Herausgeber weiter verbreitet worden waren. Der Empfänger unserer Sammlung war wahrscheinlich der Leipziger Ober- schöppenschreiber Ludwig Trüb.
Die römischen Korrespondenzen sind gewöhnlich um 6 Tage früher datiert als die Venetianischen, und die Antwerpener um 5 Tage früher als die Kölnischen. Alle vier Orte lagen an den großen Postrouten von Italien und den Niederlanden nach Deutschland. Zuweilen treten neben diesen regelmäßigen auch gelegentliche Korrespondenzen auf. So aus Prag, Breslau und besonders oft aus Frankfurt a. M.
Sehen wir uns den Inhalt dieser Nachrichten näher an, so erkennen wir bald, daß wir es nicht mit Vorkomm- nissen zu thun haben, welche in Rom, Venedig, Antwerpen etc. sich ereignet hatten, sondern mit Berichten, welche an diesen Orten gesammelt worden waren. Demgemäß enthält die Antwerpener Korrespondenz nicht bloß Nachrichten aus den Niederlanden, sondern auch aus Frankreich, England und Dänemark; über Rom kamen nicht nur Nachrichten aus Italien, sondern auch aus Spanien und Südfrankreich, über Venedig aus dem Orient. Der Ton der Berichte ist ein objektiv nüchterner, geschäftsmäßiger. Die politischen Nachrichten überwiegen; seltener treten Mitteilungen über Handel und Verkehr auf. Von den beliebten Wunder- und Spukgeschichten ist keine Spur zu finden.
Wie war nun der Nachrichtendienst an jenen vier großen Sammelpunkten organisiert? Wer waren die Sammler und
Herausgeber weiter verbreitet worden waren. Der Empfänger unſerer Sammlung war wahrſcheinlich der Leipziger Ober- ſchöppenſchreiber Ludwig Trüb.
Die römiſchen Korreſpondenzen ſind gewöhnlich um 6 Tage früher datiert als die Venetianiſchen, und die Antwerpener um 5 Tage früher als die Kölniſchen. Alle vier Orte lagen an den großen Poſtrouten von Italien und den Niederlanden nach Deutſchland. Zuweilen treten neben dieſen regelmäßigen auch gelegentliche Korreſpondenzen auf. So aus Prag, Breslau und beſonders oft aus Frankfurt a. M.
Sehen wir uns den Inhalt dieſer Nachrichten näher an, ſo erkennen wir bald, daß wir es nicht mit Vorkomm- niſſen zu thun haben, welche in Rom, Venedig, Antwerpen ꝛc. ſich ereignet hatten, ſondern mit Berichten, welche an dieſen Orten geſammelt worden waren. Demgemäß enthält die Antwerpener Korreſpondenz nicht bloß Nachrichten aus den Niederlanden, ſondern auch aus Frankreich, England und Dänemark; über Rom kamen nicht nur Nachrichten aus Italien, ſondern auch aus Spanien und Südfrankreich, über Venedig aus dem Orient. Der Ton der Berichte iſt ein objektiv nüchterner, geſchäftsmäßiger. Die politiſchen Nachrichten überwiegen; ſeltener treten Mitteilungen über Handel und Verkehr auf. Von den beliebten Wunder- und Spukgeſchichten iſt keine Spur zu finden.
Wie war nun der Nachrichtendienſt an jenen vier großen Sammelpunkten organiſiert? Wer waren die Sammler und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0211"n="189"/>
Herausgeber weiter verbreitet worden waren. Der Empfänger<lb/>
unſerer Sammlung war wahrſcheinlich der Leipziger Ober-<lb/>ſchöppenſchreiber Ludwig Trüb.</p><lb/><p>Die römiſchen Korreſpondenzen ſind gewöhnlich um<lb/>
6 Tage früher datiert als die Venetianiſchen, und die<lb/>
Antwerpener um 5 Tage früher als die Kölniſchen. Alle<lb/>
vier Orte lagen an den großen Poſtrouten von Italien<lb/>
und den Niederlanden nach Deutſchland. Zuweilen treten<lb/>
neben dieſen regelmäßigen auch gelegentliche Korreſpondenzen<lb/>
auf. So aus Prag, Breslau und beſonders oft aus<lb/>
Frankfurt a. M.</p><lb/><p>Sehen wir uns den Inhalt dieſer Nachrichten näher<lb/>
an, ſo erkennen wir bald, daß wir es nicht mit Vorkomm-<lb/>
niſſen zu thun haben, welche in Rom, Venedig, Antwerpen ꝛc.<lb/>ſich ereignet hatten, ſondern mit Berichten, welche an dieſen<lb/>
Orten geſammelt worden waren. Demgemäß enthält die<lb/>
Antwerpener Korreſpondenz nicht bloß Nachrichten aus den<lb/>
Niederlanden, ſondern auch aus Frankreich, England und<lb/>
Dänemark; über Rom kamen nicht nur Nachrichten aus<lb/>
Italien, ſondern auch aus Spanien und Südfrankreich,<lb/>
über Venedig aus dem Orient. Der Ton der Berichte iſt<lb/>
ein objektiv nüchterner, geſchäftsmäßiger. Die politiſchen<lb/>
Nachrichten überwiegen; ſeltener treten Mitteilungen über<lb/>
Handel und Verkehr auf. Von den beliebten Wunder- und<lb/>
Spukgeſchichten iſt keine Spur zu finden.</p><lb/><p>Wie war nun der Nachrichtendienſt an jenen vier großen<lb/>
Sammelpunkten organiſiert? Wer waren die Sammler und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[189/0211]
Herausgeber weiter verbreitet worden waren. Der Empfänger
unſerer Sammlung war wahrſcheinlich der Leipziger Ober-
ſchöppenſchreiber Ludwig Trüb.
Die römiſchen Korreſpondenzen ſind gewöhnlich um
6 Tage früher datiert als die Venetianiſchen, und die
Antwerpener um 5 Tage früher als die Kölniſchen. Alle
vier Orte lagen an den großen Poſtrouten von Italien
und den Niederlanden nach Deutſchland. Zuweilen treten
neben dieſen regelmäßigen auch gelegentliche Korreſpondenzen
auf. So aus Prag, Breslau und beſonders oft aus
Frankfurt a. M.
Sehen wir uns den Inhalt dieſer Nachrichten näher
an, ſo erkennen wir bald, daß wir es nicht mit Vorkomm-
niſſen zu thun haben, welche in Rom, Venedig, Antwerpen ꝛc.
ſich ereignet hatten, ſondern mit Berichten, welche an dieſen
Orten geſammelt worden waren. Demgemäß enthält die
Antwerpener Korreſpondenz nicht bloß Nachrichten aus den
Niederlanden, ſondern auch aus Frankreich, England und
Dänemark; über Rom kamen nicht nur Nachrichten aus
Italien, ſondern auch aus Spanien und Südfrankreich,
über Venedig aus dem Orient. Der Ton der Berichte iſt
ein objektiv nüchterner, geſchäftsmäßiger. Die politiſchen
Nachrichten überwiegen; ſeltener treten Mitteilungen über
Handel und Verkehr auf. Von den beliebten Wunder- und
Spukgeſchichten iſt keine Spur zu finden.
Wie war nun der Nachrichtendienſt an jenen vier großen
Sammelpunkten organiſiert? Wer waren die Sammler und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/211>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.