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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
Verbrechen in ihrem hochvernünfftigen Gemühte schon abgefasset/ so wil ich die Stand-
hafftigkeit nehmen/ sie nicht allein anzuhören/ sondern ihr ohn auffschieben ein genügen zu
leisten/ es währe dann/ daß sie von einem Menschen nicht könte verrichtet werden. Ich kun-
te mich noch nicht begreiffen/ wessen ich mich erklären solte/ wiewol meine Seele den unbe-
wäglichen Schluß schon vor dieser seiner Anmuhtung abgefasset hatte; endlich sagete ich
zu ihm: Durchleuchtigster Fürst/ warumb dringet Eure Liebe in dieser meiner kindlichen
Jugend so stark in mich/ und zwar auff ein Ding/ welches ihr nach diesem leicht gereuhen
dürffte? gestaltsam ich meine Unvolkommenheit in guter Erkäntniß habe/ und mir daher
nichts so hart zuwider seyn kan/ als das gar zu ungebührliche Lob/ welches Eure Liebe nicht
ohn meine Beschämung mir aufleget/ und ich zu mehr gelegener Zeit davor Abtrag fodern
werde. Vor dißmahl erinnere ich nur Eure Liebe/ wie leicht sich es zutragen könne/ dz sein
Herz durch weit grössere Schöne und Volkommenheit an einem andern Orte möchte ein-
genommen werden/ da mein Herr Bruder dann zugleich sich und mich verfluchen wür-
de/ daß meinetwegen er aus seiner eigenen Schuld/ seines willens nicht leben könte. Je-
doch diesen fall ausgesetzet; wie kan in so weit ich mich selbst versprechen/ die ich doch nicht
mein selbst eigen/ sondern unter meiner Eltern Gewalt bin/ und es demnach bey ihnen mü-
ste gesuchet werden. Aber auch dieses beyseite getahn/ weil Eure Liebe/ daß sie es noch zur
Zeit daselbst nicht suchen könne/ mit ihrer jetzigen Jugend zu aller gnüge entschuldiget hat;
nur bedenke mein Fürst/ ob ein so junges unverständiges Fräulein/ welche kaum das 13de
Jahr ihres Alters vor sieben Wochen hinter sich gelegt/ auf dergleichen ansuchen schahm
wegen antworten dürffe; insonderheit/ die bißher weder von Liebe weiß/ noch von der Liebe
ichtwas gehöret hat. Ich erkenne ja Euer Liebe gutes Herz gegen mich; seine Auffrichtig-
keit zihe ich nit in zweifel; seine Wirdigkeit lieget noch heller am Tage. Nun ich setze dage-
gen/ was ich im innersten meines Herzen/ als das allerverborgenste trage/ und nicht gerne
wolte/ daß einiger Mensch ausser uns beyden es hören solte/ nehmlich/ ich liebe den Durch-
leuchtigsten Fürsten Herkules mehr und inniglicher als meinen leiblichen Bruder/ und
scheinet fast/ daß meine Fr. Mutter ein gleiches tuhe/ nicht ohn meines Bruders Vergnü-
gung/ als der seinen Herkules über sich selbst liebet. Ich erkühne mich noch weiter zubeken-
nen/ daß mir unmöglich seyn wird/ des Durchl. Fürsten Herkules Abscheid erdulden zu
können/ welcher mich vor seine Schwester gewirdiget hat/ dessen ich mich sonst unwirdig
weiß. Die Götter sind meine Zeugen/ daß wann der Himmel Eure Liebe mir zum leiblichen
Bruder gegeben hätte/ ich die ewige Jungfrauschafft geloben/ und von meinem Bruder
nimmermehr/ auch nicht in offener Feldschlacht weichen wolte; daher sol kein Mannes-
bilde in Ewigkeit nicht bey mir erhalten/ daß ausser Herkules ich ihn lieben solte. Ich sahe
eigen/ daß er hiedurch auffs allermerklichste in seiner Seele gerühret ward/ welches die
Fröligkeit seines Angesichts nicht verbergen kunte/ daher ich diese verwägene Kühnheit
gebrauchete/ daß nach Zulassung eines brüderlichen züchtigen Kusses/ ich ihn bey der Hand
fassete/ und dieses Gelübde taht: Duklarer und keuscher Himmel/ unter welchem wir in
reiner Liebe stehen/ höre du selbst meine Reden an/ und biß ein unbetrieglicher Zeuge des-
sen/ was ich anjezt diesem Durchl. Fürsten auff sein innigliches ansuchen/ umb seine Gei-
ster zubefriedigen/ verspreche: Kein Mensch in aller Welt/ ist mir lieber/ als Herkules; kein

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Sechſtes Buch.
Verbrechen in ihrem hochvernuͤnfftigen Gemuͤhte ſchon abgefaſſet/ ſo wil ich die Stand-
hafftigkeit nehmen/ ſie nicht allein anzuhoͤren/ ſondern ihr ohn auffſchieben ein genuͤgen zu
leiſten/ es waͤhre dañ/ daß ſie von einem Menſchen nicht koͤnte verrichtet werden. Ich kun-
te mich noch nicht begreiffen/ weſſen ich mich erklaͤren ſolte/ wiewol meine Seele den unbe-
waͤglichen Schluß ſchon vor dieſer ſeiner Anmuhtung abgefaſſet hatte; endlich ſagete ich
zu ihm: Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ warumb dringet Eure Liebe in dieſer meiner kindlichen
Jugend ſo ſtark in mich/ und zwar auff ein Ding/ welches ihr nach dieſem leicht gereuhen
duͤrffte? geſtaltſam ich meine Unvolkommenheit in guter Erkaͤntniß habe/ und mir daher
nichts ſo hart zuwider ſeyn kan/ als das gar zu ungebuͤhrliche Lob/ welches Eure Liebe nicht
ohn meine Beſchaͤmung mir aufleget/ und ich zu mehr gelegener Zeit davor Abtrag fodern
werde. Vor dißmahl erinnere ich nur Eure Liebe/ wie leicht ſich es zutragen koͤnne/ dz ſein
Herz durch weit groͤſſere Schoͤne und Volkommenheit an einem andern Orte moͤchte ein-
genommen werden/ da mein Herr Bruder dann zugleich ſich und mich verfluchen wuͤr-
de/ daß meinetwegen er aus ſeiner eigenen Schuld/ ſeines willens nicht leben koͤnte. Je-
doch dieſen fall ausgeſetzet; wie kan in ſo weit ich mich ſelbſt verſprechen/ die ich doch nicht
mein ſelbſt eigen/ ſondern unter meiner Eltern Gewalt bin/ und es demnach bey ihnen muͤ-
ſte geſuchet werden. Aber auch dieſes beyſeite getahn/ weil Eure Liebe/ daß ſie es noch zur
Zeit daſelbſt nicht ſuchen koͤnne/ mit ihrer jetzigen Jugend zu aller gnüge entſchuldiget hat;
nur bedenke mein Fuͤrſt/ ob ein ſo junges unverſtaͤndiges Fraͤulein/ welche kaum das 13de
Jahr ihres Alters vor ſieben Wochen hinter ſich gelegt/ auf dergleichen anſuchen ſchahm
wegen antworten duͤrffe; inſonderheit/ die bißher weder von Liebe weiß/ noch von der Liebe
ichtwas gehoͤret hat. Ich erkenne ja Euer Liebe gutes Herz gegen mich; ſeine Auffrichtig-
keit zihe ich nit in zweifel; ſeine Wirdigkeit lieget noch heller am Tage. Nun ich ſetze dage-
gen/ was ich im innerſten meines Herzen/ als das allerverborgenſte trage/ und nicht gerne
wolte/ daß einiger Menſch auſſer uns beyden es hoͤren ſolte/ nehmlich/ ich liebe den Durch-
leuchtigſten Fuͤrſten Herkules mehr und inniglicher als meinen leiblichen Bruder/ und
ſcheinet faſt/ daß meine Fr. Mutter ein gleiches tuhe/ nicht ohn meines Bruders Vergnuͤ-
gung/ als der ſeinen Herkules uͤber ſich ſelbſt liebet. Ich erkuͤhne mich noch weiter zubeken-
nen/ daß mir unmoͤglich ſeyn wird/ des Durchl. Fuͤrſten Herkules Abſcheid erdulden zu
koͤnnen/ welcher mich vor ſeine Schweſter gewirdiget hat/ deſſen ich mich ſonſt unwirdig
weiß. Die Goͤtter ſind meine Zeugen/ daß wann der Himmel Eure Liebe mir zum leiblichẽ
Bruder gegeben haͤtte/ ich die ewige Jungfrauſchafft geloben/ und von meinem Bruder
nimmermehr/ auch nicht in offener Feldſchlacht weichen wolte; daher ſol kein Mannes-
bilde in Ewigkeit nicht bey mir erhalten/ daß auſſer Herkules ich ihn lieben ſolte. Ich ſahe
eigen/ daß er hiedurch auffs allermerklichſte in ſeiner Seele geruͤhret ward/ welches die
Froͤligkeit ſeines Angeſichts nicht verbergen kunte/ daher ich dieſe verwaͤgene Kuͤhnheit
gebrauchete/ daß nach Zulaſſung eines bruͤderlichen zuͤchtigẽ Kuſſes/ ich ihn bey der Hand
faſſete/ und dieſes Geluͤbde taht: Duklarer und keuſcher Himmel/ unter welchem wir in
reiner Liebe ſtehen/ hoͤre du ſelbſt meine Reden an/ und biß ein unbetrieglicher Zeuge deſ-
ſen/ was ich anjezt dieſem Durchl. Fuͤrſten auff ſein innigliches anſuchen/ umb ſeine Gei-
ſter zubefriedigen/ verſpreche: Kein Menſch in aller Welt/ iſt mir lieber/ als Herkules; kein

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[377/0383] Sechſtes Buch. Verbrechen in ihrem hochvernuͤnfftigen Gemuͤhte ſchon abgefaſſet/ ſo wil ich die Stand- hafftigkeit nehmen/ ſie nicht allein anzuhoͤren/ ſondern ihr ohn auffſchieben ein genuͤgen zu leiſten/ es waͤhre dañ/ daß ſie von einem Menſchen nicht koͤnte verrichtet werden. Ich kun- te mich noch nicht begreiffen/ weſſen ich mich erklaͤren ſolte/ wiewol meine Seele den unbe- waͤglichen Schluß ſchon vor dieſer ſeiner Anmuhtung abgefaſſet hatte; endlich ſagete ich zu ihm: Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ warumb dringet Eure Liebe in dieſer meiner kindlichen Jugend ſo ſtark in mich/ und zwar auff ein Ding/ welches ihr nach dieſem leicht gereuhen duͤrffte? geſtaltſam ich meine Unvolkommenheit in guter Erkaͤntniß habe/ und mir daher nichts ſo hart zuwider ſeyn kan/ als das gar zu ungebuͤhrliche Lob/ welches Eure Liebe nicht ohn meine Beſchaͤmung mir aufleget/ und ich zu mehr gelegener Zeit davor Abtrag fodern werde. Vor dißmahl erinnere ich nur Eure Liebe/ wie leicht ſich es zutragen koͤnne/ dz ſein Herz durch weit groͤſſere Schoͤne und Volkommenheit an einem andern Orte moͤchte ein- genommen werden/ da mein Herr Bruder dann zugleich ſich und mich verfluchen wuͤr- de/ daß meinetwegen er aus ſeiner eigenen Schuld/ ſeines willens nicht leben koͤnte. Je- doch dieſen fall ausgeſetzet; wie kan in ſo weit ich mich ſelbſt verſprechen/ die ich doch nicht mein ſelbſt eigen/ ſondern unter meiner Eltern Gewalt bin/ und es demnach bey ihnen muͤ- ſte geſuchet werden. Aber auch dieſes beyſeite getahn/ weil Eure Liebe/ daß ſie es noch zur Zeit daſelbſt nicht ſuchen koͤnne/ mit ihrer jetzigen Jugend zu aller gnüge entſchuldiget hat; nur bedenke mein Fuͤrſt/ ob ein ſo junges unverſtaͤndiges Fraͤulein/ welche kaum das 13de Jahr ihres Alters vor ſieben Wochen hinter ſich gelegt/ auf dergleichen anſuchen ſchahm wegen antworten duͤrffe; inſonderheit/ die bißher weder von Liebe weiß/ noch von der Liebe ichtwas gehoͤret hat. Ich erkenne ja Euer Liebe gutes Herz gegen mich; ſeine Auffrichtig- keit zihe ich nit in zweifel; ſeine Wirdigkeit lieget noch heller am Tage. Nun ich ſetze dage- gen/ was ich im innerſten meines Herzen/ als das allerverborgenſte trage/ und nicht gerne wolte/ daß einiger Menſch auſſer uns beyden es hoͤren ſolte/ nehmlich/ ich liebe den Durch- leuchtigſten Fuͤrſten Herkules mehr und inniglicher als meinen leiblichen Bruder/ und ſcheinet faſt/ daß meine Fr. Mutter ein gleiches tuhe/ nicht ohn meines Bruders Vergnuͤ- gung/ als der ſeinen Herkules uͤber ſich ſelbſt liebet. Ich erkuͤhne mich noch weiter zubeken- nen/ daß mir unmoͤglich ſeyn wird/ des Durchl. Fuͤrſten Herkules Abſcheid erdulden zu koͤnnen/ welcher mich vor ſeine Schweſter gewirdiget hat/ deſſen ich mich ſonſt unwirdig weiß. Die Goͤtter ſind meine Zeugen/ daß wann der Himmel Eure Liebe mir zum leiblichẽ Bruder gegeben haͤtte/ ich die ewige Jungfrauſchafft geloben/ und von meinem Bruder nimmermehr/ auch nicht in offener Feldſchlacht weichen wolte; daher ſol kein Mannes- bilde in Ewigkeit nicht bey mir erhalten/ daß auſſer Herkules ich ihn lieben ſolte. Ich ſahe eigen/ daß er hiedurch auffs allermerklichſte in ſeiner Seele geruͤhret ward/ welches die Froͤligkeit ſeines Angeſichts nicht verbergen kunte/ daher ich dieſe verwaͤgene Kuͤhnheit gebrauchete/ daß nach Zulaſſung eines bruͤderlichen zuͤchtigẽ Kuſſes/ ich ihn bey der Hand faſſete/ und dieſes Geluͤbde taht: Duklarer und keuſcher Himmel/ unter welchem wir in reiner Liebe ſtehen/ hoͤre du ſelbſt meine Reden an/ und biß ein unbetrieglicher Zeuge deſ- ſen/ was ich anjezt dieſem Durchl. Fuͤrſten auff ſein innigliches anſuchen/ umb ſeine Gei- ſter zubefriedigen/ verſpreche: Kein Menſch in aller Welt/ iſt mir lieber/ als Herkules; kein Man- b b b

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/383>, abgerufen am 22.11.2024.