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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
dann ohngefehr vor drey Jahren und etwas drüber/ da ich annoch unter der verfluchten
Räuber Rotte wahr/ bin ich selb sechse diesem Herrn auffgestossen/ habe ihm drey Pferde
vor dem Wagen abgespannet/ 3000 Kronen Baarschafft geraubet/ und ihn neben seinen
Sohn und Fuhrman in harter Kälte fast nacket an einen Baum gebunden/ damit sie uns
nicht verfolgen und den Raub wieder abjagen möchten; erinnere mich überdas/ wie etli-
che meiner Gesellen ihm und seinem Sohn grossen Schimpff und Beleidigung angele-
get/ welches ich als ihr Häupt und Führer wol hätte ablehnen können/ da mirs Ernst wä-
re gewesen. Unter diesen Reden drungen dem alten Opimius die Trähnen aus den Augen/
und taht hinzu: Er hätte solche Gelder von etlichen guten Freunden/ auff alle seine übrigen
Pfandeentlehnet/ einen sehr harten und ungestümen Gläubiger damit zubefriedigen/ auff
daß er von seinen Gütern nicht gar vertrieben würde/ und als er wegen dieses Verlustes
nicht hätte bezahlen können/ währen ihm alle seine Landgüter/ ausgenommen ein einziges
Bauren Hütlein/ abgedrungen/ in welchem er sider dem sehr kümmerlich sich behelffen müs-
sen; Die Anfesselung währe nach seiner Erzählung ergangen/ da er mit den feinen biß in
den dritten Tag gestanden/ und wegen Anlauffs der wilden Tihre sich des Lebens erwogen
hätte/ biß endlich ein Betler sich durch Gottes sonderliche Schickung des Weges verir-
ret/ und sie abgelöset/ hätten aber vor Frost/ Hunger und Durst weder gehen noch stehen
können/ endlich noch aus der Noht eine Tugend gemacht/ auff allen vieren davon gekro-
chen/ und zulezt bey einem bekanten/ geringe Kleider und Speise überkommen. Die Groß-
Fürstin antwortete ihm hierauff: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ers grob genug
gemacht/ und euch sehr hart beleidiget hat/ aber zur unversöhnlichen Feindschaft ist es viel
zu wenig. Dann vernehmet; eben dieser Gallus hat mich/ ein Königliches Fräulein mit ge-
waltsamer Hand und Vergiessung vieles unschuldigen Blutes geraubet/ und ursach ge-
geben/ daß ich über Meer geführet/ verschencket/ und in äusserste Ehren- und Lebensgefahr
und Armut gerahten bin; Was unsägliche Mühe und Gefahr hat deswegen mein Herr
Bruder/ mein Gemahl/ und andere Freunde angehen müssen/ sind unter Henkers Hände
gerahten/ und in höchste Beschimpffung und Schande; noch dannoch haben wir ihm
nicht allein gnädig verzihen/ sondern zum vertrauetesten Diener angenommen/ daß er un-
serer verborgensten Heimligkeiten Wissenschafft gehabt; haben ihn endlich zu grossem
Reichtuhm verholffen/ in den Adel Stand gesezt/ und alle Gnade erzeiget/ nicht daß er sol-
ches hätte verdienen können/ sondern bloß/ weil wir gesehen/ daß nach geschehener Busse
er sich gebessert/ und alle Boßheit abgeleget/ so daß er jezt billich unter die redlichsten und
frömmesten gezählet/ und daher von Fürsten und Herren geliebet wird; So lasset nun/
mein Freund Opimius/ allen Zorn und Wiederwillen fahren/ und nehmet von mir seinet-
wegen zum Abtrag 10000 Kronen an/ die ich nach geendigter Mahlzeit euch baar auszäh-
len lassen wil. Gallus selbst hielt nochmahls sehr umb Verzeihung an/ und verpflichtete
sich/ die Beleidigung nach Mögligkeit zuverbessern/ auch ihm/ seiner Eheliebsten und acht
übrigen Kindern die versprochenen 300000 Kronen redlich einzuliefern/ und in zehn glei-
che Teile auszuteilen. Worauff Opimius sich erklärete/ weil so gewaltige Fürsten und
Herren ihm das Zeugniß seiner Besserung gäben/ er selbst auch durch übermildes erbieten
seine Reue gnugsam an den Tag legete/ wolte er das ergangene der Vergessenheit befehlen/

und

Sechſtes Buch.
dann ohngefehr vor drey Jahren und etwas druͤber/ da ich annoch unter der verfluchten
Raͤuber Rotte wahr/ bin ich ſelb ſechſe dieſem Herrn auffgeſtoſſen/ habe ihm drey Pferde
vor dem Wagen abgeſpannet/ 3000 Kronen Baarſchafft geraubet/ und ihn neben ſeinen
Sohn und Fuhrman in harter Kaͤlte faſt nacket an einen Baum gebunden/ damit ſie uns
nicht verfolgen und den Raub wieder abjagen moͤchten; erinnere mich uͤberdas/ wie etli-
che meiner Geſellen ihm und ſeinem Sohn groſſen Schimpff und Beleidigung angele-
get/ welches ich als ihr Haͤupt und Fuͤhrer wol haͤtte ablehnen koͤnnen/ da mirs Ernſt waͤ-
re geweſen. Unter dieſen Reden drungen dem alten Opimius die Traͤhnen aus den Augẽ/
und taht hinzu: Er haͤtte ſolche Gelder von etlichen guten Freunden/ auff alle ſeine uͤbrigẽ
Pfandeentlehnet/ einen ſehr harten und ungeſtuͤmen Glaͤubiger damit zubefriedigen/ auff
daß er von ſeinen Guͤtern nicht gar vertrieben würde/ und als er wegen dieſes Verluſtes
nicht haͤtte bezahlen koͤnnen/ waͤhren ihm alle ſeine Landguͤter/ ausgenommen ein einziges
Bauren Huͤtlein/ abgedrungen/ in welchem er ſider dem ſehr kuͤm̃erlich ſich behelffen muͤſ-
ſen; Die Anfeſſelung waͤhre nach ſeiner Erzaͤhlung ergangen/ da er mit den feinen biß in
den dritten Tag geſtanden/ und wegen Anlauffs der wilden Tihre ſich des Lebens erwogen
haͤtte/ biß endlich ein Betler ſich durch Gottes ſonderliche Schickung des Weges verir-
ret/ und ſie abgeloͤſet/ haͤtten aber vor Froſt/ Hunger und Durſt weder gehen noch ſtehen
koͤnnen/ endlich noch aus der Noht eine Tugend gemacht/ auff allen vieren davon gekro-
chen/ und zulezt bey einem bekanten/ geringe Kleider und Speiſe uͤberkommen. Die Groß-
Fuͤrſtin antwortete ihm hierauff: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ers grob genug
gemacht/ und euch ſehr hart beleidiget hat/ aber zur unverſoͤhnlichen Feindſchaft iſt es viel
zu wenig. Dañ vernehmet; eben dieſer Gallus hat mich/ ein Koͤnigliches Fraͤulein mit ge-
waltſamer Hand und Vergieſſung vieles unſchuldigen Blutes geraubet/ und urſach ge-
geben/ daß ich uͤber Meer gefuͤhret/ verſchencket/ und in aͤuſſerſte Ehren- und Lebensgefahr
und Armut gerahten bin; Was unſaͤgliche Muͤhe und Gefahr hat deswegen mein Herr
Bruder/ mein Gemahl/ und andere Freunde angehen muͤſſen/ ſind unter Henkers Haͤnde
gerahten/ und in hoͤchſte Beſchimpffung und Schande; noch dannoch haben wir ihm
nicht allein gnaͤdig verzihen/ ſondern zum vertraueteſten Diener angenommen/ daß er un-
ſerer verborgenſten Heimligkeiten Wiſſenſchafft gehabt; haben ihn endlich zu groſſem
Reichtuhm verholffen/ in den Adel Stand geſezt/ und alle Gnade erzeiget/ nicht daß er ſol-
ches haͤtte verdienen koͤnnen/ ſondern bloß/ weil wir geſehen/ daß nach geſchehener Buſſe
er ſich gebeſſert/ und alle Boßheit abgeleget/ ſo daß er jezt billich unter die redlichſten und
froͤmmeſten gezaͤhlet/ und daher von Fuͤrſten und Herren geliebet wird; So laſſet nun/
mein Freund Opimius/ allen Zorn und Wiederwillen fahren/ und nehmet von mir ſeinet-
wegen zum Abtrag 10000 Kronen an/ die ich nach geendigter Mahlzeit euch baar auszaͤh-
len laſſen wil. Gallus ſelbſt hielt nochmahls ſehr umb Verzeihung an/ und verpflichtete
ſich/ die Beleidigung nach Moͤgligkeit zuverbeſſern/ auch ihm/ ſeiner Eheliebſten und acht
übrigen Kindern die verſprochenen 300000 Kronen redlich einzuliefern/ und in zehn glei-
che Teile auszuteilen. Worauff Opimius ſich erklaͤrete/ weil ſo gewaltige Fuͤrſten und
Herren ihm das Zeugniß ſeiner Beſſerung gaͤben/ er ſelbſt auch durch uͤbermildes erbieten
ſeine Reue gnugſam an den Tag legete/ wolte er das ergangene der Vergeſſenheit befehlẽ/

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[354/0360] Sechſtes Buch. dann ohngefehr vor drey Jahren und etwas druͤber/ da ich annoch unter der verfluchten Raͤuber Rotte wahr/ bin ich ſelb ſechſe dieſem Herrn auffgeſtoſſen/ habe ihm drey Pferde vor dem Wagen abgeſpannet/ 3000 Kronen Baarſchafft geraubet/ und ihn neben ſeinen Sohn und Fuhrman in harter Kaͤlte faſt nacket an einen Baum gebunden/ damit ſie uns nicht verfolgen und den Raub wieder abjagen moͤchten; erinnere mich uͤberdas/ wie etli- che meiner Geſellen ihm und ſeinem Sohn groſſen Schimpff und Beleidigung angele- get/ welches ich als ihr Haͤupt und Fuͤhrer wol haͤtte ablehnen koͤnnen/ da mirs Ernſt waͤ- re geweſen. Unter dieſen Reden drungen dem alten Opimius die Traͤhnen aus den Augẽ/ und taht hinzu: Er haͤtte ſolche Gelder von etlichen guten Freunden/ auff alle ſeine uͤbrigẽ Pfandeentlehnet/ einen ſehr harten und ungeſtuͤmen Glaͤubiger damit zubefriedigen/ auff daß er von ſeinen Guͤtern nicht gar vertrieben würde/ und als er wegen dieſes Verluſtes nicht haͤtte bezahlen koͤnnen/ waͤhren ihm alle ſeine Landguͤter/ ausgenommen ein einziges Bauren Huͤtlein/ abgedrungen/ in welchem er ſider dem ſehr kuͤm̃erlich ſich behelffen muͤſ- ſen; Die Anfeſſelung waͤhre nach ſeiner Erzaͤhlung ergangen/ da er mit den feinen biß in den dritten Tag geſtanden/ und wegen Anlauffs der wilden Tihre ſich des Lebens erwogen haͤtte/ biß endlich ein Betler ſich durch Gottes ſonderliche Schickung des Weges verir- ret/ und ſie abgeloͤſet/ haͤtten aber vor Froſt/ Hunger und Durſt weder gehen noch ſtehen koͤnnen/ endlich noch aus der Noht eine Tugend gemacht/ auff allen vieren davon gekro- chen/ und zulezt bey einem bekanten/ geringe Kleider und Speiſe uͤberkommen. Die Groß- Fuͤrſtin antwortete ihm hierauff: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ers grob genug gemacht/ und euch ſehr hart beleidiget hat/ aber zur unverſoͤhnlichen Feindſchaft iſt es viel zu wenig. Dañ vernehmet; eben dieſer Gallus hat mich/ ein Koͤnigliches Fraͤulein mit ge- waltſamer Hand und Vergieſſung vieles unſchuldigen Blutes geraubet/ und urſach ge- geben/ daß ich uͤber Meer gefuͤhret/ verſchencket/ und in aͤuſſerſte Ehren- und Lebensgefahr und Armut gerahten bin; Was unſaͤgliche Muͤhe und Gefahr hat deswegen mein Herr Bruder/ mein Gemahl/ und andere Freunde angehen muͤſſen/ ſind unter Henkers Haͤnde gerahten/ und in hoͤchſte Beſchimpffung und Schande; noch dannoch haben wir ihm nicht allein gnaͤdig verzihen/ ſondern zum vertraueteſten Diener angenommen/ daß er un- ſerer verborgenſten Heimligkeiten Wiſſenſchafft gehabt; haben ihn endlich zu groſſem Reichtuhm verholffen/ in den Adel Stand geſezt/ und alle Gnade erzeiget/ nicht daß er ſol- ches haͤtte verdienen koͤnnen/ ſondern bloß/ weil wir geſehen/ daß nach geſchehener Buſſe er ſich gebeſſert/ und alle Boßheit abgeleget/ ſo daß er jezt billich unter die redlichſten und froͤmmeſten gezaͤhlet/ und daher von Fuͤrſten und Herren geliebet wird; So laſſet nun/ mein Freund Opimius/ allen Zorn und Wiederwillen fahren/ und nehmet von mir ſeinet- wegen zum Abtrag 10000 Kronen an/ die ich nach geendigter Mahlzeit euch baar auszaͤh- len laſſen wil. Gallus ſelbſt hielt nochmahls ſehr umb Verzeihung an/ und verpflichtete ſich/ die Beleidigung nach Moͤgligkeit zuverbeſſern/ auch ihm/ ſeiner Eheliebſten und acht übrigen Kindern die verſprochenen 300000 Kronen redlich einzuliefern/ und in zehn glei- che Teile auszuteilen. Worauff Opimius ſich erklaͤrete/ weil ſo gewaltige Fuͤrſten und Herren ihm das Zeugniß ſeiner Beſſerung gaͤben/ er ſelbſt auch durch uͤbermildes erbieten ſeine Reue gnugſam an den Tag legete/ wolte er das ergangene der Vergeſſenheit befehlẽ/ und

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/360>, abgerufen am 22.11.2024.