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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
sch eid von ihr nehmen/ des gänzlichen vorhabens/ noch diesen Abend hinaus in einen Wald
zu reiten/ und daselbst sein Leben durch Hunger zuendigen. Aber das Fräulein befürchtete
noch ein schwerers/ fassete ihn bey der Hand/ und da er auffstund weg zugehen/ sagte sie mit
ganz verworrenem Gemühte zu ihm: Durchl. Fürst/ und mein Ritter/ wohin gedenket
eure Liebe so eilig? Nach dem Ende meines Unglüks/ antwortete er: Wo meinet aber eu-
re Liebe solches anzutreffen? fuhr sie fort; ist es in der nähe/ so nehmet mich mit/ dann ich
wolte des Unglüks auch gerne entladen seyn. Diesen Wunsch/ sagte er/ wird eure vortref-
ligkeit alsbald nach meinem Abwich erhalten/ wann die Ursach ihres Unglüks wird aus
dem Wege geräumet seyn. Daß sind dunkele Reden/ antwortete sie/ deren Verstand ich
nicht begreiffen kan/ bitte demnach/ mich dessen klärern bericht zu tuhn/ oder ich muß billich
an seiner mir so teur versprochenen gewogenheit zweiffeln. Eben diese Gewogenheit/ sagte
er/ weil sie mich gar zu verwägen gemacht/ sol davor mögliche Busse angehen/ und bitte die
Götter/ eure vortrefligkeit in stetem Schuz zu halten/ mir aber zuverzeihen/ daß ich habe lie-
ben dürffen/ welches ich nur solte angebehtet haben. Eure Durchl. leget mir grosse beschimp-
fung an/ sagte sie/ in dem sie mich über gebühr erhebet/ dessen ich dann zu seiner Zeit gebühr-
lichen abtrag fodern werde; nur bitte ich dißmahl/ mich eigentlich zuberichten/ wo des Un-
glüks endschaft anzutreffen sey/ auff daß ich zugleich mit ihm dahin gelangen könne. Da
werde ichs finden/ antwortete er/ da es keine Gewalt mehr über mich hat; ihre Liebe aber
hat hieran keinen teil/ weil sie keines verbrechens kan beschuldiget werden; bitte demnach
mein Fräulein wolle ihren unwirdigen Knecht gnädig beurlauben/ einen kurzen abtrit zu-
nehmen. Ich habe über eure Durchl. mich höchst zubeschweren/ antwortete sie/ daß diesel-
be sich vor unwirdig schelten/ und mir einige Gnade über ihre Fürstliche Hocheit zulegen
darff/ und sol trauen alles auff ein Kläuel gewunden werden; sonsten willige in euer Liebe
abtrit ich gar gerne/ dafern dieselbe mir angeloben wird/ auffs schleunigste sich wieder ein-
zustellen. Dafern die Götter mir solches gönnen/ sagte er/ gehorsame ich auch in diesem/ wie
in allen andern; aber was ist euer Liebe mit dessen Wiederkunft gedienet/ der wegen began-
genen frevels seine Augen nicht auffschlagen darf/ und daher sich unwirdig achtet/ den Him-
mel anzuschauen/ weil er dessen allervortreflichstes Geschöpff zu hart beleidiget hat? Das
Fräulein zweiffelte an seinem wütigen Vorhaben nicht mehr/ wuste aber vor Angst nicht/
wessen sie sich erklären solte; dann sie merkete/ daß er auch ohn ihre Bewilligung aufstehen
wolte/ davon zugehen/ welches zuverhindern sie ihr gänzlich vornam/ und zu ihm sagete:
Durchl. Fürst/ ich trage sehr hohe begierde/ mit euer Liebe Frl. Schwester/ Frl. Klaren in
Kundschaft zugerathen/ und derselben gehorsamlich aufzuwarten/ nach dem deren vortref-
liche Schönheit und Tugend mir von Fr. Libussen hoch gerühmet ist; da ich dann von de-
ren Durchl. auch einen gedächtnis Ring zu überkommen hoffe. Alsdann wolle eure Liebe/
antwortete Baldrich/ meiner Frl. Schwester meinen Gruß anmelden/ und zum Wahr-
zeichen unbeschweret andeuten/ ich habe ihr begehren in Schweden geträulich verrichtet/
aber die erhaltung sey mir erst über ein Jahr versprochen/ alsdann sie alles nach belieben
werde abfodern können. Wie? sagte sie/ wil dann eure Liebe nicht mit uns in ihr Vater-
land reisen? daß währe trauen ein schlechter Ritterdienst/ dessen zu euer Liebe ich mich nit
versehen hätte. O eure Liebe kränke doch meine Seele weiter nicht mehr/ antwortete er/

weil
s s

Sechſtes Buch.
ſch eid von ihr nehmen/ des gaͤnzlichen vorhabens/ noch dieſen Abend hinaus in einen Wald
zu reiten/ und daſelbſt ſein Leben durch Hunger zuendigen. Aber das Fraͤulein befuͤrchtete
noch ein ſchwerers/ faſſete ihn bey der Hand/ und da er auffſtund weg zugehen/ ſagte ſie mit
ganz verworrenem Gemühte zu ihm: Durchl. Fuͤrſt/ und mein Ritter/ wohin gedenket
eure Liebe ſo eilig? Nach dem Ende meines Ungluͤks/ antwortete er: Wo meinet aber eu-
re Liebe ſolches anzutreffen? fuhr ſie fort; iſt es in der naͤhe/ ſo nehmet mich mit/ dann ich
wolte des Ungluͤks auch gerne entladen ſeyn. Dieſen Wunſch/ ſagte er/ wird eure vortref-
ligkeit alsbald nach meinem Abwich erhalten/ wann die Urſach ihres Ungluͤks wird aus
dem Wege geraͤumet ſeyn. Daß ſind dunkele Reden/ antwortete ſie/ deren Verſtand ich
nicht begreiffen kan/ bitte demnach/ mich deſſen klaͤrern bericht zu tuhn/ oder ich muß billich
an ſeiner mir ſo teur verſprochenen gewogenheit zweiffeln. Eben dieſe Gewogenheit/ ſagte
er/ weil ſie mich gar zu verwaͤgen gemacht/ ſol davor moͤgliche Buſſe angehen/ und bitte die
Goͤtter/ eure vortrefligkeit in ſtetem Schuz zu halten/ mir aber zuverzeihen/ daß ich habe lie-
ben duͤrffen/ welches ich nur ſolte angebehtet habẽ. Eure Duꝛchl. leget mir groſſe beſchimp-
fung an/ ſagte ſie/ in dem ſie mich uͤber gebuͤhr erhebet/ deſſen ich dann zu ſeiner Zeit gebuͤhr-
lichen abtrag fodern werde; nur bitte ich dißmahl/ mich eigentlich zuberichten/ wo des Un-
gluͤks endſchaft anzutreffen ſey/ auff daß ich zugleich mit ihm dahin gelangen koͤnne. Da
werde ichs finden/ antwortete er/ da es keine Gewalt mehr uͤber mich hat; ihre Liebe aber
hat hieran keinen teil/ weil ſie keines verbrechens kan beſchuldiget werden; bitte demnach
mein Fraͤulein wolle ihren unwirdigen Knecht gnaͤdig beurlauben/ einen kurzen abtrit zu-
nehmen. Ich habe uͤber eure Durchl. mich hoͤchſt zubeſchweren/ antwortete ſie/ daß dieſel-
be ſich vor unwirdig ſchelten/ und mir einige Gnade uͤber ihre Fuͤrſtliche Hocheit zulegen
darff/ und ſol trauen alles auff ein Klaͤuel gewunden werden; ſonſten willige in euer Liebe
abtrit ich gar gerne/ dafern dieſelbe mir angeloben wird/ auffs ſchleunigſte ſich wieder ein-
zuſtellen. Dafern die Goͤtter mir ſolches goͤnnen/ ſagte er/ gehorſame ich auch in dieſem/ wie
in allen andern; aber was iſt euer Liebe mit deſſen Wiederkunft gedienet/ der wegen began-
genen frevels ſeine Augen nicht auffſchlagen darf/ uñ daher ſich unwirdig achtet/ den Him-
mel anzuſchauen/ weil er deſſen allervortreflichſtes Geſchoͤpff zu hart beleidiget hat? Das
Fraͤulein zweiffelte an ſeinem wütigen Vorhaben nicht mehr/ wuſte aber vor Angſt nicht/
weſſen ſie ſich erklaͤren ſolte; dann ſie merkete/ daß er auch ohn ihre Bewilligung aufſtehen
wolte/ davon zugehen/ welches zuverhindern ſie ihr gaͤnzlich vornam/ und zu ihm ſagete:
Durchl. Fuͤrſt/ ich trage ſehr hohe begierde/ mit euer Liebe Frl. Schweſter/ Frl. Klaren in
Kundſchaft zugerathen/ und derſelben gehorſamlich aufzuwarten/ nach dem deren vortref-
liche Schoͤnheit und Tugend mir von Fr. Libuſſen hoch geruͤhmet iſt; da ich dann von de-
ren Durchl. auch einen gedaͤchtnis Ring zu uͤberkommen hoffe. Alsdann wolle eure Liebe/
antwortete Baldrich/ meiner Frl. Schweſter meinen Gruß anmelden/ und zum Wahr-
zeichen unbeſchweret andeuten/ ich habe ihr begehren in Schweden getraͤulich verrichtet/
aber die erhaltung ſey mir erſt uͤber ein Jahr verſprochen/ alsdann ſie alles nach belieben
werde abfodern koͤnnen. Wie? ſagte ſie/ wil dann eure Liebe nicht mit uns in ihr Vater-
land reiſen? daß waͤhre trauen ein ſchlechter Ritterdienſt/ deſſen zu euer Liebe ich mich nit
verſehen haͤtte. O eure Liebe kraͤnke doch meine Seele weiter nicht mehr/ antwortete er/

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[321/0327] Sechſtes Buch. ſch eid von ihr nehmen/ des gaͤnzlichen vorhabens/ noch dieſen Abend hinaus in einen Wald zu reiten/ und daſelbſt ſein Leben durch Hunger zuendigen. Aber das Fraͤulein befuͤrchtete noch ein ſchwerers/ faſſete ihn bey der Hand/ und da er auffſtund weg zugehen/ ſagte ſie mit ganz verworrenem Gemühte zu ihm: Durchl. Fuͤrſt/ und mein Ritter/ wohin gedenket eure Liebe ſo eilig? Nach dem Ende meines Ungluͤks/ antwortete er: Wo meinet aber eu- re Liebe ſolches anzutreffen? fuhr ſie fort; iſt es in der naͤhe/ ſo nehmet mich mit/ dann ich wolte des Ungluͤks auch gerne entladen ſeyn. Dieſen Wunſch/ ſagte er/ wird eure vortref- ligkeit alsbald nach meinem Abwich erhalten/ wann die Urſach ihres Ungluͤks wird aus dem Wege geraͤumet ſeyn. Daß ſind dunkele Reden/ antwortete ſie/ deren Verſtand ich nicht begreiffen kan/ bitte demnach/ mich deſſen klaͤrern bericht zu tuhn/ oder ich muß billich an ſeiner mir ſo teur verſprochenen gewogenheit zweiffeln. Eben dieſe Gewogenheit/ ſagte er/ weil ſie mich gar zu verwaͤgen gemacht/ ſol davor moͤgliche Buſſe angehen/ und bitte die Goͤtter/ eure vortrefligkeit in ſtetem Schuz zu halten/ mir aber zuverzeihen/ daß ich habe lie- ben duͤrffen/ welches ich nur ſolte angebehtet habẽ. Eure Duꝛchl. leget mir groſſe beſchimp- fung an/ ſagte ſie/ in dem ſie mich uͤber gebuͤhr erhebet/ deſſen ich dann zu ſeiner Zeit gebuͤhr- lichen abtrag fodern werde; nur bitte ich dißmahl/ mich eigentlich zuberichten/ wo des Un- gluͤks endſchaft anzutreffen ſey/ auff daß ich zugleich mit ihm dahin gelangen koͤnne. Da werde ichs finden/ antwortete er/ da es keine Gewalt mehr uͤber mich hat; ihre Liebe aber hat hieran keinen teil/ weil ſie keines verbrechens kan beſchuldiget werden; bitte demnach mein Fraͤulein wolle ihren unwirdigen Knecht gnaͤdig beurlauben/ einen kurzen abtrit zu- nehmen. Ich habe uͤber eure Durchl. mich hoͤchſt zubeſchweren/ antwortete ſie/ daß dieſel- be ſich vor unwirdig ſchelten/ und mir einige Gnade uͤber ihre Fuͤrſtliche Hocheit zulegen darff/ und ſol trauen alles auff ein Klaͤuel gewunden werden; ſonſten willige in euer Liebe abtrit ich gar gerne/ dafern dieſelbe mir angeloben wird/ auffs ſchleunigſte ſich wieder ein- zuſtellen. Dafern die Goͤtter mir ſolches goͤnnen/ ſagte er/ gehorſame ich auch in dieſem/ wie in allen andern; aber was iſt euer Liebe mit deſſen Wiederkunft gedienet/ der wegen began- genen frevels ſeine Augen nicht auffſchlagen darf/ uñ daher ſich unwirdig achtet/ den Him- mel anzuſchauen/ weil er deſſen allervortreflichſtes Geſchoͤpff zu hart beleidiget hat? Das Fraͤulein zweiffelte an ſeinem wütigen Vorhaben nicht mehr/ wuſte aber vor Angſt nicht/ weſſen ſie ſich erklaͤren ſolte; dann ſie merkete/ daß er auch ohn ihre Bewilligung aufſtehen wolte/ davon zugehen/ welches zuverhindern ſie ihr gaͤnzlich vornam/ und zu ihm ſagete: Durchl. Fuͤrſt/ ich trage ſehr hohe begierde/ mit euer Liebe Frl. Schweſter/ Frl. Klaren in Kundſchaft zugerathen/ und derſelben gehorſamlich aufzuwarten/ nach dem deren vortref- liche Schoͤnheit und Tugend mir von Fr. Libuſſen hoch geruͤhmet iſt; da ich dann von de- ren Durchl. auch einen gedaͤchtnis Ring zu uͤberkommen hoffe. Alsdann wolle eure Liebe/ antwortete Baldrich/ meiner Frl. Schweſter meinen Gruß anmelden/ und zum Wahr- zeichen unbeſchweret andeuten/ ich habe ihr begehren in Schweden getraͤulich verrichtet/ aber die erhaltung ſey mir erſt uͤber ein Jahr verſprochen/ alsdann ſie alles nach belieben werde abfodern koͤnnen. Wie? ſagte ſie/ wil dann eure Liebe nicht mit uns in ihr Vater- land reiſen? daß waͤhre trauen ein ſchlechter Ritterdienſt/ deſſen zu euer Liebe ich mich nit verſehen haͤtte. O eure Liebe kraͤnke doch meine Seele weiter nicht mehr/ antwortete er/ weil ſ ſ

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/327>, abgerufen am 22.11.2024.