und Schutz dient. Jede Stadt setzt also das Bestehen eines Schutzverbandes voraus, der die ländlichen Ansiedelungen eines engeren oder weiteren Umkreises zu einer Art mili- tärischer Gemeinschaft mit bestimmten Rechten und Pflichten zusammenfügt. Alle dieser Gemeinschaft angehörenden Orte haben die Verpflichtung, die Befestigungswerke der Stadt durch gemeinsame Arbeits- und Gespannleistungen zu unter- halten und im Kriegsfalle mit gewaffneter Hand zu ver- teidigen. Sie haben dafür das Recht, sich mit Weib und Kind, mit Vieh und Fahrhabe, so oft es Not thut, hinter den Mauern zu bergen. Dieses Recht heißt Burgrecht und der es genießt, ist ein Burger (burgensis).
Anfangs sind die dauernden Bewohner der Stadt auch hinsichtlich ihrer Beschäftigung in keiner Weise von den Be- wohnern der Landorte unterschieden. Sie treiben Land- wirtschaft und Viehzucht wie diese; sie nutzen Wald und Wasser und Weide gemeinsam; ihre Wohnungen sind, wie noch heute an der baulichen Anlage vieler alten Städte zu ersehen, Bauernhöfe mit Scheunen und Stallungen und weiten Hofräumen dazwischen. Aber ihr Gemeindeleben erschöpft sich nicht in der Regelung der Allmendnutzung und in den son- stigen landwirtschaftlichen Interessen. Sie sind ja sozusagen als eine stehende Besatzung in die Burg gelegt und haben reih- um auf Türmen und Thoren den täglichen Wachdienst zu ver- sehen. Wer in der Stadt sich dauernd niederlassen will, muß darum nicht bloß Grundeigentum (zum mindesten ein Haus) besitzen, er muß auch mit Wehr und Harnisch gerüstet sein.
und Schutz dient. Jede Stadt ſetzt alſo das Beſtehen eines Schutzverbandes voraus, der die ländlichen Anſiedelungen eines engeren oder weiteren Umkreiſes zu einer Art mili- täriſcher Gemeinſchaft mit beſtimmten Rechten und Pflichten zuſammenfügt. Alle dieſer Gemeinſchaft angehörenden Orte haben die Verpflichtung, die Befeſtigungswerke der Stadt durch gemeinſame Arbeits- und Geſpannleiſtungen zu unter- halten und im Kriegsfalle mit gewaffneter Hand zu ver- teidigen. Sie haben dafür das Recht, ſich mit Weib und Kind, mit Vieh und Fahrhabe, ſo oft es Not thut, hinter den Mauern zu bergen. Dieſes Recht heißt Burgrecht und der es genießt, iſt ein Burger (burgensis).
Anfangs ſind die dauernden Bewohner der Stadt auch hinſichtlich ihrer Beſchäftigung in keiner Weiſe von den Be- wohnern der Landorte unterſchieden. Sie treiben Land- wirtſchaft und Viehzucht wie dieſe; ſie nutzen Wald und Waſſer und Weide gemeinſam; ihre Wohnungen ſind, wie noch heute an der baulichen Anlage vieler alten Städte zu erſehen, Bauernhöfe mit Scheunen und Stallungen und weiten Hofräumen dazwiſchen. Aber ihr Gemeindeleben erſchöpft ſich nicht in der Regelung der Allmendnutzung und in den ſon- ſtigen landwirtſchaftlichen Intereſſen. Sie ſind ja ſozuſagen als eine ſtehende Beſatzung in die Burg gelegt und haben reih- um auf Türmen und Thoren den täglichen Wachdienſt zu ver- ſehen. Wer in der Stadt ſich dauernd niederlaſſen will, muß darum nicht bloß Grundeigentum (zum mindeſten ein Haus) beſitzen, er muß auch mit Wehr und Harniſch gerüſtet ſein.
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und Schutz dient. Jede Stadt ſetzt alſo das Beſtehen eines
Schutzverbandes voraus, der die ländlichen Anſiedelungen
eines engeren oder weiteren Umkreiſes zu einer Art mili-
täriſcher Gemeinſchaft mit beſtimmten Rechten und Pflichten
zuſammenfügt. Alle dieſer Gemeinſchaft angehörenden Orte
haben die Verpflichtung, die Befeſtigungswerke der Stadt
durch gemeinſame Arbeits- und Geſpannleiſtungen zu unter-
halten und im Kriegsfalle mit gewaffneter Hand zu ver-
teidigen. Sie haben dafür das Recht, ſich mit Weib und
Kind, mit Vieh und Fahrhabe, ſo oft es Not thut, hinter
den Mauern zu bergen. Dieſes Recht heißt Burgrecht
und der es genießt, iſt ein Burger (burgensis).
Anfangs ſind die dauernden Bewohner der Stadt auch
hinſichtlich ihrer Beſchäftigung in keiner Weiſe von den Be-
wohnern der Landorte unterſchieden. Sie treiben Land-
wirtſchaft und Viehzucht wie dieſe; ſie nutzen Wald und
Waſſer und Weide gemeinſam; ihre Wohnungen ſind, wie
noch heute an der baulichen Anlage vieler alten Städte zu
erſehen, Bauernhöfe mit Scheunen und Stallungen und weiten
Hofräumen dazwiſchen. Aber ihr Gemeindeleben erſchöpft ſich
nicht in der Regelung der Allmendnutzung und in den ſon-
ſtigen landwirtſchaftlichen Intereſſen. Sie ſind ja ſozuſagen
als eine ſtehende Beſatzung in die Burg gelegt und haben reih-
um auf Türmen und Thoren den täglichen Wachdienſt zu ver-
ſehen. Wer in der Stadt ſich dauernd niederlaſſen will, muß
darum nicht bloß Grundeigentum (zum mindeſten ein Haus)
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/59>, abgerufen am 24.11.2024.
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