Arbeitsteilung zu thun, und zwar einer sehr interessanten: eben jener Arbeitsverschiebung, welche ich an fünfter Stelle genannt habe.
Wenn in einem Produktionszweige eine neuerfundene Maschine eingeführt wird, so tritt eine völlige Verschiebung der seitherigen Arbeitsorganisation ein. In der Regel übernimmt der Mechanismus nur einzelne Bewegungen, die bis dahin durch Menschenhand ausgeführt wurden, und in dem Betriebe, welcher die neue Maschine verwendet, mag sich zunächst nichts weiter ändern, als daß der Arbeiter, welcher vorher jene Muskelbewegungen ausführte, zur Bedienung der Maschine verwendet wird, die andere Muskel- bewegungen von ihm fordert. So arbeitet z. B. nach Ein- führung der Nähmaschine der Arbeiter in der Schneider- werkstätte mit Hand und Fuß, während er vorher bloß mit der Hand thätig war und mit dieser auch in anderer Weise.
Aber um einen Rock zu produzieren sind auch schon vorher weit mehr Personen thätig gewesen als der Schneider. Da sind zunächst die Produzenten der Stoffe, welche der Schneider verwendet: der Wollproduzent, der Spinner, der Weber, der Färber etc., dann die Produzenten seiner Werk- zeuge: der Nadelfabrikant, der Scheerenschmied und viele andere. Alle diese Produzenten bleiben auch noch nach Einführung der Nähmaschine in Thätigkeit. Dazu kommt aber noch ein neuer: der Maschinenfabrikant oder, da die Maschine auf dem Wege der Arbeitszerlegung hergestellt
Arbeitsteilung zu thun, und zwar einer ſehr intereſſanten: eben jener Arbeitsverſchiebung, welche ich an fünfter Stelle genannt habe.
Wenn in einem Produktionszweige eine neuerfundene Maſchine eingeführt wird, ſo tritt eine völlige Verſchiebung der ſeitherigen Arbeitsorganiſation ein. In der Regel übernimmt der Mechanismus nur einzelne Bewegungen, die bis dahin durch Menſchenhand ausgeführt wurden, und in dem Betriebe, welcher die neue Maſchine verwendet, mag ſich zunächſt nichts weiter ändern, als daß der Arbeiter, welcher vorher jene Muskelbewegungen ausführte, zur Bedienung der Maſchine verwendet wird, die andere Muskel- bewegungen von ihm fordert. So arbeitet z. B. nach Ein- führung der Nähmaſchine der Arbeiter in der Schneider- werkſtätte mit Hand und Fuß, während er vorher bloß mit der Hand thätig war und mit dieſer auch in anderer Weiſe.
Aber um einen Rock zu produzieren ſind auch ſchon vorher weit mehr Perſonen thätig geweſen als der Schneider. Da ſind zunächſt die Produzenten der Stoffe, welche der Schneider verwendet: der Wollproduzent, der Spinner, der Weber, der Färber ꝛc., dann die Produzenten ſeiner Werk- zeuge: der Nadelfabrikant, der Scheerenſchmied und viele andere. Alle dieſe Produzenten bleiben auch noch nach Einführung der Nähmaſchine in Thätigkeit. Dazu kommt aber noch ein neuer: der Maſchinenfabrikant oder, da die Maſchine auf dem Wege der Arbeitszerlegung hergeſtellt
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Arbeitsteilung zu thun, und zwar einer ſehr intereſſanten:
eben jener Arbeitsverſchiebung, welche ich an fünfter
Stelle genannt habe.
Wenn in einem Produktionszweige eine neuerfundene
Maſchine eingeführt wird, ſo tritt eine völlige Verſchiebung
der ſeitherigen Arbeitsorganiſation ein. In der Regel
übernimmt der Mechanismus nur einzelne Bewegungen, die
bis dahin durch Menſchenhand ausgeführt wurden, und in
dem Betriebe, welcher die neue Maſchine verwendet, mag
ſich zunächſt nichts weiter ändern, als daß der Arbeiter,
welcher vorher jene Muskelbewegungen ausführte, zur
Bedienung der Maſchine verwendet wird, die andere Muskel-
bewegungen von ihm fordert. So arbeitet z. B. nach Ein-
führung der Nähmaſchine der Arbeiter in der Schneider-
werkſtätte mit Hand und Fuß, während er vorher bloß
mit der Hand thätig war und mit dieſer auch in anderer
Weiſe.
Aber um einen Rock zu produzieren ſind auch ſchon
vorher weit mehr Perſonen thätig geweſen als der Schneider.
Da ſind zunächſt die Produzenten der Stoffe, welche der
Schneider verwendet: der Wollproduzent, der Spinner, der
Weber, der Färber ꝛc., dann die Produzenten ſeiner Werk-
zeuge: der Nadelfabrikant, der Scheerenſchmied und viele
andere. Alle dieſe Produzenten bleiben auch noch nach
Einführung der Nähmaſchine in Thätigkeit. Dazu kommt
aber noch ein neuer: der Maſchinenfabrikant oder, da die
Maſchine auf dem Wege der Arbeitszerlegung hergeſtellt
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/157>, abgerufen am 21.11.2024.
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