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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
Sohns schmerzlicher Pein sich als mit freuden finden ließ/ auch ohn wegern ihn mit der
glüenden Zange angriff/ da er zugleich sagete: Es wird dir wol gleiche viel gelten/ ob hierzu
meine oder eines andern Hände gebrauchet werden; welches aber dem Sohn dergestalt
zu Herzen ging/ dz er in der ersten Zwackung todes verbliech. Sonsten zuvor bey der Geis-
selung trieb der Sohn ein grosses Geschrey/ aber der Vater unterdrückete das Geheule/
stellete sich doch über alle masse ungeberdig/ ob wäre er seines Witzes beraubet. Er ward als-
bald mit einer Heilsalbe geschmieret/ welche ihm doch/ weil sie beizend war/ grosse schmerzen
verursachete/ und nach seines Sohns hinrichtung/ sperrete man ihn in die enge Gefängnis
als in einen Tragekorb/ da er des Tages über am offenen Markte stund/ und von allen vor-
übergehenden als ein Fluch angespeiet ward/ worüber er in solche Ungeduld geriet/ daß er
nur stets den Göttern und seinen Königen fluchete/ ungeachtet er darüber fast täglich mit
Peitschen gestriechen ward; endlich bezeigete er sich gleich einem wütigen Hunde/ muste
aber die bestimmete Zeit aushalten/ und die lezten drey viertel Jahr in einem tieffen tunke-
len Keller zubringen/ wiewol in seinem engen verschlossenen Kefig/ da er krum ineinander
wuchs/ und nach Ausgang derselben Zeit durch die ausgesprochene Straffe hingerichtet
ward/ da er grossen Jammer trieb/ und die gottlose Seele nicht so leicht von dem verfluch-
ten Leibe abscheid nehmen wolte/ so daß er auch/ nachdem ihm das Herz schon ausgerissen/
und damit aufs Maul geschlagen wahr/ sich noch mit Händen und Füssen bewägete. Un-
sere Königliche Geselschaft aber lebete in herzlichen ehrliebenden freuden/ da Valiska aus
kindlicher Liebe nicht lange von ihrem Herr Vater seyn kunte/ und verlangete den beyden
verliebeten Bräutigams nicht wenig nach dem angesezten Tage ihres Beylagers/ welches
eine Woche vor der Hochzeit und dem Freistechen bestimmet wahr/ unter welcher Zeit Va-
liska und Ladisla sich bemüheten/ ihrem lieben Herr Vater den Christlichen Glauben bey-
zubringen/ worzu er anfangs schwer zubereden wahr/ insonderheit/ weil auff seiner Heim-
reise aus Pannonien ihm die Teutsche Göttin Freia (wie er bestendig vorgab) des Nachtes
erschienen währe/ hätte ihn seines ihr getahnen Gelübdes/ da er in Teutschland geheirahtet/
erinnert/ und dabey angedeutet/ daß durch ihren Schuz und Beystand er unter so manni-
cher Gefahr währe erhalten worden/ darumb solte er zur dankbarkeit ihr mitten auf seinem
innern Schloßplatze einen sonderlichen Gottesdienst und wöchentliches Opfer anrichten/
und zugleich bey seinen alten Landgöttern steiff und beständig verbleiben/ sonst würde er in
grösser Elend gerahten als vorhin; drang diesem nach stark darauff/ daß er dieses sein Ge-
lübde erfüllen wolte. Seine Kinder zeigeten ihm an/ sie könten sich endlich diesem seinen
Vorhaben nicht wiedersetzen/ aber dieses wolten und könten sie ihm unangezeiget nicht las-
sen/ daß auff solchen fall sie das Pragische Schloß verreden/ und hinfüro Zeit ihres lebens
keinen Fuß darauf setzen wolten; worüber er sehr betrübet ward/ endlich noch wirkete Gott
durch Herkules vielfältige vermahnung/ (dessen Worte am meisten bey ihm golten) daß er
gewonnen ward/ und die Häuptstük der Christlichen Lehre/ von schöpfung der Welt/ von
des Menschen Fal/ von dem einigen göttlichen Wesen/ von Gottes Gnade gegen die gefal-
lene Menschen/ von der Menschwerdung des Sohns Gottes/ von seinem Leiden/ Auffer-
stehung und Himmelfahrt/ von der Busse und Glauben/ von vergebung der Sünden und
göttlichem Wandel/ vom jüngsten Gericht und ewigen Leben/ auch andere zum Christen-

tuhm

Achtes Buch.
Sohns ſchmerzlicher Pein ſich als mit freuden finden ließ/ auch ohn wegern ihn mit der
gluͤenden Zange angriff/ da er zugleich ſagete: Es wird dir wol gleiche viel gelten/ ob hierzu
meine oder eines andern Haͤnde gebrauchet werden; welches aber dem Sohn dergeſtalt
zu Herzen ging/ dz er in der erſten Zwackung todes verbliech. Sonſten zuvor bey der Geiſ-
ſelung trieb der Sohn ein groſſes Geſchrey/ aber der Vater unterdruͤckete das Geheule/
ſtellete ſich doch uͤbeꝛ alle maſſe ungebeꝛdig/ ob waͤre er ſeines Witzes beraubet. Er ward als-
bald mit einer Heilſalbe geſchmieret/ welche ihm doch/ weil ſie beizend war/ groſſe ſchmerzen
verurſachete/ und nach ſeines Sohns hinrichtung/ ſperrete man ihn in die enge Gefaͤngnis
als in einen Tragekorb/ da er des Tages uͤber am offenen Markte ſtund/ und von allen vor-
uͤbergehenden als ein Fluch angeſpeiet ward/ woruͤber er in ſolche Ungeduld geriet/ daß er
nur ſtets den Goͤttern und ſeinen Koͤnigen fluchete/ ungeachtet er daruͤber faſt taͤglich mit
Peitſchen geſtriechen ward; endlich bezeigete er ſich gleich einem wuͤtigen Hunde/ muſte
aber die beſtimmete Zeit aushalten/ und die lezten drey viertel Jahr in einem tieffen tunke-
len Keller zubringen/ wiewol in ſeinem engen verſchloſſenen Kefig/ da er krum ineinander
wuchs/ und nach Ausgang derſelben Zeit durch die ausgeſprochene Straffe hingerichtet
ward/ da er groſſen Jammer trieb/ und die gottloſe Seele nicht ſo leicht von dem verfluch-
ten Leibe abſcheid nehmen wolte/ ſo daß er auch/ nachdem ihm das Herz ſchon ausgeriſſen/
und damit aufs Maul geſchlagen wahr/ ſich noch mit Haͤnden und Fuͤſſen bewaͤgete. Un-
ſere Koͤnigliche Geſelſchaft aber lebete in herzlichen ehrliebenden freuden/ da Valiſka aus
kindlicher Liebe nicht lange von ihrem Herr Vater ſeyn kunte/ und verlangete den beyden
verliebeten Braͤutigams nicht wenig nach dem angeſezten Tage ihres Beylagers/ welches
eine Woche vor der Hochzeit und dem Freiſtechen beſtimmet wahr/ unter welcher Zeit Va-
liſka und Ladiſla ſich bemuͤheten/ ihrem lieben Herr Vater den Chriſtlichen Glauben bey-
zubringen/ worzu er anfangs ſchwer zubereden wahr/ inſonderheit/ weil auff ſeiner Heim-
reiſe aus Pañonien ihm die Teutſche Goͤttin Freia (wie er beſtendig vorgab) des Nachtes
erſchienen waͤhre/ haͤtte ihn ſeines ihr getahnen Geluͤbdes/ da er in Teutſchland geheirahtet/
erinnert/ und dabey angedeutet/ daß durch ihren Schuz und Beyſtand er unter ſo manni-
cher Gefahr waͤhre erhalten worden/ darumb ſolte er zur dankbarkeit ihr mitten auf ſeinem
innern Schloßplatze einen ſonderlichen Gottesdienſt und woͤchentliches Opfer anrichten/
und zugleich bey ſeinen alten Landgoͤttern ſteiff und beſtaͤndig verbleiben/ ſonſt wuͤrde er in
groͤſſer Elend gerahten als vorhin; drang dieſem nach ſtark darauff/ daß er dieſes ſein Ge-
luͤbde erfuͤllen wolte. Seine Kinder zeigeten ihm an/ ſie koͤnten ſich endlich dieſem ſeinen
Vorhaben nicht wiederſetzen/ aber dieſes wolten und koͤnten ſie ihm unangezeiget nicht laſ-
ſen/ daß auff ſolchen fall ſie das Pragiſche Schloß verreden/ und hinfuͤro Zeit ihres lebens
keinen Fuß darauf ſetzen wolten; woruͤber er ſehr betruͤbet ward/ endlich noch wirkete Gott
durch Herkules vielfaͤltige vermahnung/ (deſſen Worte am meiſten bey ihm golten) daß er
gewonnen ward/ und die Haͤuptſtük der Chriſtlichen Lehre/ von ſchoͤpfung der Welt/ von
des Menſchen Fal/ von dem einigen goͤttlichen Weſen/ von Gottes Gnade gegen die gefal-
lene Menſchen/ von der Menſchwerdung des Sohns Gottes/ von ſeinem Leiden/ Auffer-
ſtehung und Himmelfahrt/ von der Buſſe und Glauben/ von vergebung der Suͤnden und
goͤttlichem Wandel/ vom juͤngſten Gericht und ewigen Leben/ auch andere zum Chriſten-

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[906/0912] Achtes Buch. Sohns ſchmerzlicher Pein ſich als mit freuden finden ließ/ auch ohn wegern ihn mit der gluͤenden Zange angriff/ da er zugleich ſagete: Es wird dir wol gleiche viel gelten/ ob hierzu meine oder eines andern Haͤnde gebrauchet werden; welches aber dem Sohn dergeſtalt zu Herzen ging/ dz er in der erſten Zwackung todes verbliech. Sonſten zuvor bey der Geiſ- ſelung trieb der Sohn ein groſſes Geſchrey/ aber der Vater unterdruͤckete das Geheule/ ſtellete ſich doch uͤbeꝛ alle maſſe ungebeꝛdig/ ob waͤre er ſeines Witzes beraubet. Er ward als- bald mit einer Heilſalbe geſchmieret/ welche ihm doch/ weil ſie beizend war/ groſſe ſchmerzen verurſachete/ und nach ſeines Sohns hinrichtung/ ſperrete man ihn in die enge Gefaͤngnis als in einen Tragekorb/ da er des Tages uͤber am offenen Markte ſtund/ und von allen vor- uͤbergehenden als ein Fluch angeſpeiet ward/ woruͤber er in ſolche Ungeduld geriet/ daß er nur ſtets den Goͤttern und ſeinen Koͤnigen fluchete/ ungeachtet er daruͤber faſt taͤglich mit Peitſchen geſtriechen ward; endlich bezeigete er ſich gleich einem wuͤtigen Hunde/ muſte aber die beſtimmete Zeit aushalten/ und die lezten drey viertel Jahr in einem tieffen tunke- len Keller zubringen/ wiewol in ſeinem engen verſchloſſenen Kefig/ da er krum ineinander wuchs/ und nach Ausgang derſelben Zeit durch die ausgeſprochene Straffe hingerichtet ward/ da er groſſen Jammer trieb/ und die gottloſe Seele nicht ſo leicht von dem verfluch- ten Leibe abſcheid nehmen wolte/ ſo daß er auch/ nachdem ihm das Herz ſchon ausgeriſſen/ und damit aufs Maul geſchlagen wahr/ ſich noch mit Haͤnden und Fuͤſſen bewaͤgete. Un- ſere Koͤnigliche Geſelſchaft aber lebete in herzlichen ehrliebenden freuden/ da Valiſka aus kindlicher Liebe nicht lange von ihrem Herr Vater ſeyn kunte/ und verlangete den beyden verliebeten Braͤutigams nicht wenig nach dem angeſezten Tage ihres Beylagers/ welches eine Woche vor der Hochzeit und dem Freiſtechen beſtimmet wahr/ unter welcher Zeit Va- liſka und Ladiſla ſich bemuͤheten/ ihrem lieben Herr Vater den Chriſtlichen Glauben bey- zubringen/ worzu er anfangs ſchwer zubereden wahr/ inſonderheit/ weil auff ſeiner Heim- reiſe aus Pañonien ihm die Teutſche Goͤttin Freia (wie er beſtendig vorgab) des Nachtes erſchienen waͤhre/ haͤtte ihn ſeines ihr getahnen Geluͤbdes/ da er in Teutſchland geheirahtet/ erinnert/ und dabey angedeutet/ daß durch ihren Schuz und Beyſtand er unter ſo manni- cher Gefahr waͤhre erhalten worden/ darumb ſolte er zur dankbarkeit ihr mitten auf ſeinem innern Schloßplatze einen ſonderlichen Gottesdienſt und woͤchentliches Opfer anrichten/ und zugleich bey ſeinen alten Landgoͤttern ſteiff und beſtaͤndig verbleiben/ ſonſt wuͤrde er in groͤſſer Elend gerahten als vorhin; drang dieſem nach ſtark darauff/ daß er dieſes ſein Ge- luͤbde erfuͤllen wolte. Seine Kinder zeigeten ihm an/ ſie koͤnten ſich endlich dieſem ſeinen Vorhaben nicht wiederſetzen/ aber dieſes wolten und koͤnten ſie ihm unangezeiget nicht laſ- ſen/ daß auff ſolchen fall ſie das Pragiſche Schloß verreden/ und hinfuͤro Zeit ihres lebens keinen Fuß darauf ſetzen wolten; woruͤber er ſehr betruͤbet ward/ endlich noch wirkete Gott durch Herkules vielfaͤltige vermahnung/ (deſſen Worte am meiſten bey ihm golten) daß er gewonnen ward/ und die Haͤuptſtük der Chriſtlichen Lehre/ von ſchoͤpfung der Welt/ von des Menſchen Fal/ von dem einigen goͤttlichen Weſen/ von Gottes Gnade gegen die gefal- lene Menſchen/ von der Menſchwerdung des Sohns Gottes/ von ſeinem Leiden/ Auffer- ſtehung und Himmelfahrt/ von der Buſſe und Glauben/ von vergebung der Suͤnden und goͤttlichem Wandel/ vom juͤngſten Gericht und ewigen Leben/ auch andere zum Chriſten- tuhm

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 906. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/912>, abgerufen am 22.11.2024.