Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.definitiv aufgegeben; der Rentenbrief, der zum Bezug der Wie im Immobiliarverkehr, so ist auch im Mobiliar- 1) Vgl. meine Bevölkerung von Frankf. I, S. 573 ff. 2) Vgl. die interessanten Beispiele bei Stieda, a. a. O. S. 104.
definitiv aufgegeben; der Rentenbrief, der zum Bezug der Wie im Immobiliarverkehr, ſo iſt auch im Mobiliar- 1) Vgl. meine Bevölkerung von Frankf. I, S. 573 ff. 2) Vgl. die intereſſanten Beiſpiele bei Stieda, a. a. O. S. 104.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0076" n="62"/> definitiv aufgegeben; der Rentenbrief, der zum Bezug der<lb/> Rente berechtigt, kann in formloſer Weiſe wie ein Inhaber-<lb/> papier übertragen werden. Es iſt alſo jede perſönliche Be-<lb/> ziehung aus dem ganzen Verhältnis ausgetilgt, und es fehlt<lb/> das Moment des Vertrauens, das dem Kredit eigentümlich<lb/> iſt. Denſelben Charakter trägt die Wiederkaufsgülte: ſie<lb/> iſt Rentenkauf mit Vorbehalt des Rückkaufs.</p><lb/> <p>Wie im Immobiliarverkehr, ſo iſt auch im Mobiliar-<lb/> verkehr das Kreditgeſchäft nur eine „Abſchwächung des Bar-<lb/> geſchäfts“. Die Pfandſicherung iſt, wie <hi rendition="#g">Heusler</hi> ſagt,<lb/> eine proviſoriſche ſeitens des Schuldners noch auslösbare<lb/> Erſatzleiſtung (Verfallpfand), nicht eine eventuell vom Gläu-<lb/> biger in Anſpruch zu nehmende und durch Verſilberung zu<lb/> realiſierende Deckung (Verkaufspfand). Das Pfandleih-<lb/> geſchäft der Juden <note place="foot" n="1)">Vgl. meine Bevölkerung von Frankf. <hi rendition="#aq">I,</hi> S. 573 ff.</note> iſt thatſächlich gleichbedeutend mit dem<lb/> modernen Rückkaufshandel, und der „Warenkredit“, den<lb/> heute Handwerker und Krämer gewähren, kleidet ſich im<lb/> Mittelalter in die Form des Kaufes gegen Pfand <note place="foot" n="2)">Vgl. die intereſſanten Beiſpiele bei <hi rendition="#g">Stieda</hi>, a. a. O. S. 104.</note>. Hält<lb/> man damit zuſammen, daß auch beim damaligen Perſonal-<lb/> kredit faſt immer der Schuldner ſich dem Pfandrecht des<lb/> Gläubigers vertragsmäßig zu unterwerfen hatte, daß er<lb/> meiſt nur unter vielfacher Bürgſchaft, mit Verpflichtung<lb/> zum Einlager und ähnlichen läſtigen Bedingungen Geld er-<lb/> halten konnte, daß der Gläubiger ſich obendrein vorbehielt,<lb/> das Geld im Verzugsfalle zu Schaden des Schuldners bei<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0076]
definitiv aufgegeben; der Rentenbrief, der zum Bezug der
Rente berechtigt, kann in formloſer Weiſe wie ein Inhaber-
papier übertragen werden. Es iſt alſo jede perſönliche Be-
ziehung aus dem ganzen Verhältnis ausgetilgt, und es fehlt
das Moment des Vertrauens, das dem Kredit eigentümlich
iſt. Denſelben Charakter trägt die Wiederkaufsgülte: ſie
iſt Rentenkauf mit Vorbehalt des Rückkaufs.
Wie im Immobiliarverkehr, ſo iſt auch im Mobiliar-
verkehr das Kreditgeſchäft nur eine „Abſchwächung des Bar-
geſchäfts“. Die Pfandſicherung iſt, wie Heusler ſagt,
eine proviſoriſche ſeitens des Schuldners noch auslösbare
Erſatzleiſtung (Verfallpfand), nicht eine eventuell vom Gläu-
biger in Anſpruch zu nehmende und durch Verſilberung zu
realiſierende Deckung (Verkaufspfand). Das Pfandleih-
geſchäft der Juden 1) iſt thatſächlich gleichbedeutend mit dem
modernen Rückkaufshandel, und der „Warenkredit“, den
heute Handwerker und Krämer gewähren, kleidet ſich im
Mittelalter in die Form des Kaufes gegen Pfand 2). Hält
man damit zuſammen, daß auch beim damaligen Perſonal-
kredit faſt immer der Schuldner ſich dem Pfandrecht des
Gläubigers vertragsmäßig zu unterwerfen hatte, daß er
meiſt nur unter vielfacher Bürgſchaft, mit Verpflichtung
zum Einlager und ähnlichen läſtigen Bedingungen Geld er-
halten konnte, daß der Gläubiger ſich obendrein vorbehielt,
das Geld im Verzugsfalle zu Schaden des Schuldners bei
1) Vgl. meine Bevölkerung von Frankf. I, S. 573 ff.
2) Vgl. die intereſſanten Beiſpiele bei Stieda, a. a. O. S. 104.
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