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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
hart beleidiget/ durch welche er sie bey ihrer Fr. Schwester in verdacht bringen wolte/ als
ob sie ihm zu einiger Unruhe Ursache zu geben/ sich gelüsten liesse/ welches von ihr so ferne/
als der Himmel von der Erden währe/ daher sie dessen Erstattung zu fodern unvergessen
seyn würde. Worauff Siegward sagete: Hochgebornes Fräulein/ ich suche durchaus
nicht/ mit euer Liebe zu rechten/ dann alsdann müste ich auch in der allersichersten Sache
unten liegen/ nur allein geschiehet alles bitsweise/ in dem ich nichts als Mitleiden suche/
welches sie mit ihrem Gefangenen tragen möge/ welcher in dem grausamsten Gefängnis
der Verzweifelung sich befindend/ auff keine andere Weise/ als durch ihre Hülffe/ das ist/
angenehme Erklärung/ kan heraußgezogen werden. Das Glük gönnete ihm die Antwort
nicht/ damit sie vor dißmahl ihn ziemlich zu befriedigen willens wahr/ dann wegen der an-
deren herzunahung muste er mit ihr fortgehen/ und Baldrichen folgen. Auff dem Saale
wurden sie von dem Stathalter freundlich empfangen/ und verwunderte sich derselbe der
vielen unbekanten Kleinot/ damit die Fräulein außgezieret wahren. Er suchte Gelegen-
heit mit Baldrichen zu reden/ und sagte zu ihm: Eure Liebe verzeihe mir/ daß gestern durch
überflüssige hohe Glükseligkeiten verhindert/ nach euer Liebe Eltern und deren Wolerge-
hen zu fragen ich unterlassen habe. Baldrich antwortete: Hochmögender Herr Stathal-
ter/ wegen solcher freudlichen Nachfrage bedanke ich mich höchlich/ hoffe nicht anders/
meine Eltern werden annoch in guter Gesundheit seyn; die ich aber in Jahres frist und
länger/ weder gesehen noch einige Zeitung von ihnen gehabt/ massen von meinem Herrn
Vater mit einem Teutschen Kriegs Heer von 20000 Mann ich meinem Herrn Oheim
dem Schwedischen Könige wider seine räuberische Nachbarn die Reussen zu Hülffe ge-
sand bin/ von dannen ich nach glüklich geendigtem Kriege/ ohn meiner Eltern Vorwissen
mit meinem Oheim und Bruder/ gegenwärtig/ in diese Landschaft mich begeben/ den rit-
terllchen übungen nachzusetzen/ und meinem geliebten Bruder Herkules in den Morgen-
ländern zu folgen/ daß also den Gruß von meinen lieben Eltern ich niemand anmelden
können. Nach solcher Erzählung trat Fr. Sophia hervor/ und hielt diese Rede an ihren
Vater. Hochgeliebter Herr Vater; nach dem gestriges Tages ich schon erzählet/ mit was
treflicher Kühnheit gegenwärtige tapffere Helden/ die Durchleuchtigsten Fürsten/ Herr
Siegward und Herr Baldrich mich und meine Gespielen aus den Händen so vieler Räu-
ber loßgerissen/ und unsere Entehrung abgewendet/ bitte ich kindlich/ daß ohn längeres
verweilen/ den annoch übrigen Räubern ihre Boßheit vergolten werde/ jedoch daß Ap-
pius Leben und Freiheit nach meinem getahnen versprechen erhalte/ auch mein ungetreuer
Genutius nebest dem Koche unter meiner freien Anordnung verbleibe; den übrigen sech-
sen aber die Straffe nach Recht wiederfahre. Der Stathalter zeigete an/ es solten ihr die
drey nach ihrem Willen geschenket seyn/ wiewol sie alle/ als Räuber/ den Tod verschuldet;
im übrigen/ damit er nicht aus väterlichem Eifer die masse im Urteilen überschritte/ hätte
er die Vornehmsten des Rahts darzu verordnet/ welche schon an der Gerichtsstelle säs-
sen/ und der Missethäter Gegenwart erwarteten. Es wurden dieselben alle mit einander
vor die Richter gestellet/ welche folgende Urtel über sie sprachen: Appius/ ob er zwar nach
einhelliger Zeugnis der anderen/ noch keine Boßheit hätte verrichten helffen/ müste er
doch von Rechtswegen mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht wer-

den/
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Sechſtes Buch.
hart beleidiget/ durch welche er ſie bey ihrer Fr. Schweſter in verdacht bringen wolte/ als
ob ſie ihm zu einiger Unruhe Urſache zu geben/ ſich geluͤſten lieſſe/ welches von ihr ſo ferne/
als der Himmel von der Erden waͤhre/ daher ſie deſſen Erſtattung zu fodern unvergeſſen
ſeyn wuͤrde. Worauff Siegward ſagete: Hochgebornes Fraͤulein/ ich ſuche durchaus
nicht/ mit euer Liebe zu rechten/ dann alsdann muͤſte ich auch in der allerſicherſten Sache
unten liegen/ nur allein geſchiehet alles bitsweiſe/ in dem ich nichts als Mitleiden ſuche/
welches ſie mit ihrem Gefangenen tragen moͤge/ welcher in dem grauſamſten Gefaͤngnis
der Verzweifelung ſich befindend/ auff keine andere Weiſe/ als durch ihre Huͤlffe/ das iſt/
angenehme Erklaͤrung/ kan heraußgezogen werden. Das Gluͤk goͤnnete ihm die Antwort
nicht/ damit ſie vor dißmahl ihn ziemlich zu befriedigen willens wahr/ dañ wegen der an-
deren herzunahung muſte er mit ihr fortgehen/ und Baldrichen folgen. Auff dem Saale
wurden ſie von dem Stathalter freundlich empfangen/ und verwunderte ſich derſelbe der
vielen unbekanten Kleinot/ damit die Fraͤulein außgezieret wahren. Er ſuchte Gelegen-
heit mit Baldrichen zu reden/ und ſagte zu ihm: Eure Liebe verzeihe mir/ daß geſtern duꝛch
uͤberfluͤſſige hohe Gluͤkſeligkeiten verhindert/ nach euer Liebe Eltern und deren Wolerge-
hen zu fragen ich unterlaſſen habe. Baldrich antwortete: Hochmoͤgender Herꝛ Stathal-
ter/ wegen ſolcher freudlichen Nachfrage bedanke ich mich hoͤchlich/ hoffe nicht anders/
meine Eltern werden annoch in guter Geſundheit ſeyn; die ich aber in Jahres friſt und
laͤnger/ weder geſehen noch einige Zeitung von ihnen gehabt/ maſſen von meinem Herꝛn
Vater mit einem Teutſchen Kriegs Heer von 20000 Mann ich meinem Herꝛn Oheim
dem Schwediſchen Koͤnige wider ſeine raͤuberiſche Nachbarn die Reuſſen zu Huͤlffe ge-
ſand bin/ von dannen ich nach gluͤklich geendigtem Kriege/ ohn meiner Eltern Vorwiſſen
mit meinem Oheim und Bruder/ gegenwaͤrtig/ in dieſe Landſchaft mich begeben/ den rit-
terllchen uͤbungen nachzuſetzen/ und meinem geliebten Bruder Herkules in den Morgen-
laͤndern zu folgen/ daß alſo den Gruß von meinen lieben Eltern ich niemand anmelden
koͤnnen. Nach ſolcher Erzaͤhlung trat Fr. Sophia hervor/ und hielt dieſe Rede an ihren
Vater. Hochgeliebter Herꝛ Vater; nach dem geſtriges Tages ich ſchon erzaͤhlet/ mit was
treflicher Kuͤhnheit gegenwaͤrtige tapffere Helden/ die Durchleuchtigſten Fuͤrſten/ Herr
Siegward und Herꝛ Baldrich mich uñ meine Geſpielen aus den Haͤnden ſo vieler Raͤu-
ber loßgeriſſen/ und unſere Entehrung abgewendet/ bitte ich kindlich/ daß ohn laͤngeres
verweilen/ den annoch uͤbrigen Raͤubern ihre Boßheit vergolten werde/ jedoch daß Ap-
pius Leben und Freiheit nach meinem getahnen verſprechen erhalte/ auch mein ungetreueꝛ
Genutius nebeſt dem Koche unter meiner freien Anordnung verbleibe; den uͤbrigen ſech-
ſen aber die Straffe nach Recht wiederfahre. Der Stathalter zeigete an/ es ſolten ihr die
drey nach ihrem Willen geſchenket ſeyn/ wiewol ſie alle/ als Raͤuber/ den Tod verſchuldet;
im uͤbrigen/ damit er nicht aus vaͤterlichem Eifer die maſſe im Urteilen uͤberſchritte/ haͤtte
er die Vornehmſten des Rahts darzu verordnet/ welche ſchon an der Gerichtsſtelle ſaͤſ-
ſen/ und der Miſſethaͤter Gegenwart erwarteten. Es wurden dieſelben alle mit einander
vor die Richter geſtellet/ welche folgende Urtel uͤber ſie ſprachen: Appius/ ob er zwar nach
einhelliger Zeugnis der anderen/ noch keine Boßheit haͤtte verrichten helffen/ muͤſte er
doch von Rechtswegen mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht wer-

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[297/0303] Sechſtes Buch. hart beleidiget/ durch welche er ſie bey ihrer Fr. Schweſter in verdacht bringen wolte/ als ob ſie ihm zu einiger Unruhe Urſache zu geben/ ſich geluͤſten lieſſe/ welches von ihr ſo ferne/ als der Himmel von der Erden waͤhre/ daher ſie deſſen Erſtattung zu fodern unvergeſſen ſeyn wuͤrde. Worauff Siegward ſagete: Hochgebornes Fraͤulein/ ich ſuche durchaus nicht/ mit euer Liebe zu rechten/ dann alsdann muͤſte ich auch in der allerſicherſten Sache unten liegen/ nur allein geſchiehet alles bitsweiſe/ in dem ich nichts als Mitleiden ſuche/ welches ſie mit ihrem Gefangenen tragen moͤge/ welcher in dem grauſamſten Gefaͤngnis der Verzweifelung ſich befindend/ auff keine andere Weiſe/ als durch ihre Huͤlffe/ das iſt/ angenehme Erklaͤrung/ kan heraußgezogen werden. Das Gluͤk goͤnnete ihm die Antwort nicht/ damit ſie vor dißmahl ihn ziemlich zu befriedigen willens wahr/ dañ wegen der an- deren herzunahung muſte er mit ihr fortgehen/ und Baldrichen folgen. Auff dem Saale wurden ſie von dem Stathalter freundlich empfangen/ und verwunderte ſich derſelbe der vielen unbekanten Kleinot/ damit die Fraͤulein außgezieret wahren. Er ſuchte Gelegen- heit mit Baldrichen zu reden/ und ſagte zu ihm: Eure Liebe verzeihe mir/ daß geſtern duꝛch uͤberfluͤſſige hohe Gluͤkſeligkeiten verhindert/ nach euer Liebe Eltern und deren Wolerge- hen zu fragen ich unterlaſſen habe. Baldrich antwortete: Hochmoͤgender Herꝛ Stathal- ter/ wegen ſolcher freudlichen Nachfrage bedanke ich mich hoͤchlich/ hoffe nicht anders/ meine Eltern werden annoch in guter Geſundheit ſeyn; die ich aber in Jahres friſt und laͤnger/ weder geſehen noch einige Zeitung von ihnen gehabt/ maſſen von meinem Herꝛn Vater mit einem Teutſchen Kriegs Heer von 20000 Mann ich meinem Herꝛn Oheim dem Schwediſchen Koͤnige wider ſeine raͤuberiſche Nachbarn die Reuſſen zu Huͤlffe ge- ſand bin/ von dannen ich nach gluͤklich geendigtem Kriege/ ohn meiner Eltern Vorwiſſen mit meinem Oheim und Bruder/ gegenwaͤrtig/ in dieſe Landſchaft mich begeben/ den rit- terllchen uͤbungen nachzuſetzen/ und meinem geliebten Bruder Herkules in den Morgen- laͤndern zu folgen/ daß alſo den Gruß von meinen lieben Eltern ich niemand anmelden koͤnnen. Nach ſolcher Erzaͤhlung trat Fr. Sophia hervor/ und hielt dieſe Rede an ihren Vater. Hochgeliebter Herꝛ Vater; nach dem geſtriges Tages ich ſchon erzaͤhlet/ mit was treflicher Kuͤhnheit gegenwaͤrtige tapffere Helden/ die Durchleuchtigſten Fuͤrſten/ Herr Siegward und Herꝛ Baldrich mich uñ meine Geſpielen aus den Haͤnden ſo vieler Raͤu- ber loßgeriſſen/ und unſere Entehrung abgewendet/ bitte ich kindlich/ daß ohn laͤngeres verweilen/ den annoch uͤbrigen Raͤubern ihre Boßheit vergolten werde/ jedoch daß Ap- pius Leben und Freiheit nach meinem getahnen verſprechen erhalte/ auch mein ungetreueꝛ Genutius nebeſt dem Koche unter meiner freien Anordnung verbleibe; den uͤbrigen ſech- ſen aber die Straffe nach Recht wiederfahre. Der Stathalter zeigete an/ es ſolten ihr die drey nach ihrem Willen geſchenket ſeyn/ wiewol ſie alle/ als Raͤuber/ den Tod verſchuldet; im uͤbrigen/ damit er nicht aus vaͤterlichem Eifer die maſſe im Urteilen uͤberſchritte/ haͤtte er die Vornehmſten des Rahts darzu verordnet/ welche ſchon an der Gerichtsſtelle ſaͤſ- ſen/ und der Miſſethaͤter Gegenwart erwarteten. Es wurden dieſelben alle mit einander vor die Richter geſtellet/ welche folgende Urtel uͤber ſie ſprachen: Appius/ ob er zwar nach einhelliger Zeugnis der anderen/ noch keine Boßheit haͤtte verrichten helffen/ muͤſte er doch von Rechtswegen mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht wer- den/ p p

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/303>, abgerufen am 22.11.2024.