herzen ausschütte. O JEsus/ wie
erquiklich bistu! O Welt/ wie verführisch bistu! O Sünde/ wie gräulich bistu! O Verdamniß/ wie er-
schreklich bistu! Das verführische lerne ich Gott Lob meiden; das gräuliche/ so ich neben euch vor die-
sem geliebet/ hassen; des erschreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkäntniß des allerkräfftigst-
süssen Nahmen JEsus. Die Liebe dieses Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu
meinen Füssen geworffen; dann ich sehe und empfinde/ daß ausser diesem JEsus/ solches alles ein
Dunst und Rauch/ ja eine Rennebahn ist zur hellischen Verdamniß; daher dann mit meinem JEsus
ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Käyser des ganzen Erdbodems seyn wil. Zwar
ich währe annoch herzlich gerne des Groß Fürsten aus Teutschland lieber Sohn; des Böhmischen
Fürsten vertraueter Bruder/ wann sie meinen JEsus leiden/ und mich deswegen nicht hassen wolten/
daß ich das teuflische Geschmeiß aller Teutschen und anderer falschen Götzen verfluche/ und dagegen
den einigen Gott/ welchen sie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber können sie mir solches nicht gön-
nen/ so verleugne und hasse ich Vater und Mutter/ Bruder und Schwester/ auch meinen Ladisla/ und
begebe mich meines väterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Trähnen täg-
lich vergiessen/ daß ich sie meiden muß. Dieses einzige zuwissen verlanget mich herzlich/ ob Ladisla den
jeztbeschriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja
ob er nicht allein einen Christen umb sich leiden/ sondern dessen geträuem Raht zur Seligkeit auch fol-
gen könne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen müsse. Nichts su-
chen meine Trähnen so hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fürst Ladisla/ der weltliche Tu-
gend/ daran er wol tuht/ so hoch liebet/ auch das himlische Liecht ergreiffen/ und den Christlichen Glau-
ben annehmen möge/ welches dann wünschet und flehet desselben ehmaliger geträuer Welt-Bruder/
anjetzo inbrünstiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene.

Nach verlesung muste ich selbst Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules
währe/ und wann ers währe/ ob er dann seinen Verstand und Wiz noch hätte. O ja/ ant-
wortete er; freillch ist ers/ aber nicht der vorige; so hat auch seine angebohrne Leutseligkeit
nich abe/ sondern treflich zugenommen/ aber seine Reden sind nur von himlischen Dingen/
die seinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhöchste Glükselig-
keit versetzet sey; wann er hierauff zu reden komt/ stehet er/ als ob sein Geist verzücket wer-
de; die Augen wissen nicht/ wie sie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und
trieffen ihm mit lauter Freuden-Trähnen. Einen fremden Nahmen/ JEsus/ führet er
viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewäget sich sein innerstes. Er beuget die Knie/
er falzet die Hände/ er schläget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War-
heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir stehen sähe. Es muß ja eine sonderliche
Kraft in diesem Nahmen seyn; dann wann er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren so

lieblich

Fuͤnftes Buch.
ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl geleſen/ habe ichs von Wort
zu Wort behalten/ daß ichs muͤndlich erzaͤhlen kan.

Dem Durchleuchtigſten Fuͤrſten und Herrn/ etc wuͤnſchet der von Gott erleuchtete Herkules
Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkaͤntniß des Chriſtlichen Glaubens. Ich ehmahls
unſeliger ewig-verdammeter Fuͤrſt Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt
verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein
Herz von Jugend auff zum hoͤchſten gewuͤnſchet; die Erkaͤntniß des einigen wahren Gottes/ und das
erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verſtand erleuchtet/ und mir den ſchmalen Weg
nach dem Himmel gezeiget hat. O Gluͤk! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du ſuͤſſe Knecht-
ſchafft! die mich zum freyen Himmels Fuͤrſten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des
helliſchen Feuers loßgeriſſen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ daß ich verſtoſſener Knecht
dieſe meine hohe Vergnuͤgung vor eurem annoch unverſtaͤndigem Herzen ausſchuͤtte. O JEſus/ wie
erquiklich biſtu! O Welt/ wie verfuͤhriſch biſtu! O Suͤnde/ wie graͤulich biſtu! O Verdamniß/ wie er-
ſchreklich biſtu! Das verfuͤhriſche lerne ich Gott Lob meiden; das graͤuliche/ ſo ich neben euch vor die-
ſem geliebet/ haſſen; des erſchreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkaͤntniß des allerkraͤfftigſt-
ſuͤſſen Nahmen JEſus. Die Liebe dieſes Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu
meinen Fuͤſſen geworffen; dann ich ſehe und empfinde/ daß auſſer dieſem JEſus/ ſolches alles ein
Dunſt und Rauch/ ja eine Rennebahn iſt zur helliſchen Verdamniß; daher dann mit meinem JEſus
ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Kaͤyſer des ganzen Erdbodems ſeyn wil. Zwar
ich waͤhre annoch herzlich gerne des Groß Fuͤrſten aus Teutſchland lieber Sohn; des Boͤhmiſchen
Fuͤrſten vertraueter Bruder/ wann ſie meinen JEſus leiden/ und mich deswegen nicht haſſen wolten/
daß ich das teufliſche Geſchmeiß aller Teutſchen und anderer falſchen Goͤtzen verfluche/ und dagegen
den einigen Gott/ welchen ſie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber koͤnnen ſie mir ſolches nicht goͤn-
nen/ ſo verleugne und haſſe ich Vater und Mutter/ Bruder und Schweſter/ auch meinen Ladiſla/ und
begebe mich meines vaͤterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Traͤhnen taͤg-
lich vergieſſen/ daß ich ſie meiden muß. Dieſes einzige zuwiſſen veꝛlanget mich herzlich/ ob Ladiſla den
jeztbeſchriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja
ob er nicht allein einen Chriſten umb ſich leiden/ ſondern deſſen getraͤuem Raht zur Seligkeit auch fol-
gen koͤnne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen muͤſſe. Nichts ſu-
chen meine Traͤhnen ſo hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fuͤrſt Ladiſla/ der weltliche Tu-
gend/ daran er wol tuht/ ſo hoch liebet/ auch das himliſche Liecht ergreiffen/ und den Chriſtlichen Glau-
ben annehmen moͤge/ welches dann wuͤnſchet und flehet deſſelben ehmaliger getraͤuer Welt-Bruder/
anjetzo inbruͤnſtiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene.

Nach verleſung muſte ich ſelbſt Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules
waͤhre/ und wann ers waͤhre/ ob er dann ſeinen Verſtand und Wiz noch haͤtte. O ja/ ant-
wortete er; freillch iſt ers/ aber nicht der vorige; ſo hat auch ſeine angebohrne Leutſeligkeit
nich abe/ ſondern treflich zugenommen/ aber ſeine Reden ſind nur von himliſchen Dingen/
die ſeinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhoͤchſte Gluͤkſelig-
keit verſetzet ſey; wann er hierauff zu reden komt/ ſtehet er/ als ob ſein Geiſt verzuͤcket wer-
de; die Augen wiſſen nicht/ wie ſie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und
trieffen ihm mit lauter Freuden-Traͤhnen. Einen fremden Nahmen/ JEſus/ fuͤhret er
viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewaͤget ſich ſein innerſtes. Er beuget die Knie/
er falzet die Haͤnde/ er ſchlaͤget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War-
heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir ſtehen ſaͤhe. Es muß ja eine ſonderliche
Kraft in dieſem Nahmen ſeyn; dann wañ er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren ſo

lieblich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0198" n="192"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch.</hi></fw><lb/>
ehmahligen Sinne; un&#x0303; weil ichs nachdem wol hundertmahl gele&#x017F;en/ habe ichs von Wort<lb/>
zu Wort behalten/ daß ichs mu&#x0364;ndlich erza&#x0364;hlen kan.</p><lb/>
          <p>Dem Durchleuchtig&#x017F;ten Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herrn/ etc wu&#x0364;n&#x017F;chet der von Gott erleuchtete Herkules<lb/>
Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erka&#x0364;ntniß des Chri&#x017F;tlichen Glaubens. Ich ehmahls<lb/>
un&#x017F;eliger ewig-verdammeter Fu&#x0364;r&#x017F;t Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt<lb/>
verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein<lb/>
Herz von Jugend auff zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten gewu&#x0364;n&#x017F;chet; die Erka&#x0364;ntniß des einigen wahren Gottes/ und das<lb/>
erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Ver&#x017F;tand erleuchtet/ und mir den &#x017F;chmalen Weg<lb/>
nach dem Himmel gezeiget hat. O Glu&#x0364;k! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Knecht-<lb/>
&#x017F;chafft! die mich zum freyen Himmels Fu&#x0364;r&#x017F;ten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des<lb/>
helli&#x017F;chen Feuers loßgeri&#x017F;&#x017F;en hat. Verzethet mir/ Durchleuchtig&#x017F;ter Fu&#x0364;r&#x017F;t/ daß ich ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ener Knecht<lb/>
die&#x017F;e meine hohe Vergnu&#x0364;gung vor eurem annoch unver&#x017F;ta&#x0364;ndigem Herzen aus&#x017F;chu&#x0364;tte. O JE&#x017F;us/ wie<lb/>
erquiklich bi&#x017F;tu! O Welt/ wie verfu&#x0364;hri&#x017F;ch bi&#x017F;tu! O Su&#x0364;nde/ wie gra&#x0364;ulich bi&#x017F;tu! O Verdamniß/ wie er-<lb/>
&#x017F;chreklich bi&#x017F;tu! Das verfu&#x0364;hri&#x017F;che lerne ich Gott Lob meiden; das gra&#x0364;uliche/ &#x017F;o ich neben euch vor die-<lb/>
&#x017F;em geliebet/ ha&#x017F;&#x017F;en; des er&#x017F;chreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erka&#x0364;ntniß des allerkra&#x0364;fftig&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Nahmen JE&#x017F;us. Die Liebe die&#x017F;es Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu<lb/>
meinen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en geworffen; dann ich &#x017F;ehe und empfinde/ daß au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;em JE&#x017F;us/ &#x017F;olches alles ein<lb/>
Dun&#x017F;t und Rauch/ ja eine Rennebahn i&#x017F;t zur helli&#x017F;chen Verdamniß; daher dann mit meinem JE&#x017F;us<lb/>
ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Ka&#x0364;y&#x017F;er des ganzen Erdbodems &#x017F;eyn wil. Zwar<lb/>
ich wa&#x0364;hre annoch herzlich gerne des Groß Fu&#x0364;r&#x017F;ten aus Teut&#x017F;chland lieber Sohn; des Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten vertraueter Bruder/ wann &#x017F;ie meinen JE&#x017F;us leiden/ und mich deswegen nicht ha&#x017F;&#x017F;en wolten/<lb/>
daß ich das teufli&#x017F;che Ge&#x017F;chmeiß aller Teut&#x017F;chen und anderer fal&#x017F;chen Go&#x0364;tzen verfluche/ und dagegen<lb/>
den einigen Gott/ welchen &#x017F;ie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber ko&#x0364;nnen &#x017F;ie mir &#x017F;olches nicht go&#x0364;n-<lb/>
nen/ &#x017F;o verleugne und ha&#x017F;&#x017F;e ich Vater und Mutter/ Bruder und Schwe&#x017F;ter/ auch meinen Ladi&#x017F;la/ und<lb/>
begebe mich meines va&#x0364;terlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Tra&#x0364;hnen ta&#x0364;g-<lb/>
lich vergie&#x017F;&#x017F;en/ daß ich &#x017F;ie meiden muß. Die&#x017F;es einzige zuwi&#x017F;&#x017F;en ve&#xA75B;langet mich herzlich/ ob Ladi&#x017F;la den<lb/>
jeztbe&#x017F;chriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja<lb/>
ob er nicht allein einen Chri&#x017F;ten umb &#x017F;ich leiden/ &#x017F;ondern de&#x017F;&#x017F;en getra&#x0364;uem Raht zur Seligkeit auch fol-<lb/>
gen ko&#x0364;nne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Nichts &#x017F;u-<lb/>
chen meine Tra&#x0364;hnen &#x017F;o hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fu&#x0364;r&#x017F;t Ladi&#x017F;la/ der weltliche Tu-<lb/>
gend/ daran er wol tuht/ &#x017F;o hoch liebet/ auch das himli&#x017F;che Liecht ergreiffen/ und den Chri&#x017F;tlichen Glau-<lb/>
ben annehmen mo&#x0364;ge/ welches dann wu&#x0364;n&#x017F;chet und flehet de&#x017F;&#x017F;elben ehmaliger getra&#x0364;uer Welt-Bruder/<lb/>
anjetzo inbru&#x0364;n&#x017F;tiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene.</p><lb/>
          <p>Nach verle&#x017F;ung mu&#x017F;te ich &#x017F;elb&#x017F;t Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules<lb/>
wa&#x0364;hre/ und wann ers wa&#x0364;hre/ ob er dann &#x017F;einen Ver&#x017F;tand und Wiz noch ha&#x0364;tte. O ja/ ant-<lb/>
wortete er; freillch i&#x017F;t ers/ aber nicht der vorige; &#x017F;o hat auch &#x017F;eine angebohrne Leut&#x017F;eligkeit<lb/>
nich abe/ &#x017F;ondern treflich zugenommen/ aber &#x017F;eine Reden &#x017F;ind nur von himli&#x017F;chen Dingen/<lb/>
die &#x017F;einem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerho&#x0364;ch&#x017F;te Glu&#x0364;k&#x017F;elig-<lb/>
keit ver&#x017F;etzet &#x017F;ey; wann er hierauff zu reden komt/ &#x017F;tehet er/ als ob &#x017F;ein Gei&#x017F;t verzu&#x0364;cket wer-<lb/>
de; die Augen wi&#x017F;&#x017F;en nicht/ wie &#x017F;ie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und<lb/>
trieffen ihm mit lauter Freuden-Tra&#x0364;hnen. Einen fremden Nahmen/ JE&#x017F;us/ fu&#x0364;hret er<lb/>
viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewa&#x0364;get &#x017F;ich &#x017F;ein inner&#x017F;tes. Er beuget die Knie/<lb/>
er falzet die Ha&#x0364;nde/ er &#x017F;chla&#x0364;get die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War-<lb/>
heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir &#x017F;tehen &#x017F;a&#x0364;he. Es muß ja eine &#x017F;onderliche<lb/>
Kraft in die&#x017F;em Nahmen &#x017F;eyn; dann wan&#x0303; er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lieblich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0198] Fuͤnftes Buch. ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl geleſen/ habe ichs von Wort zu Wort behalten/ daß ichs muͤndlich erzaͤhlen kan. Dem Durchleuchtigſten Fuͤrſten und Herrn/ etc wuͤnſchet der von Gott erleuchtete Herkules Gottes Barmherzigkeit/ zur heilbringenden Erkaͤntniß des Chriſtlichen Glaubens. Ich ehmahls unſeliger ewig-verdammeter Fuͤrſt Herkules/ jezo angenehmes Kind Gottes/ wiewol vor der Welt verachteter leibeigener Knecht Oedemeier/ habe/ GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden/ was mein Herz von Jugend auff zum hoͤchſten gewuͤnſchet; die Erkaͤntniß des einigen wahren Gottes/ und das erquikliche Seelenliecht/ welches meinen blinden Verſtand erleuchtet/ und mir den ſchmalen Weg nach dem Himmel gezeiget hat. O Gluͤk! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du ſuͤſſe Knecht- ſchafft! die mich zum freyen Himmels Fuͤrſten gemacht/ und aus dem Rachen des Teuffels und des helliſchen Feuers loßgeriſſen hat. Verzethet mir/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ daß ich verſtoſſener Knecht dieſe meine hohe Vergnuͤgung vor eurem annoch unverſtaͤndigem Herzen ausſchuͤtte. O JEſus/ wie erquiklich biſtu! O Welt/ wie verfuͤhriſch biſtu! O Suͤnde/ wie graͤulich biſtu! O Verdamniß/ wie er- ſchreklich biſtu! Das verfuͤhriſche lerne ich Gott Lob meiden; das graͤuliche/ ſo ich neben euch vor die- ſem geliebet/ haſſen; des erſchreklichen bin ich gar loß worden/ durch die Erkaͤntniß des allerkraͤfftigſt- ſuͤſſen Nahmen JEſus. Die Liebe dieſes Nahmens/ hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt/ zu meinen Fuͤſſen geworffen; dann ich ſehe und empfinde/ daß auſſer dieſem JEſus/ ſolches alles ein Dunſt und Rauch/ ja eine Rennebahn iſt zur helliſchen Verdamniß; daher dann mit meinem JEſus ich viel lieber ein leibeigener Knecht/ als ohn ihn ein Kaͤyſer des ganzen Erdbodems ſeyn wil. Zwar ich waͤhre annoch herzlich gerne des Groß Fuͤrſten aus Teutſchland lieber Sohn; des Boͤhmiſchen Fuͤrſten vertraueter Bruder/ wann ſie meinen JEſus leiden/ und mich deswegen nicht haſſen wolten/ daß ich das teufliſche Geſchmeiß aller Teutſchen und anderer falſchen Goͤtzen verfluche/ und dagegen den einigen Gott/ welchen ſie nicht kennen/ anbehte und ehre; aber koͤnnen ſie mir ſolches nicht goͤn- nen/ ſo verleugne und haſſe ich Vater und Mutter/ Bruder und Schweſter/ auch meinen Ladiſla/ und begebe mich meines vaͤterlichen Erbes in Ewigkeit/ ob gleich meine leibliche Augen ihre Traͤhnen taͤg- lich vergieſſen/ daß ich ſie meiden muß. Dieſes einzige zuwiſſen veꝛlanget mich herzlich/ ob Ladiſla den jeztbeſchriebenen Herkules leiden und lieben/ und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja ob er nicht allein einen Chriſten umb ſich leiden/ ſondern deſſen getraͤuem Raht zur Seligkeit auch fol- gen koͤnne/ damit ich ihn als einen/ O weh/ O weh! ewig verdamten nicht beweinen muͤſſe. Nichts ſu- chen meine Traͤhnen ſo hefftig/ als bey Gott zuwirken/ daß der teure Fuͤrſt Ladiſla/ der weltliche Tu- gend/ daran er wol tuht/ ſo hoch liebet/ auch das himliſche Liecht ergreiffen/ und den Chriſtlichen Glau- ben annehmen moͤge/ welches dann wuͤnſchet und flehet deſſelben ehmaliger getraͤuer Welt-Bruder/ anjetzo inbruͤnſtiger Vorbitter zu Gott/ Odemeier der Leibeigene. Nach verleſung muſte ich ſelbſt Ekhard fragen/ ob er auch der warhaffte Herkules waͤhre/ und wann ers waͤhre/ ob er dann ſeinen Verſtand und Wiz noch haͤtte. O ja/ ant- wortete er; freillch iſt ers/ aber nicht der vorige; ſo hat auch ſeine angebohrne Leutſeligkeit nich abe/ ſondern treflich zugenommen/ aber ſeine Reden ſind nur von himliſchen Dingen/ die ſeinem vorgeben nach er zu Rom gelernet/ und dadurch in die allerhoͤchſte Gluͤkſelig- keit verſetzet ſey; wann er hierauff zu reden komt/ ſtehet er/ als ob ſein Geiſt verzuͤcket wer- de; die Augen wiſſen nicht/ wie ſie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben/ und trieffen ihm mit lauter Freuden-Traͤhnen. Einen fremden Nahmen/ JEſus/ fuͤhret er viel im Munde/ und wann er ihn nennet/ bewaͤget ſich ſein innerſtes. Er beuget die Knie/ er falzet die Haͤnde/ er ſchlaͤget die Augen auff gen Himmel/ und meinete ich in der War- heit nicht anders/ als daß ich einen Engel vor mir ſtehen ſaͤhe. Es muß ja eine ſonderliche Kraft in dieſem Nahmen ſeyn; dann wañ er ihn nennete/ klang er mir in den Ohren ſo lieblich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/198
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/198>, abgerufen am 28.11.2024.