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Buchner, Johann Siegmund: Theoria Et Praxis Artilleriæ. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Der Unterscheid des Geschützes ist gantz Mathematisch/ denn die Erfah-
rung und scharffes Nachdencken dahin gebracht/ daß die Geschütze nicht nach
Gutdüncken/ sondern eine jede Art nach rechter Proportion, Länge/ Stärcke/
und Ladung gegen der Kugel gegossen werden. Nachdem nun die Geschütze er-
länget oder verkürtzet seynd/ schiessen sie allzeit kürtzer/ oder weiter. Es wird zwar
unter gemeinen Büchsenmeistern dafür gehalten/ daß je länger ein Stücke sey/
ie weiter es schiesse/ solches aber ist dem Geometrischen Fundament zuwieder/
und erweist auch die viele Erfahrung/ wie allbereit erwähnt/ gar ein anders/
dann vornemlich auf des Stücks Metall-Stärcke zu sehen.

Von waserley Materia die Geschütze gemacht/ wie sie
gegossen und probiret werden.

Die Geschütze werden heutiges Tages/ aus Kupffer/ Glockenspeise/ oder
Messing/ und Zien (welches man vor die beste und zäheste Materia hält/ so in
dem Ofen zerschmoltzen/ und wol gereiniget) gegossen.

Es müssen aber die Formen von guten Lehm mit Haaren von abgeschorner
Wolle/ wol durcheinander geschlagen/ mit ihrem Krantz und Heffteisen gut ver-
sehen/ wol getrocknet/ und geschmieret/ hernach in die Erde gegraben/ und die
Kernstange/ (daran sehr viel gelegen) mit Leinöhl/ Kreyde/ und gestossenem
Schwefel vorhero/ damit das Stücke inwendig fein rein falle/ ausgeschlecht
seyn) gerade eingesetzet und zum Guß gestellet werden. Die beste Art zu giessen
geschiehet von unten auf/ indem das Metall dichter als sonsten/ aufeinanderfället.

Wann nun das Stück gegossen/ und wiederum durch den Hebezeug aus
der Erden heraus gehoben worden/ wird die Kernstange heraus genommen/
das übrige Metall am Kopffe/ jedoch also und fein gerade abgeschnitten/ damit
es im Richten keine Hinderung/ durch das Mittel-suchen/ (wie an seinem Orte
davon Meldung geschehen soll/) verursache/ und dann zum Ausbohren gebracht.
Hiebey nun will gutentheils in acht genommen seyn/ damit das Stück nicht un-
gleich/ schlimm/ oder seitenweise/ auch daß der Bohrer nicht absetze/ und die Seele/
wie wellicht anzusehen/ gebohret werde. Jnsonderheit die Crantzeisen wol aus-
zubohren/ ich habe an etlichen gantzen Carthaunen/ so Kugeln zu 40 und 48 Lb.
schwer Eisen geschossen/ gesehen/ daß forn in jeden Stücks Munde etwan ein
Zoll ins Rohr hinein 3. viereckte eines Zolles ins gevierdte/ und eines guten
Messerrückes tieffe Gruben gewesen. Darum soll die Kernstange etwas län-
ger seyn/ damit wann das übrige Metall abgeschnitten/ auch das Crantz- und
die drey Heffteisen mit abgeschnitten werden.

Zu jedem Stücke wird die Kernstange nach Stärcke der Kugel eingesetzet/
welches dann hernach biß zur gehörigen Spielung ausgebohret wird.

Wann nun das gegossene Stücke seine rechte Theilung nach übergebenem Risse
auf gantz gut erlanget/ und es die Probschüsse/ als zum ersten mit 1/2. zum andern
mit 3/4. zum dritten mit gantz Kugelschwer Schlangen oder Carthaunen Pulver
ausgehalten hat/ wird es vor gut angenommen.

Das Stück aber mit Hacken-Pulver zu beschiessen/ ist erstlich ein halbes/
hernach zwey Drittel/ und letzlichen drey Viertel Kugel schwer Hacken-Pulver
geladen werden.

Es werden auch Stücke von rohem ungeschmiedeten Eisen/ wegen gerin-
gen Kostens/ oder so man keine Metallene bekommen kan/ gegossen. Derglei-
chen Stücke/ weilen das Eisen spröde/ werden stärcker als die Metallene gemacht/
müssen auch wol in acht genommen/ und vorn Rost bewahret werden/ damit sich
selbiger nicht einfresse/ und inwendig Schrunden oder Löcher verursache/ darinnen
dann leichtlich Feuer sich verhalten/ und dem Büchsenmeister in Einführung
des Pulvers grosser Schaden geschehen/ oder gar zu todte kommen kan.

Wann
D


Der Unterſcheid des Geſchuͤtzes iſt gantz Mathematiſch/ denn die Erfah-
rung und ſcharffes Nachdencken dahin gebracht/ daß die Geſchuͤtze nicht nach
Gutduͤncken/ ſondern eine jede Art nach rechter Proportion, Laͤnge/ Staͤrcke/
und Ladung gegen der Kugel gegoſſen werden. Nachdem nun die Geſchuͤtze er-
laͤnget oder verkuͤrtzet ſeynd/ ſchieſſen ſie allzeit kuͤrtzer/ oder weiter. Es wird zwar
unter gemeinen Buͤchſenmeiſtern dafuͤr gehalten/ daß je laͤnger ein Stuͤcke ſey/
ie weiter es ſchieſſe/ ſolches aber iſt dem Geometriſchen Fundament zuwieder/
und erweiſt auch die viele Erfahrung/ wie allbereit erwaͤhnt/ gar ein anders/
dann vornemlich auf des Stuͤcks Metall-Staͤrcke zu ſehen.

Von waſerley Materia die Geſchuͤtze gemacht/ wie ſie
gegoſſen und probiret werden.

Die Geſchuͤtze werden heutiges Tages/ aus Kupffer/ Glockenſpeiſe/ oder
Meſſing/ und Zien (welches man vor die beſte und zaͤheſte Materia haͤlt/ ſo in
dem Ofen zerſchmoltzen/ und wol gereiniget) gegoſſen.

Es muͤſſen aber die Formen von guten Lehm mit Haaren von abgeſchorner
Wolle/ wol durcheinander geſchlagen/ mit ihrem Krantz und Heffteiſen gut ver-
ſehen/ wol getrocknet/ und geſchmieret/ hernach in die Erde gegraben/ und die
Kernſtange/ (daran ſehr viel gelegen) mit Leinoͤhl/ Kreyde/ und geſtoſſenem
Schwefel vorhero/ damit das Stuͤcke inwendig fein rein falle/ ausgeſchlecht
ſeyn) gerade eingeſetzet und zum Guß geſtellet werden. Die beſte Art zu gieſſen
geſchiehet von unten auf/ indem das Metall dichter als ſonſten/ aufeinanderfaͤllet.

Wann nun das Stuͤck gegoſſen/ und wiederum durch den Hebezeug aus
der Erden heraus gehoben worden/ wird die Kernſtange heraus genommen/
das uͤbrige Metall am Kopffe/ jedoch alſo und fein gerade abgeſchnitten/ damit
es im Richten keine Hinderung/ durch das Mittel-ſuchen/ (wie an ſeinem Orte
davon Meldung geſchehen ſoll/) verurſache/ und dann zum Ausbohren gebracht.
Hiebey nun will gutentheils in acht genommen ſeyn/ damit das Stuͤck nicht un-
gleich/ ſchlimm/ oder ſeitenweiſe/ auch daß der Bohrer nicht abſetze/ und die Seele/
wie wellicht anzuſehen/ gebohret werde. Jnſonderheit die Crantzeiſen wol aus-
zubohren/ ich habe an etlichen gantzen Carthaunen/ ſo Kugeln zu 40 und 48 ℔.
ſchwer Eiſen geſchoſſen/ geſehen/ daß forn in jeden Stuͤcks Munde etwan ein
Zoll ins Rohr hinein 3. viereckte eines Zolles ins gevierdte/ und eines guten
Meſſerruͤckes tieffe Gruben geweſen. Darum ſoll die Kernſtange etwas laͤn-
ger ſeyn/ damit wann das uͤbrige Metall abgeſchnitten/ auch das Crantz- und
die drey Heffteiſen mit abgeſchnitten werden.

Zu jedem Stuͤcke wird die Kernſtange nach Staͤrcke der Kugel eingeſetzet/
welches dann hernach biß zur gehoͤrigen Spielung ausgebohret wird.

Wann nun das gegoſſene Stuͤcke ſeine rechte Theilung nach uͤbergebenem Riſſe
auf gantz gut erlanget/ und es die Probſchuͤſſe/ als zum erſten mit ½. zum andern
mit ¾. zum dritten mit gantz Kugelſchwer Schlangen oder Carthaunen Pulver
ausgehalten hat/ wird es vor gut angenommen.

Das Stuͤck aber mit Hacken-Pulver zu beſchieſſen/ iſt erſtlich ein halbes/
hernach zwey Drittel/ und letzlichen drey Viertel Kugel ſchwer Hacken-Pulver
geladen werden.

Es werden auch Stuͤcke von rohem ungeſchmiedeten Eiſen/ wegen gerin-
gen Koſtens/ oder ſo man keine Metallene bekommen kan/ gegoſſen. Derglei-
chen Stuͤcke/ weilen das Eiſen ſproͤde/ werden ſtaͤrcker als die Metallene gemacht/
muͤſſen auch wol in acht genommen/ und vorn Roſt bewahret werden/ damit ſich
ſelbiger nicht einfreſſe/ und inwendig Schrunden oder Loͤcher verurſache/ daꝛinnen
dann leichtlich Feuer ſich verhalten/ und dem Buͤchſenmeiſter in Einfuͤhrung
des Pulvers groſſer Schaden geſchehen/ oder gar zu todte kommen kan.

Wann
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[21/0037] Der Unterſcheid des Geſchuͤtzes iſt gantz Mathematiſch/ denn die Erfah- rung und ſcharffes Nachdencken dahin gebracht/ daß die Geſchuͤtze nicht nach Gutduͤncken/ ſondern eine jede Art nach rechter Proportion, Laͤnge/ Staͤrcke/ und Ladung gegen der Kugel gegoſſen werden. Nachdem nun die Geſchuͤtze er- laͤnget oder verkuͤrtzet ſeynd/ ſchieſſen ſie allzeit kuͤrtzer/ oder weiter. Es wird zwar unter gemeinen Buͤchſenmeiſtern dafuͤr gehalten/ daß je laͤnger ein Stuͤcke ſey/ ie weiter es ſchieſſe/ ſolches aber iſt dem Geometriſchen Fundament zuwieder/ und erweiſt auch die viele Erfahrung/ wie allbereit erwaͤhnt/ gar ein anders/ dann vornemlich auf des Stuͤcks Metall-Staͤrcke zu ſehen. Von waſerley Materia die Geſchuͤtze gemacht/ wie ſie gegoſſen und probiret werden. Die Geſchuͤtze werden heutiges Tages/ aus Kupffer/ Glockenſpeiſe/ oder Meſſing/ und Zien (welches man vor die beſte und zaͤheſte Materia haͤlt/ ſo in dem Ofen zerſchmoltzen/ und wol gereiniget) gegoſſen. Es muͤſſen aber die Formen von guten Lehm mit Haaren von abgeſchorner Wolle/ wol durcheinander geſchlagen/ mit ihrem Krantz und Heffteiſen gut ver- ſehen/ wol getrocknet/ und geſchmieret/ hernach in die Erde gegraben/ und die Kernſtange/ (daran ſehr viel gelegen) mit Leinoͤhl/ Kreyde/ und geſtoſſenem Schwefel vorhero/ damit das Stuͤcke inwendig fein rein falle/ ausgeſchlecht ſeyn) gerade eingeſetzet und zum Guß geſtellet werden. Die beſte Art zu gieſſen geſchiehet von unten auf/ indem das Metall dichter als ſonſten/ aufeinanderfaͤllet. Wann nun das Stuͤck gegoſſen/ und wiederum durch den Hebezeug aus der Erden heraus gehoben worden/ wird die Kernſtange heraus genommen/ das uͤbrige Metall am Kopffe/ jedoch alſo und fein gerade abgeſchnitten/ damit es im Richten keine Hinderung/ durch das Mittel-ſuchen/ (wie an ſeinem Orte davon Meldung geſchehen ſoll/) verurſache/ und dann zum Ausbohren gebracht. Hiebey nun will gutentheils in acht genommen ſeyn/ damit das Stuͤck nicht un- gleich/ ſchlimm/ oder ſeitenweiſe/ auch daß der Bohrer nicht abſetze/ und die Seele/ wie wellicht anzuſehen/ gebohret werde. Jnſonderheit die Crantzeiſen wol aus- zubohren/ ich habe an etlichen gantzen Carthaunen/ ſo Kugeln zu 40 und 48 ℔. ſchwer Eiſen geſchoſſen/ geſehen/ daß forn in jeden Stuͤcks Munde etwan ein Zoll ins Rohr hinein 3. viereckte eines Zolles ins gevierdte/ und eines guten Meſſerruͤckes tieffe Gruben geweſen. Darum ſoll die Kernſtange etwas laͤn- ger ſeyn/ damit wann das uͤbrige Metall abgeſchnitten/ auch das Crantz- und die drey Heffteiſen mit abgeſchnitten werden. Zu jedem Stuͤcke wird die Kernſtange nach Staͤrcke der Kugel eingeſetzet/ welches dann hernach biß zur gehoͤrigen Spielung ausgebohret wird. Wann nun das gegoſſene Stuͤcke ſeine rechte Theilung nach uͤbergebenem Riſſe auf gantz gut erlanget/ und es die Probſchuͤſſe/ als zum erſten mit ½. zum andern mit ¾. zum dritten mit gantz Kugelſchwer Schlangen oder Carthaunen Pulver ausgehalten hat/ wird es vor gut angenommen. Das Stuͤck aber mit Hacken-Pulver zu beſchieſſen/ iſt erſtlich ein halbes/ hernach zwey Drittel/ und letzlichen drey Viertel Kugel ſchwer Hacken-Pulver geladen werden. Es werden auch Stuͤcke von rohem ungeſchmiedeten Eiſen/ wegen gerin- gen Koſtens/ oder ſo man keine Metallene bekommen kan/ gegoſſen. Derglei- chen Stuͤcke/ weilen das Eiſen ſproͤde/ werden ſtaͤrcker als die Metallene gemacht/ muͤſſen auch wol in acht genommen/ und vorn Roſt bewahret werden/ damit ſich ſelbiger nicht einfreſſe/ und inwendig Schrunden oder Loͤcher verurſache/ daꝛinnen dann leichtlich Feuer ſich verhalten/ und dem Buͤchſenmeiſter in Einfuͤhrung des Pulvers groſſer Schaden geſchehen/ oder gar zu todte kommen kan. Wann D

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Buchner, Johann Siegmund: Theoria Et Praxis Artilleriæ. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchner_theoria01_1682/37>, abgerufen am 21.11.2024.