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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
funden werden. Ja/ sagte Baldrich/ unsere Pfaffen müssen gewißlich selbst von andern
hintergangen/ oder die abgefeimdesten Buben seyn/ und in Ertichtung solcher Schand-
lügen nur ihren Nutzen suchen; Dann vorerst geben sie vor/ es trete niemand zu dieser Leh-
re/ als offentliche übeltähter/ und die von allen Tugendergebenen gehasset werden; ja/ kei-
nerley art der Unzucht werde von ihnen/ so wol Weibes- als Mannesbildern unterlassen;
bey ihren Zusammenkunfften werden so abscheuhliche Laster begangen/ wovor ich mich
entsetzet/ und es nicht anhören mögen. Wer wolte aber von meinem Bruder und Oheim/
ja von ihren züchtigen Gemahlen und den Tugendliebenden Fräulein ein solches gedenken/
geschweige gläuben können? Dieses alles/ antwortete Siegward/ ist mir von meiner herz-
geliebten Fräulein heut früh auf der Gutsche zu voller gnüge benommen/ und dagegen an-
gezeiget/ alle ihre Gesetze bestehen in der Ehre des wahren Gottes/ des nähesten Liebedien-
sten/ und Enthaltung von allen Lastern. Ja nicht allein böse Tahten/ sondern auch unzim-
liche Gedanken/ werden ihnen allerdinge verbohten; Sihe Bruder/ wer kan solches ta-
deln? können auch die Götter selbst heiliger leben? Zwar dieses gestund mein Fräulein/ dz
sie alle unsere Götter vor nichts achten/ schalt sie vor ertichtete und allerdinge ohmächtige/
und bestätigte/ es währe nur ein einziger wahrer Gott/ der Himmel und Erden erschaffen/
und von Ewigkeit allemahl gewesen sey. Hievon müssen wir nun bessern Bericht einneh-
men alsdann können wir uns erklären/ was wir tuhn oder lassen wollen. Das allerhärte-
ste in dieser Sache ist dieses/ sagte Baldrich/ daß ihr Gott keinen andern neben sich leiden
wil; ich wolte der Christen Gott gerne ehren/ wann ich nur auch die unsern nicht schänden
dürffte/ denen ich mich gleichwol bey den Opfern ehemahl äidlich verbunden habe. Bistu
der Meynung/ sagte Siegward/ so mustu dich fertig halten/ deiner Götter Gottheit zube-
weisen/ deßwegen suche hervor/ was du irgend weist oder gehöret hast/ die Irmen Säul o-
der den Krodo oder deine Göttin Freia ausgerichtet zuhaben/ das der unfehlbaren Gott-
heit wert sey. Dessen könte noch wol etwas auff die Bahn gebracht werden/ antwortete
er/ wann ichs alles genau überlegen wolte; aber meynestu dann/ daß deine Schwedische
und Gothische Götter/ der Thorr/ Othin/ Methon/ Wagnost/ Haddig/ Wodan/ Fricko/ Ro-
stioff/ und Rostar/ wie auch deine Göttin Frigga/ allerdinge nichtig und ertichtet seyn?
trauen was man so lange Zeit her vor Gott gehalten und verehret hat/ muß gleichwol nit vor
gar nichts geachtet werden. Doch wir werden uns zur Ruhe legen/ und morgen zuverneh-
men haben/ was uns davon vorgetragen werden sol. Diese Nacht brachten Herkules und
Ladisla mehrenteils mit behten zu/ daß Gott diese beyden Fürsten erleuchten/ und zur Er-
käntniß der Warheit möchte kommen lassen/ und erwarteten des Morgens mit verlangen.
Baldrich aber und Siegward hatten wol eine rechte Angst Nacht; dann kurz nach Mit-
ternacht/ da sie im tieffen Schlaffe lagen/ kahmen ihnen zwölff feurige Götzenbilder vor/
unter denen die eine schien ein Weibesbild seyn; In ihren Händen hielten sie teils grosse
Kriegsfahnen; andere/ blutige Schwerter; etliche Korn und Milch; etliche brennende Ker-
zen; die Göttin aber einen Liebes Bogen mit zierlichen Pfeilen/ und auff der Schulder ein
zartes Knäbelein. Sie sahen alle mit einander anfangs sehr grimmig aus/ und hinter ih-
nen wahr ein schwefelbrennendes Feur angezündet. Die beyde Fürsten empfunden daher
im Schlaffe ein grosses grausen/ und wahr ihnen nicht anders zumuhte/ als wolte ihnen

das
t t ij

Sechſtes Buch.
funden werden. Ja/ ſagte Baldrich/ unſere Pfaffen muͤſſen gewißlich ſelbſt von andern
hintergangen/ oder die abgefeimdeſten Buben ſeyn/ und in Ertichtung ſolcher Schand-
luͤgen nur ihren Nutzen ſuchen; Dann vorerſt geben ſie vor/ es trete niemand zu dieſer Leh-
re/ als offentliche uͤbeltaͤhter/ und die von allen Tugendergebenen gehaſſet werden; ja/ kei-
nerley art der Unzucht werde von ihnen/ ſo wol Weibes- als Mannesbildern unterlaſſen;
bey ihren Zuſammenkunfften werden ſo abſcheuhliche Laſter begangen/ wovor ich mich
entſetzet/ und es nicht anhoͤren moͤgen. Wer wolte aber von meinem Bruder und Oheim/
ja von ihren zuͤchtigen Gemahlen und den Tugendliebenden Fraͤulein ein ſolches gedenkẽ/
geſchweige glaͤuben koͤnnen? Dieſes alles/ antwortete Siegward/ iſt mir von meiner herz-
geliebten Fraͤulein heut früh auf der Gutſche zu voller gnuͤge benommen/ und dagegen an-
gezeiget/ alle ihre Geſetze beſtehen in der Ehre des wahren Gottes/ des naͤheſten Liebedien-
ſten/ und Enthaltung von allen Laſtern. Ja nicht allein boͤſe Tahten/ ſondern auch unzim-
liche Gedanken/ werden ihnen allerdinge verbohten; Sihe Bruder/ wer kan ſolches ta-
deln? koͤnnen auch die Goͤtter ſelbſt heiliger leben? Zwar dieſes geſtund mein Fraͤulein/ dz
ſie alle unſere Goͤtter vor nichts achten/ ſchalt ſie vor ertichtete und allerdinge ohmaͤchtige/
und beſtaͤtigte/ es waͤhre nur ein einziger wahrer Gott/ der Himmel und Erden erſchaffen/
und von Ewigkeit allemahl geweſen ſey. Hievon muͤſſen wir nun beſſern Bericht einneh-
men alsdann koͤnnen wir uns erklaͤren/ was wir tuhn oder laſſen wollen. Das allerhaͤrte-
ſte in dieſer Sache iſt dieſes/ ſagte Baldrich/ daß ihr Gott keinen andern neben ſich leiden
wil; ich wolte der Chriſten Gott gerne ehren/ wann ich nur auch die unſern nicht ſchaͤndẽ
duͤrffte/ denen ich mich gleichwol bey den Opfern ehemahl aͤidlich verbunden habe. Biſtu
der Meynung/ ſagte Siegward/ ſo muſtu dich fertig halten/ deiner Goͤtter Gottheit zube-
weiſen/ deßwegen ſuche hervor/ was du irgend weiſt oder gehoͤret haſt/ die Irmen Saͤul o-
der den Krodo oder deine Goͤttin Freia ausgerichtet zuhaben/ das der unfehlbaren Gott-
heit wert ſey. Deſſen koͤnte noch wol etwas auff die Bahn gebracht werden/ antwortete
er/ wann ichs alles genau uͤberlegen wolte; aber meyneſtu dann/ daß deine Schwediſche
uñ Gothiſche Goͤtter/ der Thorr/ Othin/ Methon/ Wagnoſt/ Haddig/ Wodan/ Fricko/ Ro-
ſtioff/ und Roſtar/ wie auch deine Goͤttin Frigga/ allerdinge nichtig und ertichtet ſeyn?
trauen was man ſo lange Zeit her vor Gott gehaltẽ uñ verehret hat/ muß gleichwol nit vor
gar nichts geachtet werden. Doch wir werden uns zur Ruhe legen/ und morgen zuverneh-
men haben/ was uns davon vorgetragen werden ſol. Dieſe Nacht brachten Herkules und
Ladiſla mehrenteils mit behten zu/ daß Gott dieſe beyden Fürſten erleuchten/ und zur Er-
kaͤntniß der Warheit moͤchte kommen laſſen/ und erwarteten des Morgens mit verlangẽ.
Baldrich aber und Siegward hatten wol eine rechte Angſt Nacht; dann kurz nach Mit-
ternacht/ da ſie im tieffen Schlaffe lagen/ kahmen ihnen zwoͤlff feurige Goͤtzenbilder vor/
unter denen die eine ſchien ein Weibesbild ſeyn; In ihren Haͤnden hielten ſie teils groſſe
Kriegsfahnen; andere/ blutige Schwerter; etliche Korn und Milch; etliche breñende Ker-
zen; die Goͤttin aber einen Liebes Bogen mit zierlichen Pfeilen/ und auff der Schulder ein
zartes Knaͤbelein. Sie ſahen alle mit einander anfangs ſehr grimmig aus/ und hinter ih-
nen wahr ein ſchwefelbrennendes Feur angezuͤndet. Die beyde Fuͤrſten empfunden daher
im Schlaffe ein groſſes grauſen/ und wahr ihnen nicht anders zumuhte/ als wolte ihnen

das
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[331/0337] Sechſtes Buch. funden werden. Ja/ ſagte Baldrich/ unſere Pfaffen muͤſſen gewißlich ſelbſt von andern hintergangen/ oder die abgefeimdeſten Buben ſeyn/ und in Ertichtung ſolcher Schand- luͤgen nur ihren Nutzen ſuchen; Dann vorerſt geben ſie vor/ es trete niemand zu dieſer Leh- re/ als offentliche uͤbeltaͤhter/ und die von allen Tugendergebenen gehaſſet werden; ja/ kei- nerley art der Unzucht werde von ihnen/ ſo wol Weibes- als Mannesbildern unterlaſſen; bey ihren Zuſammenkunfften werden ſo abſcheuhliche Laſter begangen/ wovor ich mich entſetzet/ und es nicht anhoͤren moͤgen. Wer wolte aber von meinem Bruder und Oheim/ ja von ihren zuͤchtigen Gemahlen und den Tugendliebenden Fraͤulein ein ſolches gedenkẽ/ geſchweige glaͤuben koͤnnen? Dieſes alles/ antwortete Siegward/ iſt mir von meiner herz- geliebten Fraͤulein heut früh auf der Gutſche zu voller gnuͤge benommen/ und dagegen an- gezeiget/ alle ihre Geſetze beſtehen in der Ehre des wahren Gottes/ des naͤheſten Liebedien- ſten/ und Enthaltung von allen Laſtern. Ja nicht allein boͤſe Tahten/ ſondern auch unzim- liche Gedanken/ werden ihnen allerdinge verbohten; Sihe Bruder/ wer kan ſolches ta- deln? koͤnnen auch die Goͤtter ſelbſt heiliger leben? Zwar dieſes geſtund mein Fraͤulein/ dz ſie alle unſere Goͤtter vor nichts achten/ ſchalt ſie vor ertichtete und allerdinge ohmaͤchtige/ und beſtaͤtigte/ es waͤhre nur ein einziger wahrer Gott/ der Himmel und Erden erſchaffen/ und von Ewigkeit allemahl geweſen ſey. Hievon muͤſſen wir nun beſſern Bericht einneh- men alsdann koͤnnen wir uns erklaͤren/ was wir tuhn oder laſſen wollen. Das allerhaͤrte- ſte in dieſer Sache iſt dieſes/ ſagte Baldrich/ daß ihr Gott keinen andern neben ſich leiden wil; ich wolte der Chriſten Gott gerne ehren/ wann ich nur auch die unſern nicht ſchaͤndẽ duͤrffte/ denen ich mich gleichwol bey den Opfern ehemahl aͤidlich verbunden habe. Biſtu der Meynung/ ſagte Siegward/ ſo muſtu dich fertig halten/ deiner Goͤtter Gottheit zube- weiſen/ deßwegen ſuche hervor/ was du irgend weiſt oder gehoͤret haſt/ die Irmen Saͤul o- der den Krodo oder deine Goͤttin Freia ausgerichtet zuhaben/ das der unfehlbaren Gott- heit wert ſey. Deſſen koͤnte noch wol etwas auff die Bahn gebracht werden/ antwortete er/ wann ichs alles genau uͤberlegen wolte; aber meyneſtu dann/ daß deine Schwediſche uñ Gothiſche Goͤtter/ der Thorr/ Othin/ Methon/ Wagnoſt/ Haddig/ Wodan/ Fricko/ Ro- ſtioff/ und Roſtar/ wie auch deine Goͤttin Frigga/ allerdinge nichtig und ertichtet ſeyn? trauen was man ſo lange Zeit her vor Gott gehaltẽ uñ verehret hat/ muß gleichwol nit vor gar nichts geachtet werden. Doch wir werden uns zur Ruhe legen/ und morgen zuverneh- men haben/ was uns davon vorgetragen werden ſol. Dieſe Nacht brachten Herkules und Ladiſla mehrenteils mit behten zu/ daß Gott dieſe beyden Fürſten erleuchten/ und zur Er- kaͤntniß der Warheit moͤchte kommen laſſen/ und erwarteten des Morgens mit verlangẽ. Baldrich aber und Siegward hatten wol eine rechte Angſt Nacht; dann kurz nach Mit- ternacht/ da ſie im tieffen Schlaffe lagen/ kahmen ihnen zwoͤlff feurige Goͤtzenbilder vor/ unter denen die eine ſchien ein Weibesbild ſeyn; In ihren Haͤnden hielten ſie teils groſſe Kriegsfahnen; andere/ blutige Schwerter; etliche Korn und Milch; etliche breñende Ker- zen; die Goͤttin aber einen Liebes Bogen mit zierlichen Pfeilen/ und auff der Schulder ein zartes Knaͤbelein. Sie ſahen alle mit einander anfangs ſehr grimmig aus/ und hinter ih- nen wahr ein ſchwefelbrennendes Feur angezuͤndet. Die beyde Fuͤrſten empfunden daher im Schlaffe ein groſſes grauſen/ und wahr ihnen nicht anders zumuhte/ als wolte ihnen das t t ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/337>, abgerufen am 22.11.2024.