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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
begunte ein Herz zufassen/ sahe wol daß der Bürge aus scherz begehret ward/ und gab zur
Antwort: Allervortreflichste Groß Fürstin; ich bin viel zu unwirdig/ daß ihre Durchl. vor
mich unwirdigen Sünder ein Wörtlein verlieren/ oder anwenden sol; würde mich dessen
auch nimmermehr unterstanden haben/ dieselbe darumb zuersuchen/ wann nicht die äusserste
Noht mich gedränget hätte; nachdem ich aber mich nicht erkühnen darff/ solche Herren
der Welt/ alhie versamlet/ umb Bürgschaft zubegrüssen/ und geringere Leute/ inbetrach-
tung ihrer Hocheit/ es schwerlich verrichten können; als wil vor erst diese Ketten euer
Durchl. ich verbürgen/ mit dem freien erbieten/ dafern mich hernähst einiger Mensch
neuer übeltaht wird überzeugen können/ ich nicht allein aller Menschen/ sondern auch der
Götter Gunst und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabi-
us/ des gehorsamster und ergebenster Knecht ich die übrige Zeit meines Lebens seyn und
verbleiben wil/ diese Bürgschaft über sich nehmen wolte/ hätte dessen Gn. sich ja keiner
Gefahr zubesorgen/ inbetrachtung/ dz mir der Kitzel dergestalt/ wiewol recht nach meinem
Verdienst vertrieben ist/ daß ich mich davor nach diesem wol hüten werde; worauff er
bitterlich anfing zu Weinen/ daß die Trähnen von ihm auff die Erde fielen/ und Fabius
dadurch dergestalt gerühret ward/ daß er zu ihm sagete: Stehe auff Orsillos/ ich wil aller
Schmach vergessen/ und den Zorn wegwerffen/ kan demnach wol leiden/ daß die Durchl.
Groß Fürstin dich deiner Ketten benehme/ und dich in vorige Freyheit setze. Der Groß-
Fürstin stunden vor mitleiden die Trähnen in den Augen/ undsagte zu diesem elenden Men-
schen; guter Mann/ euer Unglük ist euch sehr heilsam gewesen/ und eine kräftige Arzney/
die Boßheit von euch außzutreiben/ deren ihr vor diesem seid ergeben gewest; so denket nun
stets an diese Gnade/ welche euer Gn. Herr/ H. Fabius euch jetzo erzeiget/ in dem er alle eu-
re grobe Beleidigung euch vergeben/ und in vorige Freyheit euch wieder hingestellet hat.
Also hatte dieser Unglükselige hiemit sein Elend überstanden/ und erteilete ihm Fürst Phar-
nabazus einen Freybrieff/ wurden ihm auch von den Anwesenden Fürsten und Kriegs O-
bersten in die 800 Kronen geschenket/ da ihm Fabius überdaß ein Pferd und gutes Kleid
gab/ und ihn nach seinem Geburts Flecken auff sein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er
daselbst wolgeputzet ankam/ hatte er sich doch in dieser kurzen Zeit so verendert/ daß ihn we-
der die Nachbarn noch sein eigen Weib kennete; und wie er sich kund gab/ wahren als-
bald etliche/ die sich nach Frau Statiren macheten/ ihr seine Ankunft anzumelden/ wie sie
kurz nach seiner Flucht hatte bestellet; da sie alsbald neun Reuter nach ihm schickete ihn
zu fahen/ aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken/ zeigete seinen Freybrieff/ und begehre-
te Schuz wieder Gewalt/ welcher ihm auch geleistet ward/ da er sich gegen die Abgeschick-
ten erboht/ freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam/ und
die Frau ihn ins Gesicht fassete/ befahl sie ihrem Gesinde/ ihn vom Pferde zureissen und
am Pranger zu tode zustreichen. Er aber gab ihr diese beherzte Antwort: Gn. Frau/ hal-
tet ein/ ich gestehe euch durchaus keiner Oberbotmässigkeit/ nachdem ich nie euer Gn. Leib-
eigener gewesen/ und nun mehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey gesprochen
bin. Was? rieff sie mit frölicher Stimme/ lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in
seiner Erzählung/ und sagte: Ja von dem Durchleuchtigen Römischen Herrn/ welcher
den unkeuschen verfluchten Verrähter und Fräulein-Räuber/ den unseligen Fürsten Go-

bares

Fuͤnftes Buch.
begunte ein Herz zufaſſen/ ſahe wol daß der Buͤrge aus ſcherz begehret ward/ und gab zur
Antwort: Allervortreflichſte Groß Fuͤrſtin; ich bin viel zu unwirdig/ daß ihre Durchl. vor
mich unwirdigen Suͤnder ein Woͤrtlein verlieren/ oder anwenden ſol; wuͤrde mich deſſen
auch nim̃ermehr unterſtanden haben/ dieſelbe darumb zuerſuchen/ wañ nicht die aͤuſſerſte
Noht mich gedraͤnget haͤtte; nachdem ich aber mich nicht erkuͤhnen darff/ ſolche Herren
der Welt/ alhie verſamlet/ umb Buͤrgſchaft zubegruͤſſen/ und geringere Leute/ inbetrach-
tung ihrer Hocheit/ es ſchwerlich verrichten koͤnnen; als wil vor erſt dieſe Ketten euer
Durchl. ich verbuͤrgen/ mit dem freien erbieten/ dafern mich hernaͤhſt einiger Menſch
neuer uͤbeltaht wird uͤberzeugen koͤnnen/ ich nicht allein aller Menſchen/ ſondern auch deꝛ
Goͤtter Gunſt und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabi-
us/ des gehorſamſter und ergebenſter Knecht ich die uͤbrige Zeit meines Lebens ſeyn und
verbleiben wil/ dieſe Buͤrgſchaft uͤber ſich nehmen wolte/ haͤtte deſſen Gn. ſich ja keiner
Gefahr zubeſorgen/ inbetrachtung/ dz mir der Kitzel dergeſtalt/ wiewol recht nach meinem
Verdienſt vertrieben iſt/ daß ich mich davor nach dieſem wol huͤten werde; worauff er
bitterlich anfing zu Weinen/ daß die Traͤhnen von ihm auff die Erde fielen/ und Fabius
dadurch dergeſtalt geruͤhret ward/ daß er zu ihm ſagete: Stehe auff Orſillos/ ich wil aller
Schmach vergeſſen/ und den Zorn wegwerffen/ kan demnach wol leiden/ daß die Durchl.
Groß Fuͤrſtin dich deiner Ketten benehme/ und dich in vorige Freyheit ſetze. Der Groß-
Fuͤrſtin ſtunden vor mitleiden die Traͤhnen in den Augen/ uñſagte zu dieſem elenden Men-
ſchen; guter Mann/ euer Ungluͤk iſt euch ſehr heilſam geweſen/ und eine kraͤftige Arzney/
die Boßheit von euch außzutreiben/ derẽ ihr vor dieſem ſeid ergeben geweſt; ſo denket nun
ſtets an dieſe Gnade/ welche euer Gn. Herr/ H. Fabius euch jetzo erzeiget/ in dem er alle eu-
re grobe Beleidigung euch vergeben/ und in vorige Freyheit euch wieder hingeſtellet hat.
Alſo hatte dieſer Ungluͤkſelige hiemit ſein Elend uͤberſtanden/ uñ erteilete ihm Fuͤrſt Phaꝛ-
nabazus einen Freybrieff/ wurden ihm auch von den Anweſenden Fuͤrſten und Kriegs O-
berſten in die 800 Kronen geſchenket/ da ihm Fabius uͤberdaß ein Pferd und gutes Kleid
gab/ und ihn nach ſeinem Geburts Flecken auff ſein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er
daſelbſt wolgeputzet ankam/ hatte er ſich doch in dieſer kurzen Zeit ſo verendert/ daß ihn we-
der die Nachbarn noch ſein eigen Weib kennete; und wie er ſich kund gab/ wahren als-
bald etliche/ die ſich nach Frau Statiren macheten/ ihr ſeine Ankunft anzumelden/ wie ſie
kurz nach ſeiner Flucht hatte beſtellet; da ſie alsbald neun Reuter nach ihm ſchickete ihn
zu fahen/ aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken/ zeigete ſeinen Freybrieff/ und begehre-
te Schuz wieder Gewalt/ welcher ihm auch geleiſtet ward/ da er ſich gegen die Abgeſchick-
ten erboht/ freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam/ und
die Frau ihn ins Geſicht faſſete/ befahl ſie ihrem Geſinde/ ihn vom Pferde zureiſſen und
am Pranger zu tode zuſtreichen. Er aber gab ihr dieſe beherzte Antwort: Gn. Frau/ hal-
tet ein/ ich geſtehe euch durchaus keiner Oberbotmaͤſſigkeit/ nachdem ich nie euer Gn. Leib-
eigener geweſen/ und nun mehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey geſprochen
bin. Was? rieff ſie mit froͤlicher Stimme/ lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in
ſeiner Erzaͤhlung/ und ſagte: Ja von dem Durchleuchtigen Roͤmiſchen Herrn/ welcher
den unkeuſchen verfluchten Verraͤhter und Fraͤulein-Raͤuber/ den unſeligen Fürſten Go-

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[40/0046] Fuͤnftes Buch. begunte ein Herz zufaſſen/ ſahe wol daß der Buͤrge aus ſcherz begehret ward/ und gab zur Antwort: Allervortreflichſte Groß Fuͤrſtin; ich bin viel zu unwirdig/ daß ihre Durchl. vor mich unwirdigen Suͤnder ein Woͤrtlein verlieren/ oder anwenden ſol; wuͤrde mich deſſen auch nim̃ermehr unterſtanden haben/ dieſelbe darumb zuerſuchen/ wañ nicht die aͤuſſerſte Noht mich gedraͤnget haͤtte; nachdem ich aber mich nicht erkuͤhnen darff/ ſolche Herren der Welt/ alhie verſamlet/ umb Buͤrgſchaft zubegruͤſſen/ und geringere Leute/ inbetrach- tung ihrer Hocheit/ es ſchwerlich verrichten koͤnnen; als wil vor erſt dieſe Ketten euer Durchl. ich verbuͤrgen/ mit dem freien erbieten/ dafern mich hernaͤhſt einiger Menſch neuer uͤbeltaht wird uͤberzeugen koͤnnen/ ich nicht allein aller Menſchen/ ſondern auch deꝛ Goͤtter Gunſt und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabi- us/ des gehorſamſter und ergebenſter Knecht ich die uͤbrige Zeit meines Lebens ſeyn und verbleiben wil/ dieſe Buͤrgſchaft uͤber ſich nehmen wolte/ haͤtte deſſen Gn. ſich ja keiner Gefahr zubeſorgen/ inbetrachtung/ dz mir der Kitzel dergeſtalt/ wiewol recht nach meinem Verdienſt vertrieben iſt/ daß ich mich davor nach dieſem wol huͤten werde; worauff er bitterlich anfing zu Weinen/ daß die Traͤhnen von ihm auff die Erde fielen/ und Fabius dadurch dergeſtalt geruͤhret ward/ daß er zu ihm ſagete: Stehe auff Orſillos/ ich wil aller Schmach vergeſſen/ und den Zorn wegwerffen/ kan demnach wol leiden/ daß die Durchl. Groß Fuͤrſtin dich deiner Ketten benehme/ und dich in vorige Freyheit ſetze. Der Groß- Fuͤrſtin ſtunden vor mitleiden die Traͤhnen in den Augen/ uñſagte zu dieſem elenden Men- ſchen; guter Mann/ euer Ungluͤk iſt euch ſehr heilſam geweſen/ und eine kraͤftige Arzney/ die Boßheit von euch außzutreiben/ derẽ ihr vor dieſem ſeid ergeben geweſt; ſo denket nun ſtets an dieſe Gnade/ welche euer Gn. Herr/ H. Fabius euch jetzo erzeiget/ in dem er alle eu- re grobe Beleidigung euch vergeben/ und in vorige Freyheit euch wieder hingeſtellet hat. Alſo hatte dieſer Ungluͤkſelige hiemit ſein Elend uͤberſtanden/ uñ erteilete ihm Fuͤrſt Phaꝛ- nabazus einen Freybrieff/ wurden ihm auch von den Anweſenden Fuͤrſten und Kriegs O- berſten in die 800 Kronen geſchenket/ da ihm Fabius uͤberdaß ein Pferd und gutes Kleid gab/ und ihn nach ſeinem Geburts Flecken auff ſein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er daſelbſt wolgeputzet ankam/ hatte er ſich doch in dieſer kurzen Zeit ſo verendert/ daß ihn we- der die Nachbarn noch ſein eigen Weib kennete; und wie er ſich kund gab/ wahren als- bald etliche/ die ſich nach Frau Statiren macheten/ ihr ſeine Ankunft anzumelden/ wie ſie kurz nach ſeiner Flucht hatte beſtellet; da ſie alsbald neun Reuter nach ihm ſchickete ihn zu fahen/ aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken/ zeigete ſeinen Freybrieff/ und begehre- te Schuz wieder Gewalt/ welcher ihm auch geleiſtet ward/ da er ſich gegen die Abgeſchick- ten erboht/ freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam/ und die Frau ihn ins Geſicht faſſete/ befahl ſie ihrem Geſinde/ ihn vom Pferde zureiſſen und am Pranger zu tode zuſtreichen. Er aber gab ihr dieſe beherzte Antwort: Gn. Frau/ hal- tet ein/ ich geſtehe euch durchaus keiner Oberbotmaͤſſigkeit/ nachdem ich nie euer Gn. Leib- eigener geweſen/ und nun mehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey geſprochen bin. Was? rieff ſie mit froͤlicher Stimme/ lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in ſeiner Erzaͤhlung/ und ſagte: Ja von dem Durchleuchtigen Roͤmiſchen Herrn/ welcher den unkeuſchen verfluchten Verraͤhter und Fraͤulein-Raͤuber/ den unſeligen Fürſten Go- bares

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/46>, abgerufen am 21.11.2024.