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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
Adel loßzuzihen; es währe das gemeine Wesen ihnen kein Ernst; sie wolten und wolten
auch nicht; mit dem linken Auge sähen sie nach den Göttern/ doch nicht auffrichtig; mit
dem rechten nach Großfürstlicher Gnade und eigener Ehre. Die ädlen traten zusammen/
und entschuldigten sich/ ihr Herz währe nicht so gesinnet/ nur allein wünscheten sie/ daß das
Werk mit besserem Nachdenken und reiffer Vernunft beobachtet würde/ alsdann währe
ihre Macht noch groß genug/ die Obrigkeit dahin zu halten/ daß dem algemeinen Landes-
begehren ein genügen geschehen müste; erbohten sich auch/ ihre redligkeit dergestalt sehen
zu lassen/ daß inwendig 24 Stunden alles auff einen festen Fuß gesetzet werden solte. Aber
sie hatten kein Gehör; massen ein vewägener Schmid von den Pfaffen darzu angehetzet/
aufftrat/ und ungescheuhet vorbrachte; es währe das rahtsamste und sicherste/ daß man
die Befehlichshaber aus der Gemeine nähme/ und den Adel dämpfete/ oder zum wenigsten
sie jagete/ daß ihnen die Schuch entfielen/ dann sie hätten bereit schon voriges tages erwie-
sen/ wie unträulich sie den Göttern anhingen/ und heut möchten sie es wol nicht besser ge-
macht haben/ nach dem man vernehmen müste/ daß sie des jungen Weibes Mord an dem
vornehmen geistlichen Mannebegangen/ gebillichet hätten. Und was wolte man an ihrer
Träulosigkeit zweifeln; hätten sie doch bey heutigem feindlichen Anfalle sich alsbald zufech-
ten gewegert/ und verlohren geben ehe sie angegriffen worden; so hätten die verwundete
von Adel nicht mit den andern fortgewolt/ sondern die willige Gefängnis davor gewählet.
Dieses ward von vielen Handwerksleuten ganz begierig angenommen/ und schüreten die
Pfaffen es weidlich/ daß die ädlen/ so annoch 15000 stark wahren/ sich in nicht geringer ge-
fahr und furcht befunden/ so gar/ daß wann sie ihre entschuldigung vortragen wolten/ man
ihnen kein Gehör gab. Sie vereinbahreten sich aber untereinander/ daß keiner von ihnen
absonderlich austreten/ vielweniger zu dem Groß Fürsten weichen solte/ damit die hinter-
bliebenen nicht gefähret und einer Verrähterey verdacht würden/ und sie alle miteinander
das Leben unter des Pövels Hand zusetzen müsten; beredeten sich demnach kürzlich/ und
liessen der Versamlung/ die sich am gemeinen Volke auff 190000 Mann erstreckete/ güt-
lich vortragen; es tähte ihnen schmerzlich weh/ daß sie sich vor Verrähter müsten halten
und austragen lassen/ da sie doch nit weniger als andere dahin trachteten/ daß der gemach-
te Schluß ins Werk gerichtet würde. Also wüsten sie sich in ihrem Gewissen der Bezich-
tigung frey und unschuldig. Nicht destoweniger/ weil man ihnen mißtrauete/ und die äm-
ter abstrickete/ wolten sie es dahin lassen gestellet seyn/ und hiemit ihren Abscheid/ nicht nach
des Großfürsten Lager/ dann deshalben währen sie nicht ausgezogen/ sondern nach ihrer
Behausung nehmen/ weil sie nicht mehr könten gelitten werden. Wünscheten nicht desto-
weniger dem hinterbliebenen mächtigen Heer Glük und alle gedeiliche Wolfahrt/ und daß
sie dem Vaterlande ihre alten Götter und wolerstrittene Freyheit erhalten möchten. Die
Pfaffen wahren schon im vollen werke begriffen/ wie sie andere Häuptleute an ihre stelle
verordnen möchten/ und liessen sich gutenteils selbst gebrauchen/ daß also ihr Wort nun-
mehr allenthalben ohn wiedersprechen galt/ hätten auch ohn zweifel dem Adel grossen
Schimpf angelegt/ wann sie nicht deren Rache/ nach vollendetem diesen Zuge sich befürch-
ten müssen; und nur dieses hielt sie ein/ daß sie ihre eigene Zunge mässigten/ und den Hand-
werkern das Wort in den Mund legeten/ was auff diese Werbung ihnen solte vor bescheid

gege-

Siebendes Buch.
Adel loßzuzihen; es waͤhre das gemeine Weſen ihnen kein Ernſt; ſie wolten und wolten
auch nicht; mit dem linken Auge ſaͤhen ſie nach den Goͤttern/ doch nicht auffrichtig; mit
dem rechten nach Großfürſtlicher Gnade und eigener Ehre. Die aͤdlen traten zuſammen/
und entſchuldigten ſich/ ihr Herz waͤhre nicht ſo geſinnet/ nur allein wuͤnſcheten ſie/ daß das
Werk mit beſſerem Nachdenken und reiffer Vernunft beobachtet würde/ alsdann waͤhre
ihre Macht noch groß genug/ die Obrigkeit dahin zu halten/ daß dem algemeinen Landes-
begehren ein genuͤgen geſchehen muͤſte; erbohten ſich auch/ ihre redligkeit dergeſtalt ſehen
zu laſſen/ daß inwendig 24 Stunden alles auff einen feſten Fuß geſetzet werden ſolte. Aber
ſie hatten kein Gehoͤr; maſſen ein vewaͤgener Schmid von den Pfaffen darzu angehetzet/
aufftrat/ und ungeſcheuhet vorbrachte; es waͤhre das rahtſamſte und ſicherſte/ daß man
die Befehlichshaber aus der Gemeine naͤhme/ und den Adel daͤmpfete/ oder zum wenigſten
ſie jagete/ daß ihnen die Schuch entfielen/ dann ſie haͤtten bereit ſchon voriges tages erwie-
ſen/ wie untraͤulich ſie den Goͤttern anhingen/ und heut moͤchten ſie es wol nicht beſſer ge-
macht haben/ nach dem man vernehmen muͤſte/ daß ſie des jungen Weibes Mord an dem
vornehmen geiſtlichen Mannebegangen/ gebillichet haͤtten. Und was wolte man an ihrer
Traͤuloſigkeit zweifeln; haͤtten ſie doch bey heutigem feindlichen Anfalle ſich alsbald zufech-
ten gewegert/ und verlohren geben ehe ſie angegriffen worden; ſo haͤtten die verwundete
von Adel nicht mit den andern fortgewolt/ ſondern die willige Gefaͤngnis davor gewaͤhlet.
Dieſes ward von vielen Handwerksleuten ganz begierig angenommen/ und ſchüreten die
Pfaffen es weidlich/ daß die aͤdlen/ ſo annoch 15000 ſtark wahren/ ſich in nicht geringer ge-
fahr und furcht befunden/ ſo gar/ daß wann ſie ihre entſchuldigung vortragen wolten/ man
ihnen kein Gehoͤr gab. Sie vereinbahreten ſich aber untereinander/ daß keiner von ihnen
abſonderlich austreten/ vielweniger zu dem Groß Fürſten weichen ſolte/ damit die hinter-
bliebenen nicht gefaͤhret und einer Verraͤhterey verdacht würden/ und ſie alle miteinander
das Leben unter des Poͤvels Hand zuſetzen muͤſten; beredeten ſich demnach kuͤrzlich/ und
lieſſen der Verſamlung/ die ſich am gemeinen Volke auff 190000 Mann erſtreckete/ guͤt-
lich vortragen; es taͤhte ihnen ſchmerzlich weh/ daß ſie ſich vor Verraͤhter muͤſten halten
und austragen laſſen/ da ſie doch nit weniger als andere dahin trachteten/ daß der gemach-
te Schluß ins Werk gerichtet würde. Alſo wuͤſten ſie ſich in ihrem Gewiſſen der Bezich-
tigung frey und unſchuldig. Nicht deſtoweniger/ weil man ihnen mißtrauete/ und die aͤm-
ter abſtrickete/ wolten ſie es dahin laſſen geſtellet ſeyn/ und hiemit ihren Abſcheid/ nicht nach
des Großfuͤrſten Lager/ dann deshalben waͤhren ſie nicht ausgezogen/ ſondern nach ihrer
Behauſung nehmen/ weil ſie nicht mehr koͤnten gelitten werden. Wuͤnſcheten nicht deſto-
weniger dem hinterbliebenen maͤchtigen Heer Gluͤk und alle gedeiliche Wolfahrt/ uñ daß
ſie dem Vaterlande ihre alten Goͤtter und wolerſtrittene Freyheit erhalten moͤchten. Die
Pfaffen wahren ſchon im vollen werke begriffen/ wie ſie andere Haͤuptleute an ihre ſtelle
verordnen moͤchten/ und lieſſen ſich gutenteils ſelbſt gebrauchen/ daß alſo ihr Wort nun-
mehr allenthalben ohn wiederſprechen galt/ haͤtten auch ohn zweifel dem Adel groſſen
Schimpf angelegt/ wann ſie nicht deren Rache/ nach vollendetem dieſen Zuge ſich befuͤrch-
ten müſſen; und nur dieſes hielt ſie ein/ daß ſie ihre eigene Zunge maͤſſigten/ und den Hand-
werkern das Wort in den Mund legeten/ was auff dieſe Werbung ihnen ſolte vor beſcheid

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[624/0630] Siebendes Buch. Adel loßzuzihen; es waͤhre das gemeine Weſen ihnen kein Ernſt; ſie wolten und wolten auch nicht; mit dem linken Auge ſaͤhen ſie nach den Goͤttern/ doch nicht auffrichtig; mit dem rechten nach Großfürſtlicher Gnade und eigener Ehre. Die aͤdlen traten zuſammen/ und entſchuldigten ſich/ ihr Herz waͤhre nicht ſo geſinnet/ nur allein wuͤnſcheten ſie/ daß das Werk mit beſſerem Nachdenken und reiffer Vernunft beobachtet würde/ alsdann waͤhre ihre Macht noch groß genug/ die Obrigkeit dahin zu halten/ daß dem algemeinen Landes- begehren ein genuͤgen geſchehen muͤſte; erbohten ſich auch/ ihre redligkeit dergeſtalt ſehen zu laſſen/ daß inwendig 24 Stunden alles auff einen feſten Fuß geſetzet werden ſolte. Aber ſie hatten kein Gehoͤr; maſſen ein vewaͤgener Schmid von den Pfaffen darzu angehetzet/ aufftrat/ und ungeſcheuhet vorbrachte; es waͤhre das rahtſamſte und ſicherſte/ daß man die Befehlichshaber aus der Gemeine naͤhme/ und den Adel daͤmpfete/ oder zum wenigſten ſie jagete/ daß ihnen die Schuch entfielen/ dann ſie haͤtten bereit ſchon voriges tages erwie- ſen/ wie untraͤulich ſie den Goͤttern anhingen/ und heut moͤchten ſie es wol nicht beſſer ge- macht haben/ nach dem man vernehmen muͤſte/ daß ſie des jungen Weibes Mord an dem vornehmen geiſtlichen Mannebegangen/ gebillichet haͤtten. Und was wolte man an ihrer Traͤuloſigkeit zweifeln; haͤtten ſie doch bey heutigem feindlichen Anfalle ſich alsbald zufech- ten gewegert/ und verlohren geben ehe ſie angegriffen worden; ſo haͤtten die verwundete von Adel nicht mit den andern fortgewolt/ ſondern die willige Gefaͤngnis davor gewaͤhlet. Dieſes ward von vielen Handwerksleuten ganz begierig angenommen/ und ſchüreten die Pfaffen es weidlich/ daß die aͤdlen/ ſo annoch 15000 ſtark wahren/ ſich in nicht geringer ge- fahr und furcht befunden/ ſo gar/ daß wann ſie ihre entſchuldigung vortragen wolten/ man ihnen kein Gehoͤr gab. Sie vereinbahreten ſich aber untereinander/ daß keiner von ihnen abſonderlich austreten/ vielweniger zu dem Groß Fürſten weichen ſolte/ damit die hinter- bliebenen nicht gefaͤhret und einer Verraͤhterey verdacht würden/ und ſie alle miteinander das Leben unter des Poͤvels Hand zuſetzen muͤſten; beredeten ſich demnach kuͤrzlich/ und lieſſen der Verſamlung/ die ſich am gemeinen Volke auff 190000 Mann erſtreckete/ guͤt- lich vortragen; es taͤhte ihnen ſchmerzlich weh/ daß ſie ſich vor Verraͤhter muͤſten halten und austragen laſſen/ da ſie doch nit weniger als andere dahin trachteten/ daß der gemach- te Schluß ins Werk gerichtet würde. Alſo wuͤſten ſie ſich in ihrem Gewiſſen der Bezich- tigung frey und unſchuldig. Nicht deſtoweniger/ weil man ihnen mißtrauete/ und die aͤm- ter abſtrickete/ wolten ſie es dahin laſſen geſtellet ſeyn/ und hiemit ihren Abſcheid/ nicht nach des Großfuͤrſten Lager/ dann deshalben waͤhren ſie nicht ausgezogen/ ſondern nach ihrer Behauſung nehmen/ weil ſie nicht mehr koͤnten gelitten werden. Wuͤnſcheten nicht deſto- weniger dem hinterbliebenen maͤchtigen Heer Gluͤk und alle gedeiliche Wolfahrt/ uñ daß ſie dem Vaterlande ihre alten Goͤtter und wolerſtrittene Freyheit erhalten moͤchten. Die Pfaffen wahren ſchon im vollen werke begriffen/ wie ſie andere Haͤuptleute an ihre ſtelle verordnen moͤchten/ und lieſſen ſich gutenteils ſelbſt gebrauchen/ daß alſo ihr Wort nun- mehr allenthalben ohn wiederſprechen galt/ haͤtten auch ohn zweifel dem Adel groſſen Schimpf angelegt/ wann ſie nicht deren Rache/ nach vollendetem dieſen Zuge ſich befuͤrch- ten müſſen; und nur dieſes hielt ſie ein/ daß ſie ihre eigene Zunge maͤſſigten/ und den Hand- werkern das Wort in den Mund legeten/ was auff dieſe Werbung ihnen ſolte vor beſcheid gege-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/630>, abgerufen am 22.11.2024.