Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch.
wie man best könte; man solte alle leibeigene Böhmen/ Teutschen/ und Wenden (dann man
meldete/ daß auch die Wenden dem Feinde hülffe getahn) durch die allergrausamste Pein
hinrichten/ und zweifele nicht/ es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der erster Eiferhitze
elendig gnug auffgerieben seyn/ und begunten meine Feinde mir schon zu dräuen/ daß ich
nicht 24 Stunden mehr ein Verrähter/ Fuchsschwänzer und Verleumder seyn solte/ da-
her ich fast nicht zweifelte/ ich würde nun an den Todes Reihen müssen/ und wahr mein ei-
niger Wunsch/ daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen möchte; aber was taht der
grosse Erbarmer? es ward unversehens an allen Orten und Enden ausgeruffen/ daß alle
und jede Bömische/ Teutsche/ Wendische/ Dänische/ und andere Leibeigene mehr/ auch sonst
Gefangene aussolchen Landschaften/ bey Leib und Lebensstraffe/ auch bey verlust Ehre und
Güter solten allerdinge ungescholten/ unbeschimpfet und ungekränket bleiben/ auch nicht
allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgelassen/ sondern überdaß mit neuen Kleidern
und nöhtigen Zehrungskosten biß nach Prag versehen werden. Ich hatte schon durch fleis-
sige Nachfrage erfahren/ auch aus meines Obersten Gespräch mit andern Pannoniern/
vernommen/ daß der junge Bömische König aus weit abgelegenen Ländern wieder zu Prag
angelanget währe/ und man sein Reich anfallen wolte/ den empfangenen Schimpff und
Schaden zu rächen und einzubringen/ daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzeh-
rete/ obs dann nicht möglich währe/ einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe vergessen
anzuzeigen/ daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Böhmen und Teutschen den Hals
gekostet/ wann Zeitung kam/ daß die Pannonier abbruch gelitten/ und den kürzern gezogen
hätten; wie ich dann etliche begebnissen erzählen könte/ daß wann Eltern erfuhren/ daß ihre
Kinder; wann Weiber erfuhren/ daß ihre Männer; wann andere erfuhren/ daß ihre An-
verwanten oder sonst andere gute Freunde drauff gangen währen/ die Bömische Leibeige-
ne/ als währen sie die Todschläger gewesen/ ganz grausam ermordet sind/ zweifele auch nit/
Gott hätte mich durch ein Wunderwerk seiner Almacht erhalten müssen/ dafern mein O-
berster im anfange des Krieges hätte sollen sein Leben einbüssen. Als mir nun obgedachte
erfreuliche Zeitung zu Ohren kam/ wuste ich nicht/ ob ich mehr über meine Freiheit/ oder des
Vaterlandes und meines H. Sohns glükseligkeit mich erfreuen solte; machete mich hin zu
meiner Frauen/ erinnerte sie des Königlichen und ganzen Landes ernstlichen befehls/ nicht mit
knechtischer furchtsamer Rede/ sondern mit unerschrockenem Herzen/ begehrete auch/ daß sie
mir Zehrungskosten zustellen und die Ketten der Dienstbarkeit abnehmen solte/ damit ich mein
liebes Vaterland erreichen möchte/ und müste sie nunmehr wissen/ dz ich des allervortreflichsten
Bömischen Adels meinem herkommen nach währe/ sie aber und ihr Mann eines solchen Dieners
und Leibeigenen allerdinge unwirdig; über welche Worte sie sich heftig erzürnete/ so dz sie den
Eifer nit allerdinge bergen kunte/ und mit den Gedanken umging/ mich die folgende Nacht
durch ihre Knechte im Schlaffe erwürgen zulassen; dessen sie sich doch wegen des algemeinen
ernstlichen Befehls nicht durffte merken lassen/ sondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir
sagete: Mein guter Bolesla (also nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigenschafft)
warumb habt ihr doch meinem Obersten euren Stand nicht zeitig entdecket/ daß er euch
nach Wirdigkeit hätte halten mögen? ihr wisset/ daß ich euch kein Leid zugefüget/ sondern
allemahl gewogen gewesen bin/ welches ich auch anjezt wil sehen lassen; gab mir darauff

ein

Achtes Buch.
wie man beſt koͤnte; man ſolte alle leibeigene Boͤhmen/ Teutſchen/ und Wenden (dañ man
meldete/ daß auch die Wenden dem Feinde huͤlffe getahn) durch die allergrauſamſte Pein
hinrichten/ und zweifele nicht/ es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der erſter Eiferhitze
elendig gnug auffgerieben ſeyn/ und begunten meine Feinde mir ſchon zu draͤuen/ daß ich
nicht 24 Stunden mehr ein Verraͤhter/ Fuchsſchwaͤnzer und Verleumder ſeyn ſolte/ da-
her ich faſt nicht zweifelte/ ich wuͤrde nun an den Todes Reihen müſſen/ und wahr mein ei-
niger Wunſch/ daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen moͤchte; aber was taht der
groſſe Erbarmer? es ward unverſehens an allen Orten und Enden ausgeruffen/ daß alle
und jede Boͤmiſche/ Teutſche/ Wendiſche/ Daͤniſche/ uñ andere Leibeigene mehr/ auch ſonſt
Gefangene ausſolchen Landſchaften/ bey Leib und Lebensſtraffe/ auch bey verluſt Ehre und
Güter ſolten allerdinge ungeſcholten/ unbeſchimpfet und ungekraͤnket bleiben/ auch nicht
allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgelaſſen/ ſondern uͤberdaß mit neuen Kleidern
und noͤhtigen Zehrungskoſten biß nach Prag verſehen werden. Ich hatte ſchon durch fleiſ-
ſige Nachfrage erfahren/ auch aus meines Oberſten Geſpraͤch mit andern Pannoniern/
vernom̃en/ daß der junge Boͤmiſche Koͤnig aus weit abgelegenen Laͤndern wieder zu Prag
angelanget waͤhre/ und man ſein Reich anfallen wolte/ den empfangenen Schimpff und
Schaden zu raͤchen und einzubringen/ daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzeh-
rete/ obs dann nicht moͤglich waͤhre/ einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe vergeſſen
anzuzeigen/ daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Boͤhmen und Teutſchen den Hals
gekoſtet/ wann Zeitung kam/ daß die Pannonier abbruch gelitten/ und den kuͤrzern gezogen
haͤtten; wie ich dann etliche begebniſſen erzaͤhlen koͤnte/ daß wann Eltern erfuhren/ daß ihre
Kinder; wann Weiber erfuhren/ daß ihre Maͤnner; wann andere erfuhren/ daß ihre An-
verwanten oder ſonſt andere gute Freunde drauff gangen waͤhren/ die Boͤmiſche Leibeige-
ne/ als waͤhren ſie die Todſchlaͤger geweſen/ ganz grauſam ermordet ſind/ zweifele auch nit/
Gott haͤtte mich durch ein Wunderwerk ſeiner Almacht erhalten muͤſſen/ dafern mein O-
berſter im anfange des Krieges haͤtte ſollen ſein Leben einbuͤſſen. Als mir nun obgedachte
erfreuliche Zeitung zu Ohrẽ kam/ wuſte ich nicht/ ob ich mehr uͤber meine Freiheit/ oder des
Vaterlandes uñ meines H. Sohns gluͤkſeligkeit mich erfreuen ſolte; machete mich hin zu
meiner Frauẽ/ eriñerte ſie des Koͤniglichen uñ ganzen Landes ernſtlichen befehls/ nicht mit
knechtiſcher furchtſamer Rede/ ſondern mit unerſchrockenem Heꝛzen/ begehꝛete auch/ daß ſie
mir Zehrungskoſten zuſtellen uñ die Ketten deꝛ Dienſtbarkeit abnehmẽ ſolte/ damit ich mein
liebes Vaterland erreichẽ moͤchte/ uñ müſte ſie nunmehꝛ wiſſen/ dz ich des allervortreflichſtẽ
Boͤmiſchẽ Adels meinem herkom̃en nach waͤhre/ ſie aber uñ ihr Mañ eines ſolchẽ Dieners
uñ Leibeigenẽ allerdinge unwirdig; uͤber welche Worte ſie ſich heftig erzuͤrnete/ ſo dz ſie den
Eifer nit allerdinge bergen kunte/ uñ mit den Gedanken umging/ mich die folgende Nacht
durch ihre Knechte im Schlaffe erwuͤrgen zulaſſen; deſſen ſie ſich doch wegẽ des algemeinẽ
ernſtlichen Befehls nicht durffte merken laſſen/ ſondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir
ſagete: Mein guter Boleſla (alſo nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigenſchafft)
warumb habt ihr doch meinem Oberſten euren Stand nicht zeitig entdecket/ daß er euch
nach Wirdigkeit haͤtte halten moͤgen? ihr wiſſet/ daß ich euch kein Leid zugefuͤget/ ſondern
allemahl gewogen geweſen bin/ welches ich auch anjezt wil ſehen laſſen; gab mir darauff

ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0942" n="936"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Buch.</hi></fw><lb/>
wie man be&#x017F;t ko&#x0364;nte; man &#x017F;olte alle leibeigene Bo&#x0364;hmen/ Teut&#x017F;chen/ und Wenden (dan&#x0303; man<lb/>
meldete/ daß auch die Wenden dem Feinde hu&#x0364;lffe getahn) durch die allergrau&#x017F;am&#x017F;te Pein<lb/>
hinrichten/ und zweifele nicht/ es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der er&#x017F;ter Eiferhitze<lb/>
elendig gnug auffgerieben &#x017F;eyn/ und begunten meine Feinde mir &#x017F;chon zu dra&#x0364;uen/ daß ich<lb/>
nicht 24 Stunden mehr ein Verra&#x0364;hter/ Fuchs&#x017F;chwa&#x0364;nzer und Verleumder &#x017F;eyn &#x017F;olte/ da-<lb/>
her ich fa&#x017F;t nicht zweifelte/ ich wu&#x0364;rde nun an den Todes Reihen mü&#x017F;&#x017F;en/ und wahr mein ei-<lb/>
niger Wun&#x017F;ch/ daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen mo&#x0364;chte; aber was taht der<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Erbarmer? es ward unver&#x017F;ehens an allen Orten und Enden ausgeruffen/ daß alle<lb/>
und jede Bo&#x0364;mi&#x017F;che/ Teut&#x017F;che/ Wendi&#x017F;che/ Da&#x0364;ni&#x017F;che/ un&#x0303; andere Leibeigene mehr/ auch &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
Gefangene aus&#x017F;olchen Land&#x017F;chaften/ bey Leib und Lebens&#x017F;traffe/ auch bey verlu&#x017F;t Ehre und<lb/>
Güter &#x017F;olten allerdinge unge&#x017F;cholten/ unbe&#x017F;chimpfet und ungekra&#x0364;nket bleiben/ auch nicht<lb/>
allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgela&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern u&#x0364;berdaß mit neuen Kleidern<lb/>
und no&#x0364;htigen Zehrungsko&#x017F;ten biß nach Prag ver&#x017F;ehen werden. Ich hatte &#x017F;chon durch flei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ige Nachfrage erfahren/ auch aus meines Ober&#x017F;ten Ge&#x017F;pra&#x0364;ch mit andern Pannoniern/<lb/>
vernom&#x0303;en/ daß der junge Bo&#x0364;mi&#x017F;che Ko&#x0364;nig aus weit abgelegenen La&#x0364;ndern wieder zu Prag<lb/>
angelanget wa&#x0364;hre/ und man &#x017F;ein Reich anfallen wolte/ den empfangenen Schimpff und<lb/>
Schaden zu ra&#x0364;chen und einzubringen/ daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzeh-<lb/>
rete/ obs dann nicht mo&#x0364;glich wa&#x0364;hre/ einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
anzuzeigen/ daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Bo&#x0364;hmen und Teut&#x017F;chen den Hals<lb/>
geko&#x017F;tet/ wann Zeitung kam/ daß die Pannonier abbruch gelitten/ und den ku&#x0364;rzern gezogen<lb/>
ha&#x0364;tten; wie ich dann etliche begebni&#x017F;&#x017F;en erza&#x0364;hlen ko&#x0364;nte/ daß wann Eltern erfuhren/ daß ihre<lb/>
Kinder; wann Weiber erfuhren/ daß ihre Ma&#x0364;nner; wann andere erfuhren/ daß ihre An-<lb/>
verwanten oder &#x017F;on&#x017F;t andere gute Freunde drauff gangen wa&#x0364;hren/ die Bo&#x0364;mi&#x017F;che Leibeige-<lb/>
ne/ als wa&#x0364;hren &#x017F;ie die Tod&#x017F;chla&#x0364;ger gewe&#x017F;en/ ganz grau&#x017F;am ermordet &#x017F;ind/ zweifele auch nit/<lb/>
Gott ha&#x0364;tte mich durch ein Wunderwerk &#x017F;einer Almacht erhalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ dafern mein O-<lb/>
ber&#x017F;ter im anfange des Krieges ha&#x0364;tte &#x017F;ollen &#x017F;ein Leben einbu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Als mir nun obgedachte<lb/>
erfreuliche Zeitung zu Ohre&#x0303; kam/ wu&#x017F;te ich nicht/ ob ich mehr u&#x0364;ber meine Freiheit/ oder des<lb/>
Vaterlandes un&#x0303; meines H. Sohns glu&#x0364;k&#x017F;eligkeit mich erfreuen &#x017F;olte; machete mich hin zu<lb/>
meiner Fraue&#x0303;/ erin&#x0303;erte &#x017F;ie des Ko&#x0364;niglichen un&#x0303; ganzen Landes ern&#x017F;tlichen befehls/ nicht mit<lb/>
knechti&#x017F;cher furcht&#x017F;amer Rede/ &#x017F;ondern mit uner&#x017F;chrockenem He&#xA75B;zen/ begeh&#xA75B;ete auch/ daß &#x017F;ie<lb/>
mir Zehrungsko&#x017F;ten zu&#x017F;tellen un&#x0303; die Ketten de&#xA75B; Dien&#x017F;tbarkeit abnehme&#x0303; &#x017F;olte/ damit ich mein<lb/>
liebes Vaterland erreiche&#x0303; mo&#x0364;chte/ un&#x0303;&#x017F;te &#x017F;ie nunmeh&#xA75B; wi&#x017F;&#x017F;en/ dz ich des allervortreflich&#x017F;te&#x0303;<lb/>
Bo&#x0364;mi&#x017F;che&#x0303; Adels meinem herkom&#x0303;en nach wa&#x0364;hre/ &#x017F;ie aber un&#x0303; ihr Man&#x0303; eines &#x017F;olche&#x0303; Dieners<lb/>
un&#x0303; Leibeigene&#x0303; allerdinge unwirdig; u&#x0364;ber welche Worte &#x017F;ie &#x017F;ich heftig erzu&#x0364;rnete/ &#x017F;o dz &#x017F;ie den<lb/>
Eifer nit allerdinge bergen kunte/ un&#x0303; mit den Gedanken umging/ mich die folgende Nacht<lb/>
durch ihre Knechte im Schlaffe erwu&#x0364;rgen zula&#x017F;&#x017F;en; de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich doch wege&#x0303; des algemeine&#x0303;<lb/>
ern&#x017F;tlichen Befehls nicht durffte merken la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir<lb/>
&#x017F;agete: Mein guter Bole&#x017F;la (al&#x017F;o nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigen&#x017F;chafft)<lb/>
warumb habt ihr doch meinem Ober&#x017F;ten euren Stand nicht zeitig entdecket/ daß er euch<lb/>
nach Wirdigkeit ha&#x0364;tte halten mo&#x0364;gen? ihr wi&#x017F;&#x017F;et/ daß ich euch kein Leid zugefu&#x0364;get/ &#x017F;ondern<lb/>
allemahl gewogen gewe&#x017F;en bin/ welches ich auch anjezt wil &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en; gab mir darauff<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[936/0942] Achtes Buch. wie man beſt koͤnte; man ſolte alle leibeigene Boͤhmen/ Teutſchen/ und Wenden (dañ man meldete/ daß auch die Wenden dem Feinde huͤlffe getahn) durch die allergrauſamſte Pein hinrichten/ und zweifele nicht/ es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der erſter Eiferhitze elendig gnug auffgerieben ſeyn/ und begunten meine Feinde mir ſchon zu draͤuen/ daß ich nicht 24 Stunden mehr ein Verraͤhter/ Fuchsſchwaͤnzer und Verleumder ſeyn ſolte/ da- her ich faſt nicht zweifelte/ ich wuͤrde nun an den Todes Reihen müſſen/ und wahr mein ei- niger Wunſch/ daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen moͤchte; aber was taht der groſſe Erbarmer? es ward unverſehens an allen Orten und Enden ausgeruffen/ daß alle und jede Boͤmiſche/ Teutſche/ Wendiſche/ Daͤniſche/ uñ andere Leibeigene mehr/ auch ſonſt Gefangene ausſolchen Landſchaften/ bey Leib und Lebensſtraffe/ auch bey verluſt Ehre und Güter ſolten allerdinge ungeſcholten/ unbeſchimpfet und ungekraͤnket bleiben/ auch nicht allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgelaſſen/ ſondern uͤberdaß mit neuen Kleidern und noͤhtigen Zehrungskoſten biß nach Prag verſehen werden. Ich hatte ſchon durch fleiſ- ſige Nachfrage erfahren/ auch aus meines Oberſten Geſpraͤch mit andern Pannoniern/ vernom̃en/ daß der junge Boͤmiſche Koͤnig aus weit abgelegenen Laͤndern wieder zu Prag angelanget waͤhre/ und man ſein Reich anfallen wolte/ den empfangenen Schimpff und Schaden zu raͤchen und einzubringen/ daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzeh- rete/ obs dann nicht moͤglich waͤhre/ einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe vergeſſen anzuzeigen/ daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Boͤhmen und Teutſchen den Hals gekoſtet/ wann Zeitung kam/ daß die Pannonier abbruch gelitten/ und den kuͤrzern gezogen haͤtten; wie ich dann etliche begebniſſen erzaͤhlen koͤnte/ daß wann Eltern erfuhren/ daß ihre Kinder; wann Weiber erfuhren/ daß ihre Maͤnner; wann andere erfuhren/ daß ihre An- verwanten oder ſonſt andere gute Freunde drauff gangen waͤhren/ die Boͤmiſche Leibeige- ne/ als waͤhren ſie die Todſchlaͤger geweſen/ ganz grauſam ermordet ſind/ zweifele auch nit/ Gott haͤtte mich durch ein Wunderwerk ſeiner Almacht erhalten muͤſſen/ dafern mein O- berſter im anfange des Krieges haͤtte ſollen ſein Leben einbuͤſſen. Als mir nun obgedachte erfreuliche Zeitung zu Ohrẽ kam/ wuſte ich nicht/ ob ich mehr uͤber meine Freiheit/ oder des Vaterlandes uñ meines H. Sohns gluͤkſeligkeit mich erfreuen ſolte; machete mich hin zu meiner Frauẽ/ eriñerte ſie des Koͤniglichen uñ ganzen Landes ernſtlichen befehls/ nicht mit knechtiſcher furchtſamer Rede/ ſondern mit unerſchrockenem Heꝛzen/ begehꝛete auch/ daß ſie mir Zehrungskoſten zuſtellen uñ die Ketten deꝛ Dienſtbarkeit abnehmẽ ſolte/ damit ich mein liebes Vaterland erreichẽ moͤchte/ uñ müſte ſie nunmehꝛ wiſſen/ dz ich des allervortreflichſtẽ Boͤmiſchẽ Adels meinem herkom̃en nach waͤhre/ ſie aber uñ ihr Mañ eines ſolchẽ Dieners uñ Leibeigenẽ allerdinge unwirdig; uͤber welche Worte ſie ſich heftig erzuͤrnete/ ſo dz ſie den Eifer nit allerdinge bergen kunte/ uñ mit den Gedanken umging/ mich die folgende Nacht durch ihre Knechte im Schlaffe erwuͤrgen zulaſſen; deſſen ſie ſich doch wegẽ des algemeinẽ ernſtlichen Befehls nicht durffte merken laſſen/ ſondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir ſagete: Mein guter Boleſla (alſo nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigenſchafft) warumb habt ihr doch meinem Oberſten euren Stand nicht zeitig entdecket/ daß er euch nach Wirdigkeit haͤtte halten moͤgen? ihr wiſſet/ daß ich euch kein Leid zugefuͤget/ ſondern allemahl gewogen geweſen bin/ welches ich auch anjezt wil ſehen laſſen; gab mir darauff ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/942
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 936. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/942>, abgerufen am 22.11.2024.