Schon lange vor Caesars Konsulat war nämlich die Sitte aufgekommen, daß die in den Provinzen befindlichen Römer sich in der Hauptstadt einen oder mehrere Korre- spondenten hielten, welche ihnen über den Gang der politi- schen Bewegung und über die sonstigen Vorkommnisse des Tages brieflich Bericht erstatteten. Dieser Korrespondent war gewöhnlich ein intelligenter Sklave oder Freigelassener, der in den Verhältnissen der Hauptstadt genau Bescheid wußte und manchmal auch die Berichterstattung für Mehrere gewerbsmäßig übernahm -- also eine Art antiker Reporter, die sich nur darin von den heutigen unterschieden, daß sie nicht für ein Zeitungsunternehmen, sondern direkt für die Leser schrieben. Diese Berichterstatter genossen auf Für- sprache ihrer Auftraggeber zuweilen sogar Zutritt zu den Senatsverhandlungen. Antonius hielt sich einen solchen Mann, der ihm nicht bloß über die Beschlüsse des Senats, sondern auch über die Reden und die Abstimmung der Senatoren berichten mußte. Cicero empfing als Prokonsul durch seinen Freund M. Caelius die Berichte eines gewissen Chrestus, scheint aber von den Aufzeichnungen desselben über Gladiatorenspiele, Gerichtsverhandlungen und allerlei Stadtklatsch nicht besonders befriedigt gewesen zu sein. Wie in diesem Falle, so erstreckten sich wohl immer jene Korrespondenzen nur auf Grob-Thatsächliches und bedurften der Ergänzung durch die Briefe der Parteifreunde des Abwesenden, welche, wie wir aus Ciceros Briefwechsel wissen, die eigentlichen politischen Stimmungsberichte lieferten.
Schon lange vor Caeſars Konſulat war nämlich die Sitte aufgekommen, daß die in den Provinzen befindlichen Römer ſich in der Hauptſtadt einen oder mehrere Korre- ſpondenten hielten, welche ihnen über den Gang der politi- ſchen Bewegung und über die ſonſtigen Vorkommniſſe des Tages brieflich Bericht erſtatteten. Dieſer Korreſpondent war gewöhnlich ein intelligenter Sklave oder Freigelaſſener, der in den Verhältniſſen der Hauptſtadt genau Beſcheid wußte und manchmal auch die Berichterſtattung für Mehrere gewerbsmäßig übernahm — alſo eine Art antiker Reporter, die ſich nur darin von den heutigen unterſchieden, daß ſie nicht für ein Zeitungsunternehmen, ſondern direkt für die Leſer ſchrieben. Dieſe Berichterſtatter genoſſen auf Für- ſprache ihrer Auftraggeber zuweilen ſogar Zutritt zu den Senatsverhandlungen. Antonius hielt ſich einen ſolchen Mann, der ihm nicht bloß über die Beſchlüſſe des Senats, ſondern auch über die Reden und die Abſtimmung der Senatoren berichten mußte. Cicero empfing als Prokonſul durch ſeinen Freund M. Caelius die Berichte eines gewiſſen Chreſtus, ſcheint aber von den Aufzeichnungen desſelben über Gladiatorenſpiele, Gerichtsverhandlungen und allerlei Stadtklatſch nicht beſonders befriedigt geweſen zu ſein. Wie in dieſem Falle, ſo erſtreckten ſich wohl immer jene Korreſpondenzen nur auf Grob-Thatſächliches und bedurften der Ergänzung durch die Briefe der Parteifreunde des Abweſenden, welche, wie wir aus Ciceros Briefwechſel wiſſen, die eigentlichen politiſchen Stimmungsberichte lieferten.
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Schon lange vor Caeſars Konſulat war nämlich die
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Römer ſich in der Hauptſtadt einen oder mehrere Korre-
ſpondenten hielten, welche ihnen über den Gang der politi-
ſchen Bewegung und über die ſonſtigen Vorkommniſſe des
Tages brieflich Bericht erſtatteten. Dieſer Korreſpondent
war gewöhnlich ein intelligenter Sklave oder Freigelaſſener,
der in den Verhältniſſen der Hauptſtadt genau Beſcheid
wußte und manchmal auch die Berichterſtattung für Mehrere
gewerbsmäßig übernahm — alſo eine Art antiker Reporter,
die ſich nur darin von den heutigen unterſchieden, daß ſie
nicht für ein Zeitungsunternehmen, ſondern direkt für die
Leſer ſchrieben. Dieſe Berichterſtatter genoſſen auf Für-
ſprache ihrer Auftraggeber zuweilen ſogar Zutritt zu den
Senatsverhandlungen. Antonius hielt ſich einen ſolchen
Mann, der ihm nicht bloß über die Beſchlüſſe des Senats,
ſondern auch über die Reden und die Abſtimmung der
Senatoren berichten mußte. Cicero empfing als Prokonſul
durch ſeinen Freund M. Caelius die Berichte eines gewiſſen
Chreſtus, ſcheint aber von den Aufzeichnungen desſelben
über Gladiatorenſpiele, Gerichtsverhandlungen und allerlei
Stadtklatſch nicht beſonders befriedigt geweſen zu ſein.
Wie in dieſem Falle, ſo erſtreckten ſich wohl immer jene
Korreſpondenzen nur auf Grob-Thatſächliches und bedurften
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Abweſenden, welche, wie wir aus Ciceros Briefwechſel
wiſſen, die eigentlichen politiſchen Stimmungsberichte lieferten.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/198>, abgerufen am 24.11.2024.
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